ANNIHILATOR hatten in den letzten Jahren durchaus konstant gute Alben abgeliefert – was sicher auch an dem stabilen Duo Jeff Waters und Dave Padden (Sänger und zweiter Gitarrist) lag. Das hat sich in 2014 (leider) geändert. Aus persönlichen Gründen (Tourmüdigkeit) verließ Padden die Band, mit der er seit 2003 auf der Bühne stand und das tolle „Schizo Deluxe“ in 2005 veröffentlichte. Endsprechend anders klingt das 15. Album der kanadischen Metal-Institution, alleine schon vom Gesang her. Den übernahm wiedermal, wie bereits 1994 – 1999 Bandcheffe Jeff Waters selbst und veränderte auch etwas die musikalische Ausrichtung. So kommen ANNIHILATOR 2015 mit einer Mischung aus Thrash, Power Metal, Speed Metal und diesmal auch eben modernen Industrial-Anleihen daher. Mit dem nach vorn stampfenden Titeltrack „Suicide Society” als Opener spannt Waters dabei nochmals die musikalische Brücke zum Vorgängerwerk „Feast“; das nachfolgende „My Revenge“ klingt dann schön nach den 80ern – und hat was von Hetfield. Mit „Snap“ wird es dann schon fast unverschämt „mainstreamig“: ein A-Capella Chorus als Einstieg, ein eingängiger Power-Metal-Riff mit einer Spur Thrash und ein einschmeichelnd cleaner Refrain. Ob hier auf Airplay gezielt wurde? Anyway – sicher eher nichts für ANNIHILATOR die-hards; aber ansonsten macht das Teil doch Laune. „Creepin’ Again“ ist dann ein Altvorderes-Thrash-Highlight, welches zum Bangen und toben einlädt, bei „Narcotic Avenue“ zählt die unbestrittene technische Versiertheit des Jeff Waters – tolles Gitarrensolo. „Break, Enter“ schlägt in die gleiche Kerbe – bietet aber darüber hinaus mit dass typischte ANNIHILATOR-Feeling auf dieser Scheibe. Das dazwischen angesiedelte „The One You Serve“ ist allerdinge ein etwas krumm geratener Durchschnittssong und nimmt meines Erachtens die Fahrt aus dem Album zum ungünstigsten Zeitpunkt raus. „Death Scent“ bringt die modernen Elemente der neuen ANNIHILATOR danach am besten zum Vorschein, ist aber auch nicht der große Bringer. Den Abschluss bildet mit „Every Minute“ eine Art Powerballade die im ersten Moment etwas ungewöhnlich daher kommt, aber auch dank des hier sehr starken, cleanen Gesangs von Mr. Waters zum Geheimtipp avancieren könnten. Ergo: auch wenn Waters es nicht ganz auf das Niveau des Vorgängers „Feast“ schafft und man Sänger Padden doch ein wenig vermisst, fügt sich „Suicide Society“ ohne größere Missverständnisse in die Reihe der guten ANNIHILATOR-Scheiben ein.
