Wer sich als britische Band einen knarzigen deutschen Umlaut in den Bandnamen packt, will mit MOTÖRHEAD verglichen werden. BÖWLRIDER sind zwar kein einfallsloser Rip-Off des Lemmy-Lebenswerkes, haben aber einen ähnlich knarzigen Sound wie die britischen Urväter. Im Sound finden sich außerdem Spuren von skandinavischem Rotzrock Marke alte HELLACOPTERS und schwerem, erdigen Rock wie aus dem Hause SPIRITUAL BEGGARS und alte MONSTER MAGNET (wobei eher noch deren Nebenprojekt SOLARIZED). Also schön cool auf dicke Hosen machen, die Songs lässig runterzocken und dem Hörer eine Stunde lang Rotzrock auf die Nase geben, das ist der BÖWLRIDER-Plan. Über weiter Strecken geht der auch auf und macht der 12-Tracker Laune, gerade als Anstoß für einen lauten dreckigen Abend, der in verrauchten Maggel-Kneipen und langen Kicker-Sessions enden wird. Da ist es auch egal, dass nicht jeder Song ein Kracher ist, über die ganze Länge macht „Big Röck Möuntains Highs“ dafür einfach zu viel Spaß. Einfach mal Hirn ausschalten und die Scheibe genießen.
Vinny Stigma gehört zu den Old Boys des New Yorker Hardcores, mit AGNOSTIC FRONT und MADBALL hat er den Stil entscheidend geprägt. „New York Blood“ ist sein erstes Solowerk, für das er sich prominente Unterstützung von u.a. MONSTER MAGNET und AGNOSTIC FRONT-Mitgliedern geholt hat, und auch in Sachen Produktion hatten mit Jamey Jasta (HATEBREED) und Zeus (HATEBREED, SHADOW’S FALL) prominente Leute ihre Finger im Spiel. Das hat der Scheibe gut getan, die dreizehn Tracks kommen druckvoll aus den Boxen und haben spielerisch einiges zu bieten. Natürlich kann sich Mr. Stigma nicht von seiner Vergangenheit befreien, das Solowerk hat nicht überraschend einen starken New York Hardcore-Einschlag, vielleicht etwas punkiger und weniger metallisch als bei den letzten AGNOSTIC FRONT-Werken. Dazu kommt ein starker SOCIAL DISTORTION-Einschlag, der für rockig-eingängige Töne sorgt und vielen Songs den letzten Kick gibt. Herausgekommen sind zwölf gute eingängige Nummern, die sich mit Freunden, Bier und Lust auf Gegröhle vorzüglich hören lassen. Und mitgröhlen. Und jeden umarmen, bierselig. „New York Blood“ ist eine Party-Platte für die harten Jungs, mehr nicht, aber auch nicht weniger. Harter Schale und weicher Kern, so wie das nunmal ist. Als Bonustrack findet sich eine coole „Young Til I Die“-Version, mit der Mr. Stigma sicher auch eine Aussage über sein eigenes Leben setzen will. Schöne Scheibe, die er hier vorlegt.
Ich habe echt keinen Plan, wo das Label Metal Mind Productions diese ganzen Bands aus seinem Heimatland Polen herholt. Nahezu im Wochentakt erreichen uns plötzlich Scheiben von Truppen, die hierzulande bislang noch kein Schwein gekannt hat und die mitunter sehr hörenswert sind. Eine weitere dieser „ausgebuddelten“ Combos hört auf den Namen NAUMACHIA und spielt sehr progressiven, vertrackten Black Metal, der beileibe nicht flott ins Ohr flutscht, sondern erst erschlossen werden muss, was aber nicht über die ganze Spielzeit hinweg gelingen will. Zu sehr verzettelt sich das Trio in Tempo- und Gesangswechseln (von genreüblichem Kreischen bis hin zu cleanen Chören ist alles vertreten), aber nur selten wird etwa das songwriterische Niveau alter CRADLE OF FILTH erreicht, so dass man eher auf GRAVEWORM-Niveau vor sich hindümpelt. Ein Stück wie „Sublatio“ zerrt mit seinem fast schon freejazzigen Finale arg an den Nerven, während etwa „Tenebroso“ (das mysteriöserweise nach 1:30 Minuten arg leise wird, was auf einen Aufnahmefehler hindeutet?!) als coole Hymne durchgeht, die aber leider auch nicht frei von unnötigen Frickeleien daherkommt. „Callous Kagathos“ ist ein schwer verdaulicher Brocken, der eine Band mit viel spielerischem Potential zeigt, die aber ihre vielen Ideen noch deutlich geschickter ordnen muss.
