IVANHOE haben sich drei Jahre Zeit gelassen um den vielgelobten Nachfolger von „Walk in Mindfields“ (2005) auf die Reihe zu bekommen. Die aktuelle Scheibe mit einem erneut sehr gelungenen Artwork (stammt von Mathias Janke) nennt sich „Lifelines“ und ist erneut ein sehr starkes Werk im weiten Feld des Progmetal geworden.
Die zeitliche Verzögerung der Scheibe hatte vielerlei Gründe (näheres dazu in unserem ausführlichen Interview) u.a. sind zwei neue Bandmitglieder dazu gekommen und außerdem wollte man sich in Punkto Soundausrichtung sowie Songwriting bewußt mehr Zeit lassen, um eine hohe Qualität zu erreichen und handwerklich auf echte Instrumente zu setzen vom ersten bis zum letzten Ton. Dies ist vor allem in Sachen Produktion zu 100 Prozent geglückt, ich habe schon lange kein so gut fundiertes mit knackig-vollem Sound ausgestattetes Album wie „Lifelines“ mehr gehört, die Drums sind extrem dynamisch mit beinahe schon unheimlichen Punsch geworden und auch die Gitarren kommen fett und packend aus den Boxen daher. Da hat Gitarrist Achim Welsch zusammen mit Jan Vacik (Mastering) einfach eine komplett super Arbeit and en Reglern abgeliefert.
Die Band hat hier bereits ihr fünftes Werk abgeliefert (die ersten drei Werke der 1990 gegründeten Band sang noch der heutige BRAINSTORM-Sänger Andy B. Franck ein). Aber ehrlich gesagt braucht sich der Nachfolger „Mischa“ Mang, der auch bereits auf dem Vorgänger zu hören war, vor dem vielgerühmten (und für meinen Geschmack auch etwas überbewerteten Vorgänger) in keinster Weise zu verstecken. Der Mann hat eine mächtige Stimme, kraftvoll-kernig, sehr volumig aber auch durchaus mit emotionaler Schlagseite sowie eine sehr breite Tonvarianz. Nur den ein oder anderen übertriebenen “Zieher“ zukünftig bitte einfach weglassen. „Lifeline“ ist insgesamt eine sehr interessantes sowie auch abwechslungsreiches Album geworden, dass je nach Stimmungslage und Songaufbau Progmetal mal mit leicht symphonischer (dabei an SYMPHONY X erinnernd wie bei „Schizophrenic“) Ausrichtung oder auch deutlich härter mit ordentlich rumst („Mad Power“) und mit viel Power Metal Feeling daher kommt.
Den bereits seit Anfangstagen aufgedrückten „Stempel“, die deutsche Antwort auf DREAM THEATER zu sein, können die Ivanhoe-Jungs sicher nicht mehr hören und er trifft auch nicht (mehr) zu. Außer der gleichen Genrezugehörigkeit machen die Schwaben schon ihr eigenes Ding und überzeugen durch gekonnte Wechsel innerhalb ihrer oftmals opulent-episch geprägten Songstrukturen, die durch eine stets flexible Rhythmik mit auch mal leicht vertrackten Parts. Sehr ideenreich arrangierte Songs, nicht zu anspruchsvoll oder überladen, sind die Regel die Scheibe kommt ohne jegliche Ausfälle. Denn auch die Melodien überzeugen hier bestens, auch wenn diese vielleicht nicht immer sofort mit der Tür ins (Refrain-) Haus fallen, die Hooks haben dadurch eine längere Haltbarkeit. Die tasten haben hier keine so dominante Rolle, werden eher sparsam eingesetzt, manchmal bleiben die Keys auch völlig außen vor, dies sogt für eine ordentliche Portion mehr Power hier pfeffern dann die Gitarrenriffs ordentlich ins Kontor und dürften auch Freunde etwas härterer Colleur überzeugen.