THE GROTESQUERY ist eine der zahlreichen Projekte von Rogga Johansson (u.a. PAGANIZER, RIBSPREADER, BONE GNAWER), das mit "Curse Of The Skinless Bride" sein bereits drittes Album vorlegt. Mit Kam Lee (ex-DEATH, ex-MASSACRE, BONE GNAWER) hat er prominente Unterstützung, was ja nie verkehrt sein kann, um im vitalen Death Metal-Genre auf sich aufmerksam zu machen. Immerhin gelingt es Mr. Johansson auch mit diesem Album, THE GROTESQUERY von seinen vielen anderen Projekten unterscheidbar zu halten. Zwar ist die Basis old schooliger Death Metal, aber nicht so Schwedentod-lastig wie PAGANIZER oder so stumpf wie BONE GNAWER. Die Jungs konzentrieren sich auf "Curse Of The Skinless Bride" auf starke Melodien und variieren immer wieder gerne das Tempo, was schon beim Opener "Resurrection Of The Coffin Born" deutlich wird. Immer wieder geht das Ganze in doomige Gefilde und lassen BOLT THROWER grüßen, wobei es THE GROTESQUERY mit dem Riff-Recycling stellenweise übertreiben und eine Riffidee auch mal zu Tode reiten. "Downfall" zeigt, was in der Band steckt, wenn sie sich auf schleppendes Material konzentriert, ohne zu sehr bei Vorbildern zu wildern. "Her Exquisite Corpse - The Skinless Bride" zeigt die Band im melodischen Mid Tempo unterwegs - und das ausgesprochen gut! Beim Songwriting wurde Wert auf Abwechslung gelegt, "Magnum Innominandum" und "This Is The End" als Gothic Rock-inspirierte Nummern sind dafür der stärkste Beweis, wenn auch nicht die stärksten Songs. Die finden sich im Mittelteil, wenn THE GROTESQUERY stumpf-melodisch alles wegballern, ganz so, wie Death Metal Spaß machen kann. "Curse Of The Skinless Bride" bietet keinen Hits, sondern entpuppt sich als grundsolides Death Metal-Album mit Mut zum Experimentieren. Einzig die vielen Interludes und Samples strapazieren die Geduld, aber im Großen und Ganzen macht das Album Laune.
MYRKUR ist ein für den Black Metal so typisches Ein-Mann-Projekt, genauer gesagt: ein Eine-Frau-Projekt. Amalie Bruun hat mit der ersten MYRKUR-EP für Aufsehen in der Black Metal-Welt gesorgt und einen Deal mit Relapse Records an Land gezogen. "M" ist das schlicht betitelte Debütalbum, für das sich die Dame prominente Unterstützung ins Studio geholt hat, u.a. ist ULVER-Kopf GARM mit am Start. Beim Songwriting wurde auf Abwechslung gesetzt, von der Shoegaze-Nummer "Jeg Er Guden, I Er Tjeneme", das vom okkulten wie sphärischen Gesangs Amalie Bruuns profitiert, bis zum fiesen "Mordet", das in drei Minuten allen Od School-Schwarzkitteln den Mittelfinger zeigt, reicht die Spannbreite. Gitarre, Drums und Bass machen dabei immer einen ausgezeichneten Job, wirklich interessant wird "M" aber durch die Gesangsleitung. Amalie Bruun versteht es, zwischen Elfenhaften Tönen, okkult-sphärischem Gesang und fiesem Black Metal-Gekeife nahtlos zu wechseln und das für den jeweiligen Song passende Stimmrepertoire abzurufen. "M" entpuppt sich so als verstörende wie schöne Platte, die den Hörer mit jedem Song überrascht. Im Ergebnis klingt nicht immer alles aus einem Guss, aber jeder Song für sich genommen funktioniert richtig gut. Bleibt die Frage, ob es in künftigen MYRKUR-Werken eine einheitlichere Linie geben wird und wie die Werke davon profitieren würden. So oder so: spannend bleibt das Thema MYRKUR auf jeden Fall.
Wenn die Schlagworte Death Metal, Ägypten, technisch und brutal in einem Satz vorkommen, ist die Assoziation NILE nicht weit entfernt. Daran wird sich auch anno 2015 mit der Veröffentlichung von “What Should Not Be Unearthed” nicht viel ändern. NILE bleiben ihrem Stil und der bandeigenen Ästhetik treu. Aber schaffen sie auch in Bezug auf die Qualität des neuesten Outputs den Anschluss an frühere Alben?
