Release Nummer 300 des altehrwürdigen Earache-Labels ist ein Re-Release der zweiten WITH PASSION-EP, erweitert um zwei neue Songs. Die Scheibe kam ursprünglich auf irgendeinem kleinen Label in Amiland raus und wurde anfangs kaum beachtet. Jedenfalls nicht von Earache, die die Band erst ein knappes Jahr später unter Vertrag nahmen. Und damit einen guten Riecher bewiesen haben, erweisen sich WITH PASSION als ungemein talentierte Metalband, die auf "In The Midst Of Bloodied Soil" fröhlich brutalen Death Metal und technisches Gefrickel mischt. Stellt euch ne Mischung aus CRYPTOPSY ("The Last Scripture") und melodischem Schwedenkram wie AT THE GATES vor, angereichert mit ruhigen Passagen Marke OPETH ("The Prophecies Of Hellfire") und jazzigen Parts. FARMAKON aus dem gleichen Label-Stall sind so ähnlich, wenn auch etwas abgedrehter und eine Spur weniger brutal. WITH PASSION überraschen den Hörer immer wieder mit neuen, abgefahrenen Breaks, echten Psycho-Passagen und vor allem einen Gitarrenspiel, das seinesgleichen sucht. Nur wenige Bands scheißen so sehr auf Konventionen und lassen ihre Saitenfront dermaßen krank frickeln, wobei die Jungs aber immer den Dreh kriegen und nachvollziehbar bleiben. Zwischen unbarmherzigen Blastparts und melodischen Abschnitten bauen WITH PASSION noch locker tausend andere Einflüsse ein und lassen den Hörer so von der ersten bis zur letzten Minute im Unklaren, was ihn hinter der nächsten Ecke erwartet. So muss extreme Mucke sein, wenn sie über stumpfes Geballer hinausgehen soll (obwohl das natürlich auch seinen Reiz hat). Ziemlich cool, nur ein wenig zu kurz. WITH PASSION erweisen sich als Band, die man im Auge behalten soll. Wenn ihr erster richtiger Longplayer kommt, wird sich zeigen, ob die Band den Erwartungen, die sie durch diese EP geschürt hat, gerecht werden kann. Bis dahin bleibt das kurze Vergnügen "In The Midst Of The Bloodied Soil". Ist schon mal ein Anfang.
METHADRONE haben ein ungewöhnliches Merkmal in der Instrumentierung ihrer Band, können sie doch zwei Bass-Spieler aufweisen - dafür verzichten sie auf Poser an der Gitarre. Nimmt man noch einen Drumcomputer und wenig Gesang hinzu, reichert das Ganze mit elektronischen Sperenzchen an ("Ebullient Drift"), dann kommt als Resultat wirklich eigenständige und völlig abgefahrene Musik raus. Der erste Song klingt wie ein Intro und verzichtet schon mal komplett auf Gesang. Gut, ist halt ein Intro. Aber nix, nahtlos geht es in Song Nummer zwei über. Irgendwie klingt das Ganze wie menschlich erzeugter Walgesang, wenn auch mit einem dunklerem Unterton. Das ist Doom, wie er sein muss, voller Verachtung für konventionelle Songstrukturen, Eingängigkeit oder Instrumentierung. Southern Lord haben ein paar solcher Bands in ihrem Stall. Vielleicht sind METHADRONE nicht bei ihnen gelandet, weil sie noch zu viele Riffs und Melodien haben, wer weiß? Wobei das auch relativ zu sehen ist, denn mit einer auch nur annähernd normalen Band halten METHADRONE in der Beziehung nicht mit. Das ist verstörender, dunkler und eigenwilliger Doom. Musik ist Kunst, vergesst das nie.
