Vor gut drei Jahren erschien mit dem SIDEBLAST-Debütalbum "Flight Of A Moth" eine Scheibe, mit der sich das Quartett stilistisch zwischen alle Stühle setzen wollte, aber doch auf dem Allerwertesten landete. Zu wirr war die Mischung aus rasendem Bombast, Death Metal,- und Metalcore-Sprengseln sowie diversen gesanglichen Variationen und sogar Black Metal-Versatzstücken – französisches Allerlei quasi. Auf „Cocoon“ behält der Trupp diese Marschrichtung bei und schafft es wieder nicht, beziehungsweise kaum, daraus anständige Songs mit Wiedererkennungswert zu stricken. Die von den polnischen Wieslawski-Brüdern (die auch schon Alben von VADER und BEHEMOTH veredelt haben) zusammengeschraubte Produktion knallt ordentlich und erfüllt ihren Zweck weitestgehend, nämlich das Nichts an Songwriting-Talent gut zu kaschieren. Hört Euch als Anspieltipp nur mal den Song „Dirge“ an, und Ihr wisst, was ich meine: Soundoverkill, Pseudo-Breaks, Gitarrengefiepe und am Reißbrett durchgestyltes Chaos, dessen Monotonie über die gesamte Spielzeit sogar regelrecht nervig ist. Am Ende steht wieder ein Album, das eigentlich sauber umgesetzt wurde, handwerklich kaum Fragen offen lässt, aber dennoch die berühmte Frage offen lässt, was uns die Künstler damit sagen wollen…
Bands wie EMMURE sind super: bei jeder Platte ist im Grunde schon vorher klar, was kommen wird. „Speaker Of The Dead“ ist der aktuelle Beweis, denn auch wenn die Amis ungewohnt lange zwei Jahre seit „Felony“ für ihr neues Werk gebraucht haben, gibt es in den 15 Songs keine Überraschung: Beatdowns, Wechselgesang, fette Produktion und immer schön einen auf dicke Hose machen. Intellektuell nicht sonderlich anspruchsvoll, aber wer sich davon freimachen kann, wird mit „Speaker Of The Dead“ gut unterhalten. „Children Of Cybertron“ läutet das Album gnadenlos brutal ein und macht die Marschroute klar, von der dann auch kein Song abweicht, auch wenn „4 Poisons 3 Words“ und das sehr an NWOAHM-Gefilde gemahnende „Last Words To Rose“ dezente Fremdeinflüsse aufweisen können. Ändert aber nichts an der Tatsache, dass hier brutaler Metalcore geboten wird, der mit gutem Songwriting, besagter dicken Produktion und viel Poserei die Genre-Fans unterhalten wird.
Bei den kreativen Köpfen hinter THE KILIMANJARO DARKJAZZ ENSEMBLE verbergen sich die Leute, die auch THE MOUNT FUJI DOOMJAZZ CORPORATION ins Leben gerufen haben. Warum auch mit Namensgebungkonventionen brechen? Das THE KILIMANJARO DARKJAZZ ENSEMBLE-Debüt wird von Denovali Records wiederveröffentlicht und kommt zum ersten Mal überhaupt auch auf Vinyl daher. Anders als bei ihrem später gegründeten Doomjazz-Projekt sind die Holländer 2006 musikalisch breiter aufgestellt, von Jazz über Postrock- und Elektro-Formationen bis NEUROSIS reichen die Einflüssen, aus denen eine gute Stunde atmosphärisch dichte, spannende Musik extrahiert wird. Der Verzicht auf Gesang kombiniert mit dem Jazzgrundgerüst und den elektronischen Einflüssen schafft eine dichte Atmosphäre, die sich perfekt als Soundtrack eines Avandtgarde-Films machen würde und immer wieder Hörer im Kopf des Konsumenten entstehen lässt. Kopfkino, wie es besser nicht sein kann!
JUROJIN wurden ja zum Teil schon recht hoch gejubelt und dabei mit ausreichend Vorschusslorbeeren Bedacht. Nachvollziehen kann ich das nur in Grenzen. Denn das Debüt „The Living Measure Of Time” liefert an sich weder neue Ansätze, noch unglaubliches instrumentales und kompositorisches Können, sondern bietet gut gemachte Mucke in der Melange zwischen Rock und Metal, zwischen Alternative, Postrock und Prog – reichlich Ideen und guter Stimme inklusive. JUROJIN spielen gekonnt mit ihrem Potential, verbinden ihren angedeutete britische Kauzigkeit und unterschiedliche musikalische Backgrounds zu gelungenen Songs, von Folklore über Jazz (man höre nur den Abschlusssong „The Dreaming“) bis Metal. Nachzuhören in Songs wie dem Highlight „The Equinox“ (das mit ruhigen Passagen und experimentellen Sounds überzeigt), dem ordentlichen Alternative-Rocker „The Liar“, und dem orientalisch-indisch angehauchten, semi-akustischen „Proem“. Lassen JUROJIN bei ihren bedächtigern Songs mehr als einmal den Postrock raushängen, stehen die härteren Parts fast ausschließlich in der Tradition des bekannten Rock und Metal. Das JUROJIN es dabei nur auf knapp 30 Minuten Spielzeit und 7 Tracks bringen ist zwar kein Qualitätsmerkmal, darf dem geneigten Freund derartiger Klänge aber auch nicht verschwiegen werden. Trotzdem ist „The Living Measure Of Time” für die angesprochene Gemeinde ein antesten wert – die Überflieger aber sind JUROJIN nicht.
