Das siebte Studioalbum von den Pagan-Metallern MINAS MORGUL, dem grimmigen bösen Bruder von VARG, OBSCURITY und EQUILIBRIUM, ist fertig und wird uns auf den Turm der Schwarzen Magie entführen. Dort können wir gepflegt abhängen, den Blick über das Schattengebirge nach Mordor genießen und den träumerischen Riffs und Soli der Band lauschen. "Heimkehr" wird via Label Trollzorn erscheinen, und MINAS MORGUL bleiben ihrem melodischen Pagan Black/Death Metal treu. Coole Gitarrenriffs treffen auf hymnische Melodien. Die Besetzung der Band könnte man als sprunghaft bezeichnen, es sind mehrere Besetzungswechsel in nur wenigen Jahren zu dokumentieren. Interne Differenzen führten diesen Monat dazu, dass man sich auf einen Schlag von Sänger Robert „Robse“ Dahn (Frontmann bei EQUILIBRIUM), Keyboarderin Jennifer Berg und Bassist Janko Jentsch trennte. Robse ersetzte erst kürzlich Sänger Rico, als auch Gründungsmitglied Sam "Herr Ewald" die Band verließ. Sowas kennt man sonst nur von SODOM. Wer ist denn hier der Mr. Angelripper in der Band?!
MINAS MORGUL liegen mit ihrem Stil irgendwo zwischen Folk Metal-"Party"-Bands und dem Pagan Black Metal Skandinaviens und Osteuropas. Zum Glück versprüht die Band in ihrem 25. Jubiläumsjahr mit "Heimkehr" Atmosphäre und Dynamik. Nach einem langsam-symphonischen Keyboard-Prolog kommt mit dem Namensgeber-Song "Heimkehr" epische Melodik ins Spiel; Zeit zum Mitgrölen: "Heimkehr – setzt Euch zur Wehr". Klassische Refrain-Struktur, gezupfte Gitarrenlinien und Melodic Death Metal-Riffs bringen viel Eingängigkeit. Bei "Niedergang" treten MINAS MORGUL erstmals aufs Gaspedal. Bei der ersten Single-Auskopplung "Teufel" gibt’s ein ordentliches Brett, der Song klingt erfreulich hart und düster. "Weltenfall" überzeugt dank schöner Gitarrenmelodie, in der man sich verliert; Drumming, Keyboardteppich und Riffing harmonieren hier gut. Der Song "V.F." bringt mit Klargesang Abwechslung in die Sache. Bei der Produktion der Platte wurde viel Hall eingesetzt, so wirken Stimme und Riffs zum Teil verwaschen. Sänger "Robse" macht auf dem Album einen guten Job, natürlich ist eine neue Stimme immer eine gravierende Veränderung für den Klang einer Kapelle.
"Heimkehr" stimmt mich persönlich nicht überschwänglich verzückt, aber MINAS MORGUL präsentieren sich auf einem soliden Niveau.
Der „Berserker“ tobt: Die Göttinger ASENBLUT bringen ihr drittes Album über AFM heraus - und das bedeutet eine knappe Stunde feinsten, paganen Metal mit ein paar schwarzmetallischen und auch folk, beziehungsweise mittelalterlichen Anleihen. Tatsächlich hat sich im Hause ASENBLUT einiges seit dem „Aufbruch“ (2009) getan: Weniger Black Metal, dafür aber mehr Melodie und vor allem Abwechslung werden hier geboten. ASENBLUT scheuen auf ihrem dritten Album keine Experimente und lassen melodischen Death Metal à la AMON AMARTH („Titanenerbe“, „Bittere Wacht“), mittelalterlich folkige Lieder à la BLACK MESSIAH („Helden Des Ewigen Sturms“)und melodischen Pagan Metal à la OBSCURITY („Berserkerzorn“) auf ihre Hörer niederregnen. Black Metal spielt auf „Berserker“ eine eher untergeordnete Rolle, liegt den Bayern aber immer noch im Blut, wie Songs wie „Auf den Feldern Von Flandern“ eindrucksvoll beweisen. Dabei lockern ASENBLUT ihre Songs immer wieder mit recht flotten Riffs auf und glänzen mehr als auf ihrem Debüt mit wirklich abwechslungsreichem Gitarrenspiel. Auch gesanglich konnten sich ASENBLUT enorm steigern und bieten Abwechslungsreichtum. Die Songs sind unterschiedlich strukturiert, reichen von hymnischem low-tempo („Des Alchimisten Elixier“) bis zum rasanten up-tempo Donnerwetter („Titanenerbe“) und können eine Stunde Spielzeit ohne Wiederholungen und Langeweile füllen.
