"Say Anything…” ist kein programatischer Titel, "Say Anything…” ist eher die Essenz dessen, was moderner Metal heute zu sagen hat. Ein leichter Hang zur Melancholie ist den belgischen MINDSTAB dabei keinesfalls abzusprechen. Ob Emocore oder gar katatonische Leidenschaft, ob Nu Metal oder gar deftonische Tiefe - MINDSTAB tun alles, um keine Langeweile aufkommen zu lassen. Obwohl sich MINDSTAB dabei keinen modernen Einflüssen verschließen und von balladesken Stimmungen in poppigem Exzess bis hin zu rausgeschriener Härte und heavy Gitarren alles an Bord haben, überfordert ihre Vielfalt nicht. Massig hörbare Parallelen und doch genug Eigenständigkeit, das Konzept geht voll auf. Druckvolle Gitarren spielen den atmosphärisch packende Sounds in die Hände, die Sänger agieren mit- und nicht gegeneinander. MINDSTAB versuchen über die volle Länge bis ins kleinste Detail Abwechslung zu bieten ohne dabei auch nur einmal die sichtlich vorhandene Technik vors Gefühl zu stellen. Das ist endlich mal Nu Metal, der versucht ohne pathologische Artefakte der Anfangszeit zu bestehen. Großartig.
Nach dem obergenialen Hammer "The Last Dance" (für mich immer noch eines der besten Live - Werke der 90er…), der 1996 das Ende der Band besiegelte, folgte 2002 mit "Breath Of Life" ein sehr gelungenes Comeback, das die Band nach zahlreichen Soloalben, - und Projekten endlich wieder auf die Bildfläche stemmte. Aber sicher niemand hätte dem britischen Bombast - Flaggschiff anno 2004 zugetraut, noch dermaßen viele Briketts nachzulegen und ein Highlight seiner 30 - jährigen Karriere abzuliefern. Unglaublich, aber "Brand New Morning" zieht sämtliche Register und präsentiert MAGNUM in Kaliber 44! Das Album fährt mit dem nur noch geilen Titelsong einen der härtesten Tracks der Bandgeschichte auf, der neben fetten Riffs noch einen Refrain für die Ewigkeit auffährt und nicht mehr aus dem Ohr raus will. Killer! Relaxter geht es dann bei "It’s Time To Come Together" zu, einer locker - flockigen Hymne im typischen Stil der Band. Das sehr atmosphärische "We All Run" beginnt ruhig, entpuppt sich dann aber zu einem stampfenden Rocker, während "The Blue And The Grey" den sehr gelungenen balladesken Part des Albums, inklusive Lagerfeuer - Kompatibilität, markiert. "I’D Breathe For You" erzeugt Entenpelle en masse, rockt das Haus in Midtempo und verzaubert mit einem Weltklasse - Chorus. "The Last Goodbye" steht ganz in der Tradition von Jahrhunderthymnen wie "How Far Jerusalem" oder "Vigilante" und gehört vielleicht zu den besten Songs der Band überhaupt. Überragend! Ich habe auch keinen blassen Schimmer, wo Bob Catley immer noch diese Stimme hernimmt. Der Mann gehört wohl auch noch im Greisenalter zu den besten Rock - Sängern der Welt. Eine Performance, die man heute noch manchem Metal God wünschen kann…klasse! "Immigrant Son" (cooler Titel - auch MAGNUM haben ihre Vorbilder) tönt wieder etwas härter, ist nicht sofort zugänglich, kann aber sofort mit einem theatralischen Refrain überzeugen. "Hard Road" rockt sehr rau, gehört aber nicht zu den Highlights des Albums und das abschließende, überlange "The Scarecrow" ist so etwas wie der experimentelle Abschluss der Platte, kommt etwas sperriger daher, geht aber als cooler Goodtime - Rocker durch und fährt unter Anderem sogar Western - Gitarren auf. Ein würdiger Abschluss eines brillanten Werkes, für das man den Begriff "Rentnercombo" definitiv ad acta legen kann. Zwar sollte man sich mit Vergleichen zurückhalten, aber ich behaupte einfach mal, dass sich "Brand New Morning" trotz ein paar winziger Schönheitsfehler nahtlos in die Phalanx aus "On A Storyteller’s Night", "Vigilante" oder "Wings Of Heaven" einreihen kann. Ein Werk, mit dem zumindest ich nicht mehr gerechnet hätte und das nachdrücklich zeigt, dass alte Räder immer noch fahren können - vorausgesetzt sie besitzen die Klasse einer Band wie MAGNUM!!!