Richtige Kracher gibt es so einige auf dieser CD - bereits der Opener und Titelsong ist dabei zu nennen. „Suffering“ mit diesem tollen Stakkatogesang, singenden Leadgitarren sowie tollen Sololäufen einmal mehr hervorragend interpretiert von Hauptgitarrist und Rückkehrer Chuck Schuler, sowie der hymnenhafte Refrain hat tatsächlich was von QUEENSRYCHE. Meine Favoriten sind jedoch ganz klar das balladesk angehauchte „Angels Hologram“ das ungeheuer intensiv mit einem betont atmosphärischen Aufbau sehr packend rüber kommt. Das etwas düster gehaltene “You’ll Burn“ mit den tiefen Gitarren und dieser melodramatischen Melodie ist ebenfalls ein Höhepunkt.
Mit "Lifeline" stehen IVANHOE ganz klar mindestens auf einer Stufe mit der deutschen Konkurrenz mit herausragenden Kapellen wie etwa LANFEAR, VANDEN PLAS oder POVERTY’S NO CRIME und brauchen auch international keine Vergleiche zu scheuen. Es handelt sich zwar um kein geniales aber immerhin um ein sehr starkes Album ohne jegliche Langeweile mit starker Tendenz nach ganz oben geworden. Technisch äußerst versiert gespielt ist hier eine sehr ambitionierte und sympathischen Band zu hören. So muß unterhaltsamer Progressive Metal einfach klingen und jetzt werden sich auch hoffentlich viele neue Fans und Käufer für diese Musik finden. Es wäre verdient für alle Beteiligten.
Lifelines
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
9
Länge:
51:34 ()
Label:
Vertrieb:
Eine Live DVD von NEW MODEL ARMY kann eigentlich nur eine runde Sache sein, bei den Stärken dieser Formation. Hier ist zwar ein schon etwas älterer Gig anlässlich des zwanzigjährigen Bestehens der Army aus dem Dezember 2003 im altehrwürdigen Astoria Club in London aufgezeichnet worden, aber mit gutem Unterhaltungswert. Diese Aufnahmen „Live 161203“ sind recht authentisch gehalten, ohne große Schnörkel oder gar zuviel technischem Schnickschnack. Wer die Band schoneinmal livehaftig erlebt hat, weiß wo von ich spreche. Alle anderen dürfte dieser Mitschnitt überzeugen, einnmal werden mehr die Qualitäten und Stärken dieser legendären britischen Formation rübergerbacht: Live auf der Bühne zu stehen und ihren typisch etwas rauh angehauchten Independent Rock mit gelungenen Melodien vor einem bereitwilligen Publikum zu zelebrieren. Diese Kapelle kommt live einfach immer noch einen Tick stärker als auf ihren Studiotonträgern zur Geltung. Die ganze urwüchsige Kraft sowie mitreißende Energie ist in dieser kleinen Location mit einer wunderbar clubmäßigen Atmosphäre von Beginn an mit jedem Akkord greifbar. Vor der Bühne im Zuschauerraum ist viel Bewegung angesagt, es gibt immer wieder Moshpits und ja, man kann den Schweiß förmlich riechen, fühlt sich als Zuschauer mitten in dem Konzert, das von der Decke tropfende Kondenswasser meint man ebenfalls zu spüren.
Ebenfalls klar heraus kommt hier erneut, NEW MODEL ARMY sind die Band von Justin Sullivan oder auch: Er ist zum größtenteil die Band. Dies hat nichts mit einer Abqualifizierung der Restmitglieder zu tun, aber der rein äußerlich nicht gerade smarte Fronter und Sänger drückt der Musik seinen ureigenen Charakter auf.
Meist etwas verschmitzt-diabolisch grinsend mit großer rockender Zahnlücke (das britische Gesundheitssystem lässt grüßen) schmettert er seine oftmals sozialkritischen Vocals ins weite Rund.
