Normalerweise beschleicht mich stets eine gewisse Abneigung gegen französische Metalbands, weil im Land des Baguette-Konsums und der vorzeitig dahinoxidierenden Fahrzeugkarosserien die Ausschussquote im harten Sektor höher liegt als in vielen anderen Regionen. Ab und an schafft es aber mal eine Band, den Qualitätsstandard dieses Landes eine ganze Ecke nach oben zu katapultieren, wie etwa die genialen GOJIRA oder eben die 1999 in Lyon gegründeten THE OATH beweisen, die mit „4“ ihre – wer hätte das gedacht?! – vierte Veröffentlichung (vorher gab es zwei Demos und ein Album) loslassen, die es ohne Umschweife in sich hat! Die fünfköpfige Formation spielt symphonischen, recht progressiven Black Metal, der an spätere EMPEROR genauso erinnert wie an LIMBONIC ART, bisweilen auch melodische Death Metal-Einflüsse erkennen lässt und in Sachen Gesang sogar mitunter leicht Hardcore-lastig daherkommt. Das klingt jetzt nach nix Halbem und nix Ganzem, und meist verzetteln sich Bands, die in derart vielen Gefilden wildern, in ihren Songstrukturen und nerven nur noch, doch THE OATH schaffen es, aus diesem Mix mitreißende Songs zu kreieren, die in ihrer Dynamik oftmals DISSECTION- AT THE GATES- oder NAGLFAR-Niveau erreichen. Und genau das superbe Zusammenspiel aus hymnischer Aggression und melodischen Elementen macht Stücke wie „This Day“, „Unholy Blood“, „Dead Inside“ oder das geile, hitlastige und mit einem clean gesungenen Refrain versehene „A Question Of Faith“ (manche Metalcore-Humpentruppe wäre froh, wenn sie mal einen Songs schreiben würde, der nur halb so gut ist…) zu echten Perlen, die Fans aller oben genannten Bands unbedingt mal anchecken sollten. „4“ ist ein echter Geheimtipp!
Wann welche Scheibe von THE CHUCK NORRIS EXPERIMENT wo veröffentlicht wird, ist etwas verwirrend, aber nach „Volume! Voltage!“ ist „The Return Of Rock’n’Roll“ der zweite Longplayer, der im Briefkasten landete. In den elf Songs setzen die Göteborger Chucktators ihre Mission fort, die Welt mit rotzigem Punkrock auf eine Machtübernahme des einzig Wahren vorzubereiten. Oder so. Im Vergleich zum „Volume! Voltage!“-Langeisen fällt der Gesang auf dieser Scheibe etwas ab, klingt er doch zu gepresst-bemüht und kann an die eigene Leistung nicht anknüpfen. Ganz fies ist es bei „Less Than A Man“, da kommen selbst die Screams mekrwürdig kraftlos. Definitiv ein Schwachpunkt des Albums, gerade im Vergleich mit der Genre-Konkurrenz, es sei hier nur Biff Malibu genannt. Derweil kann die Gitarrenarbeit überzeugen und einige coole Riffs vorweisen, die aus vielen Songs echte Rotzrocknummern machen („Move Like A Machine“) und mit Könnern Marke NASHVILLE PUSSY mithalten kann. Den Vergleich hält der Drummer ebenfalls Stand, nur beim Songwriting haben die Schweden noch Schwächen, einige Songs auf dem 11-Tracker sind den berühmten Tick zu lang und werden dadurch etwas zäh. Doch da die meisten Songs gut rockende Nummern sind und sich mit dem Gesang leben lässt, ist „The Return Of Rock’n’Roll“ eine anständige Scheibe. Nicht grandios, aber gut.
Die Leute hinter LA VIEJA GUARDIA sind nicht mehr die Jüngsten, können dafür aber auf ordentlich Erfahrung bauen, die sie u.a. bei SLAPSHOT erworben haben. Die EP ist das erste Lebenszeichen der in Miami beheimateten Band und hat fünf gut nach vorne gehende Songs zu bieten, die duch die spanischen Vocals ungewöhnlich klingen, was bei beim old schooligen Hardcore der Truppe relativ egal ist. Auf die Fresse geben alle Songs und das ist die Hauptsache. Dabei immer schön prollig sein, mit markanten Gangshouts und Pitbullstimme. Ganz wie es sich für eine gepflegte Hardcore-Scheibe gehört, auf der sich keinen Deut um Trends gekümmert wurde, stattdessen wurde die kreative Energie ins Songwriting gesteckt, was sich ausgezahlt hat – die Songs machen Laune, sind ehrlich und direkt und atmen den Geist der guten alten Zeit. Schönes Ding.
