„Melodic Death mit klarem Frauengesang und männlichen Growls“ ruft, ich bin ehrlich, erst einmal wenig Begeisterung hervor. Wenn man so einen Stil spielen will muss man nämlich den Dreh soweit raus haben, dass man mehr als matschigen Soundbrei produziert.
Wie schön das DEADEND IN VENICE gelungen ist! Mit ihrem Debut-Album „See You On The Ground“ macht die Trupp aus Leipzig genau das was sie sich auf die Fahnen schreiben. Der stellenweise recht brachiale Melodic Death Metal geht direkt mit dem ersten Song „Hate Sweet Hate“ los, ohne schonendes Intro-Gefiedel werden direkt dicke Gitarrensounds mit gut verprügeltem (und dabei keineswegs stumpfen) Schlagzeug und sehr gut getroffenen Melodie-Elementen und zwei Solis durchzogen. Insbesondere die Gitarren haben es mir hier angetan: Melodic Death ist deswegen so melodisch weil die Gitarren eben nicht nur einen Akkord durch die Gegend ballern sondern eben Elemente einflechten die den Soundcharakter auflockern und prägen. Und in diesem Falle tun sie das auch ziemlich gut: Im Gegensatz zu diversen anderen kleinen Bands hört man die Töne die man hören will. Das gilt übrigens gleichermaßen für Soli („Brain Execution“ oder „War“– kurz aber extrem geil und sauber!) wie auch die reinen Lead-Riffs.
Aber wie war das nun, es gibt eine Frau? Richtig! Sänger Christian Litzba gibt zwar meistens (d.h., in den härteren Passagen) mit mittelmäßig tiefem Growling den Sound vor, Sängerin Annabell Klein hat aber mindestens eben so viel Anteil an den Songs: Mit cleanem Vocals wird der ansonsten doch sehr vollblutige Metal sehr angenehm und frisch aufgelockert ohne dabei zu vergessen das man hier die gottverdammte Mähne schütteln lassen soll! Nun, gut: Es wird nicht jedem gefallen, das vorweg; zu eigen die Umsetzung, zu speziell der Charakter der Stimme. So wird beispielweise bei „Long Way Home“ mal eben im Duett gesungen, bei anderen Titeln sind die Gesangsparts eher aufgeteilt.
Allerdings muss ich ja sagen: Ein paar wenige eher schwächere und leicht abgedroschen wirkende Songs („Last Chanches“, „Dirty Little Princess“) sind schon dabei, interessanter Weise zum Ende der Scheibe hin. Wurden da die Ideen rar? Nichts desto trotz, mir gefällt das Ding im Großen und Ganzen durchaus – etwas kurz, teilweise mit schwankendem Niveau, ansonsten aber sehr erwachsen und mit Potential nach oben!
Fünfzehn Songs auf dem bereits vierten Album einer bisher durchaus gelobten Band klingt erst mal schon gut. Wenn es nun auch noch eine innovativ-frische Rock-Scheibe ist, umso besser – und genau das will „Obsession“ sein. Das Ding beginnt mit einem eingängigen Stück namens „Living A Lie“ und markiert da auch schon den Stil der Platte: Nicht unbedingt technisch anspruchsvoller oder besonders komplexer Rock, eher etwas was durch eine gewisse Einfachheit besticht. So wird viel mit Akkorden, kurzen Soli und diversen Stileinflüssen von Außerhalb gearbeitet anstatt irgendwelche zehnminütigen Kracher zu spielen; de facto sind viele Titel mit drei bis fünf Minuten sogar ziemlich kurz. „New Tomorrow“ beschmeißt den Hörer mit kurzen, angezerrten Vocal-Einlagen und sehr Ohrwurm-verdächtigen Chorus, „Y.D.N.W.L.C.B“ klingt teilweise wie echter Hair Metal der 1970ger, „Sensation“ bindet einen kurzen (weiblichen) Background-Chor ein und hat dazu noch BLUES BROTHERS-mäßige Bläser dabei – trotzdem in vollem Rock-Outfit! Andere Songs sind dagegen eher ruhig bis poppig („Everything to me“, „Better Days 2010“), teilweise dabei auch etwas langatmig. Die Vocals dabei wissen auch zu gefallen, sind technisch ordentlich am Pitch und wechseln souverän zwischen Ruhe und Energie.
Das einzige Problem an dem Ding: Es ist irgendwie zu lang. Ja, ernsthaft – quasi „zu viel des Guten“. Wenn sich in 62 Minuten diverse Songs aneinander reihen die allesamt nicht nur im gewissen Maße ähnlich sind sondern teilweise auch noch derart prägnante Refrains haben das man sich fast etwas überladen fühlt, das Rauspicken von Lieblingssongs fällt arg schwer weil einfach nichts mehr hervorsticht. Versteht mich nicht falsch; separat sind diverse Nummern gerade durch diese Eingängigkeit verdammt cool, nur en Masse wird es dann doch etwas mächtig.
Nichtsdestotrotz: THREE WISHES präsentieren ein erwachsenes, abwechslungsreiches Rock-Album das man wohl einfach nur nicht am Stück hören sollte, ansonsten hört man es sich wohl schnell satt.
