Interview Ihr werdet in Kürze zu einer Europa-Tour aufbrechen – was sind eure Erwartungen? Scheint so, als würdet ihr nur Clubs besuchen, in denen ihr vorher noch nicht wart. Unsere letzte Tour war ja nur in Großbritannien, dieses Mal hatten wir daher geplant, nur auf dem Kontinent zu spielen, aber haben dann doch ein paar UK-Shows gebucht. Ich denke, dass wir in ein paar Clubs spielen, in denen wir jahrelang nicht waren, von daher sind wir alle ein wenig aufgeregt.
Die Tour wird ja wieder auf einem DIY-Level ablaufen – würdest du das gerne mal ändern und mit Nightliner und so was touren? CARPATHIAN haben das ja schon gehabt, es ist für eine Hardcore-Band also möglich… Zuhause touren wir alleine oder mit ein paar Freunden, wir mögen das so. Wenn wir das Angebot bekämen, eine größere Band zu supporten und das eine Band ist, die wir mögen und jede Nacht sehen wollen, würden wir das machen. Wir machen uns aber nicht wirklich Gedanken über ein höheres Leven, wir mögen einfach das Touren.
Bei unserem letzten Interview, Ende 2008, klang es so, als würdest du RUINER beenden oder zumindest eine lange Pause (2009 komplett) einlegen – was hat dich in deiner Meinung geändert und die EP und das Album schreiben und aufnehmen lassen? Nun, der Plan war nie, das komplette Jahr auszusetzen, aber wir wollten den Großteil des Jahres Pause haben. Das haben wir mehr oder weniger geschafft, eher mehr. Ein paar Touren ergaben sich, die wir nicht ablehnen wollten. Ich wollte RUINER auch nie beenden, ich brauchte am Ende des Jahres einfach eine Pause. Ich war durch das Touren ausgebrannt und wollte einfach nur eine neue Platte schreiben. Was wirklich meine Meinung geändert hat, war „Hell Is Empty“. Ich bin sehr glücklich mit dem Album und konnte es kaum abwarten, diese Songs Live zu spielen.
Wie lange habt ihr für das Schreiben der neuen Songs gebraucht? Wir hatten Songs für “Hell Is Empty” im Herbst 2008 geschrieben und waren im Frühjahr nur noch einen oder zwei Songs von der Fertigstellung des Albums entfernt. Da haben wir uns entschieden, im Magpie Cage mit J. Robbins im Juli aufzunehmen.
Wie schwierig ist es für dich, die Texte zu schreiben? Kommt drauf an. Manchmal bin ich sehr motiviert und kann das locker machen. Ein anderes Mal ist es sehr schwierig. Es hat auch viel mit dem Song zu tun. Ich schreibe eigentlich immer, wenn ich Gedanken im Kopf habe und manches passt einfach gut zu einer Melodie und anderes nicht. Aber die größten Probleme habe ich, wenn ich den Song nicht mag – manchmal mag jeder einen Song mehr als ich. Wir entscheiden uns dann, den Song zu behalten, aber ich komme dann schwer in die richtige Stimmung für das Schreiben des Textes. Das sind dann immer die Songs, die erst in der letzten Sekunde fertig werden.
Einige Songs haben offensichtlich persönliche Texte („Part One“; „Part Two“) – gehe ich richtig in der Annahme, dass die auf deinen Erfahrungen beruhen? Jeder Song den ich schreibe, handelt von meinem Leben. Ich weiß wirklich nicht, worüber ich sonst schreiben sollte. Ich finde es schwierig, mich in andere Themen rein zu versetzen : selbst wenn ich über ein bestimmtes Thema schreibe, hat es Verbindung zu meinem Leben.
