B-Seiten-Zusammenstellungen sind eine zwiespältige Sache: entweder verbrät die Band (oder das Label) damit den Kram, der zu schlecht für eine reguläre Scheibe war (SHADOWS FALL) oder es gibt einen Haufen Perlen und rare Tracks zu hören (RUINER). CRIME IN STEREO gehören mit „Selective Wreckage“ in die zweite Kategorie und haben einige echte Perlen unter die zehn Songs gemischt. Das neue „Everywhere And All The Time“ ist da nur die erste von vielen und einer melodisch-poppiger Song geworden, nach dem sich andere Bands alle zehn Finger lecken. Das „Stateside“-Überbleibsel „Love“ geht in die gleiche Richtung, während der zweite Song aus der Session nur solider Durchschnitt ist. Highlights der Scheibe sind neben den drei Songs aus der nie zustande gekommenen Split mit CAPITAL das grandioe „When Women Come Out To Dance“, bei dem CRIME IN STEREO alle Register ziehen und einen echten Ohrwurm fabrizieren. Ausfälle gibt es bei der Scheibe nicht zu verzeichnen und da auch der Sound mehr als in Ordnung geht, kann „Selective Wreckage“ bedenkenlos weiterempfohlen werden, auch wenn es sich „nur“ um B-Seiten handelt. Aber was die Band hier abliefert, schlägt das reguläre Material vieler anderer Bands um Längen!
THIS OR THE APOCALPYSE zeigen sich auf ihrem zweiten Werk von ihren Nachbarn AUGUST BURNS RED genauso beeinflusst wie von MESHUGGAH und ähnlichen Mathcore-Kapellen, auch wenn die Musiker aussehen, als wären sie gerade aus der Schule raus. Davon sollte sich aber niemand täuschen lassen, denn der Haufen geht versiert zu Werke und versteht es, Melodie mit brutalem Gefrickel zu kreuzen, dass dem Metalcore-Freund ganz anders wird. Keine Seite gewinnt dabei die Oberhand, was „Monuments“zu einer interessanten weil unvorhersehbaren Angelegenheit macht, wie das famose „Geist“ beweist – und dabei schaffen THIS OR THE APOCALYPSE das Kunstück, trotz Verzichts auf cleanen Gesang und catchy Refrains eingängige Parts en masse rauszuhauen. Die melodischen Parts, die sich zudem harmonisch in den Songaufbau einfügen, sorgen dafür, dass die Chose trotzt Frickelparts, stressigen Breaks, Stakkato-Riffing und dem unvermeidlichen Offbeat-Spielereien nie zu anstrengend wird und das Hirn des Hörers bluten lässt. „Monuments“ kann somit allen Corlern und Mathfreaks ans Herz gelegt werden.
Obwohl das Duo Nocturno Culto und Fenriz nahezu im Jahrestakt schweinecoole Platten raushaut, die vielen Fans inzwischen zu wenig nach echtem Black Metal klingen, handelt es sich bei „Frostland Tapes“ nicht etwa um das neue Studiowerk der beiden („Dark Thrones & Black Flags“ steht erst für Ende diesen Monats an), sondern um eine Compilation mit gaaanz alten Sachen. Und – Überraschung! – diese alten Sachen klingen, wie die heutigen Scheiben, kaum nach dem, womit diese Legende berühmt geworden ist, nämlich „True Black Metal“. DARKTHRONE klangen zu Beginn ihrer kuriosen Karriere nämlich noch nicht wie eine noch abgefucktere Version von VENOM und waren noch ein ganzes Stück davon entfernt, zur wegweisendsten (und vermutlich besten) Black Metal-Band der „Zweiten Generation“ aller Zeiten zu werden. Fast alles, was diese drei CDs enthalten, wurde mit Ausnahme der Instrumentalversion des kompletten (!) „Goatlord“-Albums vor dem Debüt „Soulside Journey“ aufgenommen und klingt noch wie eine wilde Mischung aus progressivem Death Metal (sogar mit jazzigen Anklängen) und räudigem Geknüppel der Marke HELLHAMMER. Neben den ersten vier Demos „Land Of Frost“, „A New Dimension“, „Thulcandra“ und „Cromlech“ und erwähnter „Goatlord“-Rohfassung entält „Frostland Tapes“ noch die ebenfalls sehr rare Liveaufnahme aus Dänemark aus dem Jahr 1990, wo die Band das erste Mal überhaupt außerhalb Norwegens spielte. Natürlich sind alle Aufnahmen in Sachen Sound meilenweit von heutigen Standards entfernt und besitzen (allerhöchstens) Demo- und Bootleg-Niveau, doch hört man eindeutig heraus, dass die Jungs schon damals keine völligen Dilettanten an ihren Instrumenten waren. Diese Compilation ist nix für Ottonormalbanger und eignet sich streng genommen nur für DARKTHRONE-Fans, die sicher in den meisten Fällen nicht alle der hier vertretenen Raritäten besitzen. Wer aber gerne wissen möchte, wie die Anfänge dieser Band geklungen haben, die später ein ganzes Genre definiert hat, und wer zudem auf kultige Rumpelsounds steht, darf sich hier einen ganz dicken „Tipp“ notieren und sich zudem auf ein schön aufgemachtes Digipak mit gewohnt coolen Liner-Notes freuen. DARKTHRONE BEGINS!
