Ob man den sechsten Longplayer der norwegischen Gothic Institution THEATRE OF TRAGEDY gleich als Comeback bezeichnen muss, sei mal dahingestellt. Eine tiefgreifende Zäsur war die Trennung von Sängerin und Gothic-Ikone Liv Kristine allemal. Mit der "Neuen" am Mikro (Nell Siglund) versuchen THEATRE OF TRAGEDY nun einen "Storm" betitelten Neuanfang. Der engelsgleiche Gesang vergangener Tage ist einer immer noch elfenhaft hohen, aber etwas tieferen Stimmlage gewichen; Grunts und Growls der ersten Hammerscheiben sind auch auf "Storm" nicht wiederbelebt worden. Sänger Raymond I. Rohonyi bleibt gesanglich den beiden elektronisch und industrial geprägten Vorgängerscheiben "Musique" und "Assembly" treu (kalt und monoton, mehr gesprochen bzw. geflüstert wie gesungen). Musikalisch hat man trotzdem einen Schritt in die Vergangenheit getan. "Storm" ist deutlich mehr Rock und Metal als zuletzt, ohne die Entwicklung seit dem 1995er Debüt zu verleugnen. So können die beiden Opener, der leicht bombastische, mit Piano eingeleitete und nach vorne gehende Titeltrack "Storm" und das abwechslungsreich rockende "Silence" genauso überzeugen wie das nachfolgende dunkel melancholische "Ashes And Dreams". Aber bereits mit dem vierten Song "Voices" fällt man in jene beliebig, meist ruhige Songstruktur zurück, welche ähnlich geartete Gothic-Bands zuhauf liefern. Bis dann "Begin & End" uns mit ordentlichem Gitarreriff und gelungenem Wechselgesang kurz aus der Monotonie reißt, in die man aber unvermittelt "Senseless" wieder eintaucht. Zum Schluss gibt es mit "Debris" einen gut arrangierten, elektronisch angelegten, zwischen Ballade und Midtempo angelegten Ohrwurm. Die Bürde der Vergangenheit machen THEATRE OF TRAGEDY den Neuanfang nicht leichter - und noch sitzen sie irgendwie zwischen allen Stühlen, will sagen: Die Band scheint nach der Trennung von Liv Kristine nicht den Mut zu einem kompletten Neuanfang gehabt zu haben oder zu einer Rückkehr zu den Wurzeln. "Storm" ist zwar fett produziert und kommt kraftvoll aus den Boxen - unter den zehn Tracks gibt es aber zu viele nette Songs welche trotz Eingängigkeit keine richtige Langzeitwirkung entfalten. Für THEATRE OF TRAGEDY sollte ein "nur" gutes Album eigentlich zu wenig sein.
Da haben sich anscheinende vier Musiker lange gesucht und (endlich) auch gefunden. Nach jahrelangem Musikmachen getrieben von der Hauptintension sich nicht länger von äußeren meist kommerziellen Erwartungshaltungen fremdbestimmen zu lassen, traf man sich zunächst einfach mal so beim Kaffee um zu jammen und heraus kamen dabei einige viel versprechende Tracks, es fand sich schnell ein Label dafür und so schimpfen sich Band & Album äußerst passend SLAVE TO THE SYSTEM. Mit kreativem Elan haben sich die Vier einen erdigen Sound aus Alternative, Heavy und Post Grunge Rock zusammengezimmert der sich äußerst knackig und staubfrei hören lassen kann. Man agiert gleich mit zwei verschiedenen Sängern, wobei die etwas blusigeren Vocals mit ihrem leicht an David Coverdale erinnernden Timbre besonders positiv herausragen (wer hier als Person zuzuordnen ist gibt das Booklet leider nicht her!).