Wer ist die Hauptfigur in „Solitary“? Um es kurz zu machen: der Song handelt von meinem Freund Mike. Wir sind zusammen aufgewachsen und ich habe ihn durch viel Scheiße gehen sehen. Vom Verlust seines Bruders über Drogen dealen bis einfach richtig sein Leben zu ruinieren. Er hat mehr Zeit in einem Gefängnis als außerhalb verbracht und ist scheinbar über die Jahre immer verrückter geworden. Ich habe seit Jahren versucht, diesen Song zu schreiben und hatte jetzt endlich die Musik dafür in meinem Kopf, die die richtige Stimmung hat. Es ist mehr oder weniger ein Appell an ihn, sich zu ändern.
Andere Songs haben einen sozialkritischen Hintergrund, einige sind sogar anti-religiös. Hältst du es für wichtig, dass Hardcore-Bands heute solche Themen behandeln? Besonders wenn sich die vielen Bands angeschaut werden, die gar keinen Botschaft oder Agenda mehr zu haben scheinen… Ja. Ich denke aber nicht, dass unterschieden werden sollte zwischen HC- und Punk-Bands, die Substanz haben und solchen ohne. Ich mag Bands, die etwas zu sagen haben, auch wenn es nur in den Texten steht und nicht bei Shows ausgesprochen wird. Wir sind junge Leute, aber am Ende sind wir die Zukunft. Wenn wir nicht über unsere Handlungen nachdenken, werden wir stagnieren.
Liebst du Baltimore? In der Tat liebe ich diese Stadt. Es wurde mir gesagt, dass sie mein Herzblut ist.
Ich bin mir sicher, dass du “The Wire” kennst. Gibt die Serie einen guten Eindruck der Stadt wieder? Ja, das macht sie leider. Es gibt viele positive Dinge zu sagen über diese Stadt, aber die schlechten sind weitaus zahlreicher. Drogen und Armut sind sehr verbreitet. Viele Leute gehen einfach durch ihr Leben und warten auf den Tod. Es gibt aber auch viele Dinge, die in der Show nicht gezeigt werden, aber darin vorkommen sollten.
Wo wir bei Politik sind: wie hat Barack Obama deiner Meinung nach sein erstes Jahr als Präsident gemeistert? Bist du mit ihm zufrieden? Das ist eine sehr schwer zu beantwortende Frage. Ehrlich gesagt: nein. Aber ich ging auch nie davon aus, dass er in seinem ersten Jahr viel machen wird (oder seiner gesamten Amtszeit). Mein Land ist ökonomisch gesehen am Boden. Die beiden großen Parteien verbringen ihre Zeit damit, sich zu streiten, anstatt zu versuchen, die Dinge zu reparieren. All das behindert den Fortschritt. Ich würde gerne etwas positives über die Gesundheitsreform sagen, es scheint so, als würde die bald passieren. Ich würde darauf aber nicht wetten.
Was sind deine Pläne mit RUINER für 2010? Wir werden den Januar und Februar eine Pause machen und dann wieder auf Tour gehen. Im März werden wir durch die USA touren, inklusive Abstechern nach Asien und Australien. Es wird auch ein Trip nach Kanada dabei sein. Es ist unser erster Abstecher nach Asien, von daher bin ich da sehr gespannt drauf. Im Sommer werden wir dann sehen, was wir als Nächstes machen. Bis jetzt haben wir nur den Frühling geplant.
Welche Alben haben dich in diesem Jahr beeindruckt? Ich habe die neue LAWRENCE ARMS EP sehr genossen, genau wie die MAKE DO AND MEND und PAINT IT BLACK neuen EPs. Ich bin mir nicht sicher, ob mich irgendentwas beeindruckt hat, aber viele Sachen haben mir Freude gemacht.
Letzte Worte? A lot of great bands are coming out of Baltimore so check out Deep Sleep if you haven’t yet. Also a new band called Praise who I don’t even think have a demo yet.
Thanks for the interview and coming from the most hospitable country in the world.
