Im November vergangenen Jahres zog die Eastpak Antidote Tour mit FLOGGING MOLLY, MILLENCOLIN, RANDY und THE UNSEEN durch unsere Lande, und natürlich ließ man es sich nicht nehmen, eine Compilation zu dem Ereignis zusammenzustellen. Neben den eben genannten sind noch 20 weitere Bands vertreten, und man hat sich dabei offenbar bemüht, neben den USA auch einen Großteil Europas abzudecken, denn die Tracks stammen u.a. von Bands aus Dänemark, Frankreich, Italien, Spanien, England, Österreich und der Schweiz. Bei insgesamt 24 Songs lässt es sich kaum vermeiden, dass sich auch eine ganze Reihe mittelmäßiger bis langweiliger Songs auf der CD befinden, so sind z. B. mal wieder einige berühmt-berüchtigte Ober-Schlaftabletten am Start, wie NO USE FOR A NAME, MXPX und VANILLA SKY. Dafür gibt´s dann aber auch jede Menge hochkarätige Akteure zu hören, wie STRIKE ANYWHERE, die REAL MCKENZIES, die kanadische Reggae-Band BEDOUIN SOUNDCLASH und die grandiosen New Yorker Zigeuner-Punks GOGOL BORDELLO mit einem Track von ihrem letzten Album, einem der musikalischen Höhepunkte des Jahres 2005. Weitere Highlights sind die bislang unveröffentlichte Live-Version von FLOGGING MOLLYs "Rebels Of The Sacred Heart", der Hammer-Song "You Can Never Go Home" von THE UNSEEN sowie meine persönliche Compilation-Überraschung EPHEN RIAN aus Österreich, die einem mit ihrem melodischen Metalcore ordentlich durchs Gehör blasen. Insgesamt bekommt man hier also viel gutes Material mit großer musikalischer Bandbreite geboten, und da der Ladenpreis noch dazu unter 10,- Euro liegt, kann man bedenkenlos zugreifen.
Das Weihnachtsgeschäft ist rum, dafür kommt die neue SEVENDUST CD "Best Of" (Chapter One 1997-2004) zwar nur knapp aber eindeutig zu spät, trotzdem wird jetzt noch eine Retrospektive auf den Markt geworfen. Was könnte da wohl dahinter stecken, wenn nur ein paar Monate nach dem insgesamt recht positiv aufgenommenen fünften Studioalbum "Next" (mir hat der/die Vorgänger übrigends trotzdem besser gefallen) die Amis eine Compilation mit den Hits der ersten vier Alben veröffentlichen - natürlich ein Labelwechsel. Die ist immer eine gute Gelegenheit, die ollen Tracks den neueren Fans noch mal in komprimierter Form "großzügig" zur Verfügung zu stellen. Für Anhänger von anspruchsvollerem Nu Metal sowie Modern Rock, die nicht nur auf Aggressivität und Gebrülle abfahren kann man die bisherigen Studiowerke der Band sicher uneingeschränkt empfehlen aber, ob man selbst als Neuling diese natürlich "Complete Collection" unbedingt braucht, laß´ ich mal lieber dahingestellt. Da nützen auch die marktschreierischen Ankündigungen des Ex-Arbeitgebers nicht so viel, der neben einem ziemlich bescheidenen Coverartwork und den 12 regulären Tracks natürlich auch noch vier "exclusiv & previously unrealeased Songs" besonders dolle anpreist. Zwei dieser Titel waren jedoch schon mal als Bonus-Tracks auf europäischen Veröffentlichungen vorhanden ("Coward" ist außerdem ziemlicher Ausschuß) und gerade die beiden Coversongs "Inner City Blues" (Marvin Gaye - geht gerade noch so) sowie der ALICE COOPER Kult-Klassiker "School´s Out" (ist aber so was von mies) hätte man sich in dieser Form ebenfalls lieber geschenkt. Die ersten zwölf Titel sind gleichmäßig bzw. chronologisch verteilt nach den vier bislang erschienenen Studioalben aufgeteilt. Wobei auch die Zusammenstellung schon etwas melodischer hätte ausfallen können, da wurden, wohl auch in Anlehnung an das härtere aktuelle Studioalbum, doch sehr viele Tracks mit heftigeren Aggro und Schreiattacken ausgesucht. Anstelle der langweiligen Bonussongs hätte man lieber ein paar andere Titel nehmen sollen z.B. vom starken "Seasons" Album so haben es davon nur "Enemy" & "Face To Face" drauf geschafft, vom 97’er Debüt sind "Black", "Bitch" & "Too Close To Hate" dabei, vom Nachfolger "Home" (1999) wurden "Denial", "Waffle", "Assdrop" und "Bender (feat. DEFTONES-Sänger Chino Moreno) ausgewählt, dann kommen mit dem wunderbaren "Angel´s Son", "Praise" (inkl. Video ), dem kongenialen "Follow (feat. STAIND Stimme Aaron Lewis) von "Animosity" (2001) die eigentlichen Highlights. Wer SEVENDUST wirklich noch nicht kennt oder eventuell erst mit dem letzten Studioalbum für sich entdeckt hat, kann hier schön in ältere Phasen hineinhören. Alle anderen können sich die Kohle für diese etwas lieblose CD wohl eher sparen.