ASP sind ein Phänomen der schwarzen Szene die sich mit konstant steigender musikalischer Qualität einen Namen erspielt haben. Während ich im stillen Kämmerlein und mit viel Ruhe die kompositorische Gewieftheit ASPs durchaus anerkenne, nervte mich live seit jeher das auf mich extrem affektiert wirkende Auftreten ihres Protagonisten Spreng. ASP sind Geschichtenerzähler die ebendieses mit „Zauberbruder“ wohl zu ihrem bisherigen Höhepunkt bringen: Es geht um die „Krabat“ Thematik, bekannt geworden durch einen gleichnamigen Roman Preußlers um einen Zauberlehrling, die wahre Liebe und das Böse. Spreng erklärt (seine Leser siezend) im dicken Booklet seine Motivation hierzu – und überrascht musikalisch erneut: Denn ganz anders als die Vorgängeralben bewegt sich „Zauberjunge“ im mittelalterlichen Folkrock. Mit ehrlich rockenden Gitarren, tanzbar-folkigen Streichern und der wohlig-tiefen Stimme Sprengs würden das dem Intro folgende „Krabat“ auf keinem Mittelaltermarkt dieser Welt auffallen. Beinahe befreit spielt „Denn Ich Bin der Meister“ auf, die Melodie geht ins Ohr und kann am ehesten alleine stehen – die meisten anderen Songs ergeben nur im Kontext wirklich Sinn. Bei all dem hörbaren Perfektionismus fallen bei diesem Lied aber die ganzen tiefen Noten auf, bei denen Spreng etwas die Luft ausgeht. Je weiter die Musik auf der Doppel-CD fortschreitet desto mehr Raum gewinnen die Balladen. Manche Songs sind geprägt von vielen Wechseln, mal opulent, dann zerbrechlich und un-folkig im Chorus („Elf Und Einer“) andere überraschen durch weiblichen Gesang mit akustischer Untermalung („Mein Herz Erkennt Dich Immer“). Und wenn man denkt man durchschaut das Spiel ASPs folgt die Überraschung auf dem Schritt: Der harte Beginn des über zehnminütigen „Verwandlungen I-III“ reißt den Hörer aus den Gedanken. Die zweite CD geht generell ruhiger ans Werk, die „Hits“ finden sich im ersten Teil des „Zauberbruders“, die traurige Ballade „Der Schnitter Tod“ oder das eingängie „Zauberbruder“ setzen aber auch hier Akzente. Das Album ist ambitioniert und kreativ, durchdacht und wie ich finde organischer als bisherige ASP Veröffentlichungen und sicher ein Ohr wert wenn es einen Ticken gotischer und düsterer als der Standardmittelalterrock sein darf.
Spätestens mit ihrem letzten, überragenden Meilenstein „Ruun“ sind die norwegischen Klangkünstler ENSLAVED endgültig in der Weltklasseliga angekommen, obwohl sie seit ihrem frühen Meisterwerk „Frost“ auf diesen Status hingearbeitet hatten. Mit „Vertebrae“ wagen sich Grutle und Co. auf Territorien vor, die man auf „Ruun“ nur angedeutet, aber nicht völlig ausgelebt hat. Die genialen Klanggebirge, die stark an PINK FLOYD erinnern, sind auf dem neuen Album noch dominanter als noch auf „Ruun“ und machen aus jedem der acht Songs eine sphärische, kaum noch zu kategorisierende Hymne. Mit dem sich mittlerweile selbst demontierenden Viking Metal-Genre haben ENSLAVED anno 2008 kaum noch etwas zu schaffen, sondern bewegen sich mehr denn je irgendwo zwischen progressiven Klängen, hypnotischen Soundteppichen und sogar Anleihen an die Moderne, was sich primär in der sehr trockenen Produktion bemerkbar macht. Am Besten genießt man „Vertebrae“ am Stück, aber hört Euch einfach mal „To The Coast“, den wahnwitzigen Titelsong oder das mit psychedelischen Chören versehene, unbändig nach vorne peitschende „New Dawn“ an und erlebt eine mit göttlichen Gesängen gespickte Achterbahnfahrt der Superlative! Dieses Album steht einmal mehr für grenzenlose Musikalität, ein weites Wegwerfen der Scheuklappen und ist nicht nur eines der besten Alben dieses Jahres, sondern auch eines der originellsten, das mit seinem Vorgänger mindestens gleichzieht. Und es wird für ENSLAVED verdammig schwer, hier noch einen draufzusetzen. Oberhammer!
Irgendwo zwischen den angesagten nordischen Rockbands der Marke HARDCORE SUPERSTARS und Achtziger Hard Rock haben die Schweden von NEONDAZE ihr selbstbetiteltes Debüt angesiedelt. Klarer Gesang, klassischer Songaufbau und nachvollziehbare melodische Kompositionen lassen es dabei gut nach vorne rocken. Neben dem flotten „Intoxicated“ wissen vor allem noch „Live 4 Tonight“ (mit schönen Solo, eingängigen Refrain und rauen Background Gesang), „Million Miles“ (rockt in POISON-Manier) und „Hold Me“ zu gefallen. Dabei lässt der Opener ebenso wie letztgenannter Song schon etwas DEF LEPPARD durchscheinen (und das nicht nur wegen Gesang und Chorpassagen). Nach hinten raus werden die Songs weniger plakativ und die Trefferquote lässt nach. NEONDAZE fallen nicht aus dem Rahmen, Ecken und Kanten sind eher selten, aber partytauglich ist das allemal. Ein Reinhören auf genannter Homepage kann dem geneigten Fan also durchaus empfohlen werden.