Dafür, dass düsterromantischer Rock nicht immer aus Finnland kommen muss, ist nun der Beweis erbracht: LOST klingen zwar so, als kämen sie aus dem Land der tausend Seen, stammen aber dennoch aus good old Germany. Diese Information zusammen mit dem Titel des Debut-Albums "Tragedy Of Love" dürfte ausreichen, um dem geneigten Finnenrock-Hörer eine ungefähre Vorstellung vom Klangbild zu geben: im Großen und Ganzen tendenziell eher getragene Melodien, fette Gitarren, Keyboard-Einsatz und über alledem die samtig-dunkle Stimme von Sänger Roberto Vitacca, der mittlerweile zusätzlich zu LOST auch bei LACRIMAS PROFUNDERE den Platz am Mikrofon innehat. "Love Hurts" ist eine bittersüß-schmerzliche Ballade, das mit einer schönen Melode versehene "Drown In Her Cruelty" gibt etwas mehr Gas und auf dem ebenso gelungenen wie eingängigen "Darkissed" werden schließlich etwas dreckigere Töne laut. Das wunderschöne "Kissed Her Goodbye" dürfte überdies die Herzen der meisten HIM-Fans höher schlagen lassen. Wer also Bands wie HIM oder REFLEXION mag, wird an LOST mit großer Wahrscheinlichkeit seine helle (oder vielleicht sollte man besser sagen: dunkle) Freude haben und sollte überdies mal die Augen bzw. Ohren offen halten: die Herrschaften haben nämlich für nächstes Jahr ein neues Album in Planung.
I SET MY FRIENDS ON FIRE ist ein Zwei-Mann-Projekt, in dem sich die beiden Beteiligten offensichtlich eines Überschusses an kreativer Energie entledigen, so munter wie sich durch Hardcore, Screamo, Death Metal und Elektro treiben lassen. Die zwölf Songs sind dadurch eine muntere Achterbahnfahrt, die den Hörer immer im Unklaren lässt, was als Nächstes kommt. Ernst nehmen die beiden Herren dabei weder sich noch andere noch die Musik – und genau das macht „You Can't Spell Slaugther Without Laughter“ so unterhaltsam, wenn halbärschig gerappt wird („Crank That“) oder über Nonnen philosophiert wird, bleibt kein Auge trocken. Die Platte ist sicher nicht jedermanns Geschmack und in manchen Lebenslagen auch extremst nervig, aber mit den richtigen Leuten und in der richtigen Stimmung macht der Silberling kurzweiligen Spaß.
DARKANE haben trotz richtig guter Alben nie die ihnen zustehende Aufmerksamkeit bekommen, woran auch immer das liegen mag. An der Musik defitniv nicht, die war und ist gut, wie die Herren mit „Demonic Art“ erneut eindrucksvoll unter Beweis stellen. Brachialer moderner Thrash Metal, der den Putz von den Wänden bröckeln lässt und STRAPPING YOUNG LAD-Fans mit THE HAUNTED-Maniacs zusammen abgehen lässt. DARKANE haben sich nicht auf stumpfen Geradeaus-Thrash beschränkt, sondern wieder einmal komplexe Songs geschrieben, in denen das Tempo variiert wird, überraschende Breaks gesetzt werden und catchy Refrains den Hörer gefangennehmen. Über die erstklassige Leistung an den Instrumenten und des Produzenten müssen nicht viele Worte verloren werden, DARKANE sind Könner und arbeiten mit Könnern, das Ergebnis spricht für sich. „Demonic Art“ zeigt die Band erneut in Bestform und offen für neue Einflüsse, ohne die eigene Identität in Frage zu stellen, womit die Schweden ihre Stammhörerschaft locker befriedigen und hoffentlich den ein oder anderen Jungspund überzeugen werden, zu wünschen wäre es ihnen angesichts der konstant guten Alben.
AUGUST BURNS RED haben ihr aktuelles Album noch immer nicht bei einem deutschen Vertrieb untergebracht, lassen für ihre Herbsttour aber noch mal die Promofirma ackern. „Messenger“ gibt es somit weiterhin nur als Import beim gutsortierten Plattenhändler oder eben bei Shows der Jungs. Ohne Frage gehört die Band zum Besten, was sich zur Zeit im Metalcore-Bereich tummelt, was in den elf Songs abgezogen wird, hat Hand und Fuß. Komplexer Songaufbau ist Standard, 08/15-Metalcore gibt es so gut wie gar nicht zu hören, und was der Herr am Schlagzeug abzieht, kann sich hören lassen. Dem steht der Gesang in nichts nach, der die christlichen Texte (für die AUGUST BURNS RED immer wieder kritisiert werden) mit Inbrunst ins Mikro brüllt und dabei in allen Tonlagen eine gute Figur macht. Der Wechsel zwischen aggressiven Stimmlagen und klarem Gesang wirkt nie aufgesetzt oder gezwungen, was dem guten Songwriting zu verdanken ist, das auch die Gitarren immer wieder schön in Szene setzt. „Messengers“ ist insgesamt eine anspruchsvolle Metalcore-Platte geworden, die bei aller Komplexität nie sperrig wird und durchweg brutal bleibt. Metalcolerherz, was willst du mehr?