Interview Bevor über euer neues Album sprechen: wie geht es eurem Drummer Kyle? Kyle hat gerade seine Krankengymnastik beendet. Er hat eine brandneue Stahlplatte in der Schulter, $100.000 Krankenhausschulden und ein medikamentös behandeltes Blutgerinnsel. Wie du siehst, hat ihm der Unfall schwer zugesetzt. Er ist aber glücklicherweise wieder in Lage, Drums zu spielen und wird wieder mit uns touren.
Kyles Unfall und die damit verbundenen Kosten, die ihn sehr zusetzen, bringen uns zur Debatte über die Health Care Reform, die gerade in den USA geführt wird – was ist deine Position? Das ist ein hervorragendes Beispiel, warum wir eine Reform unseres Gesundheitssystems brauchen. Es gibt so viele Menschen in diesem Land, die sich keine Krankenversicherung leisten können, da diese einfach unglaublich teuer sind. Niemand von uns in der Band hat eine Krankenversicherung, da wir uns die einfach nicht leisten können. Ich wäre zufrieden, wenn ich mehr Steuern zahlen würde und dafür die Gewissheit bekomme, dass ich medizinische Hilfe bekomme, wenn ich sie brauche – und dabei nicht in solche Schulden gebracht werde, wie es aktuell bei Kyle der Fall ist.
Ihr habt im Sommer einige Shows in Europa gespielt, unter anderem eine beim Sucks’n’Summer, wo ihr auch mit CASEY JONES wart. War das sehr anstrengend für euch? Das Sucks’n’Summer war super! Sowohl mit CASEY JONES als auch mit EVERGREEN TERRACE hatten wir unglaubliche Sets, die Menge ist echt ausgeflippt. Es war das beste Festival der Tour. Es war danach alles sehr anstrengend, da wir nach dem EVERGREEN TERRACE-Gig direkt in den Van gestiegen und nach Tschechien zum Brutal Assault Festival gefahren sind, wo wir um 1:30 Uhr ankamen und direkt auf die Bühne gingen. Danach wieder in den Van für eine 12-Stunden-Fahrt zum Pressure Fest. Was für ein langer Tag!
Wie lief denn die Tour mit EMMURE? Die Tour war großartig, auch wenn wir ein paar Probleme mit unserem Van hatten. Alle Shows waren sehr gut besucht und wir haben ein paar neue Songs gespielt, was für uns sehr spaßig war.
Kommen wir zum neuen Album: was soll der Titel aussagen? “Almost Home” ist eine Phrase, die uns hilft durch die harten Zeiten zu kommen, die es auf jeder Tour gibt. Zu wissen, dass wir ein Zuhause haben, in das wir zurückkehren können und das ein Ort der Zuflucht ist, hilft da sehr.
War es leicht für euch, die Songs des Albums zu schreiben? Da sie dem „Wolfbiker“-Stil folgen, dürftet ihr ja eine Art Routine entwickelt haben… Es fiel uns sehr leicht, dieses Album zu schreiben. Craig, Kyle und ich haben im Proberaum rumgehangen und gejammt. Das war sicherlich die einfachste Platte, die wir jemals geschrieben haben. Wir haben das Schreiben als Therapie genutzt, um den Frust loszuwerden, der sich in den letzten Jahren angestaut hatte.
Siehst du Unterschiede zum älteren Material in den neuen Songs? Was immer raus kommt, kommt raus. Wir versuchen, uns nicht zu limitieren. Wenn wir etwas mögen, machen wir es.
Wie kommt “Almost Home” denn bei den Fans an? Scheinbar sagt jeder, dass „Almost Home“ unser bisher bestes Album ist. Es war auf #53 der Billboard Heavy Music Charts, von daher denke ich, dass wir irgendwas richtig gemacht haben *lacht*.
Könnt ihr von der Band leben? Ich kann das seit einiger Zeit, es ist aber auch alles, was ich habe. Wir werden das so weitermachen, bis die Band uns keinen Spaß mehr macht.
Letzte Worte? Check out our new video for "Sending Signals" and make sure to check out the new record, "Almost Home".
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