Der 1957 in Australien geborene NICK CAVE (eigentlich Nicolas Edward Cave) gehört sicher zu den innovativsten und kultigsten Songschreibern. Vor allem in dunklen, meist melancholischen Gefilden beheimatet lässt sich sein Stil kaum beschreiben – eine Mixtur aus Wave, Punk und Blues trifft es wohl noch am ehesten. Und immer dabei die Thematisierung des dunklen, oft nach innen gekehrten Lebens: Vom Anfang zum Tod, von Liebe zu Hass, von Vergeltung zu Versöhnung. Nach der mit seinem Kumpel und Gitarristen Mick Harvey gegründeten Vorgängerbands BOYS NEXT DOOR und BIRTHDAY PARTY und einigen vom Punk und Rockabilly beeinflussten Alben gründete man 1980 NICK CAVE & THE BAD SEEDS, trifft auf Blixa Bargeld (EINSTÜRZENDE NEUBAUTEN) und erschafft sich einen eigenen Stilmix. Aus dieser von Ideen übervolle Anfangsphase (1984 – 1986) stammen die nun überarbeiteten ersten vier Alben von NICK CAVE & THE BAD SEEDS.
Re-Release Nummer 4, „Your Funeral… My Trial” wurde im November 1986 als Doppel-EP veröffentlicht und präsentierte die Band in düster modriger Höchstform. Entstanden in Berlin als Lückenfüller, noch vor der Veröffentlichung von „Kicking Against The Pricks“, schien die damalige Drogenabhängigkeit und depressive Stimmung von NICK CAVE das Songwriting zu ungeahnt schön traurigen, aber nur noch zum Teil sperrigen Songs zu animieren – das Album schwelgt ansonsten nur so vor melancholischen Liebesschwüren. Mit dem hoffnungslosen „Sad Waters, dem poetische „Your Funeral… My Trial” und „Stranger Than Kindness“ setzt NICK CAVE seiner Vorliebe für schräge Liebesgeschichten ein erstes Ausreufezeichen. Das verstörend gruslige „The Carry“ schafft es sogar in Wim Wenders „Der Himmel Über Berlin“. Alles in allem ein Album, welches einem in den Bann der dunklen Stimme zieht - so zeigt das eher ungeplante „Your Funeral… My Trial” NICK CAVE & THE BAD SEEDS in beindruckender Form.
Als Extras gibt es diesmal auf der DVD neben den 5.1 Mix des Albums noch den Bonustrack „Scum“ und den letzten Teil des Interviews „Do You Love Me Like I Love You“.
Es gibt diese Alben bei denen ich mich als Hörer frage, ob ich vielleicht eine Genialität des Machers überhöre oder ob die Musik wirklich nur eine krude Mischung an Nichtigkeiten repräsentiert. Bei AQUFRIGIDE hielt das erste Gefühl nur kurz und machte schnell Platz für das zweite. Mit "La Razza" wird das Soloprojekt des Italieners Bre Beskyt Dyrene keinen Blumentopf gewinnen. Was bisweilen als avantgardistische Aneinanderreihung leicht dissonanter und aggresiver Töne ansetzt endet in nicht nachvollziehbarem Neo Metal Lärm. Die italienischen Vocals tun ihr übriges die Musik schwer eingängig zu machen, laut gebrüllt stresst das zwar ordentlich ("Spacca Lo Spechio") aber nutzt sich auch ab. Die Musik dröhnt mal deathig, mal thrashig und meist eher modern - wirklich emotional oder mitreißend aber zu keiner Sekunde. Ob beinahe Crossover, etwas Hip Hop oder eher Metal: Das düstere, leicht schwere "La Razza" scheint Herr Dyrene primär für sich selbst gemacht zu haben - wer Lärm hören will steht meist auf Kompromissloseres, wer New Metal mag auf Eingängigeres. Wer aber genau das dazwischen haben will, kann AQUFRIGIDE vorsichtig antesten.
Live hat mich kaum eine Band in der letzten Zeit mehr erschrocken als die japanischen MUCC. Wohl auch weil ich der (auch) sehr aufs Visuelle fixierten J-Rock Szene wenig abgewinnen kann und Mädels in Hochzeitskleidern genauso wenig mag wie Sänger in Captain Jack Sparrow Optik. Auf dem neuen Album "Kyutai (Sphere)" bleibt mir genau das erspart und siehe da: Der zwischen poppig-melodiös und modern metallisch pendelnde Opener "Howling" kann nach einem schwachen Intro sofort überzeugen und tönt deutlich eingängiger als ich dies nach meinem Livetrauma erwartet hatte. Das folgende "Ageha" ist eine coole Rocknummer geworden, den lässigen, fast dreckigen Anstrich finde ich ungeheuer charmant. Der dominante Bass bei "Heat Devil" ist amüsant, "Oz" der vielleicht beste Song des Albums geworden, bei dem sowohl Härte als Coolness mit vielen abwechslungsreichen Ideen umgesetzt worden sind. Mir persönlich geht der seiernde Gesang ("Flotage") ihres Frontmanns Tatsuro schnell auf den Keks, die japanischen (und damit für mich vollkommen unverständlichen) Vocals tun ihr übriges um meine Leidensfähigkeit zu strapazieren und grade bei den ruhigen Songs den Bogen auch mal zu überspannen. "Kyutai" hat wirklich lichte Momente und vom Abwechlungsreichtum der Songs könnten sich viele Bands was Abschneiden, wer jetzt noch auf den bisweilen etwas (w)irren J-Rock Stil steht, wird sich die Hände reiben bei dieser Musik. Der Gesang ist dabei aber das schwächste Glied der Band, ihn technisch zu verbessern sollte ganz Oben auf einer "to do" Liste stehen.
