Habe mich gefreut auf das neue AEROSMITH-Album – und war auch ein wenig gespannt; gehören die Amis doch zu meinen alten Faves während der ach so tollen 80er. 1969 gegründet kann man bei AEROSMITH aber schon von Rock-Dinosauriern sprechen (und ich meine nicht ausschließlich das Aussehen der beiden Bandköpfe Steven Tyler und Joe Perry), die zu den Großen Tieren des Biz gehören; über 150 Millionen verkaufte Platten kommen auch nicht von ungefähr. Anno 2012 ist dann auch kein Neuland zu hören, man präsentiert wieder eine Mixtur aus Hard Rock, Rhythm und Blues, hörbar ruhiger wie früher – die vielen Erfolgsballaden für die AEROSMITH ja stehen, haben Spuren hinterlassen. Bin ich enttäuscht – schon ein wenig, aber nicht in Gänze. Denn wenn man ganz ehrlich ist – man tut den Herren Tyler, Perry & Co. mit einer Erwartungshaltung gen ihrer alten Alben und Songs doch Unrecht. Löst man sich davon, hat man mit „Music From Another Dimension” ein gutes Hard Rock Album am Start – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Der Starter „Luv XXX” rockt in typischer AEROSMITH-Manier, hat man aber von den Jungs schon besser gehört. Das folgende „Oh Yeah“ kommt anfangs schon etwas ROLLING STONES mäßig daher, überzeugt und darf man gleich als Highlight nennen. „Beautiful“ groovt und hat einen Ohrenkriecher-Refrain. Nach dem durchaus beachtlichen Anfangstrio schwankt die Qualität der Songs aber. Gutes Material wie die Ballade „What Could Have Been Love“ und der flotte Rock’n’Roll-Track „Street Jesus“ gefallen da am Besten, eine weitere Schmonzete, „Can't Stop Loving You“ mit Country-Sängerin Carrie Underwood, paßt noch. Ansonsten gibt es leider schon Songs mit kurzer Halbwertzeit und Hang zum Langweiler zu hören („Legendardy Child“, „Tell Me“, „Closer“). Für Fans der Luftschmiede bietet „Music From Another Dimension” einfach neues Material – wenn auch ein Stückchen weg von den Höhepunkten der Band-Diskografie. Wer sich mit AEROSMITH erstmals beschäftigt (gibt’s das?) – der ist aber mit einer Best of des 70er-Materials und dem Trio aus „Permamant Vacation“, „Pump“ und „Get A Grip“ wahrscheinlich besser bedient - „Music From Another Dimension” darf hier durchaus den Appetizer spielen.
Ich muss ja lachen, was für kurze Gedächtnisspannen die schreibenden Kollegen so haben: Erinnert sich wer an den Frühsommer 2011? Da hat sich Frontzwerg Dani Filth mit dem Security eines Festivals geschlagen, auf dem CRADLE OF FILTH auftreten sollten. Konsequenz: Absage aller weiteren Shows für 2011, darunter auch Wacken. Was genau damals vorgefallen, und vor allem, was Anlaß zu der Schlägerei war, ist nie richtig rausgekommen. Im Effekt lag die Band wohl ein halbes Jahr auf Eis. Gitarrist Paul Allender und Drummer Martin Skaroupka ist zu verdanken, dass das leckgeschlagene Flaggschiff des englischen Horror-Black Metal jetzt wieder seetüchtig ist: Diese beiden zeichnen sich für das Songwriting auf "The Manticore & Other Horrors" verantwortlich. Kein Wunder also, dass weite Teile des Albums ein gemeinsamer feuchter Traum von Gitarristen und Drummern geworden ist - so viel Doublebass war noch nie auf einem CRADLE OF FILTH-Album. Erstmals mussten die Gesangslinien hinter den Gitarren zurückstecken. Schreihals Dani Filth scheint auf einigen Songs eher heiser zu sein - die Schreie kommen nicht so spitz wie gewohnt, statt extrem hoch oder tief grunzig krächzt er zum Beispiel auf "The Abhorrent" im mittleren Tonbereich herum. Reden wir aber erst von den Hits: Außer dem bereits erwähnten "The Abhorrent" (der erst bei ca. der 10. Umdrehung zündet) sind das die erste Video-Auskopplung "Frost On Her Pillow" (eher langsam beginnende, psychologische Dornröschen-Geschichte), das vorab online herausgegebene "For Your Vulgar Delectetaion" (Hey, CoF sind die Pioniere der Vampirotik!) sowie "Illicitus" und "Succumb To This", beide wegen ihres variierten Themas. Der Rest ist ein ziemliches Geballer. CoF sollten echt nur noch Konzeptalben schreiben, dann kann man wenigstens die "Filler" besser entschuldigen! Paul Allender nannte das in den ersten Interviews zum Release den "Punk Vibe" des Albums. Es sei "specifically written to play live". Und da mag er recht haben: Zum Glas Wein im Kerzenschein taugt dieses Album eher weniger. Aber um die Nachbarn zu ärgern, die Wohnung im Rekordtempo zu putzen oder live die Haare fliegen zu lassen - prima.