Slave To The System verzetteln sich nicht in zu komplexen Arrangements sondern konzentrieren sich lieber mehr auf punktgenaues Songwriting mit gelungene Hooks und kommen trotzdem auf eine ungemein lockeren Weise sympathisch rüber. Vielleicht so ne Art Mischung aus SLASH’S SNAKEPIT (mindestens genauso cool) sowie VELVET REVOLVER (Songtechnisch sind STTS um einiges besser!) mit einer Portion Grunge. Wie gesagt hier sind einfach solide Könner am Werk, die mit handwerklicher Perfektion aber noch genügend Herzblut und ordentlich Groove sowohl die (Alternative) Rock- als auch "open minded" Metaller ansprechen dürften. Gitarrist Kelly Gray (wurde ja bei QUEENSRYCHE nie so recht glücklich) sowie ex-Kollege Scott Rockenfield, ALICE COOPER Klampfer Damon Johnson und ex-BROTHER CANE Roman Glick haben hier ein perfektes Teamwork abgeliefert und präsentieren genau die richtige Mischung aus spannungsvoll-getragenen Elementen sowie aber auch noch genügend Rock bzw. Arschtritt Attitüde. Dies fängt schon mit dem energiegeladenen Opener "Stigmata" an, die Jungs lassen es schön laufen ohne mit zu stark auf Airplay gedämpften Härtepegel vorzugehen, weiter geht es mit dem coolen Rocker "Ruby Wednesday" sowie dem packenden Riffer "Disinfected". Solche Mucke läuft dem Hörer einfach klasse rein, das etwas zu grölige "Cruise Out Of Control" ist vielleicht dann der einzige etwas schwächere Track. Mit dem etwas wunderbar folkigen "Abyss" sowie der potentiellen Hitsingle "Live This Life" (inkl. tollem Chorgesang) und der herrlich unaufgesetzt klingenden Ballade "Will you Be There" zeigen SLAVE TO THE SYSTEM wieder ihr sicheres Händchen für authentische Rocksongs.
Gratulation zu einem mehr als nur soliden Debüt quasi als Brückenschlag zwischen alter Schule und Moderne, da kann zukünftig sicher noch etwas mehr kommen, die Qualität stimmt. (maio)
Bei SLAVE TO THE SYSTEM handelt es sich um einen weiteren Versuch von ein paar Musikern, aus der von ihnen als einengend empfundenen Erwartungshaltung ihrer jeweiligen Hauptband gegenüber auszubrechen. Der kollektiven Korsettsprengung bezichtigt werden im vorliegenden Fall die beiden Queensryche-Mucker Scott Rockenfield (dr.) und Kelly Gray (guit.) sowie Bassist Roman Glick und Sänger/Gitarrist Damon Johnson, der erst vor Kurzem als Mitglied der Band von Alice Cooper bundesdeutsche Hallen beschallte. Musikalisch bewegt sich das Quartett routiniert in, sagen wir mal, Audioslave-Dimensionen; die Gitarren grooven megafett, Bass und Drums treiben zumeist recht angenehm, und Herr Johnson’s Organ passt dabei prima zur gewählten stilistischen Ausrichtung. Da erstaunt es wenig, dass gerade die balladesken Töne herausragen: "Live This Live", "Abyss" und Will You Be There" sind wahre Dosenöffner - null pathetisch, harmonisch, bewegend - geil. Leider kann nicht die komplette Scheibe dieses hohe Niveau halten. Wenn der Einstieg mit dem amtlich knallenden "Stigmata" auch gut gewählt wurde und die Qualität generell recht ordentlich ist, haben sich doch auch ein, zwei Lückenfüller (z.B. das nervige "Ragdoll") eingeschlichen. Trotz der leichten Schwankungen: Anchecken. (heavy)
Die Gebrüder Benny (Gitarre) und Björn Jansson (Gesang), die sich mit Daniel Flores (MIND´S EYE) und Johan Niemann (MIND´S EYE, THERION) verstärkt haben, melden sich mit "In The Shadows" nach ihrem Einstand "Still Alive" zurück und legen ein ansprechendes Melodic (Power) Metal - Werk vor, das sich nicht im leider fast schon üblichen Pseudo - Bombast - Gedudel verliert und eher mit schneidenden, kraftvollen Songs punktet. Stilistisch fallen mir als Vergleich etwa die deutschen ANGEL DUST, MASTERPLAN oder auch RICHARD ANDERSSON´S SPACE ODYSSEY ein, die zwar allesamt treffsicherer komponieren, aber nicht nur im gesanglichen Bereich die eine oder andere Parallele offenbaren. Ganz so große Hits wie diese Bands haben TEARS OF ANGER, wie bereits angedeutet, leider nicht im Gepäck, auch wenn Stücke wie der Opener und Titelsong, der Stampfer "Tears In My Eyes", das schleppende "Scene Of The Crime" oder das speedige "Full Of Lies" durchaus überdurchschnittlich gute Kost bieten. Ein Oberhammer ist "In The Shadows" also nicht geworden, denn dafür bleibt insgesamt zu wenig des Materials hängen, aber Freunde der oben genannten Kapellen könnten hier eventuell fündig werden. Ganz nett!
