Konzert:
Summer Breeze 2006 - Freitag
Konzert vom Nachdem mein Chef mich doch noch gehen ließ, flitzte ich zurück zum Ort des Geschehens. Gerade rechtzeitig um mitten im Set der frivolen Mönchsvereinigung
Potentia Animi aufzuschlagen. Die Band fiel zwar total aus dem Rahmen, machte aber mächtig viel Stimmung und brachte die Metal-Meute tatsächlich dazu, kollektive Hallelujahs auszustoßen. Zudem mussten sie nach Ende der Show sogar noch eine Zugabe spielen, was zu dieser noch recht frühen Stunde bisher noch nicht vorgekommen war. Ein Riesenerfolg für die etwas anderen Kuttenträger…
Die immer größer werdende Fangefolgschaft erwartete derweil bereits sehnsüchtig ihre Helden
Scar Symmetry, die mit "The Illusionist" einen richtigen Hit im Gepäck haben. Leider hatten die Jungs, wie die meisten ihrer Kollegen mit dem eher miesen Sound der Painstage zu kämpfen, ließen sich dadurch aber nicht aus der Ruhe bringen und gaben alles. Das Set konzentrierte sich bis auf ein paar wenige Ausnahmen auf das Material der aktuellen Scheibe "Pitch Black Progress" und Sänger Christian Älvestam bewies auch live sowohl in den harten als auch bei den cleanen Vocals die nötige Souveränität. Gegen Schluss passte dann aber irgendwas nicht mit dem Tuning der Instrumente, der Bass lag ne kleine Spur daneben - und das ausgerechnet bei "The Illusionist", was mir den Genuss ein wenig trübte. Ansonsten ging das Ganze voll in Ordnung.
Auf der Mainstage bemühten sich nun GRAVE DIGG…, ääh
Rebellion mit old-schooligem Power/Heavy Metal die Traditionalisten auf ihre Seite zu ziehen. Nur schienen die meisten von eben diesen wohl noch ihren Rausch auszuschlafen, was jedoch von vielen anderen Fans die wohl bisher noch nicht soviel mit der Band zu schaffen hatte mehr als ausgeglichen wurde. Hier kann man wirklich noch davon sprechen, dass sich REBELIION an diesem Tag ihr Publikum redlich erspielt haben, was definitiv an der Qualität der Darbietung gelegen hat. Die Songs waren töfte und die Show der Band um die ehemaligen Grave Diggers Tomi Göttlich und Uwe Lulis glänzte durch Spielfreude. Schön anzuschauen war auch die Gitarristin Simone Wenzel, die rockte wie die Hölle. Die meiste Stimmung erzielten sie letztendlich noch durch das unvermeidliche GRAVE DIGGER-Cover "Tunes Of War". Nicht schlecht, Herr Specht…
One Man Army & The Undead Quartet fielen der Nahrungssuche und -aufnahme zum Opfer, denn: ohne Mampf kein Kampf. Die Reaktionen von Seiten der Fans waren jedoch mehr als wohlwollend…
Danach war New Metal italienischer Herkunft angesagt.
Exilia rockten die Mainstage durchaus amtlich das Breeze und animierten die Fans zum Hüpfen, Springen und Ringelpiez mit Anfassen. Die Stimmung war spitze und das Publikum gewohnt tolerant den verschiedenen Spielarten harter Mucke gegenüber. Sehr zur Freude der Jungs um Frontbrüllwürfel Masha, die ordentlich Action machten.
Dass EXILIA dabei auch noch eine unterstützenswerte politische Einstellung vertreten, die auch beim neuen Album "Nobody Excluded" durchsickert, ist dabei mehr als nur ein positiver Nebeneffekt. In der hauptsächlichen Kritik steht dabei ein gewisser Cowboy, der mit seiner Gang in den USA eine Scheiße nach der anderen baut. EXILIA haben jedenfalls das Zeug ganz groß zu werden…
Turisas machten daraufhin alles wieder wett, was ich am Tag zuvor bei FINNTROLL vermisst hatte. Neben schmissigen Humppa-Tunes mit denen sie ihren Black Metal-Sound aufwerteten, hatten sie auch dieses wilde und trollische, das ich bei FINNTROLL bis dahin immer so geil fand. TURISAS treiben das ganze noch eine wenig mehr auf die Spitze und machen blutverschmiert und Fellbekleidet alles weg, was sich ihnen in den Weg stellt. Die traditionellen Sounds kommen bei dem durchgeknallten Haufen auch nicht nur aus dem Keyboard, sondern werden mit einer richtigen Quetschkommode und einer meisterhaft geschwungenen Fidel zelebriert. Den Wilden zuzuschauen und zuzuhören machte richtig Laune und Lust auf mehr…
Anschließend meldeten sich die alten Recken von
Amorphis eindrucksvoll zurück. Wer die Band schon abgeschrieben hatte musste nach dieser Show seine Meinung gehörig revidieren. Durch den neuen Sänger Tomi Joutsen fanden AMORPHIS wohl wieder zu alter Form zurück und leugneten nicht mehr länger ihre Death Metal-Wurzeln. Das Set war sehr abwechslungsreich gestaltet und bot neben neuen Songs wie "House Of Sleep" jede Menge Material aus alten Tagen wie "Against Widows" oder "Into Hiding" vom "Tales From The Thousand Lakes"-Album. Die legendären Finnen verabschiedeten sich mit einem meiner Lieblingssongs "Black Winter Day" und hinterliessen ein zufriedenes Publikum.
