NEGATIVVM machen sich mit “Tronie” daran, ihrem (laut Biographie) Misstrauen gegen die Gesellschaft einen musikalischen Ausdruck zu geben. Da kann nur bösartige Musik rauskommen, folgerichtig ist der Fünf-Tracker dann auch im Black Metal anzusiedeln. Ähnlich wie TODTGELICHTER sind NEGATIVVM mit deutschen Texten unterwegs, die durchweg interessant sind. Die Band bietet zwar nichts völlig Neues in den gut 36 Minuten, schafft es aber durch die Vermischung skandinavischer Einflüsse und kräftig Epik die Spannung über die gesamte Länge zu halten, „Tronie“ langweilt den Hörer zu keiner Sekunde. Wer sich völlig auf die Klanglandschaften der Band einlässt, wird nicht umhin kommen, die vielen kleinen Details und vor allem die packende Atmosphäre zu erkennen und zu würdigen wissen. „Tronie“ wird so zu einem sehr interessanten Black Metal-Album, das zwar das Rad nicht neu erfindet, aber in allen Bereichen überzeugen kann. Da es das Teil zudem als kostenlosen Download gibt, muss hier jeder Schwarzwurzler einfach zuschlagen.
Ich habe prinzipiell nichts gegen die originelle Vermischung unterschiedlicher Stilarten, ganz im Gegenteil, nur muss das Ergebnis stimmig sein. Und genau hier liegt das große Problem der Wiener HORNS OF HATTIN, die mit „De Veritate“ ihr Debütalbum abliefern. In erster Linie spielt das Quintett symphonischen, epischen, zumeist sehr flotten Black Metal, der grob in Richtung DIMMU BORGIR, CATAMENIA oder GRAVEWORM ausschlägt, doch wird auch, speziell bei den tiefer gelegten, groovigen Riffs und den Growls (Fronter Havres Heremita und Gitarrist Rex Vermum teilen sich den „Gesang“) stark in Richtung Todesblei geschielt. Nur leider sind die Stücke, auch angereichert durch Spoken Word-Parts und andere eingeschobene Samples, wenig eingängig und in Sachen Songwriting reichlich unausgegoren, auch wenn sie produktionstechnisch von Tausendsassa und Klangzauberer Andy LaRocque eindrucksvoll und voluminös in Szene gesetzt worden sind. Als Hörproben kann man das facettenreiche „Montségur“ oder das abschließende, mächtige „1187“ (einer von drei neu aufgenommenen Songs vom gleichnamigen ersten Demo) empfehlen, die die Bandbreite von „De Veritate“ gut widerspiegeln. Eine richtig schwache Angelegenheit ist das Album nicht, teilweise sogar sehr hörenswert, doch hier sind gleich zu viele Ideen unausgereift in einen Topf geworfen worden, was die Sache recht anstrengend macht. Einen ähnlichen Stilmix beherrschen zum Bleistift die Taiwaner CHTHONIC deutlich sicherer.
PANDORA’S BALL mixedn auf ihrem Debütalbum „Full Size Nothing“ fröhlich knackigen modernen Rock Marke GODSMACK und FILTER mit den Grunge (ALICE IN CHAINS lassen grüßen) und einer Prise traditionellen Metal in der Gitarrenarbeit zu einer gut nach vorne gehenden Alternative-Scheibe. In den neun Songs ist erkennbar viel Zeit und Hirnschmalz verbraten worden, immerhin haben sich die Kerle ein paar Jahre Zeit genommen und nicht den Fehler gemacht, direkt nach Bandgründung ein Album zu veröffentlichen. So weiß auf „Full Size Nothing“ jeder der Beteiligten, was er zu tun hat, wodurch das Ergebnis stimmig ist. „Bloodless“ entpuppt sich als heimlicher Hit der Scheibe, während „171 Lake Washington Blvd.” und „Challenged“ schön knackig-wütend sind und „Holosex“ die grungige Seite der Band zeigt. Manchesmal jhuat das mit dem Groove noch nicht so ganz hin, aber das wird durch die tolle, markante Stimme wettgemacht, die etwaige Schwachstellen und Längen gekonnt verdeckt. „Full Size Nothing“ ist ein interessantes Alternative-Album geworden, mit dem PANDORA’S BALL bei Freunden oben genannter Bands punkten werden dürften, auch wenn hier und da noch Möglichkeiten zur Verbesserung bestehen. Aber was soll’s, das Ergebnis kann sich auch so schon hören lassen.
