Nachdem bereits vor ein paar Jahren die ersten vier Alben der schwedischen Krachbuben MARDUK in Form diverser Re-Releases ausgeschlachtet wurden, sind nun mit „Germania“, „Nightwing“ und „Panzer Division Marduk“ ein paar Scheiben aus der zweiten Hälfte der 90er an der Reihe, von denen das 1998er Werk „Nightwing“ für viele Fans als Highlight in der Karriere der nicht unumstrittenen Band um Morgan Steinmeyer Hakansson gilt. Das Quartett lieferte bei aller Brutalität und Kompromisslosigkeit (es gibt bis heute kaum eine Black Metal-Band, die es in Sachen Härte mit diesem Haufen aufnehmen kann!) ein durchaus sehr musikalisches Album ab, auf dem sich rasende Abrissbirnen der Marke „Bloodtide XXX“, „Of Hells Fire“ oder der geniale Titelsong und epischere, eher Midtempo-lastige Stampfer wie „Dreams Of Blood And Iron“ (Killer!) oder „Dracole Wayda“ die Waage halten. „Nightwing“ zeigt beide sehr schön unschöne Seiten dieser Hammerband und sollte in keiner ordentlichen Schwarzmetallsammlung fehlen! Als Bonus haben Regain Records neben dem obligatorischen Remastering noch die äußerst bootleggige Live-DVD (Rumpelsound, und die Band selbst ist kaum zu erkennen) „Blood Of The Saints – Rotterdam 5th Of April 1998“ beigepackt, die trotz ihrer Spielzeit von einer knappen Dreiviertelstunde, wenn überhaupt, nur Ultrafans begeistern dürfte. Aber gut… andere Labels verhökern so was separat für 20 Euro…
SWORN AMONGST sind jung, Briten, bei Rising Records gelandet – da kann nur brutaler Metalcore rauskommen. Weit gefehlt, „And So It Begins“ ist eine ordentliche Thrash Metal-Keule, die mit der brutalen Ausrichtung der meisten Labelkollegen nicht viel gemein hat, auch wenn SWORN AMONGST hin und wieder im Hardcore wildern. Das sind aber verschwindend geringe Anteile am Bandsound, der sich auf ein solides Thrash-Fundament stützt, auf das viel klassischer Metal gesetzt wurde („No Turning Back“). Solide zimmern die Briten daraus ihren Sound zusammen, der durch die gute Produktion (nur die Drums hätten etwas mehr Wumms vertragen können) gut in Szene gesetzt wird. Das große Manko des Albums ist die ab Songs fünf, sechs auftretende Wiederholung von Riffs und Songstrukturen, da tut sich nicht mehr viel überraschendes. Die Kracher finden sich allesamt im ersten Drittel, danach geht das Qualitätsniveau konstant nach unten, was nicht heißen soll, dass „And So It Begins“ eine grottige Platte ist, aber am Ende ist eben nicht mehr als Durchschnitt drin. Zu viele Füller verleiden den Hörgenuss zum Ende hin sehr und verwässern das hohe Anfangsniveau. Interessant sind SWORN AMONGST aber trotzdem, besonders da sie sich dem Trend wiedersetzen und mal keinen Death Metal mit Hardcore mischen. Hier wird sich auf Songs konzentriert, die keine Selbstbeweihräucherung sind und die vor lauter Brutalität nicht mehr Laufen können (oder in des Hörers Ohr hängenbleiben). Dafür gebührt SWORN AMONGST Anerkennung, auch wenn das Ergebnis verbesserungswürdig ist.
BENÜMB-Kopf Pete hat sich wohl noch nicht in Stimmung für eine weitere Scheibe konzentrierten Lärms gebracht und füllt seine freie Zeit mit AGENDA OF SWINE, zusammen mit ein paar Leuten von VULGAR PIGEON. „Waves Of Human Suffering“ geht dabei in die old schoolige Punk/HC-Ecke, mit leichtem Grindcore-Einschlag, und ist deutlich nachvollziehbarer als die Hauptband des Herren am Mikro. Der hat das, was sich wohl „charakteristische Stimme“ nennt, mit der auch bei AGENDA OF SWINE Akzente setzt („Persecution, Ascension, Leave Nothing Standing“). Außer ihm kann die Gitarrenarbeit überzeugen, die einige knackige Riffs beisteuert und die Songs generell sehr druckvoll nach vorne bringt. Unter die dreizehn Songs haben sich zwar einige laue Nummer geschlichen, die aber durch die restlichen Nummern aufgefangen werden – „Waves Of Human Suffering“ ist zwar keine Bombe, aber eine solide Platte, die für Old Schooler eine Überlegung wert sein sollte.