Schon die ersten Noten zeigen: Anhänger von leicht verdaulicher Musik sollten sich von diesem Silberling lieber fern halten. Der Titel passt. Hier wird im Highspeed geschreddert und gefrickelt, dass einem das Tech-Death-Herz aufgeht. Irre Riffs treffen auf Drummer Kollias‘ bekannte Schlagzeugkünste und werden von Sänger Toler-Wades irren Gesang begleitet. Hin und wieder meldet sich Gründungsmitglied Karl Sanders zu Wort und steuert seine markanten Growls bei, wenn die Musik in doomige Gefilde abdrifted. Verschnaufpausen werden dem Hörer nur in knapper Form gegönnt. Orientalisch angehauchte, ruhige Instrumentaleinschübe werden zwar eingestreut, aber nur sehr spärlich. Auch bekommt man das Gefühl, dass sich NILE öfter für das Gaspedal als für die Bremse entschieden haben. Dadurch wirkt die neue Platte etwas brutaler und direkter. Doch ändert das nicht wesentlich etwas daran, wie sich NILE präsentieren. Das klassische Flair der Band zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Album. So weit, so gut.
Aber auch wenn “What Should Not Be Unearthed” vieles gut und richtig macht, kommt es doch an Werke wie „In Their Darkened Shrines“ oder „Annihilation Of The Wicked“ nicht wirklich ′ran. Leider schafft es kein Titel, die epische Dichte und Atmosphäre von Stücken wie „Von Unaussprechlichen Kulten“ oder „Even The Gods Must Die“ zu erreichen. Auch die (für NILE-Verhältnisse) direkten Nackenbrecher schaffen es nicht an die Qualität von „Wind Of Horus“ oder „Lashed To The Slave Stick“. Allerdings muss man fairerweise anbringen, dass es sich bspw. bei „Age Of Famine“, „To Walk Forth From Flames Unscathed oder „In The Name Of Amun“ um Tracks handelt, für die andere Songwriter wohl ihre Seele verkaufen würden.
So kann man konstatieren, dass NILE mit “What Should Not Be Unearthed” im Vergleich zum Großteil der Death-Metal-Bands zwar immer noch glänzen, an ihren eigenen Werken gemessen aber die Klasse der Vorgängeralben nicht halten konnte. Trotzdem ist das achte Studioalbum des Quartetts, wenn man es nur für sich betrachtet, durchaus gelungen.
PATH OF SAMSARA machen ein Geheimnis darum, wer bei ihnen Mitglied ist, ohne dass das Ganze in GHOST'sche Gefilde abgleitet. Sie lassen auf "The Fiery Hand" die Musik sprechen, so wie es eigentlich sein sollte. In den elf Songs gibt es okkult angehauchten Rock zu hören, der sich facettenreicher als die Genregrößen JESS AND THE ANCIENT ONCES und Konsorten zeigt: das Tempo wird oft gekonnt variiert und so die Atmosphäre verstärkt. Diese ist nicht teuflisch-böse, wie eine der ersten Assoziationen zu okkult sein dürfte, sondern melancholisch, schwermütig und ein Stück verträumt. Eher die dezent depressive Jungfer, die Trost und Hilfe im Okkulten sucht, als durchtriebene Schwarzmagier. PATH OF SAMSARA bauen vom ersten Song an diese ganz spezielle Atmosphäre auf und schaffen es, diese bis zum Ende zu halten, so dass "The Fiery Hand" ein dichtes Album wird. "Serpent Magick" oder "Withered Tree" seien hier als Paradebeispiele in der Verbindung von Atmosphäre und handwerklichem Können genannt. In beiden Songs überzeugen die Melodien, während der Gesang Akzente setzt. Überhaupt der Gesang: der läuft spätestens ab diesen beiden Songs zur Höchstform auf und fesseln. Selbst ein überlanger Songs wie das die zehn Minuten überschreitende "Supernova" wird nicht langweilig, sondern hält den Hörer gepackt und lässt ihn bei jedem Hördurchgang neue Details entdecken. "The Fiery Hand" ist ein rundum gelungenes Album, das durchweg fesselt und fasziniert - von den ruhigen Momenten zu den knackigeren Nummern, von den magisch-verspielten bis zu den melancholischen Momenten passt einfach alles zusammen. Wer auf gut gemachten Rock steht, kommt hier ebenso auf seine Kosten wie der THE DEVIL'S BLOOD-Fan. Und selbst Freunde alter AMORPHIS sollten mal reinhören.