Danach hauten
Heaven Shall Burn mächtig auf den Putz und zeigten eindrucksvoll, wie deutscher Metalcore auf internationalem Niveau zu klingen hat. Der Aufforderung des Sängers, Circle Pits zu bilden, kam die Menge vor der Painstage gerne nach. Die Band wurde gnadenlos abgefeiert und es fand ein regelrechter Austausch von Energie statt. Das Publikum und die Musiker feuerten sich gegenseitig an, dass es eine wahre Pracht war. Egal ob man nun Metalhead oder Hardcoreanhänger war, es wurde heftigst Party gefeiert. Einen neuen Song vom in Bälde erscheinenden neuen Album "Deaf To Our Prayers" gabs auch noch, der ebenso frenetisch begangen wurde. Hammer!
Eine geile Sache
Morbid Angel in der klassischen Besetzung mit Frontmann David Vincent erleben zu dürfen. Nostalgiker dürfte es beinahe Tränen in die Augen getrieben zu haben, Songs wie "Rapture", "Maze Of Torment", "Where The Slime Live" oder "God Of Emptiness" von diesem Line-Up zu hören und zu sehen. Von Altersschwäche ist hier nichts zu merken und Gitarrist Trey Azagthoth, der wie immer göttlich solierte kam mit seinen weißen Turnschuhen extrem 80er-mäßig rüber. Allein dafür mal noch nen Pluspunkt *g*.
Pete Sandoval knüppelt immer noch alles nieder und Mr. Vincent gab sich betont lässig. Wer also zu den guten alten Zeiten nicht die Gelegenheit bekam, sie zu sehen, kann von nun an in Erinnerungen schwelgen.
Liv Kristine, die in diesem Jahr mit ihrem poporientierten Soloprojekt das Summer Breeze mit ihrer Anwesenheit beehrte, leitete den Gothic-Teil des Abends ein. Von den Musikern, die sonst immer mit ihr die Bühne teilten, war dieses Mal lediglich Gitarrist Tosso mit am Start, dennoch fügte sich das internationale Häufchen sehr homogen zusammen. Als kleines Schmankerl wurde die Band noch um ein vierköpfiges Streicherensemble erweitert, welche dann doch mehr hermachten, als Konservenstreicher aus dem Keyboard. Liv stellte die Songs ihrer aktuellen Scheibe "Enter My Religion" dem breiten Metal-Volk vor, die überraschenderweise sehr positiv auf die ruhigen Tracks reagierten. Wahrscheinlich war es genau das richtige nach so viel harter Kost auch mal einen Gegenpol zu haben. Die Single "Fake A Smile" wurde ebenso begeistert aufgenommen wie auch ältere Songs vom Kaliber "Deus Ex Machina", oder das Bruce Springsteen-Cover "Streets Of Philadelphia".
Aus Konditionstechnischen Gründen waren
Lacrimosa an diesem Abend die letzte Band, deren Show ich erleben durfte. Und obwohl die Band um Tilo Wolff vorab ähnlich stark polarisiert hat wie ASP am Tag zuvor, waren die Reaktionen ungleich positiver. In klassischer Rockbandbesetzung spielten sich die Schwarzkittel durch die Hits ihrer langjährigen Bandgeschichte. Vor allem die Songs des metalorientierten Albums "Inferno" fanden Anklang bei den Fans. Aber auch Burner wie "Ich Bin Der Brennende Komet" kamen supergut an. Die opulente Lightshow glich die eher bewegungsarme Performance des charismatischen Frontmanns, der mehr auf bedeutsame Gestik setzte, wieder aus. Eine gelungene Vorstellung, welche die Headlinerposition durchaus rechtfertigte. Der Zugabenteil setzte mit "Copycat" dem düsteren Treiben für so manchen viel zu früh ein Ende.
Wer danach noch fit war, konnte sich noch bei den
Deathstars den finalen Kick holen. Für mich war es Zeit die weiße Fahne zu schwenken.
(chris)
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