Kanada entwickelt sich immer mehr zum Mekka für Death-Metal-Freaks. Und ja, eine gewisse Verwandtschaft zu Genregrößen aus dem großen Land nebenan sind sicherlich nicht zu verleugnen. Aber im Gegenteil zu vielen Knüppelmaten aus der Ami-Ecke haben diese Canucks eben nicht dem Hang zum überdimensionierten Gefrickel, zum Eigenlob-verseuchten Rumsoliere oder zu völlig vertrackten, break-überladenen Songs. Bei aller Härte der NEURAXIS-Struktur, bei allem Gegrowle von Meister Brisebois und seiner Helfershelfer (unter anderem Netherton von Misery Index), bei allem Tempo, bei aller Abwechslung - die Songs sind immer noch nachvollziehbar, bleiben sogar mal hängen und stehen damit über vielen Alben aus den USA oder Polen. Dabei verzichten die Kanadier trotz einiger echt schöner Melodien auf die Verweichlichung ihrer Musik und verquicken so Grenzgebiete, die es zu entdecken lohnt. Was die Kapelle dadurch unterstützt, dass sie immer wieder gern die Grindcore-Ecke zitiert und so für noch mehr Brachialität sorgt und auch Slayer-Thrash-Soli nicht verschmäht. Ein klitze-kleinen Nachteil entdeckt der ein oder andere vielleicht bei den Blast Beats oder überhaupt beim Sound des Schlagzeugs der bisweilen und lange nicht immer (und schon gar nicht so wild wie bei vielen vergleichbaren Bands) ein wenig zu klinisch klingt. Aber eigentlich spielt das gar keine Rolle, denn wenn jedes Death-Metal-Album so nach vorne ginge, dann wäre das die wahre Pracht. In diesem Sinne: Go Canada Go!
Auch zur letztjähren Ausgabe der "Where The Bad Boys Rock Tour" bringen die Dortmunder vom People Like You-Label wieder eine DVD an den Start. Zu sehen gibt es einen Live-Mitschnitt vom Konzert in Wien mit MAD SIN, den U.S. BOMBS, DEADLINE, den GENERATORS, DISTRICT und THE DEEP EYNDE. Besonders wegen des MAD SIN-Auftritts ist die DVD schon sehenswert: Die Berliner Psychobilly-Urgesteine rocken wie Hölle, Sänger Köfte rennt mit einer Agilität über die Bühne, die man ihm bei seinem Körperumfang nie zugetraut hätte, und wenn zwischen den Songs das Licht gedimmt wird, kann man über Valles beleuchteten Kontrabass staunen. Dazu ist noch der Sound extrem gut, so dass es hier fast nichts zu bemängeln gibt. Fast - denn 28 Minuten mit dieser Hammerband sind einfach viel zu kurz! Dagegen kommen dann die U.S. BOMBS-Fans mit 45 Minuten voll auf ihre Kosten. Der Sound ist hier zwar weniger differenziert, und vor allem die Gitarren matschen und sind im Vergleich zum Bass auch ganz einfach zu leise, aber auf musikalischen Genuss kommt es bei Duane Peters und seinen Mannen eben auch wirklich nicht an. Viel genialer ist es, dem großartigsten Rock ´n Roll-Asi der Welt bei seinen Kapriolen zuzusehen. Warum DEADLINE auf dieser DVD ganze 30 Minuten zugestanden wurden, ist mir allerdings nicht so ganz klar, denn die Engländer um Sängerin Liz wirken recht blass und die Musik wenig ausgereift. Genauso unverständlich ist mir, warum den großartigen GENERATORS dagegen nur knappe 13 Minuten eingeräumt wurden und man dazu "Murder" als einen der vier Songs ausgewählt hat - nicht weil das ein schlechter Song ist, sondern weil eine Gitarre über weite Strecken ausgefallen ist. Aber die Jungs aus L.A. scheinen auch insgesamt keinen guten Tag gehabt zu haben, denn sie wirken etwas müde und lassen die grenzenlose Energie missen, die sie z. B. auf dem Hamburg-Konzert im Logo hatten, wo sie dadurch zur besten Bands des Abends wurden (zugegeben: MAD SIN haben an diesem Abend nicht gespielt). DISTRICT und THE DEEP EYNDE sind dann noch ganz nett anzuschauen, haben aber nicht wirklich viel zu bieten. Insgesamt überzeugen sämtliche Mitschnitte aber durch ordentliche Sound- und Bildqualität, wenig Schnickschnack und viel Musik. Zusätzlich gibt´s dann auf der DVD auch noch Interviews, Handcam Specials, Videoclips und eine Fotogallerie zu sehen, wozu ich aber hier nichts sagen kann, da die Features auf der Promo-Version nicht enthalten sind. Wer aber auf MAD SIN und/oder die U.S. BOMBS steht, kann bedenkenlos zugreifen, da er in jedem Fall eine tolle Show geboten bekommt, die einen eine Hitze spüren lässt, als stünde man selbst grade im Publikum.