CHEAP TRICK - da war doch mal was? Genau, "I Want You To Want Me". Die Band um Gitarrist Rick Nielsen und Bassist Tom Petersson war Ende der Siebziger eine echt große Nummer und hielt diesen Status auch einige Jahre. Dann tauchte man bis auf wiederkehrende Best Of-Scheiben weitestgehend unter, um jetzt, zehn Jahre nach dem letzten Studioalbum mit "Rockford" ein neues Lebenszeichen von sich zu geben. Die Herren aus Rockford, Illinois bleiben sich dabei absolut treu - ihre Mischung aus Power-Pop und eingängigen Rock klingt zugleich Retro und zeitlos, dürften den Fans der Combo gefallen und weicht nicht ab vom CHEP TRICK Sound der letzten 30 Jahre. Und das ist auch gut so. Denn das man den Amis mit der Reduzierung auf die Livescheibe "At Budokan" und Songs wie "I Want You To Want Me" "Surrender" und "The Flame" unrecht tut ist unter Kennern unumstritten - ändert an dieser Tatsache aber leider nichts. So bleibt die bandeigenen Ankündigung "Rockford" wäre das Beste CHEAP TRICK Album aller Zeiten in der heutigen Zeit eher ungeprüft. Dennoch, "Rockford" zeigt wohl die Besten CHEAP TRICK seit dem 79er-Album Dream Police. Der knapp über 2 Minuten kurze gute Laune Opener "Welcome To The World" beamt einen unversehen 25 Jahre zurück. Die melodische und leicht rockende Single "Perfect Stranger" (Co-Writer ex-4 Non Blondes Linda Perry) sollte schon auf Grund der positiven Vibes zumindest in den Staaten und einschlägigen Sendern Airplay bekommen. "If It Takes A Lifetime" (und auch "This Time You Got It") lässt Reminiszenzen an ELO durchschimmern und das nachfolgende, lautere "Come On Come On Come On” könnte direkt einer der qualitativ guten Rockscheiben der Band aus den Siebzigern entnommen sein. "O Claire" kommt dann beschwingt ruhig daher - George Harrison und die Beatles grüßen. Und auch in der zweiten Hälfte des Albums rockt’s mal ("Give It Away", "Decaf"), kreuzt man Pop und Funk ("One More"), wird fast hitverdächtig balladesk ("All Those Years") oder schwelgt in den eigenen musikalischen Wurzeln ("Every Night And Every Day", "Dream The Night Away"). CHEAP TRICK sind mit über 15 Alben (davon sechs mit Platin) ein Teil der Geschichte der Rockmusik und obwohl die Zeit an Ihrem Sound gnadenlos vorbeigegangen ist, klingen die Songs immer noch leicht, verschönt Robin Zanders unaufgeregtes Organ einem immer noch den Tag und macht das Album ganz einfach auf seine ureigenen Art Spaß. Die Zielgruppe weis damit schon bescheid.
THÖRBJORN ENGLUND, seines Zeichens Gitarrist der schwedischen Metalheads von WINTERLONG gönnt sich mit dem Album "Influences" einen instrumentalen Soloausflug, den er bis auf die Drums (Leif Erikson) auch noch komplett selbst eintütete - soviel zum Thema Selbstbewusstsein des Mr. Englund. Das der Herr dabei musikalisch nichts anbrennen lässt, versteht sich von selbst - bereits auf den guten Winterlongalben wusste die Gitarreseite zu gefallen. Schon der sehr melodische Satriani-lastige Opener mit dem coolen Titel "Jesus Stole My Harley" kann demzufolge nicht nur instrumental sondern auch vom Songwriting her überzeugen. Im weiteren Verlauf wird desöfteren dann auch gekonnt Malmsteen ("Heart Of Fire", "Demonica") zitiert oder gar eine spanisch angelegte akustische Nummer ("A Flame Of Flamenco") geboten um die Fertigkeiten zu präsentieren. Mit dem kurzen "W.A.M. Goes Electric" huldigt THÖRBJORN ENGLUND Wolfgang Amadeus Mozarts 40 Symphony auf E-Gitarre. Das nachfolgende dramatische und ebenfalls gitarrenorientierte "The Abyss" könnte genauso wie die reine Piano und Orchester Nummer "Beautiful Beyond" so auch vom Savatage Side-Project Trans-Sibirian-Orchestra stammen. Das THÖRBJORN ENGLUND auf "Influences" nichts Neues auffährt überrascht dabei nicht, ist aber auch nicht weiter schlimm, da er bei den Songs doch großen Wert auf Abwechslung gelegt hat. Schönes Album zum Nebenbeihören - ohne Ausfälle, aber auch ohne den großen Ausreißer nach oben.
