Nur um Missverständnissen vorzubeugen: Der 1996 gegründete Vierer kommt nicht aus Reno, Nevada, sondern aus Denver, Colorado. Der Bandname bezieht sich darauf, dass in Reno Ehen extrem leicht wieder zu trennen sind. Aber vielmehr sollte hier ja die Musik der Band interessieren, und die geht gut nach vorne und in die Ohren. Die Jungs spielen dreckigen, melodischen Punkrock, der wie eine Mischung aus SOCIAL DISTORTION und den BONES klingt, wobei es nicht durchgehend schnell abgeht, sondern oft auch im Mid-Tempo gerockt wird. Der Sound kommt extrem eingängig daher, kommt in Bezug auf Intensität aber nicht an SOCIAL D und in Bezug auf Druck und Energie nicht an die BONES heran. Überhaupt sind die Songs alle nicht besonders originell und bewegen sich stellenweise nah am Mainstream. Andererseits: Das Album macht einfach Spaß. Der Sound ist genau an den richtigen Stellen dreckig, strahlt eine rotzige Rock n’ Roll-Attitüde aus und hinter jeder Ecke verbergen sich Ohrwürmer. Wer auf die beiden genannten und ähnliche Bands steht, sollte unbedingt mal reinhören.
Die Dänen kramen wieder das Klischee von freier Liebe und langem Frieden, von lecker Marihuana und stinkenden Patchouli-Stäbchen aus der inzwischen verstaubten Schublade hervor. Hippies, Woodstock, Christiania, Hendrix, Led Zep, Bob Dylan. Bla fasel blubb. Die Damen und Herren von damals sind jetzt entweder bei den Grünen, auf Entziehung oder einfach nur spießig geworden, eine neue Generation wie HIGHWAY CHILD versucht, den Spirit von damals auf CD (auf dem Label namens Elektrohasch – sic!) zu fangen. Kann ja gar nicht klappen. Denn, wer damals dabei war und es wieder hören will, der kramt seine alte Scheiben wieder raus (falls er sie findet und den Schallplattenspieler noch verwenden kann) und hört die alten Helden. Denn da ist nichts augesetzt oder wirkt kalkuliert. Nicht, dass diese Band nicht ihren Blues hat, nicht, dass sie auch Country („Branded A Fool“) und Retro-Rock zu einer schlüssigen Mischung verquickt, aber wer steinigen, altmodischen, angebluesten Rock hören will, der ist mit den Doors und ihren Kollegen von damals wesentlich besser bedient. Wolfmother und Co? Nicht mehr anzuhören! Aber inwischen ist diese pyschedelische rockige Retro-Grütze ja sogar im Black Metal angekommen – und beliebt…
PARACHUTES verlieren mit jedem Albumtitel mehr Coolness-Punkte, auch wenn “The Working Horse“ angesichts der Veröffentlichungs- und Spielfreude der Band stimmt. Aber cool ist was anderes. Dafür wartet die Scheibe mit einem gelungenem Artwork auf und kann auch klanglich überzeugen, die Produktion ist echt gut geworden. Mittlerweile haben PARACHUTES zudem den Dreh raus, wie ein typischer (und gut gemachter) Screamo-Song zu klingen hat – „Thrones“ ist da das beste Beispiel, von clean gesungenen Refrains bis langsamen Parts ist alles drin, was ein Screamo-Song braucht. Leider weichen sie von dem „Thrones“-Schema nicht wirklich ab, so dass sich im Verlauf des Albums immer wieder das Gefühl einschleicht, diesen oder jenen Part schon mal gehört zu haben. Wie gesagt, handwerklich alles gut gemacht, aber im Grunde austauschbar und mit zu wenig Mut für neue Wege. Gut ins Ohr gehen alle Songs, die Screamo-Fraktion wird „The Working Horse“ dafür sicher lieben, aber innovativ oder auch nur mit eigener Identität ausgestattet ist die Scheibe leider nicht.
EVERY TIME I DIE haben sich seit „Hot Damn!“-Zeiten weiterentwickelt, weg vom extrem schrägen Core zu rockigeren Gefilden. Aber auch in den letzten Alben schwang immer ein gewisser Grad Wahnsinn mit, der so oft mit (musikalischem) Genie einhergeht und verhinderte, dass EVERY TIME I DIE eine belanglose Altherrencombo werden. „New Junk Aesthetic“ stellt das erneut unter Beweis und lässt Southern Rock auf Hardcore treffen, erweitert um die erwartete Dosis Beklopptheit. Herausgekommen sind EVERY TIME I DIE-typisch abgedrehte Nummer Marke „Turtles All The Way Down“ oder „Wanderlust“ (bei der Shouter Keith alle Register zieht), aber auch bitterböse Nummern wie der schwere Opener „Roman Holiday“. Es spricht für die Band, dass die Songs durchweg hörbar sind und fast alle auch Hitpotential besitzen und dem album so nie die Luft ausgeht. Dafür sorgen die wunderbare Gitarrenarbeit, die gleichermaßen rockig wie chaotisch klingt, aber immer nachvollziehbar bleibt, und Shouter Keith, der vom Psycho bis zum schmeichelnden Sangesknaben ein breites Spektrum hat und das voll nutzt. Würde aber alles nichts nützen, wenn EVERY TIME I DIE nicht auch begnadete Songschreiber sind, in deren Hirne sich wahnsinnige Idee an wahnsinnige Idee reiht, die dann im Kollektiv zu krachigen Songs verwertet werden. Ergibt ein verdammt gelungenes Album, auf das EVERY TIME I DIE stolz sein können!