Wer bei solchen Bandnamen und Plattentitel an irgendwas künstlerisch wertvolles denkt, glaubt auch an den Weihnachtsmann. Hier kann nur kranker Grindcore aus den Boxen wummern. Und siehe da - Überraschung! - dem ist auch so. ELECTRO TOILET SYNDROM machen den Anfang und geben 14 Songs zum Besten, darunter ein GUT-Cover, was die Marschrichtung vorgibt: Porn-Grind, aber dankenswerterweise nicht die mega-stumpfe Variante. Zwar ist das Schlagzeug nur bedingt als abwechslungsreich zu bezeichnen und der übliche Gurgel-Gesang auch recht eintönig, aber dafür haben sich die Jungs bei den Gitarren ins Zeug gelegt und ein paar coole Riffs auf CD gebrannt. Das macht die Tracks unterhaltsam, für Fans des Genres natürlich nur. Mich haben nur die klischeehaften Pornofilm-Samples genervt, aber das gehört wohl dazu. VAGINAL INCEST ist ein Ein-Mann-Projekt und mit 4 Songs auf der Scheibe vertreten, die mich ziemlich gelangweilt haben, besonders im Vergleich mit den Sachen von ETS. Das wummert mir zu techno-lastig und kostet nur unnötig nerven. Cyber Grind oder sowas, aber definitiv nix für micht. Krachfans mit 8€ in der Tasche können beruhigt Heavy Horse kontakten, bei Bezugnahme auf’s Review gibt’s für die ersten 2 Besteller portofreie Lieferung.
Mit "Skywards" haben die Badener FRAGMENTS OF UNBECOMING eine echte Schwedentod-Perle abgeliefert, die die Band aber leider noch nicht wirklich den großen Durchbruch beschert hat. Völlig zu Unrecht, wie ich finde. "Sterling Black Icon" heißt der neue Versuch und wie schon der Vorgänger haben FRAGMENTS OF UNBECOMING wieder einmal Gespür für Melodien und echten Death Metal-Spirit kombiniert, wie das außer ihnen nur noch wenige Bands können. So klang Schwedentod Anfang der 90er Jahre, bevor es da den Bach runterging. Die Gitarren jammern, leiden, melodiösen, während sie sich auf den nächsten Blastpart vorbereiten und Sänger Sam ordentlich Feuer in der Stimme hat, dass er auf den Hörer speit. Bestes Beispiel für die Symbiose aus Melodie und Härte ist "A Faint Illumination", dass besonders am (instrumentalen) Ende an alte UNANIMATED-Zeiten gemahnt. An die kommen FRAGMENTS OF UNBECOMING zwar noch nicht ganz ran, aber einen Meilenstein wie "Ancient God Of Evil" kann man auch nicht einfach mal so toppen. Spitzenklasse und eine Schmückstück jeder Death Metal-Sammlung ist "Sterling Black Icon" trotzdem. Bleibt zu hoffen, dass die Band endlich den verdienten Durchbruch schafft, verdient hätten sie es.