Fingerspitzengefühl braucht man nun wahrlich um das Scheibchen aus dem Papp-Folder zu befreien- aber die Arbeit lohnt sich. Auch wenn FINGERSPITZENGEFÜHL an sich alles falsch machen: zunächst nennen sie sich als schwedische Rockcombo FINGERSPITZENGEFÜHL, packen dann das sperrigste Stück des Albums an die erste Stelle und mischen obendrein noch Jazzrock a la FRANK ZAPPA über Grunge Marke SOUNDGARDEN und HELMET- Riffing ineinander, um letztlich Rock herauszubekommen. Außerdem haben sie auch noch eine unglaublich unpassend steril wirkende Homepage und trotzdem fahren sie mit einem solch starken Album auf. Schon auf den schwer zugänglich machenden Opener "The Smell Of Stress And Death" folgt die frische Rocknummer "Libra". Dann geht es weiter mit "My Gracious Career", das mächtig nach FUGAZI oder gebremsten REFUSED klingt. "You´re Right" erweitert dann noch REFUSED durch Stoner/Sludge Einflüsse, während "Friction" wieder schön derber Noise/Hardcore ist und sich "A Brother´s Pork" mehr dem Stoner widmet. "The Final Scene" hingegen erinnert nicht erst mit der Orgel- Schlusseinlage an moderne HELLACOPTERS Scheibchen, auch wenn es erst sehr schleppend mit einem schweren doomigen Riff startet. Bis sich dann der Kreis mit dem instrumentalen und recht sperrigen "Joy Rahman" schließt. Durchweg ist das Album, vor allem das Schlagzeugspiel, von hohem spielerischen Anspruch, was einen bei FRANK ZAPPA und CAPTAIN BEEFHEART verliebten Jazzmusikern nicht weiter wundert. Lediglich ein paar instrumentale Stücke zu viel wurden auf die CD gepackt, ansonsten ist "Fingerspitzengefühl" ein durchweg interessantes abwechslungsreiches Album.
Zieht man die TRUCKFIGHTERS CD aus ihrem schnieken roten Pappschuber gelangt man zu einer Stoner/Fuzz Rock Scheibe bei der die Fuzzgitarren einem nur so entgegendröhnen. Dabei wird mal mehr und schneller gerockt wie auf "Gargarismo" und dann wieder sphärisch und instrumental vor sich hingezockt wie beim Rausschmeißer "Altered State". Doomige Riffs geben der Platte dabei die "stoned"te Schwermütigkeit. Die schweden sind dabei jedoch nie kraftlos, was das harte Stück "A. Zatruder" am besten beweist. Da prallen kräftige Riffs auf die immer verzerrte entfremdete Stimme von Basser Ozo. Nebenbei, die Schweden warten sowieso mit so nationaltypischen Namen wie Fredo, Dango und Paco auf. Zur Mucke passt´s allemal. Durch die langen, sich oft verlaufenden Stücke ergibt sich bei "Gravity X" ein Jam Session Charakter. Dieser passt aber auch perfekt zu einer Fuzzrockplatte. Knackige eingängige Nummern findet man also nicht, trotzdem ist die Scheibe schön kurzweilig. Hier werden sich aber wohl auch die meisten Geister scheiden. Der Jam Session Charakter zieht sich nämlich auch aus einigen zähen Ausuferungen, die Scheibe ist somit sehr unstrukturiert und unkommerziell aufgebaut. Das kann man sich auch schon bei einem Blick auf die Spielzeiten denken, denn hier werden nur neun Lieder bei mehr als einer Stunde Spielzeit untergebracht. Aber gerade das ist sicherlich auch das Charmante der Platte. Sie ist unangepasst und endlos weit wie eine heiße Wüste: Stoner-Klischee erfüllt. Wer´s kürzer mag ist bei "Subfloor" gut aufgehoben, der einzige Song des Albums, der auf den Punkt kommt und obendrein noch mit einer Blechbläserfraktion überrascht. Wer aber auf eine Session von Musikern von Kapellen wie FU MANCHU, QUEENS OF THE STONEAGE oder MUSTASCH steht, kann beherzt beim vierten TRUCKFIGHTERS Output zugreifen.