Die Band versteht sich seit ihrer Gründung Ende der 1970er Jahre in Bradford von Justin Sullivan (Gesang, Gitarre), Stuart Morrow (Bass) bis teilweise auch heute noch als Sprachrohr der (unterdrückten) Arbeiterklasse. Die Musik drückt dies bestens aus mit einer wilden Mischung aus Post Punk, klassischem Rock und etwas Folklore, jenseits des irischen Saufliederpathos. Die Inhalte der Texte sind oft politisch gehalten und das Dreigestirn Sullivan, Morrow und Heaton traf mit seiner Musik zu Beginn der 1980er Jahre den Nerv der Zeit. Den stilistischen Stempel der unbequemen Rockrevoluzer haben die Herren bis heute nicht abgelegt. Die Setlist dieses Gigs umfasst 21 Tracks mit einem gelungenen Querschnitt durch die gesamte Bandhistorie. Sullivan hält sich verbal auch nicht zurück, als er Klassiker wie „51st State“ anstimmt oder bei Here Comes The War“ äußerst wütend seine starke Kritik an US-Präsident Busch und seinem regierungsstil ins Spiel bringt.
Insbesodnere auch die alten Kracher wie „Over The Wire“ „Wounderful Way To Go“ oder das energetische „Purity“ werden sehr kraftvoll durchgezogen. Balladeske Momente oder gar Pausen sind hier eher selten. Die Musiker sind voll dabei, wenn dabei auch stets das Instrument im Blick bleibt, Show oder gar Posing sind hier völlig außen vor, „Poison Street“ (mit einem klasse Harmonicasolo von Mark Feltham) oder „Stupid Questions“ zeigen eine bestens eingespielte Band. Es geht 90 Minuten musikalisch sehr gut ab, die Lightshow ist bestens abgestimmt, nichts spektakuläres aber solide genauso wie das Bildmaterial. Keine tausend Kameraperspektiven oder zig Schnitte werden hier dauernd gezeigt, nein hier reichen auch mal „normale“ unhektische Bilder ohne zuviel Anspruch aus. Allein die Extras der DVD sind eher verzichtbar - es gibt eine äußerst dünne Bandbiografie zum selber Ablesen, unspektakuläre Aufnahmen vom Soundcheck sowie ein Interview (leider ohne Untertitel mit Justin). Aber auf das kommt es bei einem NEW MODEL ARMY Konzert und auch auf dieser DVD sowieso nicht an, denn hier zählen einfach nur (handgemachte) Musik und Emotionen pur.
Live 161203
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
21
Länge:
152:0 ()
Label:
Vertrieb:
Interview Das dritte Album einer Band wird oftmals als das "make it or break it"-Album bezeichnet - mit "Ruiner" könnt ihr zuversichtlich sein, zur "make it"-Seite zu gehören...
Danke! Wir hatten eine tolle Zeit beim Schreiben des Albums und haben sehr hart an ihm gearbeitet - anders als bei den anderen beiden, wo wir noch schrieben, während wir schon beim Aufnehmen waren.
Wir hatten das Album also fast komplett fertig, als wir ins Studio gingen und Andrew [Produzent - lh] hat dann noch ein paar Vorschläge eingebracht und ein paar Dinge haben sich in letzter Minute noch geändert, aber die Demos hatten wir schon im Vorfeld komplett fertig... wie kleine fleißige Affen!
Gibt es jemanden, der nicht in einer Band spielt oder über Musik schreibt, der Alben als "make it or break it"-Punkt sieht? Oder setzen sich die Leute einfach die Kopfhörer oder sowas auf und hören die Musik, die sie mögen? Ich bin mir nicht sicher. Falls es jemand weiß, lasst es mich wissen.
"Ruiner" hat sich also so entwickelt, wie ihr es geplant hattet?
