Konzert:
Blackfield Festival 2012 - Sonntag
Konzert vom Als der zweite Morgen des BLACKFIELD-Festivals dämmerte, musste man als Besucher beim Blick aus Zelt oder Fenster feststellen: traurig aber wahr, gleich zwei Festivaltage mit schönem Wetter sind offenbar einfach zu viel verlangt und gehören ins Reich der Märchen. Zwar war es zunächst noch trocken, aber sowohl der Wetterbericht als auch der betongraue Himmel ließen keinen Zweifel daran, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis dieser glückliche Zustand ein Ende finden würde. Relativ kurz nach Beginn des Bühnenprogramms war es denn auch so weit und der Himmel öffnete seine Schleusen, während das Quecksilber gerade mal mit Mühe eine Temperatur von 15 Grad erreichte. Glücklich war, wer einen Platz unter dem Zeltdach der Hauptbühne ergattern konnte, dem Rest blieb zunächst nur die Flucht unter Schirm oder einen der nächstgelegenen Stände, da das Programm auf der Zeltbühne erst um 13:30 Uhr beginnen würde. Verkäufer von Regencapes und Kapuzenpullis dagegen machten den Umsatz ihres Lebens, und so sahen die Musiker von STAHLMANN und SOLITARY EXPERIMENTS sich einem wachsenden Publikum von vermummten Gestalten gegenüber, die trotz aller Widrigkeiten auf den Rängen ausharrten. Auch in der Umbaupause vor MEGAHERZ war der Bühnenvorraum unter dem Zeltdach rasch wieder gefüllt, jeder trachtete danach, nicht das fragwürdige Vergnügen zu haben unter der tropfenden Kante zu landen. Auch MEGAHERZ –Gitarrist Christian „X-ti“ Bystron wurde kurzzeitig ein Opfer der Witterung, als das hinter ihm stehende MEGAHERZ-Banner vom Wind umgestürzt wurde und ihn fast unter sich begrub. Sowohl er als auch seine Kollegen nahmen´s mit Humor und lieferten dennoch eine energiegeladene Show ab, die das Publikum mit Songs wie „Miststück“, „Feindbild“ und „Mann Im Mond“ den Regen vergessen ließ.
Während auf der Hauptbühne für FUNKER VOGT umgebaut wurde, drängten zunehmend mehr Menschen zur Zeltbühne, was die dort auftretenden Mittelalter-Rocker von IGNIS FATUU zu der Frage veranlasste, ob denn tatsächlich auch einige Fans unter den Anwesenden seien oder ob den Hauptgrund für das volle Zelt vielleicht doch eher der Regen darstelle. Die Sorge war unbegründet, denn das Publikum erwies sich als dankbar und ging beim unter anderem „Auf Der Flucht“, „Stille Wasser“ und natürlich „Nordwind“ umfassenden Set gut mit, bevor es mit „Wächter Der Nacht“ entlassen wurde.
WELLE : ERDBALL sorgten im 60er-Jahre-Look mit ihren poppigen Electro-Klängen in Form von Songs wie „Starfighter F-104 G“ und „Monoton und Minimal“ für gute Laune im Amphitheater und auch für Aufmerksamkeit auf dem einen oder anderen auf dem Kanal hinter der Bühne vorbeischippernden Kahn. Ebenfalls nicht ganz alltäglich dürften die Glückwünsche gewesen sein, die Hannes „Honey“ Malecki kurz vor Ende des Auftritts Fräulein Venus anlässlich ihres bestandenen Biochemie-Abschlusses aussprach: auf einer Festivalbühne den Uniabschluss feiern kann man schließlich auch nicht alle Tage.
