“Ein Leben lang Kindergarten!”, damit bringt Jack Letten das Bandschicksal auf den Punkt. Nicht ganz ernst gemeint, immerhin ist der heute mit Wolverine-Gedächtnishaarpracht aufkreuzende Kieler im realen Leben tatsächlich Erzieher, aber auch als Fazit der SMOKE BLOW-Zeit scheint es nicht ganz unpassend zu sein. Es kommt ja nicht von ungefähr, dass die Jungs dem Platten aufnehmen und ausgiebigem Touren Lebewohl sagen; allen ausgesprochenen Gründen gehen ja sicherlich auch einige nicht ausgesprochene Wahrheiten parallel.
Wie dem auch sei, wenn sie wollen haben SMOKE BLOW immer noch mächtig Spaß und machen einen Laden wie den Tower an einem Freitag locker voll, auch wenn es nicht ausverkauft ist. TYSON als Vorband machen ihre Sache gut und kommen sympathisch-ehrlich rüber, auch wenn sie die SMOKE BLOW-Coolness nicht annähernd erreichen. Für die erste Moshaction vor der Bühne reicht es aber schon aus, das Publikum also gut warm gemacht, als nach kurzer Umbaupause Kiel’s Finest an der Reihe sind. Letten, MC Strassenköter & Co. sind gut aufgelegt, legen mit „Sick Kid 85“ und „March On To Victory“ einen guten Einstieg hin, der das Publikum vom Start weg moshen lässt. Ein schön großer Pit bildet sich, ganz wie es beim Rotzrock der Kieler sein muss. SMOKE BLOW haben gut 20 Songs in ihrer Setlist und dabei aus allen Alben ausgewählt. Mit dem „Unbroken“/ „Dark Angel“-Doppel ist die Stimmung erstmalig am Siedepunkt und der erste Stagediver zu sehen, bevor es mit dem noch nie Live erlebten „Bruce Lee Coverband“ weitergeht. Letten gibt den charmanten Entertainer, was für ihn ja nicht selbstverständlich ist, während Strassenköter den Wodka mit der ersten Reihe teilt und sich Greif als heimlicher Star der Band immer wieder nach vorne schleicht. Auch wenn natürlich einige Songs in der persönlichen Setlist fehlen, kann die gut 90 Minuten SMOKE BLOW-Abschiedsshow von Bremen voll und ganz überzeugen – die Band hat Bock, das Publikum ebenso, auf beiden Seiten ist von norddeutscher Unterkühltheit nichts zu merken. Im Gegenteil, es ist ein kuscheliger, schweißtreibender Abend, mit dem das Bremer Publikum seinen Ruf rettet (beim letzten SMOKE BLOW-Gastspiel im Lagerhaus war das ja eher traurig) und SMOKE BLOW zeigen, was für eine arschgeile Liveband sie sind. Natürlich gibt es zwei Songs als Zugabe, „Final Hands“ ist dann der Abschied aus Bremen…. Wobei, vielleicht ja nicht für immer, eine Hintertür haben sich die Herren ja offen gehalten, immerhin löst sich die Band ja nicht auf. Wäre ja auch ziemlicher Kindergarten, der ganze Auflösung-Reunion-Quatsch….
Nach ihrer äußerst gelungen EP "Speed Machine" legen die Bajuwaren von SPEEDBOTTLES nun einen Longplayer vor. Um zu zeigen - das sie es auch über zwanzig Minuten schaffen kurzweilig und unterhaltsam zu rocken. Und ?? Yep - SPEEDBOTTLES bekommen das Ding gebacken. Die fünf Jungs starten mit ihrem rotzigen Rock ´n´ Roll spielfreudig aus den Boxen und halten auch auf Länge das Wasser am dampfen. Die Zwölf Nummern die irgendwo zwischen alten AC/DC und MOTÖRHEAD liegen, schmeißen sich vor einen in den Dreck, das man nach dem Hören ein Bad in Kernseife braucht. Geschwindigkeit und Rhythmik wechseln sich ab - sicher die Refrains werden meist im Chor gegrölt, dennoch fühle ich mich auch auf Dauer nicht gelangweilt.
Soundmäßig ist das Ding für eine Eigenproduktion okay, dennoch mit Platz nach oben. "Downstroke Demons" ist ein häßliches, schmutziges Scheibchen mit Eiern, Selbstbewußtsein und jeder Menge Rock`n´Roll - Bravo !!
