Konzert:
Blood Duster, Yacöpsae, Irate Architect - Fundbureau, Hamburg
Konzert vom Die verrückten Australier BLOOD DUSTER nutzten ihren Gig beim Obscene Extreme Festival für eine ausgedehnte Europatour - wann kommt man als Band von Down Under schon mal für lau nach Europa? Curby, Veranstalter vom OE, machte dann auch Busfahrer, Tourmanager und Merchandiser in einem und sah am drittletzten Tag der Tour nicht mehr wirklich frisch aus. Den BLOOD DUSTER-Jungs schien es dagegen noch sehr gut zu sehen, so Rockstar-mäßig, wie sie sich in einer Sitzgruppe des gemütlichen Fundbureaus lümmelten und cool ihren Cola-Bier-Mix süffelten.
IRATE ARCHITECT hatten die Ehre, für die australischen Asis zu eröffnen und legten mit einem unmenschlich lautem Sound los. Leider ging das zu Lasten der Gitarre, die man die ganze Show über nicht hörte - dafür gab’s aber ordentlich Basswummern. So konnte ein großer Teil der Leute im gut gefüllten Konzertraum des Ladens nur erahnen, was das Quartett genau vorhatte. Death/ Grind Marke DYING FETUS würde ich mal sagen und von dem, was zu hören war, ging es in Ordnung. Sehr breaklastiges Material, das trotzdem nachvollziehbar wurde und nie abgehackt wirkte. Dazu ein Sänger, der sich wirklich alle Mühe gab, das Publikum zu animieren, aber dank des Sounds bemerkenswert erfolglos blieb. Seinen eigentlich Job am Mikro machte er da schon deutlich besser.
Kollegin Lattwesen meinte einmal, dass eine ATG-Reunion musikalisch wünschenswert, aber kein optischer Genuss wäre. Die YACÖPSAE sind noch nicht so alt wie die Herren Schweden und optisch auch ansprechender, gehen aber in die Beamten-Ecke, vor allem der Drummer. Würde mich nicht wundern, wenn er tagsüber Versicherungen verkaufen würde - womit er der coolste Versicherungsmensch Hamburgs wäre… Von der Split mit SANITYS DAWN wusste ich, was mich für ein heftiges Geprügel erwarten würde und wurde von den drei Herren auch nicht enttäuscht. Power Violence nennen sie ihre Mucke und ordentlich Power steckt da wahrlich drin. Man kann’s auch Grind oder so nennen, das ist egal. Laut (aber diesmal mit hörbaren Gitarren), dreckig und schnell. Den anwesenden Punks gefiel und wurde durch ordentlich Pogo gewürdigt, was einem Fan direkt vor der Bühne aber mächtig auf den Zeiger ging und er eine Pause nutzte, um sich bei den ???aggressiv tanzenden" Kerlen mal zu beschweren. Nicht, dass es was genützt hätte. Aber wer sich bei einer solchen Krachtruppe direkt vor die Bühne stellt, müsste eigentlich wissen, was ihn erwartet. Die YACÖPSAE ließen sich von den Schwierigkeiten vor der Bühne nicht irritieren, sondern hatten selbst genug, der Drummer hätte fast das Schlagzeug durch die Gegend gepfeffert, weil die Snare nicht nach seinen Wünschen festbleiben wollte. Das führte dazu, dass er von Song zu Song aggressiver wurde, was für die YACÖPSAE kein Nachteil war. Eine routinierte brutale Show war dann leider irgendwann zu Ende und die Punks gingen nach Hause.