Von Neal Morse’ Ausstieg vor 13 Jahren haben sich SPOCK’S BEARD nie richtig erholen können. Die überragenden Fähigkeiten der übrigen Bandmitglieder sind geblieben, aber die großen kompositorischen Ideen fehlen seitdem, und auf den folgenden Veröffentlichungen ist ihre Musik zusehends verflacht. Der Ausstieg des an den Lead-Gesang nachgerückten Drummers Nick D'Virgilio 2011 hat dann auch gar nicht mehr so viel ausgemacht, trotzdem wurde mit dem 2013er Album „Brief Nocturnes And Dreamless Sleep“ wohl ein vorläufiger Tiefststand erreicht.
Mit „The Oblivion Particle“ haben SPOCK’S BEARD wieder einmal versucht, ein relevantes Album aufzunehmen. Tatsächlich geht es sogar ziemlich vielversprechend los: Der Opener „Tides Of Time“ ist klassische SPOCK’S BEARD. Weit gespielte Themen, verschwurbelte Rhythmen, schwer rockende Riffs – alles da. Nur der Gesang ist farbloser als früher, aber das kannte man ja schon vom Vorgängeralbum. Dann aber schlägt Einfallslosigkeit um sich. „Minion“, „Hell’s Not Enough“, „Get Out While You Can“, „Benett Built A Time Machine“ – alles zum Einschlafen langweilig, gekrönt durch fürchterliche Refrains. Fast immer brauchen die Stücke wahnsinnig lang, bis sie richtig losgehen, ohne dass Spannung aufgebaut würde, und fast immer werden dann im letzten Drittel vertrackte Instrumental-Parts eingebaut, um zu retten, was noch zu retten ist.
Doch tatsächlich gewinnt das Album in der zweiten Hälfte – als man es längst schon nicht mehr erwartet – an Intensität. Zwar zieht sich auch „A Better Way To Fly” erst einmal etwas hin, geht dann im Mittelteil aber ordentlich ab und wird stellenweise richtig wild, wobei die Keyboards psychedelische Akzente setzen. Super! Das zehneinhalb Minuten lange „To Be Free Again“ besticht dagegen durch seine ruhige, fließende und teils düstere Atmosphäre, verbunden mit einer gewissen Heavyness. Auch das abschließende „Disappear“ kann noch einmal begeistern: am Anfang wieder viel Ruhe, viel Atmosphäre, wobei stellenweise etwas PINK FLOYD mitschwingt, dann ein typischer wilder Instrumental-Ritt inklusive eines ebenso typischen A acapella-Intermezzos (SPOCK’S BEARD-Trademark-Sound, muss man schon sagen) und ein großes, breit ausgespieltes Finale.
Na also – geht doch! Offenbar sind SPOCK’S BEAR doch noch fähig, hervorragende Songs zu schreiben. Allerdings scheint es ihnen einfach nicht mehr zu gelingen, diese Qualität über ein gesamtes Album aufrechtzuerhalten, denn von den großen Werken der Neal Morse-Ära sind sie nach wie vor weit entfernt. Immerhin ist man am Schluss von „The Oblivion Particle“ aber wieder einigermaßen mit ihnen versöhnt.
Unter dem doch ein wenig seltsam anmutenden Name OZONE wird ein Melodic Rock-Masterpiece veröffentlicht, welches man sich nicht entgehen lassen sollte. Dahinter stecken an der Gesangsfront FM-Goldkehlchen Steve Overland sowie Chris Ousey, der sich als Sänger u.a. von HARDLAND, aber vor allem mit seiner klasse Performance bei SNAKECHARMER zuletzt ins Hardrock-Bewusstsein gesungen hat.
Unterstützt werden die zwei von dem Produzenten, Multi-Instrumentalisten und Songschreiber Mike Slamer (SEVENTH KEY, STREETS) sowie Tommy Denander (TOTO, ROBIN BECK) an der Gitarre. Diese Namen allein garantieren eigentlich schon Premiumware im Melodic Rock-Segment.
