Mit dem düsteren Intro „2160“ starten die Amis BOOK OF BLACK EARTH ihr Konzeptwerk über die verborgenen, astrologischen Einflüsse und Elemente in den christlichen Kirchen – ein kaum zu erkennendes Band-Logo und ein zwischen Engel und Gehörnten sich bewegenden Cover lassen fast schon auf Black Metal schließen – ist aber nicht. Das Quintett aus Seattle (T.J. Cowgill - Gesang, Gitarre, Tony Lombardi – Gitarre, Antonio Dav Tafoya Garcia – Bass, Joe Axler – Schlagzeug und Hank Guthrie – Keyboard) suhlt sich im gemächlich fiesen Death Metal und agiert dabei meist im Mid-Tempo-Bereich. Die gelungenen Mixtur zwischen roh geknüppelt und melodisch, vom Keyboard und Doom getragene Ruhepausen sowie die Dynamik des Gesamtwerkes, welches sich vor allem in den häufig überraschenden Wechsel des Tempos zeigen und weniger in sich wiederholende, dem Erkennungswert steigernde Passagen und Refrains, lassen die dunkle Stimmung gut zur Entfaltung kommen. Mit „Cult Of Dagon“ (zum Teil richtig schön zäh) bis „The Great Year“ (kompakte Up-Tempo Nummer) hat man da mal gleich zwei heiße Anspieltipps. „Horoskopus“ bietet somit klassischen Death Metal ohne spaßige Anbiederungen, mit einem gewissen Old-School Undergroundflair und qualitativ oberes Niveau - BOOK OF BLACK EARTH darf man also ruhig mal antesten.
MANZANA aus Finnland kommen laut eigener Ansage mit Pop Metal daher (was immer man auch damit in Verbindung zu bringen versucht). Sängerin Piritta, welche eine Pop-kompatible Stimme aufweist, und Mannen präsentieren demnach Songs, welche an sich wenig falsch machen, die eingängig sind und Hitparaden-Potential haben, die aber auch irgendwie zu kalkuliert klingen, einschließlich bemühter Nu-Metal-Gitarren und den einen oder anderen Solo. Letzteres nicht mal übel gespielt und soundmäßig ist das auch in Ordnung („Sweet Revenge“). Aber da weder Fisch noch Fleisch und auch nicht so richtig frisch, kann man MANZANA wohl nur der aktuellen BRAVO-Generation als Spielart des Metal verkaufen – das eingängige „Panda Girl“ sei da mal abschreckend genannt. Aber schön alleine reicht halt nicht immer – sollte doch auch ein wenig authentisch sein – und das geht den „Babies Of Revolution“ ziemlich ab.
„Devils In My Details“ ist nun also die angekündigte Introspektive von Kevin Ogilvie/Nivek Ogre, die viele Musiker irgendwann der Hörerschaft ans Bein binden. Ein Spiegel seines Inneren soll es sein – und wer ihn mit seiner Hauptband SKINNY PUPPY live gesehen hat, weiß, dass man es tendenziell mit einem Verrückten zu tun hat. Und OHGR zielen auf „Devils In My Details“ auf vertracktere Strukturen, weit weg von SKINNY PUPPIES „Mythmaker“ Lichtblick, sie verlangen nach Kopfhörern und Zeit. Und dann muss sich zeigen, was die Songs halten wenn man sich damit abgefunden hat, dass Musik nicht deshalb anspruchsvoll ist, weil der Künstler das sagt. Und „Devils In My Details“ zeigt schnell was und wie OHGR das versuchen: Recht unmelodisch und mit vielen Effekten auf den Vocals ist es schwer der Entwicklung zu folgen, „Shhh“ geht die Sache mit MINISTRYscher Rastlosigkeit an, „Eyecandy“ setzt auf Endloswiederholungen mit minimalen Veränderungen – und beide Songs verpassen es den Höhepunkt zu zelebrieren auf den sie so lange hingearbeitet haben. Vielleicht tickt Ogre genau so, dann ist das zumindest konsequent, rein musikalisch sehe ich darin aber keinen Geniestreich. Das Album ist ganz offensichtlich nicht auf einzelne Hits angelegt und es ist schwer bestimmte Titel herauszugreifen, aber mir reicht die Substanz des Gesamteindrucks nicht aus, um mich genau davon abzuhalten: Denn es gibt durchaus auch spannende (Einzel-)Momente auf dem Album, „Feelin' Chicken“ ist beispielsweise schon so plakativ effektüberladen, dass der an sich simple Song im Kopf bleibt. „Dr. Angle“ baut mit seinen sehr nach vorne gemischten und bedrohlichen Beats einen riesigen Kontrast zur an sich süßen Melodie auf – aber auch hier hört der Song auf bevor er richtig losgeht. Ich will nicht Ogres Psychologe sein und vielleicht ist „Devils In My Details“ ja sogar genau wie seine Seele und damit zumindest der Selbstzweck erfüllt. Ich war dennoch enttäuscht weil die Songs zu viel Chancen verspielen und echter Tiefgang nur selten aufblitzt- nur weil Ogres Electro etwas sperriger ist, muss noch kein heiliger Gral in ihm stecken. Das Album erscheint auch als LP auf Vinyl.