Alter Norweger! Ist das hier die selbe Band, die einstmals mit grandiosen Melodic/Epic Metal-Scheibchen wie „Knights Of The New Thunder“ (immer noch ein Kleinod des „typisch europäischen“ Metals) oder „Tell No Tales“ um die Ecke kam?! Auf „A Farewell To Arms“, dem mittlerweile zwölften Studioalbum von Ronni le Tekrø und Co., regiert harmlosester, berechenbarster und banalster Rentner-Rock, der lediglich durch die kräftige, glasklare Produktion einen Hauch von Leben erhält. Songs wie „Engine“ (völlig grenzdebiler, unfreiwillig komischer Text), „Ship In The Night“, „Take It Like A Man – Woman“, „Don´t Misunderstand Me“ oder „Someone Else“ (Schlager pur!) sind biedere Hausmannskost und tun niemandem weh. Ab und an schimmern ein paar gelungenere Momente durch, etwa bei der coolen Hymne „Refugee“, dem flotten, im Refrain mit fetten Chören gepimpten „Barracuda“ oder dem gesanglich sehr gut umgesetzten Titelsong, die aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass TNT ihren kreativen Zenit schon längst überschritten haben. Die europäische Version von „A Farewell To Arms“ kommt mit dem Live-Song „Harley Davidson“ daher, der aber auch alles andere als unverzichtbar ist. Beinharte TNT-Fans mögen dem Album vielleicht noch etwas abgewinnen können, aber der Rest kann „A Farewell To Arms“ konsequent übergehen.
Das schöne Kanada hat neben den feingeistigen Rock-Giganten RUSH musikalisch vor allem eins zu bieten: authentische bis kompromisslose Bands der härteren Basis. EXCITER, RAZOR, BLASPHEMY, CRYPTOPSY,… die Liste ist länger als man annehmen möchte. Seit 2003 reiht sich mit WEAPON eine Band in diese Liga der erstklassigen Ahörner ein, denn das, was das Quartett auf seinem zweiten Album zum Besten gibt, muss sich zu keiner Sekunde verstecken. Die Bande um Gitarrist und Sänger Vetis Monarch zockt eine ebenso anspruchsvolle wie dreckige Mischung aus Black,- und Death Metal, die einerseits hörbare Züge hauptsächlich schwedischen Todesmetalls (UNLEASHED, DISMEMBER oder meinetwegen auch NECROPHOBIC) trägt und auf der anderen Seite einen Einschlag norwegischer Waldarbeiter (DARKTHRONE, BURZUM, IMMORTAL, MAYHEM,…) offenbart. Mit ein wenig Fantasie mag man aber auch OBITUARY, NILE oder BEHEMOTH heraushören, was zeigt, dass diese Herren vielfältige Einflüsse haben und alles andere als Einheitsbrei abliefern. Als Anspieltipps empfehle ich das fiese „Furor Divinus“ und das melodische „LEFTHANDPATHYOGA“ (genialer Titel!), die den Umfang dieser sehr starken Platte gut repräsentieren. Für Knüppelfans ein echter Geheimtipp!
Für PLACEBO-Fans veröffentlichte EMI im Juni 2009 ein aus 8 CDs und 2 DVD bestehendes Box-Set mit den bis dahin erschienenen 5 Studioalben der Band und drei Einzelalben welche bis dato nur als Teil der Box erhältlich waren. Eines davon, das „Covers“ Album erschien ja bereits letztes Jahr. Mit „B-Sides“ und dem bisher nur als Download erhältlichen Mitschnitt „Live At La Cigale“ folgen nun die beiden anderen, wobei das jetzt als Doppelalbum aufgelegte „B-Sides“ im Vergleich zur Box 4 weitere Titel enthält (siehe Tracklist unten) und man sich nun auch für eine chronologische Reihenfolge entschieden hat. PLACEBO präsentieren auf „B-Sides“ ein Füllhorn an Ideen, welche teilweise aber einen Anflug von Fragmentierung aufzeigen, oft instrumentaler Art sind oder vom Songwriting her der letzte Schliff zu fehlen scheint (B-Seiten halt). So ergibt es ich von selbst, das Manches recht quer kommt, es bleibt dabei aber immer im typischen PLACEBO Soundgewand. Fans der Jungs um Sänger Brian Molko und Stefan Olsdal werden hier sicher fündig. Aber im Prinzip gilt hier das gleiche wie zum zeitgleich veröffentlichten Livemitschnitt „Live At La Cigale“ – für Gelegenheitshörer ist das eher eine etwas zwiespältige Sache, für PLACEBO-Fans, welche den Erwerb der großen Band-Box bisher gescheut hatten, ist der „B-Sides“ Doppeldecker aber eine schöne Sache.