Das Projekt vereint auf dem Album auf feinste Weise beide Stimmen und Gesangsstile. Mal wird locker aus der Hüfte losgerockt, wie bei der Eröffnungsnummer "Tiger By the Tail", die fast komplett unter der Führung von Chris Ousey steht. Dann darf Steve das Grundaroma zaubern, indem er bei "Let the Good Will out" seine Emotionen von der Leine lässt, so dass Ouseys Stimme nur zum "würzen" dient. Dieses Abwechseln und gelungene kombinieren führt zu einen soulig, bluesigen, dennoch rauen, aber immer warmen und melodie-seeligen Rock-Sud, der das beste aus FM, SNAKECHARMER plus X addiert.
Mit diesem Projekt hat das Label Escape gezeigt, dass nicht nur Konkurrent Frontiers tolle Künstler-Kooperationen mit Mehrwert zustande bringt. Auch wenn der Name OZONE ein wenig gewöhnungsbedürftig klingt - merkt ihn Euch, denn der Inhalt auf dem Album stimmt.
Als GOTTHARD in 1992 mit ihrem selbstbetitelten Debüt durchstarteten war nicht nur das hervorragende DEEP PURPLE-Cover „Hush“ der Grund dafür, dass die schweizer Band sich rasch großer Beliebtheit erfreute. Mit Sänger Steve Lee (Alpenländer mit britischer Mutter) hatte man von Anfang an eine der besten Hard Rock Stimmen am Mikro – und auch ihr Mentor Chris von Rohr (KROKUS) sorgte dafür, das GOTTHARD von Anfang professionell agierten und ihren Weg (nicht nur in ihrer Heimat) gingen. Dabei erfuhr „Gotthard“ mit seinem (wie man heute sagen würde) Retro-Sound nicht gleich überall große Zustimmung. Eine ganze Reihe von Wortführern und Fans der Metal- und Rockwelt hielten den 70er-orientierten, melodischen Hard Rock für gnadenlos unzeitgemäß und sprachen der Band die Zukunftsfähigkeit ab – wie man sich täuschen kann. Songs wie der nach vorn galoppierende Opener „Standing In The Light“, der groovende Highlight-Cover „Firedance“ oder das flotte „Mean Street Rocket“ fanden zahlreiche Fans – GOTTHARD spielten sich Live den Arsch ab und überzeugten. Aber auch damals schon gab es einen Fokus auf ruhigere Stücke; die Ballade „Angel“ klingt nach WHITESNAKE in ihren besten Zeiten und ist eine Blaupause für die GOTTHARD-Ballade, der zweite langsame Song „All I Crae For You“ steht dem in nichts nach. Trotzdem gilt „Gotthard“ als die „härteste“ Platte der eidgenössischen Institution. Ergo - eines der stärksten Genre-Debüts der 90er.
Zwei Jahre später setzte man dann mit dem in den USA eingespielten „Dial Hard“ (1994) seinen Weg fort. Die Songs hätten ja durchaus auch auf das Debüt gepaßt, die US-Produktion sorgte hier aber für mehr Druck und Power – der in die vollen gehende Opener „Higher“ und die Power-Hard Rock-Single „Mountain Mama“ (samt Bläser) kamen da gerade richtig fett. Und ein Track wie „Get It While You Can” präsentiert ja auch die 80er-Heavy Rock Elemente in Vollendung – gutes Songwriting, Feeling in Gesang und Gitarre, stampfender Bass und Schlagzeug. Mit „Come Together“ wurde diesmal ein Stück der BEATLES gecovert – ganz so gelungen wie zwei Jahre zuvor „Hush“ war es aber doch nicht. „Dial Hard“ war ein tolles Zweitwerk, welches den Status der Band festigte und ihnen in ihrer Heimat das erste Nummer-1-Album bescherte.