Wo andere Bands die Scheuklappen ablegen, legen die Dortmunder A GIFT CALLED ANGER sie an. Auf „The Rise, The Wounds, The Fear“ gibt es wenige bis keine Blicke abseits der anvisierten Spur, und die pflügt sich förmlich in die Landschaft: A GIFT CALLED ANGER machen was der Name verspricht und setzen alles daran, harte Musik zu machen ohne Luft zu holen - Sie servieren im HATEBREED Fahrwasser wütenden Metalcore. Und das klappt soweit recht überzeugend: Die Produktion ist sauber und druckvoll, das Tempo nicht zu flott und dadurch richtig böse, die Gitarren schwer, die Drums voll auf die Zwölf. Der Gesang ist einen Tick zu monoton um richtig im Ohr zu bleiben – das wäre alles zu tolerieren, aber A GIFT CALLED ANGER vergessen es fatalerweise komplett, eigene Akzente zu setzen. Und das ist angesichts der ansonsten sehr homogenen Erscheinung (weil nämlich die ganze Band die seltene Gabe hat, die Aggressivität konstant hoch zu halten) definitiv vertanes Potential. Ein folgendes Album müsste ganz klar mehr eigenen Charakter aufweisen um den Namen A GIFT CALLED ANGER in der Szene zu zementieren.
Dass bekannte Metalbands mal den einen oder anderen Klassikersong aufpeppen und dann eine Compilation veröffentlichen, ist nicht wirklich neu. Schon GAMMA RAY, ANTHRAX, SAXON oder zuletzt DESTRUCTION ließen altes Gut neu erstrahlen – in all diesen Fällen sogar sehr amtlich! DIMMU BORGIR gingen sogar soweit und spielten eines ihrer ersten Alben („Stormblast“) komplett neu ein, was vielen Fans ein Stirnrunzeln nebst kräftigem Tippen an jenes Körperteil abrang. Und genau das Gleiche haben EXODUS nun mit ihrem größten Klassiker, ihrem Debüt „Bonded By Blood“, getan und veröffentlichen die ganze Chose unter dem Namen „Let There Be Blood“. Ich wage an dieser Stelle nicht, ein Urteil zu fällen, ob solch eine Neueinspielung dem Original nun Konkurrenz macht oder nicht, das soll jeder Fan für sich selbst entscheiden. Aber ich glaube, Gary Holt und Co. hätten diese „Dreistigkeit“ nicht begangen, wenn sie nicht gewusst hätten, dass das Ergebnis ein wahrer Killer wird. Was vielleicht auch wie plumpe Geldmacherei anmutet, entpuppt sich schon beim ersten Hördurchlauf als Erektionsförderer mit Dauergarantie! Die neun Songs wurden klanglich so fett (dabei aber nicht leblos, sondern ordentlich dreckig) in Szene gesetzt, dass die Produktion des Originals dagegen wie ein altes Demo wirkt, Rob Dukes klingt mindestens genauso angepisst und asozial wie seinerzeit der leider inzwischen verstorbene Paul Baloff, und Ewigkeits-Thrasher wie „Bonded By Blood“, „And Then There Were None“, „Deliver Us To Evil“ oder „Strike Of The Beast“ könnte man auch mit Waschbrettern, Fahrradhupen und Kochpötten einzimmern, sie wären immer noch Gott in ihrem Genre. Eine solch überzeugende Recyclingplatte habe ich nur selten gehört, und wer ein bodenständiges Kontrastprogramm zum neuen METALLICA-Opus sucht, wird bei „Let There Be Blood“, das alle Stärken von EXODUS aus Vergangenheit und Gegenwart perfekt bündelt, absolut fündig. Affentittengeil!