Am besten funktionieren ASENBLUT wenn sie richtig Gas geben, wie es bei „Titanerbe“ oder „Berserker“ der Fall ist. Der Bonussong „Berserker Rage“ beweist, dass die Band besser bei deutschsprachigen Lyrics bleibt. Unterm Strich ist „Berserker“ allerdings ein großartiges Album geworden, welches das Genre zwar nicht neu erfindet aber vieles auf den Punkt bringt und mit vielen geilen Parts aufwartet.
Jeder Pagan/Black-Fan sollte hier unbedingt mal reinhören. Mit Genre-Größen wie OBSCURITY können ASENBLUT nämlich locker mithalten!
VARG bringen eine neue Scheibe raus. Einige wird das aufregen, einige wird das freuen - ich persönliche muss mir neue VARG Klamotten erst mal mit meiner natürlichen Grundskepsis der Band gegenüber reinziehen, gerade da mein persönliches Highlight der Band sicher nicht dieses FREIWILD-mäßig-dämliche pseudo-(un)politische Deutschrock-Geschredder war. Oder um mich fix selbst zu zitieren: "Nun habe ich mit VARG ja folgendes Problem: Die Band gab teilweise in der Vergangenheit musikalisch wie inhaltlich eine gequirlte Scheiße von sich, dass es absolut nicht mehr feierlich war".
Was bei "Das Ende Aller Lügen" (denn so heißt das Fass) zunächst einmal auffällt - Charlie Chaplins berühmte Rede aus "Der große Diktator" (1940), wohl die Hitler- und Faschismus-Parodie - ist das 2 minütige Intro der Scheibe. Das ist ein Statement mit dem ich sehr gut leben kann.
Was danach aber losgeht ist leider genau das, was ich bei VARG (und wenn ich es recht überlege, praktisch bei allen Bands) so fürchterlich verzichtbar finde: Erstmal diverse Songs die den doch ach-so-schweren Weg gegen den Strom und die Welt der Band (oder der Fans) besingen. Mensch Leute, ich versinke in anerkennendem Mitleid. Oder fühle mich wie ein besonders cooler Rebell. Was immer euch lieber ist. Der Punkt ist - musikalisch ist das alles ordentlich, wer mir aber auf Deutsch ziemlich clear die Lyriks in die Ohrmuscheln brüllt sollte entweder auf Norwegisch umsteigen oder selbige Lyriks auch irgendwie erträglich gestalten.
Nun zum positiven: Nach etwa der Hälfte des Albums bessert sich der Kram und es wird mal wieder etwas mehr "back to the roots" gezockt - VARG machen wieder Pagan-Metal. "Dunkelheit", "Totentanz", "Einherjer", "Wintersturm" - das sind alles Songs die an die matrialischen Vikinger-Brecher der frühen Alben erinnern und die ich allesamt direkt feiern konnte. "Dunkelheit" bringt eine Atmosphäre rüber die dem Titel mehr als gerecht wird, spart aber nicht an fetten Double-Bass Headbang-Passagen, "Totentanz" sorgt mit weiblichen Vocals einen frischen Vibe, "Einherjer" und "Wintersturm" prügeln nach dem epochalen Intro noch einmal so richtig rein und "Ascheregen" schließt das Album leicht melancholisch ab.
Was ziehen wir also für ein Fazit? Nun - der zweite Teil von "Das Ende Aller Lügen" (und der Opener) sind messerscharfe, absolut empfehlenswerte Vikinger-Nummern die sich hinter den starken frühen Alben der Band nicht verstecken brauchen, eher im Gegenteil; die erwähnte Selbstbeweihräucherung am Anfang kann mir aber mehr als gestohlen bleiben. Macht draus was ihr wollt.
„Das Ende Aller Lügen“ (2016) naht endlich. Während die Wölfe ihre letzten drei Alben „Blutaar“ (2010), „Wolfskult“ (2011) und „Guten Tag“ (2012) fast nahtlos hintereinander veröffentlichten, lassen sie sich dieses Mal ordentlich Zeit. Um die lange Zeit des Wartens zu überbrücken hat die Band etwas zum Hören und Blättern für die Fans erstellt – Denn „Rotkäppchen“ ist mehr als eine bloße EP.