1996 erschien dann „G.“ – GOTTHARD brachten das Kunststück fertig als ihr wegweisendes drittes Werk auch ihr bis dato Bestes abzuliefern – und das obwohl das Debüt „Gotthard“ und „Dial Hard“ schwerlich zu toppen waren. Wie selbstverständlich vereinte man die Trademarks der ersten beiden Alben mit einem mittlerweile sehr erfahrenen Songwriting, kraftvoll groovender Hard Rock bei dem sogar die (wenigen) ruhigeren Stücke echt Laune machten. Neues gab es nur im Detail – aber dass dann zum Beispiel schon beim Opener „Sister Moon“ – nämlich ein fett und hart vor sich hin stampfender Midtempo-Blues-Rocker der Extraklasse. Danach wurde mit „Make My Day“ die erste (von einigen) Hard Rock-Keulen auf „G“ rausgeholt („Fist In Your Face“ und „Lay Down The Law“ seien da mal noch genannte). Als dritter Track folgte das obligatorische Cover – diesmal „Mighty Quinn“ von BOB DYLAN (besser bekannt durch die MANFRED MANN‘S EARTH BAND), was mit solch fetten Gitarrensound plötzlich wieder hörbar wird. Das man als Single ausgerechnet die beiden gelungenen Akustik-Balladen „Father Is That Enough?” und „One Life, One Soul” auskoppelte (dazu gab es noch die Ballade „Let It Be“ und als CD-Bonus mit „He Ain’t Heavy, He’s My Brother” eine weiteren guten Schmusesong) darf man im Nachhinein durchaus als Hinweis auf die Zukunft der Band verstehen. Der bluesige Rock’n’Roll einer Komposition wie „Sweet Little Rock N' Roller“ wäre da schon die bessere Richtung gewesen.
Denn nachdem das Dritte GOTTHARD-Werk nunmehr sie Spitze erklommen hatte, dachte manch einer ab jetzt kann es nur noch bergab gehen – und das tat es dann leider auch. Denn das 1999 erschienene dritte Album „Open” ließ schmerzlich den Biss der ersten drei Alben vermissen. Ob es nun der Hang zum Erfolg war oder der Mainstream-Druck des Managements – ich weis es nicht. Aber GOTTHARD verlieren sich auf „Open“ in einer Möchtegern-BON JOVI – AOR - POP – Kultur. Und das stand ihnen gar nicht gut. Sicherlich hatte das 2 Jahre zuvor erschienene Unplugged-Live-Werk „D-Frosted“ seinen Anteil – brachte es der Band doch Platin-Scheiben, europaweiten Erfolg und ausverkaufte Hallen. Demzufolge war „Open“ eigentlich nicht der Nachfolger des rockenden Meilensteins „G“ sondern der Akustikscheibe „D-Frosted“ - GOTTHARD standen vor der Jahrtausendwende für ruhigere Töne. Das Steve Lee das Zeugs genial und emotional rüber bringen konnte wird nicht wundern; und auch waren nicht alle Songs schlecht – hier sei mal der HENDRIX-Gedächtnis-Song „Hey Jimi“, der eingängige Hit-Opener „Free And Alive“ oder „Tell No Lies“ genannt. Unter den vielen ruhigere Tracks sticht sicherlich „Let It Rain“ hervor, Vieles war durchaus gut komponiert – nur der Punch und die notwendige Ausgewogenheit, welche eine Rockband im AOR-Hard Rock-Bereich auszeichnen sollte, war GOTTHARD bei „Open“ abhanden gekommen.
Mit „Homerun” wurde es in 2001 dann wieder besser – aber nur etwas. Der Erfolg von „Open“ hatte tiefgreifende Spuren im Selbstverständnis der Band hinterlassen; wieder waren viele Songs Melodic Rock und mittlerweile die Kompositionen der Balladen auch nicht mehr ganz so zwingend wie zuvor. Ausnahme war die Ballade „Heaven“, welche zum bis dato erfolgreichsten Song der Band avancierte und es gar auf Platz 1 der heimischen Charts schaffte. In Folge wurde „Homerun” auch das erfolgreichste Album von GOTTHARD und durchaus ein Renner bei den Mainstream-Fans der Band. Nichts desto trotz enthält das Album gute Rocker - „Light In Your Eyes“ ist ein gelungener Midtempo-Song zum Mitsingen, „Eagle“ kommt rhythmisch-stampfend hart daher, „End Of Time“ hält die Fahne der alten GOTTHARD hoch – nur zu wenig. Vor allem im gegen Ende von „Homerun“ wird es doch ein wenig lau. Aber Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden.
