Ein ziemlich intensives Brett haben ALIENACJA mit ihrer ersten Veröffentlichung vorzuweisen. Die acht Songs auf "Blades Shall Speak" (das im schicken Digi mit sehr schönem Cover veröffentlicht wird) sind ein gnadenloses, technisch anspruchsvolles Death/ Grind-Geballer, das unbedarften Hörern die Lauscher bluten werden. Die Polen blasten was das Zeug hält, lassen die Songs in irrwitzigem Tempo vorbeirauschen und haben in ihrer Gitarrenarbeit Genie und Wahnsinn den gleichen Stellenwert gelesen. Langsame melodischere Parts kommen ziemlich unvermittelt ("Organizm") und sind durch den irren Gesang und die im Hintergrund lauernden Drums nicht wirklich zum Verschnaufen gedacht. Es ist zwar nicht sonderlich innovativ, was ALIENACJA hier vom Stapel lassen, aber Underground-Freaks mit einem Faible für Ami-Geballer können ihre Euros guten Gewissens investieren, die acht Songs sind gehobene Genre-Kost und gut produziert.
LAW FOUND GUILT sind die erste österreichische Emo-Band, die in meinem Player landet. Wieder eine Lücke geschlossen. Ob sich die EP der Band aber lange in meinem Ohr festsetzt, ist fraglich. Zu austauschbar, zu poppig ist ihr Emocore. Alles ordentlich gespielt, mit gutem Gesang und einigen guten Ideen bei den Gitarren, aber auch irgendwie belanglos. Das wäre nicht so wild, wenn LAW FOUND GUILT einen oder zwei richtig geile Songs geschrieben hätten, so richtige Hits oder "Tanzflächefeger" wie El Cheffe immer sagt. Aber nix, "Till The Water Comes" hat zwar einen netten Chorus und "Balance" einen schönen Groove, sind aber beides trotzdem keine Krachersongs. "Aspahlt And Concrete" reiht sich so in die Schar der großen, belanglosen, langweiligen Veröffentlichungen ein, die das Genre in der letzten Zeit ertragen muss. Mit einem Wort: überflüssig.
Nach der 98er Scheibe "The Only Pure Hate" haben sich A CANOROUS QUINTET getrennt, um anderen Projekten nachzugehen, u.a. GUIDANCE OF SIN und AMON AMARTH. Nach ein paar Jahren Pause, in denen eigentlich nur Drummer Fredrik mit AMON AMARTH richtig erfolgreich war (und ist), haben sich die fünf Schweden mal wieder getroffen und Bock gehabt, wieder zusammen zu zocken. Herausgekommen ist eine moderne Death Metal-Scheibe, bei der zwar oft die Vergangenheit durchscheint, die insgesamt mit Klassikern des Schwedentods wie "The Only Pure Hate" nicht mehr viel gemein hat. Da ist es nur konsequent, dass die Chose unter neuem Namen veröffentlicht wird. THIS ENDING orientieren sich stark an neueren SOILWORK oder IN FLAMES, wenn auch die Gitarren oft genug die Brücke zu alten ACQ-Zeiten schlagen. So ist "Inside The Machine" (das mit einer zum Titel passenden, klinischen Produktion aufwartet), ein gelungener Brückenschlag über beinahe eine Dekade. Über die Fähigkeiten der Mucker muss hier nicht viel gesagt werden, da sind echte Könner am Werk. Sänger Mårten hat eine etwas kraftvollere Stimme und Drummer Fredrik hat während seiner Wikinger-Zeit oft genug bewiesen, dass er seinen Job mehr als gut macht. Die Gitarren strotzen vor eingängigen Melodien, haben manchmal diesen leidenden Unterton, der ACQ so genial machte, und verstehen sich ebensogut auf gnadenlos moderne Riffs, besonders "Into Pain" strotzt davon. Bis auf das lahme "Lidless Eyes" (klingt genauso langweilig wie ARCH ENEMY) gibt es auch beim Songwriting nichts zu meckern, jeder Schwedenfreund sollte daher die Scheibe zumindest antesten. Welcome back, boys!