„Rotkäppchen“ erschien erstmals auf der „Legacy EP“ (2012) und konnte sich seitdem ziemlich gut als Live-Song behaupten. Kein Wunder also, dass es hier erneut ausgegraben wurde und eingespielt wurde. In sechs verschiedenen Versionen ist der Song hier zu finden: Einmal in neu, einmal in Englisch und mit Cristopher Bows von ALESTORM („Red Riding Hood“), einmal in Norwegisch mit TROLLFEST („Rødhette“), zweimal instrumental (einmal „Im Bierzelt“ und einmal „Karaoke“), einmal die neue Version und einmal die von 2011. Des Weiteren gibt es zwei exklusive, neue Songs von VARG und zwar „Ein Tag Wie Heute“ und „Abendrot“. Beide Songs sind sehr gut gemacht und deuten eher in die „Wolfskult-“ denn die „GutenTag-Ära“. Der Viking Metal Faktor ist hier (und besonders bei „Abendrot“) wieder größer. Unter den „Rotkäppchen-Versionen“ sticht besonders „Rødhette“ hervor.
Auch optisch weiß die „EP“ voll und ganz zu überzeugen: Der Hörer hält ein wundervoll illustriertes DIN A5 Märchenbuch in den Händen. Das bessere Märchenbuch vor allem. Endlich mal eine EP, die sich lohnt!
HEATHEN FORAY heißen unsere österreichischen Viking-Metal Brüder aus Graz. Längst sind die fünf kein unbeschriebenes Blatt mehr, ziehen sie dieses Jahr doch schon zum fünften Mal in die Schlacht. „Into Battle“ ist der Össis viertes Studio-Album. Stilistisch liefern HEATHEN FORAY auch hier wieder einen soliden Querschnitt durch die Viking-/Pagan-Szene ab. Tiefe Grunts treffen auf heroischen Klargesang, epische Passagen und Soli passend herein gestreut.
Fühlt man sich bei Sofortzünder „Fight“ ein Wenig an ALESTORM erinnert, driftet „Unthinking“ schon fast in Richtung „balladeske AMON AMARTH“. Auch das ruhigere „Silence“ und „Tír na n’Og“ zünden sofort – Hier zeigen sich die Russen von ihrer epischeren Seite. Doch wer „Into Battle“ kompromisslos durchhören will, der muss leider auch mit nicht ganz so epischen deutschen Text-Passagen klar kommen. Kommt die „Freundschaft“ noch ganz schneidig davon, meint man bei „Wofür Ich Streit‘“ und explizit „Knüppeltroll“ doch tatsächlich eine Menge Alkohol herauszuhören und muss mit Textzeilen wie „Schönen Mädchen, das ist klar (…) an manchen Stellen wohl beleibt bin ich auch nicht abgeneigt.“ oder „Willst Du Meinen Knüppel packen – Wird ich Dir in’s Fleische hacken – Knüppel lang und Knüppel breit, in den Rachen bis es schreit (…)“ klar kommen. Hier sind die – wenn auch sicher partytauglichen – Schwachstellen des Albums.
Mit „Wigird“ liefern die Jungs überdies ein von erhabenen Trommeln und dezenten Streichern begleitetes instrumentales Outro, dass sich hier und da an Melodien des Albums zu orientieren scheint. Als Bonus-Track wurde noch eine Akkustik-Version des Titels „Winterking“ obenauf gepackt – ein schönes Lied, dass schon auf dem Demo-Tape und dem Debüt „The Passage“ (2009) veröffentlicht wurde – hier in der Akkustik-Version aufgrund einer merklich dünneren Produktion zurecht hinten ansteht. So ziehen HEATHEN FORAY 2015 mit einem nicht durchweg erstklassigen, aber dennoch hübsch abwechslungsreichen Album der besseren Machart in die Schlacht. Fans von OBSCURITY, BIFRÖST, ENSIFERUM und BLACK MESSIAH sollten hier mal reinhören.
