Mittlerweile hat so ziemlich jede Band eine Live-DVD am Start, egal in welchem Genre sie unterwegs ist. VITAL REMAINS machen da keine Ausnahme und bringen mit "Evil Death Live” einen Mitschnitt eines Konzertes in Kattowiz in die Läden. Neben dem Konzert gibt es die üblichen Sachen wie Interviews, eine wenig Rumgeprolle des Gitarristen und einen zweiten mitgefilmten Gig, der in schlechterer Qualität als der Hauptgig aufgenommen wurde. Dieser Gig ist knapp eine Stunde lang und wurde in absolut professioneller Manier gefilmt - sowohl Ton als auch Bild können jederzeit überzeugen. Das Publikum wird oft gefilmt und in den Pausen ist es immer wieder zu hören, die Live-Atmosphäre wurde also ganz gut eingefangen. VITAL REMAINS legen eine technisch beeindruckende Show aufs Parkett, und auch wenn sie mega-prollig sind, muss ihnen dafür Respekt gezollt werden. Leider ist Ober-Proll Glen Benton nicht von der Partie, wird aber durch Damien Boynton (DESOLATION) würdig vertreten. "Evil Death Live" ist eine sehr gut gemachte DVD, die sich VITAL REMAINS-Fans sowieso nicht entgehen lassen werden, die aber für das Lager jenseits der Die-Hard-Fans interessant ist - ein so gute Death Metal-Show bekommt man nicht alle Tage in so guter Qualität auf den heimischen Bildschirm.
HEMLOCK touren sich anscheinend in den USA den Arsch ab, haben es aber bislang kaum in die Alte Welt geschafft, weder auf Bühne noch auf Pladde. Das nahm Candlelight Records zum Anlass, das letzte Album der Band um zwei Bonustracks erweitert und mit neu eingespieltem Schlagzeug hierzulande zu veröffentlichen. "Bleed The Dream” ist klar im Hardcore verwurzelt, aber mit genügend Metalanteilen, um PRO-PAIN in nichts nachzustehen. Ein Faible für SOULFLY, MACHINE HEAD und (natürlich) SLAYER kann man den coole Jungs ebenfalls nicht absprechen, was im Endeffekt eine kraftvolle Mixtur ergibt, die ordentlich Arsch tritt. Allerdings, und das ist das große Manko der Scheibe, können HEMLOCK beim Songwriting nicht viel Variation bieten, auch wenn Experimente wie in "The Platinum Lie” immer wieder versucht werden und zu interessanten Ergebnissen führen. Aber meistens gibt es geradeheraus einen vor die Kauleiste, was auf Dauer ermüdend ist. Zu viele Füller tummeln sich auf "Bleed The Dream” und lassen die Scheibe im Mittelmaß feststecken, auch wenn einige Songs gelungen sind.
Die Belgier ENTHRONED gehören seit ihrer Gründung 1993 zu den ungeliebten Kindern der Black Metal-Szene und konnten bis heute keine großen Bäume ausreißen. Ein Genre-Meilenstein ist auch das von Harris Johns (u.A. SODOM) angemessen kraftvoll produzierte "Tetra Karcist" nicht geworden, aber einen Grund, diese Band auf dem Abstellgleis zu parken, liefert die Scheibe nicht im Geringsten, ganz im Gegenteil. Mit Alt-Drummer Alsvid haben Nornagest und Co. ein zwar sehr kurzes, aber auch sehr facettenreiches Album aufgenommen, das neben erwartungsgemäß schnellem Material über weite Strecken sehr getragene, epische Parts, fette Chöre und sogar untypische Gitarrensoli bietet, wobei alles schlüssig miteinander verzahnt wurde. Als Anspieltipps empfehle ich mal das abwechselungsreiche "Pray", das balladesk beginnende und sich danach in wilde Raserei steigernde "Deviant Nerve Angelius", den im wahrsten Sinne des Wortes sehr coolen, bombastischen Stampfer "The Seven Ensigns Of Creation" oder das progressive "Vermin" (man beachte die fast schon orientalischen Gitarren am Ende!), die "Tetra Karcist" im Ganzen gut repräsentieren. Diese stilistische Vielfalt und Vertracktheit mag in der recht konservativen Szene die Gemüter spalten, aber Black Metaller, die auch gerne mal nach links und rechts schauen, dürften mit diesem Album ihre dunkle Freude haben!