Was für die "Propaganda" Maxi galt, behält natürlich auch beim ersten regulären Album von DACIA AND THE WEAPONS OF MASS DESTRUCTION seine Gültigkeit: Der Song "Who’s To Say" macht gute Laune. Noch einen Happen zackiger und fetziger folgt "Rockabilly Bitch" auf dem Fuße. Ein schöner Einstieg mit rockigen Songs. Zu den flotten Sounds passt die freche Stimme Dacias wie die Faust aufs Auge. Nicht selten klingt sie, als sei sie lasziv um den Mikrophonständer gewickelt. Die Songs der "Communist"-Klasse überzeugen mich voll, genauso wie die beiden Balladen "Sorry" und "Loosing You". Bei "Loosing You" ist gar Meister Lemmy persönlich zu hören - ein schöner Kontrast der erstaunlich gut zu der nachdenklichen Melodie passt. Die modern rockige Musik klingt wirklich frisch, leider gibt es bei allen kleinen Abwechslungen auch Längen wie das sanft dahinplätschernde Elektronika-Pop Nümmerchen "Stop And Stare" oder den kaum Spuren hinterlassenden Softcrossover-Happen "Change The World" mit kraftlosen zweiten Vocals im Chorus. Das Debut der Schwabenband und der singenden Wahl-Schwäbin ist wahrscheinlich nicht griffig genug um hängen zu bleiben und sie könnte das TAPE Schicksal ereilen: Die Reduktion auf den einen oder anderen Song der es durch ein glückliches Schicksal zu etwas Airplay gelangt. Die "Limited Edition" kann mit zwei weiteren Songs ("First Time" und "The Universe") aufwarten.
THE DISTANCE sind eine der fleißigsten Bands, was Veröffentlichungen angeht, auf so viele EPs und Splits (u.a. mit WITH HONOR) wie THE DISTANCE in vier Jahren veröffentlicht haben, kommen andere Combos in zwanzig Jahren nicht. Nach sehr old schooliger Anfangsphase ist die Musik des Quartetts immer melodischer geworden und klingt COMEBACK KID und WITH HONOR sehr ähnlich, wobei THE DISTANCE etwas poppiger sind. Die Songs sind allesamt flott gespielt, mit leicht punkigem Touch, und bleiben dank der melodiösen Gitarren sehr schnell im Ohr hängen, auch wenn Gitarrist Chino gerne mal etwas heftiger zur Sache geht. Sänger Jason könnte manchen deutschen Fan an eine Hardcore-Variante von Farin Urlaub erinnern, jedenfalls in den cleanen Parts. Auf die verläßt er sich aber nicht allein, oft genug wird er aggressiver und rückt in die Nähe von COMENACK KID. Um ein ähnlicher Hit wie "Wake The Dead" zu werden, fehlen THE DISTANCE auf diesem Album die wirklichen Knaller-Songs. Das ist zwar alles ganz nett und streckenweise erstklassig, aber kein Song brennt sich wirklich in die Hirnwindungen ein und bleibt dort wochenlang, wie es etwas "False Iolds Fall" tat. Für einen Platz im oberen Drittel der melodischen HC-Liga reicht es für THE DISTANCE allemal, mit Tendenz nach oben.
Dass REDEEM aus der Schweiz sich an Audioslave und vor allem Creed orientieren ist auf ihrem Debüt "Eleven" allgegenwärtig. Musikalisch bewegen sich die Kompositionen eben genau in jenem Breitengraden, welche die nordamerikanischen Genregrößen zu wahren Hitfabriken gemacht haben. Melodie geht im Zweifelsfall vor Härte und Sänger/Gitarrist Stefano "Saint" Paolucci tut dann mit seinem irgendwo zwischen Chris Cornell und Scott Stapp erinnernden Gesang ein übriges und REDEEM durch und durch amerikanisch klingen zu lassen. Das dabei als mal Foo Fighters Energieschübe, ruhigere Passagen im Stile der 3 Doors Down oder rhythmische Parts der Marke Nickelback auftauchen benennt die Zielgruppe nun eindeutig. Dementsprechend schnell ins Ohr gehen die Songs auf "Eleven" - das groovende und mit tollen Riffs versehene "Look Around", (das tatsächlich von einem Audioslave Album stammen könnte), "Two Points Of View" (samt HIM-mäßige Piano-Einschübe), und natürlich die beiden Creed-Clones "Alive" (die als Single ausgekoppelte Ballade, hat echtes Hitpotential) und der herbstliche und sehr dezent instrumentalisierte Schmachtfetzen "Bullet" seien mal als Anspieltipp genannt. Und obwohl die Schweizer Band zu keiner Zeit neues bietet, ihre Melange amerikanischer Alternative-Größen mit einem leicht melancholische Touch macht Spaß, kommt gut produziert und damit richtig fett rüber und sollte so zumindest für einen Achtungserfolg reichen. In Bush-Country würden die Tracks wahrscheinlich bereits im Radio und auf MTV laufen. Das ist was zwar an sich nicht immer ein Qualitätsmerkmal, aber im Fall REDEEM spricht dies für radiotaugliche, äußert eingängige und gut gemachte Ware, welche Freunde von Creed & Co. ein vorweihnachtliches Geschenk beschert.