Neun Tage und ebenso viele Nächte dauerte Odin’s Selbstopfer, neun Mütter hatte Heimdall und bei den Kelten steckt in der Zahl „9“ das ganze Universum. Neun neue Titel bringen uns FORTID 2015, und der Name des Werkes ist – ganz richtig – „9“. So viel zur einfachen Mathematik. Ob es jetzt Epic Viking Black Metal oder Pagan Black Metal oder gar Extreme Pagan Metal ist, was die drei Norweger um den gebürtigen Isländer Eldur (DEN SAAKALDTE, CURSE, POTENTIAM) spielen, darüber lässt sich bekanntlich streiten.
Unbestritten bleibt aber, dass FORTID mit „9“ einen weiteren Meilenstein ihrer Karriere legen. Nach „Pagan Prophecies“, das 2012 erschien, ist „9“ nun das zweite Album nach Abschluss der Völuspá-Triologie und kehrt überraschender Weise wieder etwas mehr zu dieser zurück. Die Rückkehr zu isländischen Lyrics ist nur ein Aspekt davon. FORTID erschaffen auf „9“ so dichte Atmosphären wie nie zuvor, versinken aber dank gutem, nicht zu eintönigen Riffing und variabler Gesangsleistung nicht wie viele ihrer Genre-Brüder im isländischen Sumpf. Schlussendlich unterscheiden sich die Lieder doch alle erheblich von einander: Da gibt es ruhigere, eher folkige Lieder wie „Hrafnar“ und „Hof“, aber auch schnellere Songs wie „Nornir“ oder „Gladur“. Oftmals mischt die Band allerdings beide Elemente mit einander, so dass man letztlich einen etwas schwärzlichen Pagan Metal mit folkigen Passagen vorfindet – wie es besonders eindrucksvoll im Titeltrack geschieht. Zu wie viel Atmosphäre und Düsternis FORTID wirklich fähig sind beweist indes „Runir“: Verzweifelter Klargesang und eine wirklich atemberaubend dichte Instrumentierung bilden hier den heimlichen Höhepunkt der Scheibe.
„9“ ist ein Album, auf dem man auch nach zehn und mehr Durchläufen immer noch Neues findet. Ein Album, welchem man seine Spielzeit von knapp einer Stunde nicht anmerkt und eine klare Weiterentwicklung zum Vorreiter „Pagan Prophecies“. Ein einziges Manko hier sind vielleicht die Vokals, die anfangs etwas gewöhnungsbedürftig erscheinen, sich bald aber perfekt in das Klangbild von FORTID einfügen.
Wer auf nicht zu klar produzierten Pagan Metal mit Black Metal-Anleihen und dem Hauch isländischen Folks steht, der sollte hier ruhig mal reinhören. Für Fans von ENSLAVED, ARSTIDIR LIFSINS, FALKENBACH, SOLSTAFIR und DEN SAAKALDTE. Irgendwo dazwischen finden sich FORTID wieder.
Mit „Naturbål“ haben die Schweden von VINTERSORG zwei Jahre nach dem letzten Album „Orkan“ nun neues Material nachgelegt. Die grobe musikalische Stoßrichtung ist die gleiche geblieben: mal durchweg brachialer, mal etwas ruhigerer Pagan Metal, der nicht direkt ins Ohr geht, sondern erst nach mehrmaligem Hören anfängt, sich dem Hörer zu erschließen. Das Album steht erneut im Zeichen der Naturgewalten, wobei diesmal das Feuer in seinen verschiedenen Formen die Hauptrolle spielt. Der Opener „Ur Aska Och Sot“ startet enorm brachial, wird dann aber im Laufe seiner siebeneinhalb Minuten Spielzeit melodiöser, für „Elddraken“ gilt ähnliches. „Overallt Och Ingenstans“ verbreitet mit mittelalterlichen Elementen Wikinger-Flair, „En Blixt Från Klar Himmel” beginnt passend zum Titel mit einem Gewitter und kommt danach recht heavy daher. „Urdarmårne” beginnt völlig ruhig mit Klavier und Streichern, bevor sich langsam aber sicher E-Gitarren, Schlagzeug und Gesang dazugesellen und eine härtere Gangart angeschlagen wird. Das ebenso hymnische wie eingängige „Själ I Flamma“ ist im Midtempo angesiedelt und besingt die Fähigkeit des Menschen, in Leidenschaft für eine Sache zu brennen, betont also die positive Seite des Feuers. Richtige Ohrwürmer fehlen auf „Naturbål“, aber VINTERSORG bieten musikalisch grundsolide Kost – Freunde von Pagan- und Viking Metal dürfen also weiterhin getrost zugreifen.