Die teilweise bisweilen überschwänglich positiven Rezensionen zu den beiden mir (leider) unbekannten Vorgängerwerken, insbesondere des Debüts "Effloresce" (2003), dieser britischen Formation OCEANSIZE konnte ich mich zunächst auch nach mehreren Durchläufen nur bedingt anschließen. Aber diese Musik hat dann auf lange Sicht betrachtet doch etwas besonderes zu bieten. Mögen es die opulente Klangvielfalt oder die ungewöhnlichen Verläufe kombiniert mit emotioneller Tiefe (ohne zu zerbrechlich kitschig zu wirken) sein oder die stark Alternative Rock geprägten Elemente mit leichtem Psychedelic meets Indie Touch, wenn es etwas verworren-melancholischer wird - die Jungs sind etwas besonderes, keine Frage! Doch absolute Vorsicht sollte man bezüglich des Konsums walten lassen, denn "Frames" ist nicht zu jeder Gelegenheit einfach mal so zu anzuhören, im Auto geht diese Mucke schon mal gar nicht, hier ist die volle Aufmerksamkeit vonnöten, ansonsten besteht die akute Gefahr des Vorbeirauschens. Der Start in diese Album ist zwar nicht so perfekt, denn der etwas bedächtig beginnende Achtminüter "Commemorative T-Shirt" bietet neben etwas zu monotonen Motivwiederholungen fast drei Minuten relativ belangloses Sphärengeprogge ehe dann endlich der Gesang einsetzt, dann geht es aber richtig gut ab fette aufwühlende Gitarrenbreitseiten eher man den Track mit dezenten Indie-Rock Ambiente ausklingen lässt. So haben OCEANSIZE dann doch noch die Kurve gekriegt. Direkt ineinander übergehend folgt dann "Unfamiliar" (einer der Höhepunkte der Albums) mit etwas spröde-schepprigen Gitarren aber bestens flankiert mit urwüchsigen Bass sowie treibenden Schlagzeugparts, der Sänger sorgt ebenfalls sofort für temperamentvolle Ausbrüche und dann folgen typisch für diese Band eher introvertierte sehr gefühlvolle Zwischenparts immer mal wieder im Wechsel mit heftigeren Parts. Und tatsächlich, dieser Mix aus epischer Weite, progressiven Arrangements sowie scheinbar nicht zusammenpassender Wechsel sowie stellenweise ungezügelter Dynamik schaffen einen ganz eigenwilligen Sound sowie Charakteristik, die man sich wunderbar hineinfallen lassen kann. Zwischendurch gibt es zwar auch einige Längen mit etwas zuviel "Nichts", u.a. bei "Savan", die sich selbst mir manchmal etwas zu klangmalerisch ausufernd im Nirvana bewegen. Aber dies ist aufgrund der vielen positiven Aspekte zu verschmerzen. Selbst für die ganz Harten drischt dieses Quintett bei "Sleeping Dogs and Dead Lions" dermaßen heavy mit aggressivem Gekreische sowie fetten Riffs auf den Zuhörer ein, dass so manchem Progie wahrscheinlich Angst und Bange wird, aber bei OCEANSIZE gibt es eigentlich nichts, was es nicht gibt - ein Widerspruch? Nein, ganz sicher nicht, denn auf "Frames" verschwimmen einfach sämtliche musikalischen Grenzen. Die gleichzeitig auftretende gefühlvolle Wärme und musikalische Weite, die fast schon popartigen Harmonien sowie der meist verspielt epische Bombast - und dies alles so gekonnt immer wieder auf’s neue zusammenzubasteln mit viel Charisma - das hat schon was und ist wirklich innovativer Prog Rock der heutigen Zeit auf höchstem Niveau. Immer wieder auf’s neu lassen diese hochtalentierten Musiker ihre fesselnde Klangteppiche entstehen um anschließend den Hörer mit halboffenen Mund sowie staunendem Gesichtsausdruck zurück und denken, das eben vernommene kann doch gar nicht gehen oder passen. Der abschließende Titelsong vereint nochmal alle Stärken der Jungs und ist nochmal eine tolle Hymne geworden mit langsamen Beginn, sich langsam steigernd schönen Streicherarrangements, aufwühlend mit furiosem Finale. Dies Platte erfordert ansonsten die uneingeschränkte Aufmerksamkeit bzw. die Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit nicht gängigen Songschemata - Fans von THE MARS VOLTA, COHEED AND CAMBRIA oder auch A PERFECT CIRCLE wissen von was ich rede und dürften hier erneut ein lohnendes Objekt mehr gefunden haben.
Einen krassen Stilbruch haben EISHEILIG mit ihrem neuen Album "Auf Dem Weg In Deine Welt" hingelegt. Der fast durchweg bombastisch inszenierte Vorgänger mit wütenden Gitarren scheint nicht existiert zu haben. Auf "Auf Dem Weg In Deine Welt" herrscht zerbrechliche Melancholie, teils getrieben von sehr emotional formuliertem Herzschmerz. Metal gibt es nicht mehr wirklich auf diesem Album, gezügelte Keyboards und düsterer Rock mit sehr klaren Texten, allesamt auf deutsch gesungen. Das todtraurige "Die Dunkelste Stunde" ist sicherlich hervorzuheben, da es trotz textlichem Kitsch den Weg zu Peinlichkeit mit Leichtigkeit meidet. Die Melodien auf dem Album sind gekonnt gesetzt, nicht wenige Refrains bleiben nach einem mal Hören im Ohr, einige Passagen erreichen dadurch fast poppige Gefilde. Was früher durch schiere Masse erschlagen wurde scheint jetzt sehr difizil ausgewählt, keine Keyboardwände sondern durchdachte Arrangements, kein Bombast sondern einige wenige effektreiche Ideen - die auch nach mehrmaligem Hören noch Überraschungen bereithalten. Und wie sich das für ein anständiges beinahe-Konzeptalbum gehört, gibt es auch ein schönes Ende: Das rockige "Geh Durchs Feuer" ist beileibe nicht positiv, aber musikalisch mit Abstand das fetzigste Stück - mit einfacher wie großartiger Melodie. Fans von "Elysium" sollten aber auf jeden Fall vorher reinhören bevor sie blind zugreifen!