Wer offenen Auges über das Festivalgelände streifte, dem fielen mit großer Wahrscheinlichkeit früher oder später an zahlreichen Stellen platzierte, offizielle Schilder mit der etwas eigenwillig anmutenden Warnung folgenden Inhalts auf: „Achtung! Kunstblut und Kunstsperma sind fester Bestandteil der AGONOIZE-Show!“. Offenbar war die Festivalleitung in weiser Voraussicht davon ausgegangen, dass es nicht jedermanns Sache sein könnte, mit künstlichen Körperflüssigkeiten der einen oder anderen Art übergossen zu werden. Um williges Publikum zu sorgen brauchte sich die Band trotzdem nicht, da sich auch so genug Freiwillige fanden, die mit großer Begeisterung im künstlichen Blutregen zu „Bis Das Blut Gefriert“, „Bäng Bäng Goodbye“ , „Glaubenskrieger“
und „Wahre Liebe“ tanzten. Die Bässe hämmerten derart brutal, dass ERIC FISH auf der benachbarten Zeltbühne fast schon Probleme hatte, sich gegen sie durchzusetzen und mit einer Mischung aus Enthusiasmus und Verwunderung anmerkte, dass ERIC FISH & FRIENDS wahrscheinlich die einzige akustische Band sei, die jemals auf dem BLACKFIELD aufgetreten sei. Zumindest innerhalb des Zeltes ließ sich der Kampf gegen die elektronischen Klänge von nebenan mit drei Akustikgitarren und mehrstimmigem Gesang dann aber doch gewinnen und das Set stellte eine gelungene Abwechslung vom restlichen Festivalprogramm dar.
Im Anschluss stand für die Liebhaber mittelalterlicher Klänge die wohl schwierigste Frage des Tages an, verursacht durch die unglückliche Totalüberschneidung der Auftritte von SALTATIO MORTIS und FAUN. Dem ging aber immerhin eine höchst erfreuliche Überraschung voran, denn der Wettergott hatte ein Einsehen und setzte dem nunmehr seit Stunden vorherrschenden Dauerregen ein Ende, was besonders für alle, die sich gegen FAUN und für die draußen spielenden SALTATIO MORTIS entschieden hatten, die Entscheidung definitiv versüßte. Als besonderen Triumph durften die Spielmänner schließlich auch noch verbuchen, dass sie mit „Prometheus“ den Menschen nicht nur Feuer, sondern tatsächlich auch ein wenig Sonne brachten. Mit „Habgier und Tod“, „Ode An Die Feindschaft“, „Hochzeitstanz“, „Koma“, „Tod Und Teufel“ und „Spiel Mit Dem Feuer“ wurde das Amphitheater gerockt was das Zeug hielt, selbst das kurzzeitig und höchst bedauerlich in der Versenkung verschwundene „Wer Wind Säet“ fand zu großem Jubel wieder seinen Weg in die Setlist. „Falsche Freunde“ sah Sänger Aleas traditionelles Bad in der Menge, was in diesem konkreten Fall mit einer gewissen farblichen Umgestaltung seiner (ursprünglich weißen) Garderobe einherging, da sich direkt vor der Bühne nach wie vor eine größere Anzahl von AGONOIZE-Fans befand, die zuvor das bereits erwähnte Bad in diversen Kunstflüssigkeiten genommen hatten und noch reichlich abfärbten. Kommentar Alea: „Macht nix, ich komm jetzt trotzdem zu euch runter. Beim Festival muss man doch aussehen wie ´ne Sau!“. Der „Spielmannsschwur“ durfte natürlich auch nicht fehlen und wurde auch über den Abgang der Band hinaus noch ausführlich skandiert, was Alea dazu veranlasste, beim beginnenden Abbau noch den Entertainer zu geben und zur bereits gestarteten Musik aus der Konserve den Gesang von „I Love Rock´n´Roll“ zu übernehmen, bis ihm irgendwann ein entweder achtloser oder schlicht unter Zeitdruck stehender Techniker das Mikrofon abdrehte.
Bevor mit IN EXTREMO erneut der Mittelalter-Rock die Bühne übernehmen würde, galt es nun zunächst die Bühne klar für die hochtechnisierte Moderne in Form von COMBICHRIST zu machen. Nach dem aus technischen Problemen abgebrochenen Auftritt vom letzten Jahr, war diesmal Sorge dafür getragen worden, dass sich eine derartige Tragödie nicht wiederholen würde und entsprechend hoch waren die Erwartungen. Die Norweger liefen zu großer Form auf, sorgten vom ersten Ton an für ordentlich Lärm und heizten mit Songs wie „Follow The Trail Of Blood“ ihrem Publikum dermaßen ein, dass in der Masse der aggrotech-begeisterten, tanzenden Gestalten schließlich trotz für Ende Juni eher eisiger Kälte auch halbnackte Gestalten zu entdecken waren.