DEAFHEAVEN lassen den Hörer leicht irritiert zurück, sind auf „Roads To Judah” doch nur vier Songs drauf, die es aber auch mehr als 35 Minuten Dauer bringen – EP oder Album? Angesichts des erstklassigen Songmaterials aber eine nur minder wichtige Frage. Die Kalifornier treten mit dem vier Songs den Beweis an, dass guter Black Metal aus den USA nicht nur von WOLVES IN THE THRONE ROOM gemacht wird, sondern sich auch andere Bands auf die Verbindung von epischen Parts und skandinavischer Raserei verstehen („Tunnel Of Trees“). DEAFHEAVEN haben der Scheibe zudem die typische Black Metal-Produktion verpasst, die sehr zur Atmosphäre beiträgt und gerade den keifenden Gesang gut betont, ohne dass die anderen Instrumente zu weit in den Hintergrund rücken. Bei den ruhigen, sphärischen Parts wird dann deutlich, wie gut die Produktion auch diese umsetzt, beispielsweise dem genau die richtige Dosierung Punch zugesteht. Die Verbindung der ruhigen, leicht Postcore-lastigen, Abschnitte mit der Black Metal-Raserei ging DEAFHEAVEN beim Songwriting problemlos von der Hand, die Songs entfalten erst im Zusammenspiel beider Kräfte ihre volle Wirkung. „Roads To Judah“ wird so zu einer Black Metal-Scheibe, die lange interessant bleibt und Tiefgang, Atmosphäre und gutes Songwriting aufweist. Feine Sache!
Nachdem PAGAN’S MIND mehrere richtig guten Alben am Start hatten, war nach 2007 erst mal Schluss mit neuem Stoff. Mit neuem Label im Rücken (Steamhammer) und reichlich Power soll Album Nr 5, „Heavenly Ecstacy“ nun da anknüpfen, wo man mit „God’s Equation“ aufgehört hatte. Und das norwegische Quintett enttäuscht seine Fans nicht. Auch wenn man in 2011 noch mehr wie früher auf eine melodische Ausrichtung bei ausreichender Härte setzt und die progressiven Elemente etwas zurücknimmt, klingt „Heavenly Ecstacy“ ganz typisch nach PAGAN’S MIND – nur die dominierende Farbe des Cover ist jetzt orange statt blau. Ob das schwere, zum Teil doomige, zum Teil auf Power Metal getrimmte „Into The Aftermath“ mit seinem Ohrwurmrefrain oder das folgende „Walk Away In Silence” das mit seinem treibenden Rhythmus einen formidabeln Hit abgibt – um nur mal zwei Highlights zu nennen – PAGAN’S MIND liefern ausnahmslos hochwertigen Stoff. Mit dem über 8-minütigen „Revelation To The End“ und dem überragenden „Follow Your Way“ (hier hört man für was Keyboards wirklich gut sind) hat man sogar zwei teilweise heftigere Mid-tempo Bolzen die „Heavenly Ecstacy” ebenfalls auf den nächste Level heben – klasse. Die Verbindung von schweren, bassigen Riffs und härteren Passagen, mit dem oft spärlicher instrumentalisiertem klaren Gesang von Nils K. Rue (der in der Double-Bass Attacke „The Master’s Voice“ verstärkt die Growls auspackt) und nicht zu dominanten Keyboards geht bei PAGAN’S MIND auch auf „Heavenly Ecstacy“ vollends auf. Der Überraschungseffekt der ersten Alben ist zwar weg, aber die Entwicklung der Band gen Melodic Power Metal mit progressiver Ausrichtung kann man gut nachvollziehen – PAGAN’S MIND genügen hohen Ansprüchen, haben Power und Biss – und PAGAN’S MIND gehen trotzdem ungemein gut ins Ohr. Es macht einfach Spaß „Heavenly Ecstacy“ durchzuhören, die Band lebt ihr hohes Niveau dabei konstant auf Albumlänge aus und lässt nun so gar nichts anbrennen. Wer die (alten) DREAM THEATER vergöttert, aber auch mit THRESHOLD etwas anzufangen weis, kommt an der Scheibe (wie auch an den Vorgängeralben) kaum vorbei. -----
Als musikalischer Vorkoster darf man nicht verschneckelt sein, bin ich eigentlich auch nicht. Doch mit DIRTY PASSION wird mir junges Gemüse vorgesetzt welches zu früh geerntet und lieblos erwärmt wurde. Das kann einen schon mal auf die Verdauung gehen.
Die Schweden gründeten sich 2006 und mit „Different Tomorrow“ legen sie nun ihr Debüt vor. Die vier Musiker spielen 80er Hardrock aus einer Schnittmenge von SKID ROW, FIREHOUSE und vor allem EUROPE, da die Stimme von Emil Ekbladh doch sehr an Joey Tempest erinnert. Die Gitarrenarbeit von Christopher Olsson ist klasse, einige Solos habe schon Format und können gefallen.
So, das wäre das Positive an dem "musikalischen Mahl".
Negativ sind die unausgegorenen Songs, die mich zu keiner Minute packen können. Alles schon tausendmal gehört, nichts was hervorsticht oder gar einen Wiedererkennungswert besitzt. Das Schlagzeugspiel ist fantasielos und eindimensional. Und die Produktion ist roh, viel zu roh für die melodiöse Struktur der Songs und wirkt irgendwie unfertig. Vor allem die Stimme hätte mehr Aufmerksamkeit und Bearbeitung gebrauchen können; so erklingt sie teilweise schwächlich und unpräzise. Sicher man kann aus Messing kein Gold machen, aber schön glänzend hätte es doch gleich besser ausgesehen. Mir scheint hier wird zu schnell etwas auf den Markt geworfen ohne die nötige Liebe zum "Produkt" und zur Qualität der Band; welche vorhanden ist, zumindest partiell.