NETTLECARRIER aus Oslo gibt es schon seit 2004, jedoch war die Band, nicht zuletzt durch diverse andere Aktivitäten der Musiker, für einige Jahre inaktiv; lediglich eine EP aus dem Jahr 2007 existiert auf Konserve. Man kann hier sogar fast von einer „All-Star-Band“ sprechen, denn mit Mannevond, T. Ciekals und Dirge Rep bestehen NETTLECARRIER aus drei umtriebigen Black Metallern der norwegischen Szene, die unter Anderem bei URGEHAL, KOLDBRANN, DJEVEL, LJA, ENSLAVED, NEETZACH und AURA NOIR aktiv sind oder waren. Auf vorliegendem Debütalbum wird auch nicht um den heißen Brei herumexperimentiert, sondern zielstrebig Gas gegeben. Gleich der Opener „The Boiling Blood“ macht seinem Titel alle Ehre und überzeugt mit einer Mischung aus Uptempo (mehr) und flottem Midtempo (weniger), was in dieser Kombination über das gesamte Album beibehalten wird, worin aber auch der Knackpunkt liegt. Das Trio wirkt damit über die gesamte Spielzeit arg monoton und wenig variabel, zudem gehen die zwar gelungenen, aber beileibe nicht Bahn brechenden Songs nicht gerade als Meisterwerke durch. Oder anders: von derart gestandenen Musikern der Osloer Szene erwartet man einfach ein wenig mehr als „nur“ ein hörenswertes Werk. Unterm Strich ist „NettleCarrier“ eine solide, schnelle Black Metal-Platte, nicht weniger, aber leider auch nicht mehr.
Die Malediven sind ganz sicher keine Hochburg irgend einer Metal-Spielart, aber wie man hört, verirrt sich auch von dort mal eine Band in unsere Breitengrade. NOTHNEGAL haben mit Drummer Kevin Talley (unter Anderem DAATH, SIX FEET UNDER, ehemals MISERY INDEX, DYING FETUS) und Keyboarder Marco Sneck (POISONBLACK, KALMAH, etc.) sogar zwei halbwegs prominente Bandmitglieder am Start, die aber letztendlich nichts daran ändern, dass „Decadence“, das Debüt des Sextetts (nach der EP „Antidote Of Realism“), ziemlich kalter Kaffe ist. Stilistisch irgendwo zwischen modernem Pop-Metal der Marke IN FLAMES und bombastisch-traditionellen, teilweise leicht todesmetallisch flankierten Klängen der Marke (frühe) CHILDREN OF BODOM, SINERGY oder NORTHER angesiedelt, kocht der Haufen nur Standards dieser Bands auf und bekommt nicht eine einzige im Ohr hängen bleibende oder mitreißende Komposition zustande. Auch die trockene, leblose Produktion sowie der monotone, uncharismatische Grunzgesang von Gitarrist Fufu (!) tragen dazu bei, dass „Decadence“ als völlig unessentielle Veröffentlichung durchgeht. Einen heraus ragenden Anspieltipp habe ich auch nach mehreren Durchläufen nicht ausmachen können, so dass mir nur ein ernüchterndes Fazit bleibt: NOTHNEGAL taugen nicht mal als Notnagel.
Wenn man auf ein Soloalbum von einem IRON MAIDEN Musiker wartet stellt man gewisse Erwartungen an Selbiges. Nicht nur, das alle Mitglieder der britischen Metal-Götter musikalisch mehr als genug Erfahrung haben; BRUCE DICKINSON, seines Zeichens seit über 12 Jahren wieder Frontsänger der Band, hat mit einer nicht kleinen Diskografie bewiesen wie es geht. Wenn es nun auch noch gerade Bassist STEVE HARRIS ist der sich solo versucht sind die Ansprüche noch ein wenig höher – immerhin ist der Mann sowohl Gründungsmitglied als auch definitiv einer primären Einflüsse der Band.
Umso schlimmer wenn dieser Solo-Versuch so massiv daneben geht wie „British Lion“. Die Scheibe bricht nicht nur jegliche stilistische Erwartungen (in Form von softem Rock anstatt irgendeine Abart des Themas „Heavy Metal“), nein, der Stil ist - abseits persönlicher Präferenzen betrachtet - nicht einmal gut umgesetzt. Lasch plätschert die CD vor sich hin, Highlights oder Songs die einem im Gedächtnis bleiben sucht man vergeblich. Nachdem man die ersten 60 Sekunden vom Opener „This Is My God“ bei der Wah-Wah Orgie vielleicht noch Hoffnungen hatte die Scheibe könnte doch etwas sein, stellt sich denkbar schnell Ernüchterung ein. Bereits bei diesem Song wird nach rund einem Drittel das so erst das nette Riffing durch langweiligen und kraftlosen Gesang von Richard Taylor ersetzt. Und das auch noch unterstützt von einem langweiligen Drum-Sound. Das gleiche Schema zieht sich durch alle Songs: Oft durchaus vielversprechende Parts werden von absolut schnarchigen Gesangsparts mit generischen Drumsounds unterlegt abgelöst, grundsätzlich ohne Highlights oder sich einbrennende Stellen.
Tut mir leid, Herr Harris – das war kein britischer Löwe, das war eine maximal eine französische Hauskatze. Der prominente Name rettet da auch nichts, daher bitte lieber wieder auf die nächste Maiden Tour & CD konzentrieren. Danke im Voraus.