Konzert:
Tuska Open Air 2005 - Sonntag, Helsinki
Konzert vom Der Samstag abend war hart - das ist er auf jedem Festival, aber wenn die Aftershowpartys so elementarer Teil des Festivals sind wie hier und es zudem ein großes Taxi-Problem von 3:55 bis mindestens 5 Uhr gibt, wird er noch einmal härter. In weiser Voraussicht und aus Rücksicht auf die allgegenwärtige Kirche war das Festival heute erst dementsprechend später angesetzt - für uns allerdings immer noch zu früh, und so verpassten wir
CHILDREN OF BODOM - und damit wahrscheinlich den besten Act zumindest dieses Tages.
STAM1NA dagegen sind die Local Heroes auf der "Hellsinki Stage". Schon wieder Finnen mit finnischen Texten - dafür spielen sie schnörkellosen Achtziger Metal sehr gerade heraus, fast schon thrashig. Sehr un-finnisch auch, dass sie keinen Keyboarder dabei haben. Das Zelt ist voll, die Jungs werden gefeiert - und finden das so rührig, dass sie sofort Fotos vom Publikum knipsen.
Ein Beerdigungsmarsch wird angespielt und vier Leutchen kommen mit Sarg auf die Bühne - klar, SENTENCED haben noch etwas mehr als eine Handvoll an Abschiedsshows vor sich. Bis dahin werden keine Gefangenen gemacht, möchte man meinen, mit dem Krachmacher "Where Waters Fall Frozen" wird eingestiegen, und so richtig entschuldigen werden wir es ihnen wohl nicht, dass sie die Band zu Grabe tragen. Heute macht der Fünfer aus Oulu aber eher den Eindruck, als solle die verhasste Hauptstadt noch einmal ordentlich um die Brüder aus dem viel kälteren Norden weinen: Ab Song zwei werden die langsamen Tränendrüsendrücker aus dem Repertoire gekramt. Noch trauriger wird es mit "Despair-Ridden Hearts". Aber gerade dieser Song zeigt, wie sehr SENTENCED trotz allem als Musiker gewachsen sind, Sami Lopakka spielt die Mundharmonika live, ganz herzzerreißend. Den finnischen Fans muss natürlich niemand den Humor der ausschließlich finnischen Ansagen erklären, aber laut meinem freundlichen Übersetzer sagt Ville auch nicht so viel anderes als auf Konzerten Übersee. Zu "Bleed" hielt ein Fan seine mitgebrachte Pappsense in die Höhe. Aber man konnte leider auch sehen, dass es Gründe gibt, warum diese Band jetzt auseinander geht: Mika Tenkula spielt "Noose" an, das Publikum klatscht begeistert mit - auf der Setlist steht aber erst "Cross My Heart". Dasselbe Spiel noch mal bei "No One There". Der Sarg erweist sich zwischendurch als überaus praktisch, denn darin kann man das Bier auf die Bühne tragen und Ville Laihiala hat einen Sitzplatz auf der Bühne, als er bei "Cross My Heart" auf das Gitarren-Zwischenspiel wartet. Der Abgang dagegen ist fast so kompromisslos wie gestern bei DIMMU BORGIR: Die Beerdigungsorgel spielt, Vesa Ranta schmeißt seine Stöcke ins Publikum und es ist vorbei.
Setlist SENTENCED:
Where Waters Fall Frozen
Excuse Me While I Kill Myself
May Today Become The Day
Nepenthe
Ever-Frost
Rain Come Falling Down
Despair-Ridden Hearts
Bleed
No One There
Noose
Vengeance Is Mine
PASKA heißt auf finnisch Scheiße - und so schlimm ist der schon etwas ältliche Metal-Komödiant auch. Aber auch scheiße-lustig. Mit seiner verwaschenen Lederjacke rennt er über die Bühne und "covert" MOTÖRHEADs "Ace Of Spades", nur mit Stimme und Gesten - haha. Mit etwas Verzögerung kann dann aber auch der deutsche Tourist lachen, wenn man sich erklären läßt, was PASKA sonst noch so alles gesagt hat. So hat sich dieses Einmann-Ereignis schon mal wegen "musikalischen Differenzen der Bandmitglieder" aufgelöst. Holzhammer-Humor mit feinen, kleinen Spitzen.