ELDORADO aus Spanien liefern mit „Antigravity Sound Machine“ ein kleines Highlight in der Sparte „moderner“ Retro-Rock ab. Mir ist klar, dass das eigentlich ein Widerspruch in sich ist, aber im Moment sind 70er Rockklänge so angesagt, wie seit den...ähm...70ern nicht mehr. Und ELDORADO mischen ihrem Sound noch ein paar Einflüsse aktuellerer Kandidaten, wie z.B. AUDIOSLAVE bei und schon befindet man sich auf der Höhe der Zeit. „Antigravity Sound Machine“ ist angenehm fett und warm produziert worden und präsentiert so die knackigen Rocksongs in adäquatem Gewand. Jesus Trujillo überzeugt mit einem kräftigen und variablen Organ, welches er sehr gekonnt einzusetzen vermag. Das ELDORADO rocken können beweisen sie auf den gut 55 Minuten zur Genüge, was aber fast noch mehr hängen bleibt, ist die Tatsache, dass die Iberer auch mit ruhigen Klängen punkten können. So geraten die melancholischen „Like A Lost Child“ oder „A Farewell To November“ zu den Highlights einer durchwegs starken Rockscheiblette. Wer es gerne etwas heftiger mag, der darf sich gerne das galoppierende „Searching For Light“ als Anspieltip notieren. Was mich als bekennenden Spanien Rock/ Metal Fan abschließend noch interessiert ist die Tatsache, wie das Ganze in spanisch klingt...in ihrem Heimatland wurde die Scheibe unter dem Titel „Paranormal Radio“ nämlich auch auf Spanisch veröffentlicht.
HUMANIZZED lassen mit „First Mention“ ihren ersten Drei-Tracker auf die Menschheit los und selbiger bietet kräftigen Mid-Tempo Metal, welcher zwar noch nicht perfekt tönt, aber doch neugierig auf ein anständig produziertes Full-Length Werk macht. Der rauhe Opener „Guardians Of Hades“ ist als Einstieg gut gewählt und erinnert ein wenig an (auch und gerade gesanglich) REBELLION. Die Überraschung folgt mit „Lost Soldier“. Um einiges melodischer vorgetragen, meint man einem anderen Sänger zu lauschen. Das ist gelungen, der Rezensent ist verwirrt und HUMANIZZED haben einen ersten Bookmark im Hirn des geneigten Hörers hinterlassen. Das abschließende „Genesis Of Hate“ präsentiert sich als Mix der beiden vorangegangenen Songs, indem es Heavyness mit Melodie verknüpft. „First Mention“ ist ein interessantes erstes Lebenszeichen geworden.
DIE HAPPY sind in der deutschen Rockszene schon fast eine Institution – zahlreiche Tourneen, Festivalauftritte, TV-Präsenz, und was weis ich zeugen davon. Am 11. Februar 2012 gab die Band aus Ulm und ihre tschechische Frontfrau Marta Jandová im heimischen Roxy ihr 1000. Konzert. Ein wertig aufgemachter Doppelpack aus CD und DVD unter dem Titel „1000th Show Live” (im Digi-Pack mit fettem Booklet) ist dabei das richtige Geschenk der 1993 gegründeten Band an ihre Fans. Die CD enthält 16 Songs, die DVD (auf die sich die Review bezieht) enthält noch 6 weitere Tracks und ein ca. halbstündiges Interview („Die Happy TV”).