Ich denke, dass das Album unsere Erwartungen übertroffen hat. Wir mochten jeden einzelnen Song für sich alleine, aber waren uns nicht sicher, wie sie gemeinsam klingen würden. Wir hatten auch nicht erwartet, dass andere Leute so offen sein würden, denn wir haben einige Sachen ausprobiert, die viel lyrischer sind als das, was auf den letzten beiden Alben zu hören ist. Andrew Schneider, der "Ruiner" produziert hat, hat wirklich mit uns gearbeitet, ist mit unseren individuellen Meckereien klargekommen und hat seine eigenen Ideen beigesteuert, damit das ganze Ding zusammenpasst.
Dann gibt es keine großen oder kleinen Punkte, die dich an dem Album stören?
Ich kann es selbst kaum glauben, aber wir sind alle sehr glücklich mit dem Album. Wir sind nicht so egozentrisch, dass wir uns für das wichtigste Ding halten, das gerade in der Welt passiert. Ich bin von den ganzen Mittelmaß-das-sich-für-Genie-hält-Sachen genervt, das sich in der heftigen Musik so oft findet. Außerdem habe ich gerade gestern Abend MOTÖRHEAD gesehen. Es bringt Dinge wieder in die richtige Perspektive, wenn du einen Haufen alter Männer siehst, die härter rocken als du selbst, ohne dabei ins Schwitzen zu kommen. Lemmy.
Wie lange habt ihr an den Songs gearbeitet? Ist das Songwriting bei euch eine Gemeinschaftsarbeit?
Wir haben dieses Mal mehr Zeit in das Album investiert. Haben unser eigenes Studio gebaut und geschrieben, aufgenommen, neu geschrieben und neu aufgenommen, bis wir den Songs das Fett abgeschnitten hatten und sie mit jedem Mal mehr und mehr aufbauten. Die Jungs haben die Musik während der Woche geschrieben, ich habe sie mir dann ein paar Tage angehört und am Wochenende mit Brendan an den Vocals gearbeitet.
Habt ihr mehr als die neun Songs aufgenommen, die es auf das Album geschafft haben? Schon Pläne, was ihr mit den überzähligen machen wollt?
Haben wir gemacht! Wir haben einige mehr aufgenommen. Einer war gut, aber als ich versuchte, den Gesang dazu zu machen, wurde es nur Scheiße. Ich weiß immer noch nicht, warum. Ein anderer wurde aufgenommen und klang sehr schön, aber wir hatten keine Zeit mehr, um ihn fertig zu bearbeiten. Ich bin mir sicher, dass wir sie veröffentlichen werden, aber es ist zu früh, um genauer darüber nachzudenken.
Wovon handeln die Texte auf "Ruiner"?
Die Texte haben bei jedem Song ein anderes Thema. Manchmal male ich ein Bild mit Worten. Texte müssen keinen Sinn machen, weswegen ich manchmal ungelenk etwas auszudrücken versuche, dass ich anderen Leute sonst nicht sagen kann im richtigen Leben. Und manchmal schreibe ich über Charaktere oder aus der Sicht eines Tieres oder unbelebten Objektes. Hin und wieder versuche ich direkt zu der Person zu singen, die gerade das Album hört. Ich denke über sie nach und was sie möglicherweise macht, wenn sie meine Stimme hört und ich stelle mir vor, dass sie versteht, dass ich etwas direkt in ihr Ohr sagen will.
Wie wichtig sind dir dann die Texte?
Sie sind sehr wichtig, aber ehrlich gesagt wende ich nicht so viel Zeit für sie auf, da ich mich nicht für sehr gut darin halte, sie zu schreiben. Manchmal schreibe ich sie direkt vor den Aufnahmen. Das kann ein peinlicher Fehler sein.
Wie sehen eure Pläne für den Rest des Jahres und 2009 aus?
Touren, schreiben, aufnehmen.
Wie sieht dein Traum-Tourpackage aus?
Das ist zu schwer zu beantworten. Es gibt zu viele Bands, mit denen ich gerne spielen würde. Einige von ihnen sind schon lange von uns gegangen?
Letzte Worte?
Why, am I about to die?
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