FINNTROLL sind so Pagan wie IRON MAIDEN Heavy Metal sind – die Band ist ein Urgestein des Genres und hat eine verdient große Masse Fans weltweit. Nun kommt mit „Natten Med De Levande Finntroll“ ein ausgesprochen langes Live-Album, aufgenommen 2008 in Amsterdam.
Über 19 Songs mit einer Spielzeit von 1:19h gibt die Band Songs von allem bis dato erscheinenden Material zum Besten – was eben naturgemäß „Nifelvind“ sowie „Blodsvept“ ausschließt. Dabei wurde das Album auch von Spinfarm, nicht der aktuellen Plattenfirma Century Media rausgehauen – warum das so spät passiert bleibt im Dunkeln.
Die Songauswahl bleibt trotz dem Mangel zweier sehr ordentlicher Album durchaus gut: Ob Songs wie „Trollhammaren“ (2004), „Midnattens Widunder“ (1999) oder „Jaktens Tid“ (2001), die Band deckt quasi alles ab was man sich wünschen mag.
Was mir allerdings doch etwas quer schlägt ist die Soundqualität – ich habe hier nur eine MP3 und kann nichts zur CD-Version sagen, auf selbiger Digitalversion klingen aber leider weder das Gesamtaudiobild, noch die Details sehr ansprechend. Sänger Mathias klingt insbesondere bei Vokal-Ankündigungen teilweise ziemlich kratzig und matschig, die Drums prügeln sich noch mehr als sonst in den Vordergrund und wenn ich es nicht besser wüsste würde ich sagen, die Gitarren übersteuern leicht.
Fazit: Gute Songauswahl. Gute Band. Mittelmäßiger Sound. Fehlende Alben. Kann man machen – Finntroll live sind schon ziemlich gut. Sicher aber kein Must-Have.
EQUILIBRIUM haben vor 4 Jahren einen Schritt gemacht, die damals relativ junge Band in den Augen vieler – inklusive meiner – so gar nicht gut tan: Sie haben Sänger Helge Stang durch Robert „Robse“ Dahn sowie Drummer Manuel durch Tuval Refaeli ersetzt. Das 2010er Album „Rekreatur“ war dann (zu mindestens für Robse, Tuval war noch nicht auf der Platte zu hören) quasi das Debut der neuen EQULIBRIUM. Selbiges Album wurde von der Fachpresse eher zerrissen, von den Fans (höchst subjektiv betrachtet), vorsichtig gesagt, „gemischt“ aufgenommen – so richtig wollte dieser Wechsel der Truppe nicht gut tun, der Stil der Band wich einfach zu krass von „Turis Frytyr“ und „Sagas“ ab ohne sein eigenes Fahrwasser zu finden. Und wenn ich ehrlich bin lache ich immer noch darüber, dass ein Titel ernsthaft „Affeninsel“ hieß…
Mit „Erdentempel“ weicht dieser Stil immer noch recht krass ab – schrecklich viele Parallelen zu den frühen Stücken wird der geneigte Hörer nicht finden – hat sich dafür aber in seiner Art und Weise (im Gegensatz zum halbgaren „Rekreatur“) mehr oder weniger selber gefunden und wirkt authentischer und passender.
EQUILIBRIUM haben sich mittlerweile von dem eher von Wikinger-Geschichten geprägten, selber als „episch“ bezeichneten Metal wegbewegt und streuen auf „Erdentempel“, ungeniert gesagt, einfach mehr stumpfe Sauflieder ein. Songs wie „Met“ („Turis Fratyr“ von 2005) oder BLACK MESSIAHs „Sauflied“ kann jeder Depp auch noch bei knapp vor einer 50-50% Blut-Alkohol-Mischung auswendig mitgröhlen – und offenbar versucht EQUILIBRIUM mit Titeln wie „Uns’rer Flöten Klang“ oder „Wirtshaus Gaudi“ direkt an den eigenen, mittlerweile 9 Jahre alten Erfolg von „Met“ anzuknüpfen.