Angepriesen als ein Projekt von (ex-)FLAMING SIDEBURNS-Mitglied Arimatti, entpuppt sich JOLLY JUMPERS als Band, die schon seit mehr als zwei Dekaden in der finnischen Rockszene dabei ist und mitnichten ohne Arimatti nicht-existent wäre. Was erwartet den geneigten Hörer? Skandinavischer (jetzt können sich Klugscheißer wieder eng machen, gehört Finnland doch nur im weiteren Sinne zu Skandinavien) Rotzrock Marke HELLACOPTERS? Nein, weit gefehlt. Entspannter, leicht melancholischer Rock, wie ihn JOHNNY CASH oder auch mit Abstrichen KARMA TO BURN nicht besser können. Eine ausufernde und effektvolle Gitarrenarbeit ("Catskills Rock") bildet die Grundlage für zehn interessante Rocksongs, die vom jazzigen Schlagzeug und der melancholischen Stimme Petris untermalt werden und gemeinsam zu richtig schönen Rocknummern werden, die in einem kleinen verrauchten Club wunderbar ihre Wirkung entfalten würden. JOLLY JUMPERS setzen zu keiner Zeit auf billige, abgegriffene Effekte oder Parts, sie lassen ihr Können für sich sprechen und haben so zehn erstklassige Songs auf CD gebannt, die man als aufgeschlossener Musikfan lieben wird. Zu keinem Zeitpunkt kommt Langeweile auf, selbst die langen, chilligen Gitarrenparts bleiben immer spannend - so soll das sein. Feine, entspannte Sache!
Wien ist die Heimat von PISSMARK, die seit knapp zwei Jahren aktiv sind und auf Verbindungen zu PIRANHA verweisen können. In der aktuellen Besetzung spielt das Quarttet modernen Metal, den sie selbst als Deathcore/ Metalcore bezeichnen, auch wenn der HC-Anteil bei ihnen meiner Meinung nach recht klein ist. Die EP erinnerte mich mehr an die mal angesagte Neue Deutsche Härte - und das nicht nur, weil Sänger Kine deutsche Texte ins Mikro growlt. Die Songs bewegen sich im groovigen Mid Tempo und können zum gepflegten Kopfschütteln animieren. Besonders "Selbsthilfegruppe" ist ein echtes Groove-Monster, auch wenn mir der Gesang da ein wenig auf die Eier geht. Kine hat eine aggressive Stimme, die anständige kratzig und rauh ist, aber auch ein wenig eintönig, was durch seine oft ähnlichen Gesangslinien noch verstärkt wird. Ein wenig mehr Abwechslung wäre hier ganz klasse. Die Produktion geht für Underground-Verhältnisse voll in Ordnung und auch die Aufmachung der EP ist über jeden Zweifel erhaben; besonders das Cover ist cool hehe. PISSMARK haben einen guten Eindruck hinterlassen und sind mit "Amok" auf dem richtigen Weg.
Schnörkellos legen NEAERA beim Opener "The World Devourers” los und präsentieren ein Death Metal-Brett, das es in sich hat. Fette schwedische Gitarren treffen auf einen Sänger, der viel AT THE GATES gehört hat. Fein, ganz fein. Aber da man heute als reine Schwedentodcombo nicht ganz so angesagt ist, sondern über Genregrenzen hinweg schauen muss, wird noch ein anständiger Moshpart eingebaut und fertig ist das Etikett Metalcore. Kann man so nennen, muss man aber nicht, vor allem da neunzig Prozent der Scheibe reinrassiger Death Metal schwedischer Art sind. sogar vor Blast-Parts ("… To Oblivion") haben NEAERA nicht zurückgeschreckt und sich dabei ordentlich aus der Affäre gezogen. Zeitweilig eingesetzter cleaner Gesang schlägt die Brücke zum modernen Metal/ HC und klingt ganz ordentlich, aber NEAERA haben meiner Meinung nach ein Metal Heart in der Brust und lassen diese Liebe die Oberhand gewinnen. Auch wenn manchmal zu sehr HEAVEN SHALL BURN durchschimmern (gerade bei den Gitarren), haben NEAERA ihre eigene Identität und sind kein beliebiger Klon einer momentan angesagten Bewegung. "The Rising Tide Of Oblivion" ist richtig fetter Death Metal und nix anderes. Doch, etwas anderes ist die Scheibe noch: ein Tipp, voll und ganz zu Recht!