Umgedrehte Kreuze können auch cool aussehen. Jason P.C., mit Kunstblut besudelter Sänger von BLOOD DUSTER, kombinierte ein überdimensioniertes Kreuz mit Biker-Sonnenbrille und Bandana und war damit definitiv der coolste Kerl im Laden. Kunstblut hatten seine Kollegen auch vorzuweisen, aber leider war’s das mit persönlichen Gimmicks. Nach zwanzig gespielten Shows der Tour hatten BLOOD DUSTER eine anständige Routine entwickelt und rockten sich tight durch ihren knapp einstündigen Set, der alle Schaffensphasen abdeckte. Der Schwerpunkt lag zwar zu gleichen Teilen auf ???Cunt" und ???Blöd Düster", aber auch ein paar ältere Sachen kamen zum Zug und passten sich nahtlos in den Set ein. Wie zu erwarten glänzte Jason P.C. mit Ansagen Marke ???nicht nett" und beschimpfte die Anwesenden permanent, aber immer mit einem Augenzwinkern. BLOOD DUSTER bewiesen, dass sie auch live ihre Kombination aus MOTÖRHEAD und Grind ohne Abstriche rüberbringen können und waren das, was man unter grandios im Wörterbuch findet. Der Mob vor der Bühne tobte und trotzte den Aussies noch zwei Zugaben ab. Dann war Ende, leider ohne ???Dis-Organ-Ized". War trotzdem schön, auch wenn kein Koala auf der Bühne geopfert wurde.
Konzert:
Tuska Open Air 2005 - Freitag, Helsinki
Konzert vom Die Deutschen kommen! Nachdem sich 2004 die schwedischen Bands ihr ehemaliges Besatzungsgebiet im Handstreich zurückerobert hatten, war das siebte
TUSKA PAIN FESTIVALLO (so in den finnischen Ansagen betitelt) fest in der Hand der "Saksalainen". Bei allein vier Bands aus Deutschland, unter anderem dem Headliner ACCEPT, wurde über die "German Invasion" gewitzelt. Dazu kamen noch zahlreiche Besucher aus Deutschland und die Schreiber von Metal-Inside.de, das als einziges deutsches Webzine darüber berichtet. Für die eben genannten und die 28 anderen Bands, den Veranstalter und die Besucher ist das überschaubare Festival direkt in der Mitte der finnischen Hauptstadt vorn bis hinten ein toller Erfolg geworden. Allerdings ein sehr gefährdeter, denn wenn die Stadt Helsinki nicht zur Vernunft kommt, wird es nicht nur das siebte sondern auch das letzte Festival gewesen sein, denn dank der Beschwerden einiger Anwohner muss das Festival entweder verlegt werden oder steht ganz auf der Kippe.
Dabei grenzt der Kaisaniemi-Park an einer Seite an die sicherlich auch nicht leisen Gleise des Hauptbahnhofes. Gleichzeitig das stärkste Plus der Veranstaltung, denn so günstig ist die Verkehrsanbindung bei keinem anderen europäischen Festival.
Apropos günstig: Die Preise auf anderen Festivals sind sehr günstig gegenüber denen hier auf dem TUSKA - was natürlich auch an den generell hohen Kosten für Lebensmittel und Alkohol in Finnland liegt: Wer vergessen hatte, sich den großen Rucksack mit Getränken aller Art in Plastikflaschen oder Tetra-Packs vollzuladen, in dessen Portemonnaie herrschte schnell gähnende Leere: 0,5l Bier kosteten 5 EUR, und der halbe Liter wurde mit Oktoberfest-ähnlicher Sparsamkeit ausgemessen. Essen ist noch teurer, eine Portion Pyttipanna macht für 6 EUR satt, ein Chili-Wok-Mix für 8 EUR. Preiswerter gab es nur Süßes oder die Saunawurst ab 1,50 EUR aufwärts.
Pünktlich um 3 Uhr nachmittags ging die "finnische Antwort auf MANOWAR" auf die Hauptbühne. TERÄSBETONI sind deutlich schmächtiger als Joey DeMaio und Konsorten, lassen aber kein Klischee aus, das jemals in Metall gegossen wurde. Herrje, dafür bin ich noch nicht betrunken genug!