Als Start gibt es dann erst mal einen 7-Song langen Akustikset in stilvollem Bühnenambiente – „Four & More Unplugged“ läßt grüßen – ich für meinen Telk habe es „hard“ lieber. Danach ging man dann in gewohnter Manier Live zu Werke – „Gor For It“ ist da der richtige Start für eine Live-Show, in der zahlreiche illustre Gäste welche DIE HAPPY auf ihrem Weg begleitet hatten Gastauftritte hatten; darunter Johannes Strate (REVOLVERHELD), Jennifer Rostock, Philipp Volksmund, Andreas Bourani, Eric Fish (SUBWAY TO SALLY) , Doro Pesch. Highlights sicherlich „Open Your Eyes“, hier hat man an sich die GUANO APES mit Marta als Frontfrau auf der Bühne stehen und das Duett mit DORO bei „Good Things“, wobei DORO einen Teil des Songs extra auf deutsch umgetextet hat. Das Cover „Survivor“ von DESTINYS CHILD verwundert, „Otazky“ mit Marta’s Vater an der Akustikgitarre dargeboten kommt sentimental, das abschließende im Chor gesungenen „God Gave Rock’n’Roll To You“ (im Original von KISS) hat tatsächlich was von einem Geburtstagsständchen. Als Bonus gibt es auf der DVD noch ein ausführliches Interview der Band, bei dem auch viele der zum 1000. angereisten Gäste zu Wort kommen. Wie bereits anfangs erwähnt: DIE HAPPY haben mit „1000th Show Live” ein tolles Package für ihre Fans geschnürt.
Die Band EÏS war bis 2010 unter dem Namen GEÏST unterwegs, das aktuelle Werk „Wetterkreuz“ ist das erste Album unter dem Namen EÏS; dieser wenig kreative Namenswechsel ist einem Rechtsstreit zu verschulden. Ein Jahr nach diesem Wechsel verließen auch noch Sänger und Gitarristen die Band, die Arbeiten an „Wetterkreuz“ gingen ziemlich genau einen Monat danach los. Kann ein Album mit einem Bruchteil der Originalbesetzung denn noch taugen?
Ich mag rhetorische Fragen ja ungemein – ja, kann es! „Wetterkreuz“ ist ein heftiges und tiefsinniges Black Metal Gewitter, welches ungeachtet jegwelcher Hintergrundgeschichten durch die Lautsprecher knallt. Stilistisch ist das Machwerk der Bielefelder eine Mischung aus schnellem, rabiatem Black Metal, melodischen Klängen und düsteren, atmosphärischen Einspielern. Wo „Auf Kargen Klippen“ langsam mit einem Synthie-Intro (untermalt vom Klang eines leichten Windhauchs) loslegt, da wird schnell zu heftigem Nackenbrecher- Black Metal der alten Schule übergegangen. Ein sich durchaus wiederholendes Pattern: So sind die ersten drei Minuten von „Wetterkreuz“ düster und ohne viel Schau – einzelne Drumschläge und lange Akkorde – um danach das eisige Gewitter vom vorgegangenen Song fortzuführen.
Textlich und stimmlich sind EÏS auf Deutsch unterwegs und haben sich eine Thematik von Eiseskälte (oh Wunder), steinigen Gipfeln und Misanthropie zu Eigen gemacht („Errichten über allen Wipfeln Wetterkreuze aus Granit“; aus dem Song „Wetterkreuz“) – einen Blick in die Lyrics (welche ihr auch auf der Website der Band findet) kann ich jedem Hörer ans Herz legen. Wer wie ich eine Aversion gegen stumpfen Geschreie hat: Die Vocals sind zwar rau, keineswegs aber zu schräg und gut verständlich.
Ich höre selten Black Metal – aber „Wetterkreuz“ ist ein rund herum stimmiges Album. Mit einer Mischung aus hartem, donnernden Metal, ausdrucksstarken Texten und gut platzierten Atmo-Elementen ist „Wetterkreuz“ definitiv eine Empfehlung für alle die Bock auf melodischen und trotzdem kernigem Black Metal haben.