Die Navahos gehören zu den heutzutage größten verbliebenen Indianerstämmen Nordamerikas. Ob sich diese Italiener danach benannt haben? Keine Ahnung, fest aber steht, dass Nordamerika einen großen Einfluss auf die Stiefelbewohner ausübt. Denn Bryan Adams oder Bon Jovi und ähnlichen Stadiongrößen möchten NAVARRO schon gern nacheifern. Das Stadion von Maxe und seinen Mitstreitern hingegen dürfte so groß sein wie das Bahnhofsklo in Castrop-Rauxel 4. Und ob sie das voll bekommen, bleibt die große Frage. Denn hier hinkt einiges: Erst einmal hinkt Maxes Stimme hinter jeglichen Qualitätsansprüchen (für die Bay City Rollers reichte es ganz vielleicht) hinterher. Mal klingt er wie ein eingeschlafener Schaffner, mal wie ein betrunkener WC-Besucher, ein andermal wie deine Mudda, alda. Die Songs schwanken zwischen italienischer Softporno-Beschallung und Ristorante-Hintergrundmusik. Und der Sound ist so dünn wie der Teig von einem leckeren Pizzabrot. 36 Minuten Rockpop der übelsten Sorte, da ist einem ja fast schon italienische Touristenmusik der Marke „Eros Ramazotti“ lieber. Vor mehr als 20 Jahren hätte er vielleicht noch eine heiße Katze vom Blechdach geholt mit dieser Musik, heute aber dürfte nicht mal mehr eine Gratisportion Pasta zum Kauf dieser wie frischer Parmesan stinkenden CD reichen. Darauf einen Ramazotti – im Glas.
Es ist wieder das alte Problem: „Fractures“ ist eine richtig gute Hardcore-Platte, aber mit nichtmal 25 Minuten so schmerzhaft kurz, dass ein Tipp beinahe nicht in Frage kam. Andererseits die Platte dermaßen dicht und intensiv, dass mehr (oder längere) Songs das Hörerlebnis eventuell geschmälert hätten, weil Wucht aus der Platte genommen worden wäre. KILLING THE DREAM lassen dem Corler aber auch keine Chance, der Mischung aus melodischer Gitarrenarbeit und kraftvoll-wütendem Gesang zu entkommen, die sich in Hammer-Songs wie „Part II“ oder „Thirty Four Seconds“ manifestiert. Aber einzelne Songs herauszunehmen würde den Gesamteindruck von „Fractures“ kaputtmachen, die Scheibe kann nur am Stück ihre volle Wirkung entfalten. Wer sich darauf einlässt, wird mit einer verdammt guten Scheibe belohnt, die gekonnt old schooligen Hardore mit der neuen Schule verbindet und ein erfrischend ehrlicher Schlag in die Fresse ist. Mehr davon, mehr davon!
1990 war ein bewegtes Jahr. Auch für EXTREME, denn mit „More Than Words“ landeten sie einen Ultra-Hit, der den Amis wahrscheinlich bis heute ein geregeltes Einkommen verschafft haben könnte. Auch anschließend gab’s mit „Hole Hearted“ und „Get The Funk Out“ noch mal klingende Kassen, ehe es zunehmend stiller um die inzwischen als Funk-Metal-Band durchgehende Formation wurde. Auch der Ausflug von Sänger Gary Cherone zu Van Halen endet im finanziellen Nirvana. Jetzt ist also die Kohle aufgebraucht und das immer im Vordergrund stehende Duo Cherone/ Nuno Bettencourt reanimiert die Bostoner Hardrocklegende wieder. Herausgekommen ist ein patent eingespieltes Rock-Album, das die Brücke zwischen Hard-Rock, Rock, Pop und Funk baut. Country und Balladen nicht zu vergessen. Das klingt einerseits überraschend passig, andererseits aber auch arg unspektakulär. Letzteres aber macht Sänger Cherone mit seiner wirklich vollen, über jeden Zweifel erhabenen Stimme wett. Letztlich ist die Scheibe wahrscheinlich nicht schlechter als die vier Vorgänger – aber erstens sind die Zeiten andere und zweitens fehlt ein Hit im Format der drei genannten. Aber für Fans, anspruchsvolle Hard-Rocker und BYH-Gänger dürfte dieses Album das neudeutsche Prädikat „Must Have“ verdienen. Zumal es mit „Americocaine“ in Europa einen Bonustrack vom Dermo 1985 zu hören gibt.
Rotz-Rock ist sozusagen ausgespuckt. Auch, wenn auf der Reeperbahn die Treffen der Turbojugend gut laufen (die Jacken sehen ja auch schick aus), so scheint es doch, als hätten die Aushängeschilder der Szene Patina angesetzt. Da machen auch die Hinterhof-Kids keine Ausnahme. Dabei ist die Frage eigentlich: Warum ist das so? Denn die selbstbetitelte Scheibe (mit schicken Hellner-Cover) hat einen beinahe rückständigen, aber für diese Musik gut geeigneten Sound, trocken wie ein Furz in der Wüste Gobi. Die Songs grooven, sind schwungvoll und ohrwurmig – aber auch meist nicht so richtig rotzig, nicht so richtig rollig, eher so auf Nummer Sicherheit weichgespült, poliert. Besonders enttäuschend klingt diesbezüglich der Opener mit der Leck-Mich-Attitüde lediglich im Songnamen („Fuck Off And Die“). Aber wie Ausfälle so existieren eben auch echte Hits, wobei das geniale „Nomadic“ an erster Stelle zu nennen ist. Aber auch das direkt anschließende „Back On The Juice“ geht vollends und sehr entspannt in Mark und Bein. Und gibt ganz nebenbei Inspiration für das Fazit: Die BACKYARD BABIES stehen noch nicht wieder voll im Saft, aber sie befinden sich auf einem guten Weg. Vielleicht schaffen sie es, diesen weiter zu gehen – mit Geduld und Spucke.