Kollegin Laetti hatte anno 2007 mit dem letzten NEUROSIS-Werk "Given To The Rising" zu kämpfen, attestierte dem Werk aber immerhin, „hart und dunkel, tiefschürfend und hochemotional“ zu sein. NEUROSIS machen es ihren Hörern nie leicht, aber wer sich einmal in den Sog ihrer Alben begeben hat, kommt da nicht wieder raus. „Honor Found In Decay“, das gut fünf Jahre nach seinem Vorgänger in die Läden kommt, reiht sich da mühelos in die Riege erstklassiger Alben ein – ein schwaches NEUROSIS-Album gibt es einfach nicht. Angesichts einer zehn Alben und beinahe drei Dekaden spannenden Karriere eine an sich schon bemerkenswerte Leistung; nicht umsonst ist die Band stilprägend für ganze Heerscharen von Bands gewesen. „Honor Found In Decay“ fängt überraschend rockig an, „We All Rage In Gold“ ist voller Groove und beginnt im Mid-Tempo mit einigen Textzeilen, die direkt in’s Ohr gehen. Aber keine Panik, das legt sich bald und NEUROSIS kehren zum schleppenden, brutalen Sound zurück, für den sie so exemplarisch stehen. „Raise The Dawn“ oder „My Heart For Deliverance“ sind Beispiele für die NEUROSIS-typische Verschmelzung aus Melodie, Härte und Apokalypse. Wieder einmal von der Band selbst produziert, gemeinsam mit Steve Albini, knallt „Honor Found In Decay“ knackig aus den Boxen und kann den Hörer (und dessen Nachbarn) locker erschlagen. NEUROSIS ist mit „Honor Found In Decay“ ein weiteres erstklassiges Album gelungen, das voller Intensität, Schwärze und Dynamik ist. Sind die älteren Alben noch etwas roher, ist der Band spätestens mit diesem Werk der perfekte Soundtrack für die Post-Apkalypse gelungen, wenn der Blick über verheerte Landschaften und eine erlöschende Sonne schweift. Grandios, mehr gibt es dazu nicht zu sagen!
HEAVEN’S CRY wollen es tatsächlich nochmal wissen und haben jetzt mit “Wheels of Impermanence” ihr drittes Album seit dem Debüt („Food for Thought Substitute“/1996) sowie nach dem Zweitwerk (2002) und zehn Jahren kompletter albummäßiger Funkstille auf ihre Fans losgelassen. Diese vierköpfigen kanadischen Band aus Montreal hat sich erst 2011 zu einem Konzert wieder zusammengetan und frönt weiter stilistisch ganz klar dem lupenreinen Progmetal. Aber halt der etwas sperrigeren Art. Will sagen mit dem u.a. von THRESHOLD aktuelle gerade genial vertonten neuen Werk „March Of Progress“ haben diese Herren doch deutlich weniger am Hut. Hier gibt es keinen dieses meist sofort zündenden „Wohlfühl-Melodienselligkeits’“-Prog Power Metal der genannten Briten zu finden - hier darf man sich schon doch etwas mehr durch die sperrig-breaklastigen Songs mit starker Bassbetonung sowie vielschichtiger Melodielinien reinhören.
Ist ja auch kein Problem oder gar eine negatives Qualitätsmerkmal - im Gegenteil also die Lauscherchen aufgestellt, am besten mit Kopfhörer, und die knapp 50 Minuten ein durchaus sehr lohnendes Progfeuerwerk auf sich einprasseln lassen.
Seit dem von mir ebenfalls besprochenen Zweitalbum "Primal Power Addiction" (2002) ist zwar viel Zeit vergangen, der Musik hört man dies in keinster Weise an, es scheint als hätte man da konsequent weitergemacht, wo man damals aufgehört hat. Diesmal nur etwas weniger keyboardlastig, der symphonische Eindruck (trotzt der ersten paar Sekunden des eher rifflastig-düsteren „Empire’s Doll“) des Vorgängers ist jetzt eher reduziert, dass Ganze kommt schon gitarrenbetonter sowie kantiger daher und wird ab und an mit einer starken Prise heavyness (z.B. das etwas zerstobene „Realigning“) garniert. Die damals festgestellten deutlichen ENCHANT-Einflüsse sind nahezu komplett verschwunden, weniger songliche Sprödheit als packende Dynamik mit mehr Drive stehen im Focus.