Die Band von Saitenhexer Chris Impellitteri gilt unter Fans des traditionellen Metals fast schon als Insider - Tipp. Große Wellen hat diese Formation in knapp 20 Jahren jedenfalls nicht geschlagen, dabei übertrifft deren Musik einen Großteil dessen, was heute unter dem Namen "Power Metal" in die Läden gestellt wird. Ähnlich verhält es sich mit dem neuesten Streich "Pedal To The Metal", der neben einem sehr ansehnlichen Cover - Artwork von Derek Riggs auch einen neuen Sangeskünstler vorstellt, der Goldkehlchen Graham Bonnet und den davor jahrelang zu hörenden Rob Rock ablöst. Zwar kann Curtis Skelton das überragende Niveau seiner beiden Vorgänger nicht ganz mitgehen, aber in Tränen muss deswegen niemand ausbrechen. Er beherrscht alle Facetten von rau - kraftvoll bis hoch shoutend mühelos und erinnert in seiner normalen Tonlage ein wenig an RIOT’s Mike DiMeo. Beim Songmaterial gibt man sich kurzweilig und stets auf den Punkt bedacht, auch wenn dabei nicht alle Songs aus den Latschen hauen. Mit dem klasse Opener "The Iceman Cometh" (super Refrain!), "The Kingdom Of Titus (Tribute)", "Dance With The Devil", den sehr schnellen "Crushing Daze" und "Judgement Day", dem melodischen "Destruction" oder der coolen Rapper (Eminem!) - Veräppelung "Punk" sind einige sehr gute Stücke an Bord, die mir allerdings stellenweise zu experimentell und gekünstelt produziert wurden (verzerrter Gesang, auf modern getrimmte Riffs oder auch das sehr gewöhnungsbedürftige "Hurricane" passen irgendwie nicht ins Bild). Richtig gelungen wird’s allerdings, wenn Mr. Impellitteri seine Soli auskramt und dem eigenwilligen Stil der Platte seinen ureigenen Stempel aufdrückt. "Pedal To The Metal" ist trotz der genannten Kritik ein sehr hörenswertes Kraftpaket geworden, das man aufgeschlossenen Fans durchaus empfehlen kann; lediglich etwas weniger Rumspielereien mit modernen Sounds und ein paar (mehr) echte Übernummern hätten dem Album gut getan.
TERROR-Gitarrist Doug beklagte sich erst kürzlich darüber, dass es viel zu wenig echte HC-Bands gibt. Die meisten angesagten Bands würden Death Metal, Black Metal oder irgendwas spielen, sich aber HC-Szene-typisch kleiden und aufführen und deswegen der HC-Szene zugerechnet werden. Weise Worte. Mir scheint, Doug hat vor dem Interview WINTER SOLSTICE gehört, so genau passen seine Aussagen auf die Combo. Da wird schwedisch losgefrickelt und gegrunzt, dass manchem Göteborger das Herz vor Freude zerspringen würde. Vor ein paar Jahren hätte ich WINTER SOLSTICE noch als Death Metal-Combo eingeordnet, die durch geschickt gesetzte Breaks ordentlich Druck macht. Aber heute heißt sowas eben Metalcore, ein paar der Mitglieder sind wahrscheinlich Edger und alle sind froh. WINTER SOLSTICE bieten gewohnte Kost, können in den richtig langsamen Parts gut Druck aufbauen ("Malice In Wonderland"), auch wenn mir da manchmal zu lange an einem Part gehangen wird. Genausogut kann der Haufen aber schwedisch-melodisch ballern ("55/23"), manche richtige Schwedencombo kann da streckenweise nicht mithalten. Alles solider Standard, von der Produktion zum Songwriting bis zur Leistung der einzelnen Mucker. Metalcorlerherz, was willst du mehr? Und jetzt nicht Individualität sagen, bitte.
US-Death-Grind. Punkt. Bretthart und gut dabei, die Muckerpolizei wird ihre Freude haben. Ich finde ORIGIN inzwischen fast ein wenig zu kompliziert - aber das ist mir ja das Meiste. Das Schlagzeug knüppelt mit sehr viel Druck, mal kompliziert, mal auch stumpf, immer aber bretthart. Gitarrenmäßig geht es ebenfalls in die vollen, hier wimmelt es nur vor diesen quietschigen Breaks, die einem Unwissenden wie mir automatisch Erinnerungen an den letzten Zahnarztbesuch bescheren. Mit gefallen ORIGIN deshalb wesentlich besser, wenn sie ein eintöniger wenig death-grinden (wie zum Beispiel bei "Cloning The Stillborn") da fliegt die Kuh ständig und muss nicht zwischendurch immer wieder notlanden. Die Jungs sind fit an ihren Instrumenten, knüppeln mit jeder Menge Herz, nur die Gitarren klingen mir ab und an mal zu mathematisch. Dass diese Maske auf dem Cover deswegen so eine schlechtgelaunte Fresse zeigt, ist maßlos übertrieben, denn letztlich haben die Amis hier eine sehr nützliches Abriß-Werkzeug auf den Markt geworfen. Frisch und hart, Tod und Grind - wer für seine Schlachtorgie einen (mit einer knappen halben Stunde sehr kurzen) Soundtrack benötigt, liegt hier sicherlich richtig. Punkt.