In unserer niederländischen Nachbarschaft wird die SEAN WALSH BAND bereits als heißer Act in der Alternative Szene gefeiert. Dabei macht das Trio nichts anderes, als auf „timetravellersexmachine“ die End-Sechziger wieder aufleben zu lassen. Das allerdings mit soviel Schmackes und Herzblut, das man davor den Hut ziehen sollte. Bereits beim ersten Song „Mr. Crankypants II“ klingt es verflucht deutlich nach LED ZEPPELIN, das nachfolgende „Hey Babe“ ist noch eindeutiger Mr. JIMI HENDRIX anzudienen (wie auch das später kommende „Spoonful“). Würde man nicht wissen, dass das komplette Album als Reminiszenz an die entsprechenden Vorbilder gedacht ist, man könnte von bösem abkupfern sprechen. Aber Namensgeber Sean Walsh (Vocals, Gitarre, Harp), Mitstreiter Kai Liebrand (Bass, Kirchenorgel, Hammond, Akkordeon) und Edwin van der Burgt (Schlagzeug und Percussions) bedienen sich gewollt. Trotzdem legen sie vor allem bei den gerade entspannteren bluesorientierten Stücken (zum Beispiel das über 11-minütige „Sirkus“ und, nach einem LED ZEPPELIN Anfang „Cinderella Princess“) und den Songs mit Countryschlagseite („Last Man Standing“) Eigenes an den Tag. Das sie dabei eine gedankliche Zeitreise mit Erinnerungen und Aha-Effekten hervorrufen, samt leicht analog dumpf klingenden Sound und Psychedelicfeeling kommt gar nicht übel. Bemerkenswert noch das abschließende „One More For The Happy Few“, welches nach Countrystart als lockerer New Orleans Blues samt Bläser daherkommt. Wer vor allem auf Eigenständigkeit Wert legt, ist mit den Originalen besser bedient, keine Frage. Wer aber einfach mal nur guten Bluesrock aus dem Altertum hören will, darf bei der SEAN WALSH BAND ruhig mal reinschnuppern. Und Live müsste das ja sowieso gut abgehen – vielleicht hat ja jemand sogar was zum rauchen dabei.
JEREMIHA aus Schweden kommen einen schon nach den ersten Tönen bekannt vor – allerdings weniger aus klassischer Rocksicht, sondern mehr aus dem Mainstreamradio der Achtziger. Denn bereits der erste Song („Camellia“) ihres zweiten Albums „Where The Stars Scream Out Your Name” liegt irgendwo zwischen A-HA und ULTRAFOX – und ist noch einer der wenigen Songs, welcher annähernd was mit dem zu tun hat was man landläufig als Rockmusik betrachtet. JEREMIHA geben nämlich von Synthesizern geprägten Achtziger Pop von sich. Damit soll nicht gesagt werden, dass „Where The Stars Scream Out Your Name” ein schlechtes Album ist – nur die Zielrichtung sollte dem Leser dieser Seite eindeutig genannt sein. Im weiteren Verlauf bleibt es dann auch weichgespült und auf kommerziell getrimmt - Erfolg nicht ausgeschlossen. Gut produziert, eingängig, mit einschmeichelnden, durchaus respektablen Gesang und positiver Grundstimmung versehen, aber auch irgendwie kalkuliert klingen die 10 Songs. Bands wie CAMOUFLAGE und ERASURE kommen einen noch in den Sinn. Das JEREMIHA bei allem Bemühen nur bedingt originell klingen bzw. vieles einem bekannt vorkommt (zum Beispiel das gelungene „Guiding Light“ und die eher auf zu sicher gemachte tanzbare Single „Ordinary Love“), muss aber nicht unbedingt erfolgshemmend sein. Und so sollten JEREMIHA wohl die Szeneliebhaber genannter Acts begeistern – oder den einen oder anderen öffentlich-rechtlichen Radiosender.
Auch das Zweitwerk der vom umtriebigen Bill Menchen (TITANIC, FINAL AXE) geführten Band THE SEVENTH POWER niestet sich im Bereich zwischen NWOBHM und Doom ein – vor allem die Vocals von Bandleaders Menchen selbst bieten sich als offensichtlicher OZZY-Klon an (trotz elektronischer Bearbeitung). Musikalisch kommen THE SEVENTH POWER aber auf „Dominion & Power” deutlich zu fröhlich rüber – will meinen: den meisten Songs geht die notwendige Dunkelheit ab. Vor allem das eher klimpernd wirkende statt Atmosphäre verbreitende Keyboard kommt da kontraproduktiv. Die Kompositionen an sich bieten solides Material, gute Gitarrensoli inklusive, wobei „Sacrificial Blood“ und „Sea Of Galilee" als Highlight durchgeht. Trotz allem Bemühen in Richtung OZZY und BLACK SABBATH Fanschar zu punkten, kann „Dominion & Power“ nicht vollends überzeugen – dafür ist das Album (die durchgehende White Metal Botschaft auch außen vor gelassen) über die 10 Songs einfach etwas zu gleichförmig.