Der Gesang, es gibt zwei Leadstimmen, ist insgesamt ebenfalls eher relativ gediegen in einer normalen Auslage manchmal zwar etwas aggressiver aber keinesfalls „böse-growlig“ auch mit den vielfach typisch Eierkneifergesängen haben HEAVEN’S CRY wenig zu tun, meist werden die Vocals glasklar und mit sehr eigenständigem Feeling präsentiert. Einer der songlichen Höhepunkte ist dann ohne Zweifel „Hollow“ mit klasse Melodiebögen, trotzt der vielen Tempowechsel, hektischer Drumparts und etwas „franzenden“ Gitarrensounds. Der etwas geradlinigere und mit deutlich stärkerer Tastenbetonung versehene Titelsong überzeugt außerdem mit vielschichtigen Backingchören. Die Band übertreibt es dankenswerter Weise nicht mit allzu langen Songs (meist so um die 6 Minuten), klar ein paar typische Verschachtelungen, rhythmische Vertracktheiten müssen schon sein aber nie zu präsent-dominant („The Mad Machine“) und als reiner Selbstzweck sondern meist im Sinne des Songs um diesen voranzutreiben bzw. zu tragen. Bei „Consequence“ beginnt es zunächst etwas funkig, dann wird es fast truemetallisch bei den Schreien ehe hinten raus mit Saxophoneinlage fast schon angedeutet jazzig wird – klingt interessant? Ist es auch absolut und zwar das komplette Album in seiner Aussage. Gegen Schluss gibt es eine Art balladenartigen Song, hat was von den großartigen SHADOW GALLERY ohne zu glattgebügelt, heimelig zu klingen. Mit dem überzeugenden Instrumental „A Glimpse Of Hope“ zeigen HEAVEN’s CRY nocheinmal ihr ganzes Können in Punkto Detailreichtum und packendem Songwriting.
„Wheels Of Impermanence“ hat die hohen Erwartungen aufgrund der starken Vorgänger jedenfalls voll erfüllt und stellt für Progmetalfans ein absolutes Pflichtalbum dar. Bleibt nur zu hoffen, dass es nicht wieder solange dauert bis der nächste Silberling erscheint.
Die Heppenheimer Kapelle UNSCARED bitten uns an die Theke auf ’nen ordentlich Pott voll Thrash. “Thrash Is Dead” betiteln die vier Herren ihr neuestes Album treffender Weise. 45 Minuten schenken UNSCARED unermüdlich einen nach dem anderen ein und sorgen so für einen ordentlich beduselten Kopp. Guter Sound, gute Instrumentenarbeit und gute Songs an sich, lassen “Thrash Is Dead” in äußerst positivem Licht erscheinen. Vor allem die allgemeine Schnelligkeit der Stücke auf dem Album, ist eine Eigenschaft, die sich viele Bands durch allzu angezogene Handbremsen, nicht leisten können. Punk ist eben auch nicht dead! Und so scheppern, rocken und kotzen sich UNSCARED auf “Thrash Is Dead” ordentlich aus und das steht der Truppe sehr gut. Gelungene Platte!
Warum ORANGE GOBLIN nie so richtig von der Stoner Rock-Welle um KYUSS und Konsorten profitieren konnten, ist mir bis heute schleierhaft. Die mittlerweile nur noch zu viert agierenden Mannen von den britischen Inseln sind von Beginn an dabei gewesen und stehen im Gegensatz zu KYUSS immer noch live zusammen auf der Bühne und präsentieren neue Songs. Bei aller Ehre, aber warum diese KYUSS LIVES Truppe soviel Wind macht und so viele ausverkaufte Touren fahren kann, hingegen Bands wie ORANGE GOBLIN, die mindestens ebenso geil sind, wie die Desert Sessions-Crew, weit unter Wert „verkauft“ werden, ist logisch nicht zu erklären. ORANGE GOBLIN ist das alles ziemlich Schnuppe und so legt die Band auch 2012 wieder ein lupenreines Stoner Rock Album auf den Tresen. Mit „A Eulogy For The Damned" kommt der nun mehr siebte Langspieler und auch auf diesem Album zeigen ORANGE GOBLIN mal wieder, wie bodenständig und erdig sie immer noch sind. Keinerlei Staubschicht hat sich auf den Instrumenten von Joe Hoare und Co. gebildet und so rocken ORANGE GOBLIN mit „A Eulogy For The Damned" mal wieder das Haus und lassen sämtliche Whiskey Bestände schnell austrocknen. In diesem Sinne: Cheerz! Wer sich die Diskographie geben will, sollte mal bei Rise Above Records vorbei schauen, die haben nämlich alle ersten fünf Alben in eine, mehr als ansehnliche, Box gepackt.