Ein böser Spitzbart, lange Haare und wilde Klamotten - dazu das Zeichen der Pommesgabel in die Kamera. So sah der strahlende Gewinner der Casting Show Star Search auf Sat.1 im Jahr 2003 aus - MARTIN KESICI. Wenn man da an Superstar Alex denkt - das krasse Gegenteil.
Seine erste Single "Angel of Berlin" war schnell auf der 1 der Charts, konnte mich jedoch nicht wirklich vom Hocker reißen. Trotzdem gehört der Martin definitiv zu den positiven Talenten, die diese Massentauglichen Casting Shows hervorgebracht haben.
Seid 21. Februar steht nun sein zweites Album in den Läden: "So What" - und es rockt und zwar richtig. Erwartet habe ich eigentlich fast durchgängig Midtempo und Softrock Songs der Marke "EgoTripping" - eine übrigens sehr Gänsehautmachende Halbballade mit geilen Gesangslinien. Doch schon der Opener "Sorry" zeigt das Martin so schnell es geht zu seinen Wurzeln zurück kehren will. Zwar klingen fast alle Songs recht modern, was nicht zuletzt an den tiefer gestimmten und verzerrten Gitarren liegt, dennoch besitzen alle Rocker einen hohen Widererkennungswert. "Hang On" z.B. bleibt schon nach dem ersten Durchlauf im Ohr kleben und animiert zum Mitsingen.
"Leaving You For Me" ein sagen wir mal Halbrocker der vor allem durch die Zusammenarbeit mit Tarja Turunen von Nightwish etwas besonderes erhalt. Im Duett mit Martin bringt Tarjas Stimme Abwechslung und vor allem noch mehr Emotionen.
"Dislike You" und "God Bless You" besticht durch ein treibende Drums und Martin sing stellenweise sehr tief und aggressiv. Besonderen Wert legt Martin auf seine Texte: "All Of My Life" ein Midtempo Song mit hohen Charakter trifft den Nagel förmlich auf den Kopf. Geile Nummer. Am Ende gibt es dann mit "Disapear" und "Talk To The Wind" noch zwei ruhige Tracks.
Die 1995 in Charlestown gegründeten DUCKY BOYS sind alte Kumpels der DROPKICK MURPHYS aus dem benachbarten Boston und nahmen u. a. mit ihnen ihre erste Single auf. 1997 kam dann das erste Album heraus, worauf 1998 ein weiteres und 1999 ein Live-Album folgte. Danach wurde es ziemlich still um das Quartett, doch 2004 beschlossen Sänger und Gitarrist Mark Lind und Drummer Jason Messina, die Band zu reaktivieren, holten sich mit Douglas Sullivan und Steve Young zwei neue Mitstreiter an Bord und nahmen das Album "Three Chords And The Truth" auf. Und wenn man das Album hört, kann man nur sagen: Das war die beste Idee ihres Lebens! Denn was man hier zu hören bekommt, ist feinster Streetpunk ´n Roll - dreckig und rau, aber melodisch. Zugegeben: Die DUCKY BOYS klingen verdammt nach SOCIAL DISTORTION, was noch durch Mark Linds Gesang verstärkt wird, der stellenweise stark an Mike Ness erinnert, und auch der Einfluss von RANCID ist nicht zu überhören. Und ab und zu werden sie fast ein wenig poppig, z. B. in Stücken wie "Scars" oder "This Place", die schon beinahe in Richtung Stadion-Rock tendieren. Auch über das "Stand By Me"-Cover lässt sich streiten, denn man hört zwar, dass die Jungs mit ganzem Herzen bei der Sache sind, aber es kommt doch ziemlich pathetisch und außerdem leicht peinlich und eher unfreiwillig komisch daher. Trotzdem - der Großteil der Platte macht ganz einfach tierisch Spaß. Hymnische Punk-Kracher wie "Boston, USA", "Pass You By" oder "Hanging On" gehen gnadenlos nach vorne und brennen sich sofort im Gehörgang ein. Zum Luftholen gibt es zwischendurch mit "Untitled" noch einen wirklich schönen Lagerfeuer-Song mit Akustik-Gitarre und mehrstimmigem Background-Gesang. "Three Chords And The Truth" ist großartige Sommer-Musik, bei der man die warme Jahreszeit schon jetzt förmlich riechen kann.