FINNTROLL dagegen feierten und wurden gefeiert - das perfekte Heimspiel. Zwar brannte die Sonne unbarmherzig und ohne jeden Hauch von einem Wölkchen am Himmel auf die kugeligen Bäuche und Gesichter der stattlichen Trolle herab, aber die bangten sich kurzerhand die nicht weniger dichten Haare vors Gesicht und ließen sich nicht weiter bremsen. Das Publikum dosierte seinen Bewegungsdrang da besser - zu Feier-Hymnen wie "Fiskarens Fiende", "Midnattens Widunder", "Rivfader" und natürlich "Trollhammaren" toben die Reihen, bei den etwas langsamen Songs wirken die im Schnitt sehr jungen Finnen wie sediert. Ein eher lascher und wirklich sehr leiser Sound animiert an dieser Stelle aber auch nicht zum Mitgehen. Größter optischer Leckerbissen bei FINNTROLL ist wie immer Gitarrist Samuli, der als einziger Gesicht und Haut der Sonne präsentiert und das Publikum anfeuert. Vom nackten Bauch von Drummer B.Dominator wollen wir an dieser Stelle schweigen...
Die "Sue Stage" ist in diesem Jahr die Austern-Version einer Konzertmuschel und damit - zum Glück bei diesem Wetter - kein stickiges Zelt mehr. Geschickt wurde zwischen die Schatten spendenden Bäume eine Tribühne gezimmert. Dieses Mehr an Platz wird gebraucht, denn DESTRUCTION spielen heute das allererste Mal in Suomi überhaupt. Die Sichtverhältnisse sind zwar dank einiger Sandböen bescheiden und die Thrasher sind ebenfalls ein Opfer der Lautstärke-Beschränkungen - aber Schmier und Mike haben hier im Land der tausend Seen und zweitausend kleinen Bands viele, viele Thrasher aus allen möglichen Generationen geprägt, und die feiern DESTRUCTION zunächst vorsichtig ab. "Wir hätten nie gedacht, dass wir es mal nach Finnland schaffen würden. Und jetzt sind wir hier und es ist wärmer als bei uns zu Hause in Süddeutschland," läßt Schmier seine Euphorie von der Band auf das Publikum überschwappen, und die tragen den Funken weiter. Spontanen Szenenapplaus bekommt Schmier für seine Grüße an "Suomi Finland" - und inzwischen ist das Rund nicht nur voll, sondern geht auch voll mit bei "Metal Discharge" und "The Butcher Strikes Back". Band und Publikum pushen sich nach allen Regeln der Haarschüttelkunst, und der neue Song "Soul Collector" kommt auch prima an. Sollte bis eben jemand am Glauben in den "Fuckin Metal" gezweifelt haben, er wurde eines besseren belehrt. Diese anfangs so steifen Finnen haben dem gerührten Schmier aus der Hand gefressen und sich die anschließende Zugabe hart erklatscht.
Das Bühnenbild von APOCALYPTICA auf der "Radio City Stage" sieht stark nach dem "Heißen Stuhl" aus - der "Cult"-Totenkopf ziert die Stahlmonster, auf denen die Cellisten zu dritt links und einer rechts von ihrem neuen Schlagzeuger Platz nehmen.
Nur noch halb so viel Zuschauer als vorher bei FINNTROLL, aber euphorischer und offensichtlich "angewärmt" - wenn man davon bei über 30 Grad im Schatten überhaupt sprechen kann. Antero Manninen sitzt wieder neben Perttu Kivilakso, Eicca Toppinen und Paavo Lötjönen auf der Bühne - würdevoll wie der Konzertcellist, der er inzwischen wieder an der finnischen Oper ist. Los geht es mit dem Sandra-Nasic-Hit "Path" - allerdings hier und heute ganz ohne Gesang. Auch bei "Master Of Puppets" singt kaum einer mit. Dafür stört das Schlagzeug ganz erheblich - die Drums sind getriggert und der Sound so künstlich, dass der größte Unterschied zu einem Drum-Computer wäre, dass dieser Schlagzeuger ganz einfach unglaublich gut aussieht. Aber dann geht Eicca ans Schlagzeug, Perttu ans Mikrofon und nach der einzigen Ansage in Englisch thrashen die beiden bei "Betrayer" drauf los, dass es eine wahre Freude ist. Mit "Nothing Else Matters" und "Bittersweet" wird das Tempo wieder etwas rausgenommen, nach meinem Geschmack etwas zu sehr, aber bei "Seek & Destroy" rocken plötzlich alle außer Antero wie wild über die Bühne, und das Volk vor der Bühne tobt.