Streckenweise gelingt das ganz sympathisch, teilweise sorgt es für eine gewisse Form von Fremdscham bei den Lyrics – und das sagt jemand, der sich sonst ganz unkompliziert in die gröhlende „MET! MET! MET“-Menge einreiht. Ich meine, ernsthaft – stumpfes Sauflied mit Allüren an ONKEL TOM oder TANKARD, gerne – aber Reim-dich-oder-ich-fress-dich-Lyrics muss ich mir nicht geben, erst recht wenn sie nur pseudo-böse gegrowlt sind und man alles gut versteht („Hallo lieber Wirt mach mir den Bierkrug voll / ganz Randvoll / so ist’s toll“). In anderen Worten: Wegen solchen Songs haben Leute wie wir einen beschissenen Ruf. Auch darum schere ich mich für gewöhnlich nicht – bei dem Chorus gebe ich der selbsternannten Musik-Elite, welche so gerne abwertend auf unkomplizierten Metal starrt, ausnahmsweise einfach mal recht.
Ob ich so einen Titel wie „Was Lange Währt“, ein Opener der nach dem Instrumental-Intro „Ankunft“ (wie passend…) im Endeffekt nur das Comeback Band beweihräuchert, brauche – das ist gelinde gesagt diskutabel. Gleiches gilt für „Freiflug“. Ich will ja nicht sagen, dass das in Richtung Deutschrock geht… aber eigentlich will ich’s schon sagen.
Ein weniger ernster und mehr in Richtung Metal statt Schlager machen dann die stärkeren Titel der Platte, vorne weg das von der EP bekannte „Waldschrein“, wahlweise auch „Stein Meiner Ahnen“ oder „Karawane“. Hier merkt man, dass die (eigentlich nicht mehr neuen) Mitmusiker in der Band angekommen sind und wieder schlicht und ergreifend guten, deutschsprachigen Pagan Metal zocken können.
Positiv weiterentwickelt hat sich die Band auch insofern, dass einige Songs thematisch angenehm, wenngleich passend, vom sonstigen Schema abweichen und einen frischen Wind in die Musik bringen („Karawane“, „Wellengang“). Man mag mir da widersprechen, aber bei deutschem Metal haben die Lyrics durchaus ihren erhöhten Stellenwert.
Was mache ich mir also nun aus „Erdentempel“? Nun: Es ist meiner Meinung nach besser als „Rekreatur“, alleine schon weil es stimmiger wird. Es hat aber auch mehr als einen verzichtbaren Titel – dennoch hat es mein arg remponiertes Vertrauen in die Band (welche, das gilt noch anzumerken, ich seit dem 2005er Debut verfolgt) teilweise wiederhergestellt. „Erdentempel“ kann man hören – muss man aber nicht gerade vorbestellen.
Einerseits kann ich den sehr hohen Status, den die Norweger in einigen Teilen der Black Metal-Gemeide haben, nicht ganz nachvollziehen, denn KAMPFAR haben bis heute weder das ganz große Überalbum an den Start gebracht, noch setzen sie sich stilistisch allzu sehr vom Gros der Szene ab. Enttäuscht hat ihre Mischung aus schwarzem Metall und dezenten volkstümlichen nordischen Melodien andererseits jedoch selten, was „Djevelmakt“, das sechste Album seit der Bandgründung vor 20 Jahren, erneut unter Beweis stellt. Gegenüber den beiden Vorgängerwerken „Heimgang“ und „Mare“ haben Bandgründer/Sänger Dolk und seine Mannen sogar noch ein Schippen nachgelegt, denn hier paart sich sehr gutes Songwriting mit einem angemessen kraftvollen wie basisch sägenden Sound, den das Quartett zuletzt nicht so geschickt in Szene zu setzen wusste. Mit den flotten Midtempo-Hymnen „Kujon“ und „Blod, Elder Og Galle“, dem majestätischen ”Swarm Norvegicus”, dem facettenreichen „De Dodes Fane“ und dem treibenden, überlangen Abschluss „Our Hounds, Our Legion“ haben KAMPFAR ein paar „Tipp“-würdige Kompositionen auf Lager, die durch den subtilen Einsatz von Flötenspiel noch weiter aufgewertet werden, aber mit dem sperrigen Opener „Mylder“ und den banalen „Fortapelse“ und „Svarte Sjelers Salme“ findet sich auch schwächeres Material auf „Djevelmakt“, das den ansonsten sehr guten Schnitt etwas nach unten zieht. In dieser Form sind KAMPFAR aber in bestechender Form, auch wenn sie nicht in einer Liga mit ENSLAVED, MOONSORROW oder NEGURA BUNGET zocken.