VIIKATE stehen anschließend im Zelt auf der Hellsinki-Stage. VIIKATE sind hier anscheinend Kult - und dafür auch eigensinnig genug. Eine der beiden Gitarren hat einen Sound wie die Geige auf den frühen MY DYING BRIDE, der Sänger mit der Hillybilly-Tolle singt finnisch, und zusammen covern sie Roky Eriksons "Night Of The Vampire" - düster und langsam. Allerdings, wie schon gesagt, auf Finnisch. Bei ENTOMBED hatte das irgendwie mehr Schmiß. Das elegische Titelraten könnte so weiter gehen, der nächste Song klingt verdammt nach SENTECEDs "Nepenthe" - könnte aber auch irgendwas anderes sein...
Des einen Freud - des anderen Leid. Die kleidsamen Fußballshirts nach Art des dreifachen Fußballweltmeisters Deutschland gingen weg wie warme Semmeln, trotzdem war es bei weitem nicht mehr voll als ACCEPT als Headliner und letzte deutsche Band auf die Bretter gingen. Zahlreiche finnische Musiker hatten sich im Vorfeld gewundert, warum die Metal-Urgesteine sich auch nach ihren wieviel-auch-immer Jahren in der Praxis nun tatsächlich vorher im Nosturi warmspielen wollten und diese Nachricht deshalb flux die Runde machte - es wird sich wohl gelohnt haben. Denn ACCEPT waren tight und haben die mehreren Tausend mitgerissen, die wegen ihnen geblieben sind. Die "Klassiker-Lehrstunde" blieb nicht auf das eigene Material beschränkt, dazu haben Udo Dierkschneider und Co. ein Medley aus Klassik-Stücken geliefert, unter anderem Edward Griegs "Hall Of The Mountain King". Und als Zugabe gab es eine 10-Minuten-Version von "Balls To The Walls".
Ein Tipp für Besucher, die sich in Helsinki noch nicht so super auskennen und in einem Aftershow-"Klubi" landen wollen, in dem sie garantiert einige Größen der finnischen Metalwelt treffen: Geht ins Tavastia. Der 700er Club war zwar schon lange ausverkauft, weil hier die offizielle Abschlußparty stattfinden sollte, aber wir kamen hinein, als sich die meisten noch auf dem Weg zurück vom Gelände befanden. KILL THE ROMANCE mussten vor relativ lichten Reihen ran und zogen fett über die Seiten. Originalität ist nicht gerade die Stärke dieser fünf Finnen, aber wer "Only For The Weak" von IN FLAMES in ähnlicher Qualität covert wie die Originale aus Göteborg, hat meinen Respekt.
TRANSPORT LEAGUE teilen dasselbe Schicksal, allerdings auf anderem Terrain und mit umgekehrten Vorzeichen: TRANSPORT LEAGUE kommen selbst aus Göteborg und sind mit Sicherheit die einzige Nu Metal Kapelle, die ich von dort kenne. Nur die Riffs und Bassläufe, die sind leider nur allzu bekannt - STATIC X, MUDVAYNE, DEFTONES, COAL CHAMBER - um nur die offensichtlichsten Einflüsse zu nennen. Immerhin kann Herr Jelencovich wechselweise Schreien, Kreischen, Brüllen und Singen und die finnischen Girls liegen ihm zu Füßen. Souveräner Gig, souveräne Liveband.
Der Rest des Abends ging dann in lustigen Gesprächen, reichlich Alkohol und einer PANTERA-Tribute-Band unter, bei der die Mitglieder unter anderem von TRANSPORT LEAGUE und GODSPLAGUE lustig die Instrumente mit allen möglichen anderen tauschten und munter Klassiker aus der Feder von Dimebag Darrel (RIP) coverten.