Setlist APOCALYPTICA:
Path!
Master Of Puppets
Betrayer
Nothing Else Matters
Bittersweet (ohne Ville & Lauri...)
Seek & Destroy
Inquisition symphony
Enter Sandman
Hall of the mountain king
Szenenwechsel: PRIMAL FEAR müssen auf der kleinsten Bühne ran - aber von der ist nicht mehr viel zu sehen. Das Zelt um die "Hellsinki Stage" ist voll, und während wir überlegen, ob wir uns Ralf Scheepers, Tom Naumann und Co. in Hochform von außerhalb des Zeltes ansehen und uns dabei weiter die Sonne auf den Bregen scheinen lassen wollen oder doch lieber noch ein Bierchen verhaften, entscheiden wir uns für letzteres. Also für die komische "konservative finnische Alkoholpolitik" (kann man als stehenden Begriff auch in einem Wort aussprechen): Während um uns herum auf dem Festivalgelände reihenweise die Leute umklappen, weil sich Selbstgebrannter in Plastikflaschen und Sonne schlecht vertragen, müssen wir alle Becher vorher abgeben und den Perso vorzeigen, um in die Bier-Zone zu kommen. Und bis zum Weg raus das Bier ausgetrunken haben. Um dann direkt an der Kontroll-Schleuse einem 16-Jährigen mit einer Flasche Cider auszuweichen...
MONSTER MAGNET haben den ausgestiegenen Gitarristen Phil Caivano nicht ersetzt und werden ihn wohl auch in Zukunft nicht ersetzen. Dave Wyndorf spielt wie in alten Zeiten die zweite Klampfe selbst - vorbei die lockeren Zeiten, als er die ausgestöpselte Fender nur zum Posen um den Hals hatte. Gut für Jim Baglino, denn der Bassist hat seit der letzten Tour Selbstvertrauen geschöpft und steht zunehmend in der ersten Reihe, sehr zum allgemeinen Beifall des anwesenden Weibsvolks. This is real Rock - oder, was MONSTER MAGNET vor 1998 darunter verstanden haben. Ein bißchen "Dopes To Infinity", wenig "Powertrip", "Radiation Day" und "Monolithic" vom 2004er-Album - aber einige dahingejammte Scherze von der "Spine Of God" . Es wirkt ein wenig, als ob Dave Wyndorf sich des finnischen Publikums nicht ganz sicher wär - die Altrocker verprellt er schon mit "Monolithic", alle jünger als 25 gehen bei dem ersten lang verjammten Song. Aber dann kämpft der alte Wyndorf noch einmal und holt sich das Publikum mit "Space Lord" zurück. Würdiger Abschluß.
Aber der Abend ist noch lange nicht vorbei: Weiter geht es in zahlreichen Clubs, in allein fünf offiziellen "Tuska-Klubit" darf man noch einmal ein paar Euro Eintritt löhnen, wenn man denn überhaupt noch reinkommt. Wir können uns erst nicht entscheiden und kommen verspätet im ehemaligen Filmtheater "Gloria" an. BARATHRUM sind gerade fertig und die kunstblut- und schweiß-verschmierten Gestalten strömen uns entgegen aus dem pompösen Venue heraus. Die "Deadliner" DEATHBOUND wiegen Gus Lipstick im Publikum (auf der Bühne als HIM-Drummer bekannt) in den Schlaf und treiben uns und sogar den Veranstalter zurück in die Nacht, in der nach knapp 2 1/2 Stunden Dunkelheit gerade wieder die Sonne aufgeht - zu schlecht ist das Gerumpel, dass Gitarre-Bass-Frontgrunzer hier unabhängig voneinander veranstalten.
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