U-Boot-Sonar-Klänge ("Nothing But Hatred") und andere elektronische Spielereien sorgen für jene Abwechslung, die vor allem in Sachen Vocals gut tun würden. Aber das muss wohl so sein, wenn es sich um Metalcore handelt - jedenfalls klingen viele Sänger der Hüpf- und Aggro-Kapellen nicht selten sehr uniform. Die Duisburger musizieren schon länger, was zum einen der Fertigkeit auf den Instrumenten durchaus anzumerken scheint, zum anderen standen Urgesteine wie Pantera, Fear Factory und Co. Pate bei der Stilfindung. Ruppiges Stakkato-Riffung, Nähmaschine-Präzises Drumming mit Wumms im tiefen Bereich usw. - alles nicht schlimm, wie überhaupt die Scheibe mit hoher Wut-Potenz protzt. Allerdings schlägt das fünfte Stück ein wenig in andere richtungen - weil das nämlich eine klare Gaststimme zum Klingen kommt, die einem das Bier schal werden lässt. Bis auf diesen Ausrutscher haben DOWNSTROKE eine solide Hardcore/Metalcore-Scheibe am Start - sie scheinen ihren Ärger also durchaus gekonnt zu managen.
Beim Schreiben dieser Zeilen hatte ich immer sowas wie einen Freudschen Vertipper. Statt MyGrain schrieb ich jedesmal MyGrind. Dabei sind die Finnen gar nicht so schlecht, als das ich mir ihre Labelmates ROTTEN SOUND herbeigewünscht hätte. MYGRAIN sind zwar nicht die nächste große Nummer, haben aber eine solide Melodic Death-Scheibe eingespielt, die flott und abwechslungsreich aus den Boxen kommt. Das Keyboard hat einige sehr gelungene Einsätze und nervt den Rest der Zeit kein bißchen, Sänger Tommy hat eine angenehme, volle Stimme, die er variabel einzusetzen weiß ("Humanimal") und das flotte Grundtempo der Songs dürfte MYGRAIN live zu einer echten Macht werden lassen. Im Package mit IN FLAMES und SOILWORK wären die Finnen gut aufgehoben. Die Zielgruppe sollte bis dato aber nicht warten, sondern dem durchaus gelungenem Debüt eine Chance geben.