In der Umbaupause vor IN EXTREMO wurde langsam sichtbar, dass sich die Reihen etwas zu lichten begannen, ob daran das Wetter oder vielleicht doch eher das gleichzeitig stattfindende Fußballspiel England gegen Italien Schuld war, muss Spekulation bleiben. Vor leerem Haus spielen mussten IN EXTREMO jedoch keineswegs, auch wenn Das Letzte Einhorn das Publikum ebenso trocken wie treffend herzlich „zu den heutigen Winterspielen“ willkommen hieß und sich für dessen Ausdauer bedankte. Das Ausharren wurde mit einem druckvollen, anderthalbstündigen Mittelalterrock-Set belohnt, in dem sich Material vom aktuellen Album „Sterneneisen“ mit neuen und alten Klassikern wie „Sängerkrieg“, „Rasend Herz“, „Vollmond“ und „Küss Mich“ sowie natürlich dem ultimativen Mittelalter-Hit schlechthin, „Herr Mannelig“, mischte. Auch die berühmte IN EXTREMO-Pyrotechnik durfte selbstverständlich nicht fehlenden und hatte abgesehen von der eindrucksvollen Optik auch noch den angenehmen Nebeneffekt, die Umgebungstemperatur zumindest geringfügig anzuheben. Nach kurzem Abgang wurde mit „Erdbeermund“ die Zugabe eingeläutet und nachdem die Kollegen von SALTATIO MORTIS einige Zeit zuvor den „Spielmannsschwur“ zum Besten gegeben hatten, vervollständigten IN EXTREMO nun das Set mit dem „Spielmannsfluch“ und brachten damit unter lautstarkem Applaus einen trotz aller meteorologischer Unbill ausgesprochenen gelungenen zweiten Festivaltag zum Abschluss.
Konzert:
Blackfield Festival 2012 - Samstag
Konzert vom Pünktlich zum ersten Tag meldete das BLACKFIELD-FESTIVAL für den Samstag ausverkauft. Selbst Petrus schien es gut zu meinen und beglückte die pilgernden Heerscharen mit Sonne und warmen Temperaturen. Und so stand auch dem großen Schaulaufen ab Festivalbeginn denn nichts mehr im Wege und der große Jahrmarkt der Eitelkeiten war eröffnet: von opulenten Roben bis hin zu nahezu völliger Textilfreiheit war alles vertreten und Sonne machte, entgegen einschlägiger Szenemeinung, in diesem Fall nicht albern, sondern gute Laune. Die Weichen standen also gut, und während X-DIVIDE und THE EXPLODING BOY das Festival eröffneten, strömte zunehmend mehr Publikum von Camping- und Parkplätzen herbei. Die wunderschöne Location trug ihren Teil dazu bei, lud doch das Gelsenkirchener Amphitheater dazu ein, sich auf seinen Rängen häuslich niederzulassen, von dort aus in aller Ruhe das gebotene Programm zu genießen und sich dabei in bester Picknickstimmung die Sonne auf den Pelz scheinen zu lassen- was bereits zur Mittagszeit während des Auftritts von PAKT zu Songs wie „Lichterloh“ und „Egoshooter“ denn auch viele taten. Aber auch die Zeltbühne brauchte über mangelnden Zuspruch nicht zu klagen, und so erfreuten sich dort unter anderem IN LEGEND regen Zuspruchs und sorgten mit mehrstimmigem Gesang und klavierunterlegten Dark Metal-Klängen für schön melodiöse Abwechslung, während auf der Hauptbühne GRENDEL gastierten.
Die im Anschluss auftretenden Jungs von END OF GREEN hatten mit einigen technischen Problemen zu kämpfen, ließen sich davon jedoch nicht aus der Ruhe bringen und rockten mit Songs wie „Killhoney“, „Under The Sway“ und „Hurter“. Währenddessen brachten im Zelt WETO das Publikum auf Touren und schafften es, trotz fehlender Mittelalterinstrumente und rockigerem Gesamtsound ein gewisses SCHANDMAUL-Flair zu verbreiten- bei vier in beiden Bands spielenden Musikern war die musikalische Handschrift einfach unüberhörbar.