Wir sollten mal eine Umfrage zum obskursten Bandnamen machen. OSTZONENSUPPENWÜRFELMACHENKREBS ist ja immer noch einer meiner Alltime-Favoriten (obwohl deren Mucke scheiße ist), aber JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE ist auch nicht von schlechten Eltern. Der Name geistert schon länger durch den deutschen Underground und jetzt endlich gibt’s das zweite komplette Album des Haufens. Kampfhörspiele sind also Grind, aber nicht von der stumpfen Dauergeballer-Sorte, sondern mit Sinn für Humor (was Songtitel wie "Zieh die Jacke falschrum an" beweisen) und sehr offen für neue Einflüsse. Viele Parts klingen wie von einer räudigen Punkband geklaut, während andere mit schleppendem Tempo und ewiger Widerholung fast schon doomig anmuten. Das Grundgerüst, auf das alle diese Einflüsse gepackt werden, ist kein lupenreiner fieser Grind, sondern in meinen Ohren eher mit einer ziemlichen Death Metal-Schlagseite angetan. Ihre besten Momente haben JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE, wenn sie einfach und schnörkellos ballern ("Zieh die Jacke falschrum an"), da geht echt der Punk ab. Oftmals klingen die Songs aber chaotisch und wirr, so als wüßten die Mucker selbst nicht, wo sie hinwollen - geradeaus nach vorne auf jeden Fall nicht. Mir ist das Alles etwas zu anstrengend gewesen, von einer Grind-Platte erwarte ich eigentlich einen direkten Schlag in die Fresse, vielleicht bin ich für JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE einfach nicht offen genug. Witzig und voller Humor (ohne auf ein Niveau wie SONS OF TARANTULA zu sinken) ist die Scheibe auf jeden Fall, was ich der Band als dicken Pluspunkt ins Buch schreibe. Sollte man mal anchecken, wenn man "andere" brutale Mucke sucht.
ZEN ROCK AND ROLL nennt sich die Band (oder besser Projekt) um Jonathan Saunders aus Tennessee, der hier seiner Leidenschaft für den progressiven Art Rock der 70er Jahre Luft macht. Sehr sperrig und mit allerlei Synthie - Spielereien versehen, ist das neue Werk "The Birthright Circle" ein kleiner Geheimtipp für die Freunde der alten GENESIS, YES oder SPOCK’s BEARD geworden, obwohl das Niveau keiner dieser Bands erreicht wird. Die vier Songs mit einer Spielzeit von insgesamt einer Dreiviertelstunde wissen zwar zu begeistern, wie etwa die tollen Melodien im Opener "Thanatos", der sehr emotionale Gesang in "Richard" oder die abgefahrenen Synthie - Spielereinen im 23 - minütigen "Circle" aufzeigen, aber über die gesamte Spielzeit verliert sich etwas der rote Faden. Der Rockanteil bewegt sich größtenteils auf einem Minimum und überlässt eher den elektronischen Spielereien das Feld. Gitarrensoli oder rockig - symphonische, dynamische Zwischenspiele muss man auf dem Album leider mit der Lupe suchen. Von daher ist "The Birthright Circle" meiner Meinung nach am Ehesten für Jazz - Freaks geeignet, denen rockige Elemente nicht unbedingt zusagen. Sehr geschmackvoll ist hingegen das Artwork ausgefallen, das eine stimmungsvolle Collage aus diversen gerenderten Motiven darstellt und wirklich hübsch anzusehen ist. Art Rocker und Proggies seien auf jeden Fall auf das Werk hingewiesen, sollten jedoch unbedingt vorher reinhören, bevor sie sich zum Kauf entschließen, denn mit Rock oder gar Metal hat es nicht viel am Hut. Wer darauf allerdings verzichten kann, sollte sicher nicht enttäuscht werden.
Sie haben Pech mit ihren Scheiben gehabt und sie kamen nie auf die besten Tour-Slots. Sie haben gute Scheiben fabriziert, aber nie irgendwelche Ausnahme-Produkte auf den Markt geschmissen. Kurzum: Gute Band, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Auf dem neuen Output beeindrucken sie mit enorm ohrwurmigen Songs (als Beispiele nehme man "Sons Of Belial" oder "Armageddon Revelation"). Nun firmierten LORD BELIAL zumeist unter dem Banner des Black Metal. Rein und richtig ist das spätestens jetzt nicht mehr, Black-Death-Metal muß es mindestens heißen. LORD BELIAL haben einen Schwarz-Tod-Hybrid geschaffen, der sich nahe Hypocrisy, Necrophobic uund Immortal einordnet und mit old-school-Black-Metal wenig zu tun hat. Es gibt tüchtig viel Mid-Tempo, Keyboards, sogar Akustik-Parts und Frauen-Gewisper ("Legio Inferi") wird nicht außen vor gelassen. Und das Schönste: Die teuflische Lordschaft wird dadurch viel, viel fetter, macht viel mehr her. Wie also ist LORD BELIAL 2004? Nicht mehr ganz so schwarz, eher tot. Dafür wesentlich gewichtiger - aber noch lange nicht in kommerziellere Bombastgefilde abgedriftet. Eins aber auf jeden Fall: Gut!