BLEEDING THROUGH haben sich von Jona Weinhofen getrennt, der in seine Heimat Australien zurückkehrt und von den Streitigkeiten mit dem alten Label Trustkill Records die Nase voll hatte. Für ihn kommt Dave Nassie(NO USE FOR A NAME, INFECTIOUS GROOVES, SUICIDAL TENDENCIES) in die Band.
„Mania“ ist das dritte reguläre Album der schwedischen Stoner-Brüder TRUCKFIGHTERS (nach den beiden recht wuchtigern Vorgängern „Gravity X“ und „Phi“). Noch immer zitiert man die Altvorderen von KYUSS und ihre Wüstenrock, drosselt aber diesmal etwas das Tempo. Erwartungsgemäß erdig und rau kommen Gesang und Gitarre aus den Boxen; „Monte Gargano“ rockt frech und QOTSA-mäßig, das semi-akustische „Monster“ kommt fast schon fröhlich und „Loose“ bringt den Begriff Stoner Rock auf den Punkt - das über 13-minütige „Majestic“ hat reichlich Ideen – aber Genrefreunde werden sich wohl zurecht darum streiten, ob der Song die Länge verträgt. Dies gilt zum Teil auch für andere Songs des Albums, welche etwas die Spannungsbögen vermissen lassen; dem entspannten Opener „Last Curfew“ hätte etwas weniger Psycedelic-Attitüde und dafür mehr Schmackes gut getan, „Con Of Man“ klingt „zu cool gewollt“. Des TRUCKFIGHTERS „Mania“ bleibt trotzdem eine gute Scheibe – kann aber nur jenen ans trockene Herz gelegt werden, welche den Trend zu gelebter Zähigkeit mitgehen.
Mit „Eight Ways“ liefern die aus Norwegen stammenden MADDER MORTEM ihr fünftes Album ab und lassen den geneigten Hörer nach dem ersten Reinschnuppern etwas ratlos zurück. MADDER MORTEM sind die andere Metal Band. Metal-Jazz meets Alternative Rock, progressive Strukturen inklusive - Gothic nur als Stimmung und nicht in Form einer weiblichen Sopranistin. Und dazu die dauerhafte Präsenz von Emotionen welche einen durch die 12 Songs des Albums ziehen. Dies nicht nur instrumentalisiert, sondern insbesondere auch durch Sängerin Agnete M. Kirkevaag, welche zwischen engelhaftem Gesang und harter Kopfstimme die Songs wütend vertont – und in dieser penetranten Intensität sicher nicht jedermanns Sache ist. Die Kompositionen offenbaren bei genauen Zuhören zahlreiche Details, welche sich aber öfters auch zu beißen scheinen – hier wäre manchesmal Weniger sicher nicht verkehrt. Der Opener „Formaldehyde“ mit seinem sanft, träumerischen Beginn und einem aufgebrachten Ende zeigt die unterschiedlichen Facetten von MADDER MORTEM gut auf. „Eight Ways“ ist in Werk das man sich in seiner Gesamtheit zu Gemüte führen sollte – hier darf man den Kopf nicht nur fürs Bangen brauchen. Wer MADDER MORTEM also nicht kennt, sollte sich eher vorsichtig an die Materie „Eight Ways“ rantasten – wer dies ohne Vorurteilsfrei tut, für den könnte sich das lohnen. Wer aber eher NIGHTWISH, EPICA & Co. zugetan ist – Vorsicht. Fans der ersten vier Alben werden mit diesem Werk aber sicher glücklich.
Schon als Kind sei sie von Prinzessinen und Schlössern fasziniert gewesen - es kann aber nicht nur das gewesen sein was Frontfrau Dirix dazu brachte eine Mittelalterband zu gründen, noch dazu eine nur aus Frauen bestehende. REINCARNATUS besteht aus gleich sechs davon die mit allerlei wundersamen Instrumenten "Media Vita" aufgenommen haben. In allererster Linie machen sie auf "Media Vita" Pop. Die Songs sind allesamt ruhig gehalten, bewegen sich zwischen plätschernd und träumend und sind mit der angenehmen Seite des mittelalterlichen Instrumentariums versehen (also weitgehend dudelsackfrei). Wenn nicht die mittelalterliche Wunderwaffe H. v. Bingen für die Texte herhalten muss (diese sind dann auf Latein) singen REINCARNATUS auf englisch - einfühlsam zwar, aber ohne emotionale Ausbrüche und befeuern damit den Pop-Charakter der Musik weiter. Wenige Songs erhöhen das Tempo und reißen aus dem angenehmen Plätschern aus: "Sweet Divinity" wechselt nach einiger Zeit die Sprache und rockt dann gar vorsichtig und mit Leadgitarre, "Fin Amor" steigert sich in einen beinahe tanzbaren Mittelaltersound. REINCARNATUS bleiben mir aber zu nebensächlich und ziehen ohne Aufregung vorbei. Das ist ganz nett gemacht, schön produziert und lieblich anzuhören, aber mehr auch nicht.