Vorhang auf für „The Parallax II: Future Sequence“ dem ersten vollen BETWEEN THE BURIED AND ME-Album auf Metal Blade, der neuen Label-Heimat der Amerikaner. Im vorangegangen Jahr gab es bereits den ersten Teil in Form einer EP, jetzt also endlich das ersehnte ganze Album dazu. Metal Blade können stolz auf diesen Einstand sein, erfüllt und bricht „The Parallax II: Future Sequence“ doch die Erwartungen der Gemeinde für technisch hoch anspruchsvollen Metal. Die Ausnahme-Band aus den Staaten, die Dank des neuen Labels auch endlich öfter in Deutschland spielt, setzt mit dem neuen Epos noch mal einen drauf und sollte auch die Skeptiker, die nach „Colors“ keine Steigerung mehr für möglich hielten, hinlänglich überzeugen. Zwölf Songs, vier Zwischenteile (inkl. In- und Outro) drei über zehn Minuten lange Stücke, über eine Stunde Musik insgesamt und mal wieder unglaublich komponierte Dramen aus allen Stilen, die gute Musik anzubieten hat. BETWEEN THE BURIED AND ME schaffen es auch bei ihrem achten Output, sich nicht zu kopieren und so hält „The Parallax II: Future Sequence“ wieder einmal eine riesige Fundgrube aus Musikvirtuosität bereit, die den Hörer auch nach unzähligen Durchläufen immer wieder neue Entdeckungen liefern kann. Das die fünf Herren auch live überzeugen und wirklich alles 99% perfekt auf die Bühne bringen, was auf einem BETWEEN THE BURIED AND ME-Album zu hören ist, macht diese Band zu einer wirklich einmaligen Erfahrung. Für die Gemeinde eh ein weiteres Muss und für alle Neueinsteiger ein perfektes Erst-Umwerf-Geschoss, das einem multiple Hörorgasmen liefern kann. Viel Spaß!
Das Presseinfo lässt Großes erahnen: DECLINE OF THE I wurden von A. K. gegründet, der nicht nur bei MERRIMACK und VORKREIST als Gitarrist aktiv ist, sondern unter Anderem auch noch bei den undergroundigeren EROS NECROSPIQUE und MALHKEBRE Dienst tut. Die französische Black Metal-Szene scheint inzwischen ähnlich inzestuöse Strukturen anzunehmen wie etwa die norwegische, was aber völlig egal ist, solange das Ergebnis passt. Und hier wundert es mich doch sehr, dass Herr A. K. zuletzt mit erwähnten MERRIMACK und VORKREIST zwei echt gute bis sehr gute Alben veröffentlicht hat und auf „Inhibition“ so einen lahmarschigen Unsinn verzapft. Auch nach mehreren Durchläufen wollen die mit allerlei Soundspielereien, Spoken-Word-Parts und „avantgardistischen“ Passagen (hört Euch nur mal „Mother And Whore“ an – boah, nee!) gewürzten Songs nicht zünden oder auch nur im Ansatz gefallen, da sie sich wie Kaugummi ziehen, ohne atmosphärisch oder düster zu sein. Auch das noch halbwegs viel versprechend und mit einem passend eingesetzten Chor beginnende, dann aber zu einer pseudo-intellektuellen Klangcollage mutierende „Static Involution“ ist ein gutes Beispiel für die monströse, dröge Langatmigkeit von „Inhibition“. Bandchef A. K. droht uns mit „Rebellion“ und „Escape“ noch zwei Nachfolger dieses als Beginn einer Trilogie mit den drei Themen „leiden“, „rebellieren“ und „meiden“ konzipierten Werkes an. Bei „Inhibition“ leidet man definitiv, insofern geht die Rechnung zumindest in dieser Hinsicht auf.
Keine Ahnung, was hier schief läuft. Die Finnen konnten mich vor knapp zwei Jahren mit ihrem mächtigen, aber gleichzeitig auch nichts sagenden und uncharismatischen Album „Anthems Of Annihilation“ nicht wirklich aus den Latschen hauen: immerwährendes Vollgas, monotone Riffgewitter zuhauf, dazu das ultratiefe Grunzkreischen von Fronter Psycho und viel monumentaler Bombast – das alles zusammen gerührt, kurz aufgekocht und auf Konserve gewuchtet. Und hört man sich „Lateral Constraint“, das inzwischen vierte Album des Quintetts, an, merkt man relativ früh, dass sich an dieser Rezeptur nichts geändert hat. Bombastische, Filmscore-artige Bombastbreitwände mit ruppigem Death Metal zu vermischen, ist sicher eine Herausforderung, der GLORIA MORTI aber einmal mehr nicht gewachsen sind. Jedes Soundloch wird in diesem ebenfalls wieder voluminös produzierten Klanggewitter gnadenlos zugekleistert, ohrenscheinlich mit dem Ziel, die nicht vorhandenen Songwriting-Qualitäten zu kaschieren. Die Jungs dürfen weiterhin gerne damit werben, bereits mit BEHEMOTH, DISSECTION oder THE CROWN die Bühne geteilt zu haben, aber an deren Sternstunden kommen Brachial-Klimper-Hybride wie „The First Act“ oder „Slaves“ in diesem Leben nicht mehr heran. „Lateral Constraint“ präsentiert, wie sein Vorgänger, viel Verpackung mit zu wenig Inhalt.