Drei klasse und zwei solide Alben - wer also bisher an den Schweizern vorbeihörte, der sollte sich schleunigst dieser GOTTHARD 5-er-CD-Box zum kleinen Preis besorgen - und die ersten drei Alben auf Rotation stellen.
Nicke Andersson lässt nicht locker. Dieser 70s Rock ’n’ Roll-Glam-Rock-Sound ist seit den HELLACOPTERS in ihrer Endphase einfach sein Ding geworden. Mit „Honk Machine“ legt er das vierte Album seiner Band IMPERIAL STATE ELECTRIC vor und bleibt seinem Stil auch hier wieder treu. Wie immer lassen KISS grüßen, und wie immer gibt es einen ganzen Haufen toll geschriebener, eingängiger und lässig runtergerockter Songs auf die Ohren.
Allerdings lässt es die Band insgesamt etwas ruhiger und melodischer angehen als noch auf dem Vorgängeralbum „Reptile Brain Music“. Straighte Rocker wie „Lost In Losing You”, „Guard Down” oder der typische Opener „Let Me Throw Your Life Away“ sind eher rar gesät. Stattdessen macht sich gelegentlich ein leichter 60s-Vibe breit. „Maybe You’re Right” etwa besitzt einen deutlichen BEATLES-Einschlag. Mit „Walk On By” wird dagegen noch einmal eine andere Richtung eingeschlagen. Hierbei handelt es sich nämlich um eine soulige Ballade, die sogar ganz hübsch geraten ist und die Anderssons Stimme erstaunlich gut steht.
Wer mit Anderssons Spätwerk bislang wenig anfangen konnte, wird auch mit „Honk Machine“ nicht glücklich werden. Spaß macht die Scheibe aber allemal, und außerdem ist es schön zu sehen, wie Andersson hier einfach sein Ding weiter durchzieht.
BLACK TRIP - die zweite. Und wie ich schon bei dem fantastischen und von mir heiß geliebten Debüt erwähnte, wird die zweite doppelt so schwer. Weil BLACK TRIP im Grunde keine wirklich eigene DNA haben, sondern sie verknüpfen - gut und absolut stimmig - einfach alt bekannte Vibes neu miteinander. Also ist "Shadowline" quasi die Wiederholung einer Wiederholung. NWoBH ist wieder die Grundzutat, viel alte MAIDEN gepaart mit an THIN LIZZY erinnernde Gesangsmelodien und Gitarrenleads, welche zuweilen einen Hauch alter SCORPIONS in sich tragen.
Die einstige Überraschung wurde von der Erwartung weggemobbt. Deshalb kann mich auch das neue Album nicht ganz so überzeugen wie der Erstling. Natürlich ist die Leidenschaft der Schweden immer noch ungebrochen, und ihr Gespür für historischen Metal ist nach wie vor in jeder Rille des Longplayers zu spüren. Nur eben das "Wow-Gefühl" ist weg.
Was aber bleibt, ist Joseph Tholls starke Stimme, die sich langsam zum Markenzeichen entwickelt und der Band Profil gibt. Es bleibt die starke Gitarrenarbeit, die durch Harmonie und bockstarke Soli überzeugt. Und da sind - auf dieser Scheibe leider ein paar weniger - Songs wie "Clockworks", "Shadowline", "The Storm" oder "Die With Me", die den Geist, die Stimmung und die Rohheit einer Zeit wiederspiegeln, als durch Musik aus einer Generation eine zeitenüberdauernde Gemeinschaft und ein Lebensgefühl wurden.