IRA liefern uns hier mit "The Body And The Soil" einen atmosphärischen Klumpen Noisecore. Die Musik des Fünfers vom Bodensee ist in Musik gepackte Sehnsucht und Düsternis gemischt mit dem Bandnamen, denn "IRA" stammt aus dem Lateinischen und bedeutet "Zorn". Dieser Zorn äußert sich da mal in Stücken von knapp einer Minute Laufzeit bis hin zu Stücken von einer guten Viertelstunde. Wobei die kurzen Stücke des Albums nicht minder anstrengend zu hören sind. Die Musiker erheben den Anspruch einen auf eine entspannende Reise mitzunehmen, doch braucht man für diese Reise viel Ausdauer. Die Band arbeitet mit sehr vielen Spannungsbögen, nur brechen diese meist zu schnell ineinander. Es gibt sehr viele sehr gelungene Passagen, gerade auch durch akustische Einsprenksel, aber auch durch viele dichte Arrangements mit erdrückenden Gitarrenwänden. Der Gesang pendelt zwischen winseln, schreien und Spoken Words Passagen. Letzteres wundert einen kaum, schließlich entspringt Sänger Toby dieser Szene und so setzt er z.B. bei "Disappear" auch deutsche Spoken Words über die düsteren Klänge. Leider gibt es auch zu viele langweilige Passagen, wo die Band auf der Stelle tritt und keine Atmosphäre zu schaffen vermag. Die Lieder ufern dann aus und finden sich selbst nicht mehr. Highlight des Albums ist das Stück "You´re Living All Over Me", bei welchem die Melange aus Ambient, Noise und Core am besten gelungen ist, denn dieses Lied wird von einem erfrischenden rockigen Riff zusammengehalten. Glücklicherweise ist auch der Sound insgesamt sehr gut, denn dies ist gerade bei solch einer Musik essentiell. Aber die Platte bleibt nur für Genrefans empfehlenswert, die sie sich neben Scheiben von NEUROSIS, SIGUR ROS und MOGWAI stellen wollen.
In Zeiten wie diesen, in denen man sich nicht mehr darauf verlassen kann, dass nur Death Metal drin ist, wo auch Death Metal draufsteht (und nicht Metalcore, Hardcore oder sowas) sind Bands wie HYPNOS mit ihrem kompromisslosen Festhalten am Death Metal ein Fels in der Brandung. Man kann HYPNOS natürlich auch scheuklappenbewehrte Konservative nennen, aber sowas würde doch keiner machen, oder? Auf jeden Fall haben HYPNOS bei mir für ihre coole "In Blood We Trust"-Scheibe einen Bonus, auch wenn die Veröffentlichung derselben schon fünf Jahre her ist und seit der letzten Platte vier Jahre vergangen sind. Da war ich bestimmt nicht der Einzige, der HYPNOS bereits tot wähnte. Aber mit "Rabble Manifesto" sind die Tschechen um ex-KRABATHOR Bruno zurück und zeigen sich gänzlich unbeeindruckt von irgendwelchen Strömungen. Roher grooviger Death Metal regelt halt immer und so hauen HYPNOS Song um Song puren Death Metal raus. Schnell, hart, erbarmungslos und mit einer unglaublich bissigen Gesangsleistung, die alleine "Rabble Manifesto" schon hörenswert macht. Das würde aber die verdammt guten Songs an sich abwerten, die ordentlich braten und einfach cooler Death Metal sind. Leider gibt es mit dem langweiligen Zwischenspiel "18X37" und dem Versuch eines Rocksongs "At Death’s Door" zwei absolute Ausfälle, die der Scheibe den Tip kosten. Dafür entschädigen aber Perlen Marke "Firecult" (auch wenn der Song ein wenig aus dem Rahmen fällt) oder das gnadenlos peitschende "Drowned In Burial Mud". Traditionalisten werden HYPNOS für diese Scheibe lieben, trendige Metalcorekids die Band auslachen. Um wessen Meinung sich HYPNOS nicht scheren, ist nach dem ersten Hören von "Rabble Manifesto" klar.
Progfans sollten sich schon mal den Wecker stellen, denn 3Sat wiederholt am Samstag, dem 20. August in tiefster Nacht ein WDR-Special über RPWL, mit Ausschnitten des "Rockpalast" Auftrittes zum Auftakt ihrer "World Through My Eyes" Tour. Inzwischen sind weitere Gigs der bayerischen Artrocker für dieses Jahr bestätigt worden u.a. einige Festivalauftritte, ein Konzert mit THE AMBER LIGHT im Aschaffenburger Colos Saal sowie ein Gig im britischen Rotherham.