Stoner Rock bringe ich gemeinhin mit Arizona und Nevada in Verbindung. Staubige, endlose Highways, fette Autos und vor allem Sonne, Sonne, Sonne! Skandinavier scheinen das ähnlich zu sehen, irgendeinen Grund muss es ja für die Rockbands geben. LOWRIDER oder ASTROQUEEN haben vorgemacht, dass Stoner Rock auch in der schwedischen Variante cool klingt, MUSHROOM RIVER BAND oder EL CACO sind ihnen dicht gefolgt. Auch wenn nicht alles schwedisch ist, was rockt (denkt nur an das letzte MANNHAI-Album), so läßt sich doch ein neuer Trend bei unseren nördlichen Nachbarn feststellen. GENEROUS MARIA veröffentlichen ihre neue Scheibe "Electricism" (mit einem an alte MONSTER MAGNET erinnerndes Cover) also ziemlich passend. Die Schweden haben den elf Songs einen erdig-warmen Sound verpasst, der besonders beim Bass oft an MUSHROOM RIVER BAND erinnert ("She’s Got Plans For Me") und einfach wie Arsch auf Eimer passt. GENEROUS MARIAbemühen sich um Abwechslung und decken die ganze Spannbreite einer Stoner-Platte ab, einzig die ausufernden Instrumentalrocker fehlen mir, was aber durch entspannte Nummern Marke "It’s Called Love" ausgeglichen wird. Überhaupt sind die Jungs arschlässig und verfallen nie in Hektik, was "Electricism" eine sehr relaxte Stimmung gibt. Einzig das Fehlen richtiger Ohrwürmer verhindert einen Tip. Die Songs sind zwar alle auf dem gleichen hohen Niveau, aber so ein echter Kracher Marke "Green Machine" wäre das i-Tüpfelchen auf einer sehr coolen Scheibe geworden. Trotzdem sollten Wüstensöhne die Scheibe mal beim lässigen cruisen testen.
Eine königliche Ausstellung? Neu? Pah! Die Augsburger spielen aber auch nicht mit Puppen, sondern versuchen sich an der Schnittmenge aus Hardcore, (Melo-Death)-Metal, Rock und Punk. In Phasen klingt der Metalcore eher punkig (Teile von "Sceptical Protagonist" mit "Sprechgesang"), meist aber schon sehr nach dem heute so beliebten MC-Standard. Dabei haben die Songs meistens jede Menge Drive, mit "The Hatchaway" versuchen sich die Herrschaften aber auch an einer eher ruhigeren Variante, die sogar in Richtung Brit-Pop schielt und am Ende an PIL und Co. erinnert. Das Schlimmste daran: Das findet sogar Gefallen, weil diese typisch grölig-kreischige Schreistimme der Band ansonsten sehr gleichförmig klingt und auf die Dauer ein wenig nervt. Die Süddeutschen schrecken also vor Abwechslung durchaus nicht zurück, haben eine royal produzierte Scheibe in absolut professioneller Aufmachung auf den Markt geworfen und protestieren so ganz nebenbei auch noch gegen rechten Extremismus. Und sind dadurch besser als die missionarischen Straight-Edger und musikalisch keineswegs schlechter als die ganze Posse aus den Staaten oder von Alveran - oder so.
Mit dem dritten Teil der schönen "From Punk To Ska"-Reihe hat Wolverine die Bandbreite noch mal erheblich erweitert. Dieses Mal kommen nämlich nicht nur Bands aus dem deutschsprachigen Raum zum Zuge, sondern es gibt Musik von rund um den Globus zu hören. Durch die sagenhafte Anzahl von 54 Tracks dürfte darüber hinaus gewährleistet sein, dass hier jeder, der etwas mit Ska-Punk anfangen kann, fündig wird. Mit dabei sind altbekannte Haudegen aus Deutschland, wie die BUSTERS (mit einem ungewohnt rockigen Song), BENUTS oder die SKATOONS. Daneben überraschen aber auch die russischen DISTEMPER mit ober-rotzigem Ska-Punk, die Belgier SMOOTH LEE mit einer tollen Uptempo-Ska-Nummer, UPSTANDING YOUTH aus den USA mit einem leicht poppigen Old School-Ska-Stück und vor allem die Argentinier LOS CALZONES, deren energiegeladenes "Todos De Prometen" geniale Mitgröl-Passagen bietet - so man denn der spanischen Sprache mächtig ist. Auffällig ist auch, dass besonders sämtliche japanische Beiträge von höchster Qualität sind, und das "Paint It Black"-Cover von NICOTINE ist außerdem noch extrem witzig. Bei dieser Menge an Material lassen sich mittelmäßige Songs natürlich nicht vermeiden, aber wirklich schlecht ist auf dieser Doppel-CD nichts, und da sie dazu noch zum Preis einer normalen CD verkauft wird, kann man bedenkenlos zugreifen.