Bei all dem Bühnenprogramm boten sich aber dennoch reichlich Möglichkeiten, sich auch anderweitig zu verlustieren, denn der vorhandene Festivalmarkt konnte sich sehen lassen – wer shoppen wollte, fand hier alles was das Herz begehrte, darunter auch Stände einschlägiger Szene-Läden, die als Festivalaktion mit 25% Rabatt auf das gesamte Sortiment lockten. Entsprechend groß war die Nachfrage. Beim benachbarten Mittelaltermarkt ging´s etwas gemütlicher zu, dafür befand sich dieser im Gegensatz zum Festivalmarkt außerhalb des abgesperrten Geländes und war somit auch der nichtzahlenden Allgemeinheit zugänglich, was auch den einen oder anderen externen Schaulustigen dorthin oder auf die benachbarten Bänke zog: schließlich bekommt man auch in Gelsenkirchen ein derartiges Defilee der schwarzen Szene nicht alle Tage geboten und mit dem Anblick gewandeter Ritter in Assassinen-Optik oder spärlich bekleideter Damen im Sklavinnen-Kostüm lässt sich die Zeit ganz gut verbringen.
Als auf der Zeltbühne ROTERFELD das Mikrofon übernahm, begann sich dem geneigten Zuschauer draußen ein für Festivals eher ungewöhnliches Schauspiel darzubieten: statt wie üblich nach drinnen, begannen die Leute auf einmal nach draußen zu strömen, dabei einen gequälten Gesichtsausdruck und über die Ohren gelegte Hände zur Schau tragend. Grund dafür war jedoch nicht die mangelnde Qualität der Darbietung, sondern vielmehr die schon von draußen offenkundige brutale Lautstärke, in der das Ganze serviert wurde und die reihenweise die Leute in die Flucht schlug. Die Musiker drinnen waren zu bedauern, denn vor ihnen lichteten sich die Reihen in atemberaubendem Tempo und das verbleibende Publikum war bald als eher überschaubar zu beschreiben. ROTERFELD machten gute Miene zu bösem Spiel und zauberten zum Abschluss einen Song als Vorgeschmack auf das neue Album aus dem Ärmel, der -Gehörschutz vorausgesetzt- Lust auf mehr machte.
Im Amphitheater indes näherte sich mit HOCICO einer der heiß erwarteten Höhepunkte des Tages, war doch vorher schon die Armada der Festivalgänger aufgefallen, die mit Band-T-Shirts der Mexikaner und ihrer Brachialklänge herumliefen. Entsprechend voll wurde es auch und sobald es los ging steppte vor der Bühne der Bär: tanzende Menschen wohin das Auge blickte. Pardon wurde keins gegeben, die Energie des Publikums schien endlos und hielt, bis der letzte Ton verklang. Bei all dem bunten- Verzeihung, gemeint war natürlich schwarzen- Treiben fiel dennoch die allgemein vorherrschende Friedfertigkeit sämtlicher Besucher positiv auf, die auf Festivals ja nun bedauerlicherweise keineswegs immer als selbstverständlich angesehen werden kann. Auf dem BLACKFIELD jedoch fehlte von dem sonst mitunter üblichen Gedrängel und Gepöbel jede Spur, und so war umso erfreulicher, als am Nachmittag bekannt gegeben wurde, dass das bis dato offenbar noch unsichere Stattfinden des Festivals im nächsten Jahr nun in trockenen Tüchern war.
Während auf der Hauptbühne umgebaut wurde um alsbald die Herren von OOMPH! zu beherbergen, machte sich der Teil der Anwesenden, dessen Herz für härtere Klänge und ein klein wenig Glam schlug, bereits langsam über den Mittelaltermarkt auf den Weg zur Zeltbühne, um dort dem Gastspiel der DEATHSTARS beizuwohnen. Die Schweden fingen zwar mit Verspätung an, gaben dafür dann aber als der Soundcheck erst einmal geschafft war ordentlich Gas und hatten ihr Publikum auf freundliche, aber bestimmte Art gut im Griff: „ No, no, you scream when I tell you to! Now… scream!“. Als Anerkennung für die Leistung der Zuhörerschaft folgte eine herzliche Einladung ins heimische Schweden. Nachdem mit „Blitzkrieg“ und „Death Dies Hard“ als Zugabe der Abend auf der Zeltbühne beendet wurde, standen im Amphitheater mit VNV NATION die Headliner des Tage in den Startlöchern, die entsprechend die ungeteilte Aufmerksamkeit der Anwesenden genießen durften und den lauen Sommerabend gepflegt mit feinsten atmosphärischen Electro-Klängen à la „Space & Time“ und „Illusion“ ausklingen ließen.
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