Insgesamt sollen 33.000 Leutchen auf dem TUSKA OPEN AIR gewesen sein - angesichts der Größe des Geländes wurden in dieser Zahl wahrscheinlich die zahlreichen Tageskarten-Käufer besonders am Samstag und die Clubgänger mitgezählt. Das TUSKA ist damit aufgrund des Platzes an seine Grenzen gestoßen - aber eine wirklich reibungslose und nette Organisation inklusive Security haben dafür gesorgt, dass wir auf jeden Fall wieder kommen wollen - und hoffen, dass es auch im nächsten Jahr stattfindet!
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Forum-Beiträge zum TUSKA Open Air
Interview Lasst mich dieses Interview mit einer kurzen Frage beginnen: warum ist "Refuse Regress” so verdammt schnell vorbei? Ich will mehr von eurer Mucke hören!
Nico: It’s punkrock! Die meisten Metalalben sind länger als 50 Minuten, aber dieses eben nicht.
Jan: Ich persönlich kann mir keine Platte länger als 30 Minuten anhören, ohne dabei Songs zu skippen.
Marc: Eigentlich hatten wir nicht mehr Songs *lacht*, aber ich bevorzuge auch eine CD mit zehn Killertracks als eine Scheibe mit einer Stunde Scheiße drauf, bei der vielleicht fünf Songs gut sind. Wenn "Refuse Regress" vorbei ist, einfach nochmal play drücken.
Ja, danke. Megatip. Wird die Scheibe denn als Album oder als MCD verkauft?
Nico: Es ist eine Full-Length. Da sind zehn Songs drauf, ich glaube dann kann man nicht mehr von einer MCD sprechen. Die Spieldauer ist etwas kurz, dass stimmt. Aber es ist definitv eine Full-Length.
Wie beschreibt ihr eure Musik? Seht ihr vielleicht sogar Parallelen zu RAZOR CRUSADE und MALKOVICH?
Maarten: Es ist ein Cocktail aus hartem Punk mit Dreh zum Hardcore und viele catchy Melodien: schütteln, trinken und schon hast du OMISSION. Zu RAZOR CRUSADE und MALKOVICH sehe ich kaum musikalische Parallelen, außer dass beide genauso rocken wie wir.
Marc: Parallelen sind schon da, aber weniger musikalisch als eher in der Einstellung. Erstens sind wir alle drei Bands die sich nicht scheuen, neue Wege zu gehen und verschiedene Musikstile zu mischen, als die 134. CARRY ON- oder MADBALL-Kopie zu werden und zweitens sind wir alle coole Typen, mit denen man gut Party machen kann *lacht*.
Wurde eure Namensauswahl mit einem tieferen Sinn vorgenommen, steckt ein tieferer Sinn dahinter?
Jan: Ja, da gab es sicher sowas. Ein Bandname sollte direkt sein, ohne dabei zu kitschig oder abgedroschen zu klingen. Die Bedeutung von OMISSION als etwas, das nicht erledigt wird, obwohl es getan werde müsste, passt gut zu unserem Vorhaben. Außerdem haben QUICKSAND einen wunderschönen Song geschrieben, der auch "Omission" hieß.
Ihr werdet in Kürze mit euren Labelkollegen BLACKLISTED auf Tour gehen, die einen direkteren HC-Stil spielen als ihr. Passt ihr zu der Tour?
Maarten: Yeah, ich denke defnitiv so. Aber es ist wie alles Ansichtssache. Ich persönlich mag Touren, bei denen das Package aus verschieden klingenden Bands besteht, das ist interessanter.
Nico: Ja! Wir freuen uns wirklich auf diese Tour und denken, dass wir eine tolle Zeit mit den BLACKLISTED-Jungs haben werden. Und musikalisch passt das auch perfekt, finde ich! Es wird der Hammer.
Jan: BLACKLISTED ist der wenigen interessanten heutigen HC-Bands.
Marc: Lasst uns in den Bus steigen und Party machen. Ich freue mich sehr auf die Tour, die wird sicher Spass machen. Und wie Maarten schon sagte, kombinierte Shows sind viel interessanter - die ganze Nacht die gleichen Songs zu hören, wird irgendwann langweilig, von daher denke ich, dass diese beiden Bands gut zusammenpassen werden und sich auf der Bühne gut ergänzen.