Wenn nur jede hunderste Band ein Format und eine Innovationsgabe hätte wie PANTERA, bräuchten wir uns um den musikalischen Nachwuchs der harten Gitarrenmusik keine Sorgen mehr machen. DOWN machten nie Trendmusik, doch für derart gestandenen Musikern die sich bei den mittlerweile zur richtigen Band gereiften DOWN zusammengefunden haben, muss man die Messlatte dennoch hoch legen. Und sicherlich auch als Hörer erwarten, dass die Musik etwas ganz besonderes wird. Aber auch die beinahe Allstar-Band um Sänger Anselmo (ex-PANTERA) und die beiden Gitarristen Windstein (CROWBAR) und Keenan (CORROSION OF CONFORMITY) kann Genialität nicht erzwingen. Und das zeigt, dass auch DOWN nicht vom Schicksal gefeit ist, dass schon viele eingeholt hat: "Over The Under" ist handwerklich wie zu erwarten Sahne, die Ideen sind aber irgendwo im Sand der südamerikanischen Bundesstaaten weg geweht. Sie sind keineswegs schlecht und DOWN sind auch nicht PANTERA, vielmehr klingen DOWN über weite Strecken wie BLACK SABBATH die sich ins neue Jahrtausend gerettet haben. Im Sinne von modern will bei diesem Stoner durchtränkten Doom sicher nichts neu klingen, aber es gelingt DOWN nur in Maßen ihre, sagen wir konservativen (weil von ihnen selbst schon gespielten), Ideen durch gutes "Musizieren" aufzuwerten. Etwas melodischer gehen sie zu Werke, beim Opener "Three Suns And One Star" oder "Beneath The Tides" dabei aber nicht nur erdrückend mächtig sondern auch sehr cool, grade die Vocals und unglaublich lässigen Gitarren bei letzterem passen hervorragend zu einer schicken Sonnenbrille. Dem Wegwehen im Sande entgangen sind wenige Ausnahmen wie "Pillamyd", das bis zum Ende quälend langsam immer neue Wendungen hervorbringt. "Over The Under" schließt so gut wie es begonnen hat: "Nothing In Return" werden fast neun großartige Minuten gegeben um sich zu entfalten. Ein gutes Album des Heaviest Rock, aber nicht in einer Liga mit den ersten beiden Alben.
Laut ihrer eigenen Biografie wurden die Lübecker NASTRANDIR "zu Beginn des Jahres 2006 am Feuer zwischen Hörnern und Humpen geboren"… ja, nee, is´ klar! Um mein Fazit gleich vorwegzunehmen: das Feuer lodert eher auf Sparflamme, und ein Horn verursachen die sechs Humpen bei mir auch nicht wirklich. Nach gerade mal einer Ein-Song-Promo und einem Vier-Song-Demo liegt nun das erste vollständige Album der Wikinger vor, doch über Demo-Niveau kommt die Band leider noch nicht hinaus. Besonders die sehr "preiswerte" Produktion kastriert den angestrebten Bombast erheblich. Die Gitarren summen wie ein Bienenschwarm durch die Gegend, die Drums tickern vor sich hin, aber auch die vor Pathos nur so triefenden Songs mit ihren jedes Genre-Klischee ausreizenden, pseudo-poetischen Texten wirken auf mich durchweg unfreiwillig komisch. Hinzu kommen stimmlich betont tiefer gelegte Männerchöre, die eher nach siegreichen HSV-Fans auf Zündung denn nach tragischen Helden (was für viele Leute ja fast schon dasselbe ist…) klingen. Ein paar gute Ansätze im Songwriting sind ja durchaus vorhanden, wie etwa die abwechselungsreiche Bandhymne "Nastrandir" oder das eingängige, sogar ohrwurmartige "Seewölfe" beweisen, aber richtig ernst nehmen kann man "Zwischen Horizonten" nicht, da NASTRANDIR wirklich alles gnadenlos und völlig platt ausreizen, was die musizierende Wikinger-Zunft hergibt. Und ich bin mir sicher, dass diese Band ohne den großen Viking Metal-Boom so schnell nicht nach oben gespült worden wäre. Sorry, aber von Kollegen wie EQUILIBRIUM (die stilistisch als Vergleich sehr gut passen) oder TURISAS sind die Lübecker noch meilenweit entfernt!