Werdet ihr einen zweiten Gitarristen auf Tour mitnehmen?
Maarten: Auf der Scheibe bin nur ich und live spiele ich für 2 *lacht*.
Marc: Maarten spielt auf der Scheibe und auf Tour für 2. Ich hab’ schon drüber nachgedacht, ihm auch noch meinen Bass zu geben und während der Show ein Bier an der Bar zu trinken.
Worum dreht es sich in den Texten von "Refuse Regress”? Sind sie wichtig für euch oder ist der Gesang bloss ein weiteres Instrument?
Nico: Es steckt keine große Aussage dahinter, die wir verbreiten wollen. Sie sind eher Ausdruck, wie wir über einige Sachen denken und über Vorfälle, die uns im Leben passiert sind.
Marc: Obwohl es, wie Nico schon sagte, keine große Aussage gibt, sind die Texte doch ein wichtiger Teil derMusik als Ganzes und nicht nur eine Zeile, die man zu einem Ton singt.
Euer erstes Album wurde in einer großen Auflage auf Vinyl gepresst. Gibt es die Chance, dass "Refuse Regress" auch als LP herauskommt?
Nico: Ja, die Chance ist da und ich glaube, es wird daran bereits gearbeitet!
Ist das Debüt ausverkauft?
Nico: Nein, wir haben immer noch eine große Menge da und verkaufen sie auf Shows und online.
Was haltet ihr von Split-EPs? Würdet ihr bei einer mitmachen?
Jan: Ich liebe Splits, vor allem für die Tatsache, dass ich bei 7" immer nur die gute Seite einer Band anhöre, warum also nicht beiden Seiten gut machen und zwei interessante Bands nehmen? Das Format gibt den Leuten Gelegenheit, neuen Kram für wenig Geld zu testen.
Maarten: Wir arbeiten momentan an etwas. Wenn wir mehr Neuigkeiten haben, lassen wir es euch so schnell wie möglich wissen!
Marc: Wir arbeiten momentan an etwas, yeah, aber wenn so etwas in der Zukunft wieder passiert, würde ich gerne eine Split mit unseren Freunden von MALKOVICH oder O’HARA machen.
Was sind euren weiteren Pläne für dieses Jahr außer der Tour mit BLACKLISTED?
Jan: Neue Songs schreiben und aufnehmen. Beim spielen Spass haben und soviele Shows wie möglich machen.
Marc: Rock on und generell Spass haben bei dem, was wir am liebsten tun: Musik machen und spielen.
Welche Musik beeinflusst euch, wenn ihr neue Songs schreibt?
Maarten: Manchmal, wenn ich eine "neue" Band entdecke, höre ich sie drei oder vier Wochen am Stück, ihr Album liebend. Das sind dann auch die Bands, die mich beim Songschreiben beeinflussen, da ich die verdammte Musik einfach nicht aus meinem Kopf bekomme, echt scheiße! Aber meistens spiele und spiele ich einfach, nehme auf, was mir gefällt und nutze es.
Ist es wichtig für euch, als HC-Band bezeichnet zu werden?
Jan: Musikalisch und vom Image sind wir keinesfalls die typische HC-Band, wir fühlen uns wohler, wenn wir etwas neutraler sind. Aber unsere Herzen gehören dem Punk, Hardcore und deren rebellischer Natur.
Marc: Es hat uns immer geholfen, da wir auch alle unseren Background im Punk/ HC haben und der Szene haben und dadurch viele Leute kennen und eine Menge Shows gespielt haben, aber ich persönlich möchte als Band anerkannt werden, die ein paar gute Töne hat und nicht einfach nur als HC-Band. Es gibt mehr im Leben als nur Hardcore.
Leute, hat Spass gemacht! Noch ein paar letzte Worte, bitte.
Nico: listentowesleywillis!!
Maarten: Thanks for the interview! And to the readers, thanks for showing interest!
Marc: I think I´ll be going back to work right now, but thanx and we hope to see you on the road people.
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