Aus Algerien bekommt man nicht aller Tage Musik zugeschickt und so wurde ich höchst persönlich zur Post zitiert, um mir den Umschlag mit den vielen bunten Briefmarken und der CD von LELAHELL abzuholen. Sogar per Einschreiben. Meine Herren. Also LELAHELL heißt die Truppe aus Algerien, um Frontmann Lelahel. Und richtig fetter Gurgel-Grind wurde da zugeschickt. Wenn mich nicht alles täuscht, wird auf „Al Inithar” teilweise auch auf einer, mir fremden Sprache, geschrien und gesprochen. Ob es Mazirisch, die Nationalsprache Algeriens oder Arabisch, die Amtssprache dort ist, kann ich nicht sagen. Musikalisch haben wir eine Ursuppe aus old schooligen Grind, Death und Thrash-Elementen vorgesetzt bekommen, die soundtechnisch durchaus in Ordnung geht. Ab und an wird das Geprügel durch Sprechgesang mit Keyboards unterbrochen, oder es wird auch mal eine orientalische Akustikgitarrenspur im Hintergrund abgespielt. Durchaus vertrackte Beats und auch nicht ganz einfach zu durch schauendes rhythmisches Gegrowle, sorgen dann doch des Öfteren für Überraschung. „Al Inithar” ist interessant. Auch mal abgesehen vom Exotenbonus, lässt sich hier wirklich eine Musik entdecken, die man nicht so häufig zu Ohren bekommt. Ordentlich dick, ziemlich rhythmisch, oft stark verschleppt, richtig dreckig und irgendwie böse sind LELAHELL. Mit dem eigenwilligen MAYHEM Cover von „Freezing Moon“ beweisen die drei Herren aus Algerien auch ein gutes Händchen in Sachen Coversongs. Bleibt zu hoffen, dass man LELAHELL demnächst mal bei einem europäischen Label entdecken kann, denn das ist natürlich der Sinn hinter der EP „Al Inithar”. Hört einfach mal rein bei den Herren.
RUNNING DEATH klingt schon vom Namen her nach klassischem (Thrash-) Metal der alten Schule. So richtig schön mit langen Haaren, Kutte und großem Fullstack. Wie gnadenlos passend das diese Assoziationen nicht nur auf den Namen der Band, sondern vor allem auf die Musik passen! Ja, tatsächlich. „The Call Of Extinction“ ist mal wieder so eine unscheinbare EP einer jungen Truppe die Vieles richtig macht – fünf Songs mit einer Laufzeit von 80% an die 6 Minuten, viel sehr klassischem Metal der so zwischen Thrash und Heavy balanciert und vor allem – wichtig! – viel musikalische Power mitbringt. Das Ganze wird übrigens auch mit einem definitiv sehr guten technischen Können kombiniert. Dies zeigt sich an den mitunter recht komplexe Parts („Call Of Extinction“ oder „Hunting For Heads“ hat da ziemlich miese & geile Solo-Einlagen) sowie an der Soundqualität (Aufgenommen bei Ghost City Records / Nürnberg). Ich geb’s ja zu: Ich kriege immer Zustände wenn ich Garagen-Aufnahmen im HiFi-Setup habe…
Zweifelsohne kann man sich über die Namengebung der Songs ein wenig Schmunzeln erlauben, zu mindestens nach der x-ten Metal-CD im Schrank. Ein wenig Klischee schadet nie – aber lasst euch davon nicht abschrecken. Ein ganz paar der Riffs ähneln sich zwar noch merklich, störend wirkt das aber nicht. Fazit: Eine sehr gelungene EP mit viel Dampf, definitivem Mitgeh-Faktor die auf jeden Fall Lust auf Mehr macht!
Die 2010 gegründete Metal-/ Moshcore-Kapelle PROPHETS OF THE RISING DEAD bringen ihre erste, vier Songs starke EP “Welcome To The Wasteland“ an den Start. Die vier Jungs bedienen mit ihrer Musik einige Klischees, sind aber trotz Allem echt fit an ihren Instrumenten. Die Aufnahme lässt sich ebenso gut hören. Neben den gängigen 0815 Metalcore-Moshparts, schaffen es POTRD dennoch ab und an genrefremde Riffs und Abläufe einzubauen. Daher muss man sagen, dass das mittlerweile zum Schimpfwort verkommenen Genre Metal Core, hier nicht unbedingt schimpfend gemeint ist. Die vier Songs zeigen jedenfalls großes Potential, dass mit mehr Mut zur Eigenständigkeit, problemlos und schnell aufgefüllt werden kann. Weiter machen!
Aus dem Heilbronner Umfeld beehren uns die Newcomer von ACROMONIA mit ihrer ersten EP “Human Downfall”. Keyboard geschwängerter Todes Metal wird uns auf fünf Songs geboten. Erst seit 2010 beschäftigen sich die fünf Herren mit eigenen Songs, davor spielte man Coversongs. Durchaus nette Arrangements sind entstanden auf „Human Downfall“. Durch ordentlich groovige, stampfende Märsche, begleitet Tiefton Growler Daniel seine Mannen und dabei gelingt es der Kapelle hier und da auch einige Hymnen mit Ohrwurmcharakter zu kreieren. Spielerisch und Soundtechnisch einwandfrei, werfen uns die beiden Gitarristen gerne mal ausufernde Soli daher oder Growlbegleitende und melodisierende Hochton-Riffs um die Ohren. Die Drums sind leider schlecht getriggert und viel zu klinisch. Auch das an manchen Stellen etwas zu romantisch wirkende Keyboard nervt teilweise. Ansonsten durchaus hörbar.
Nach den beiden 2007er-Demos wurd’s still. Und bleibt’s, schnöde nach dem CD-Titel geurteilt. Doch die EP schlägt alles andere als leise Töne an, ist harsch, kalt, skandinavisch, roh – Black Metal eben. Dabei verzichtet Multi-Musiker Evae allerdings nicht auf ruhige Momente, akustische Intermezzi, die einen immer wieder herunterholen von eisigen Höhen in sphärische Tiefen – Ambient Black Metal also auch. Und so bedient der Rheinland-pfälzische Solo-Täter zwar durchaus gängige BM-Klischees (hallige Produktion, kehlige-verschrieene Vocals, ruhige Burzum-Parts, Solo-Projekt etc.), schafft es aber dennoch mittels der würzigen Kombination aus Härte und Melodie, Tempo und Bremsen sowie Abwechslung und Monotonie ein interessantes Scheibchen zu schneiden. Wer es mal wieder roh und mit Gefühl besorgt haben will, ohne dabei an Selbstmord zu denken, oder zumindest nachdenklich-traurig zu schauen, der ist hier verdammt richtig. Hört einfach „Traum von einer Jugend“ und ihr erkennt: Es muss ja nicht immer Norwegen sein.
ZEBULON SPIKE machen mit Bandnamen und Plattentitel klar, dass hier kein einfacher Kram zu erwarten ist. So ist es dann auch, fünf überlange Doomsongs werden von dem US-Haufen zum Besten gegeben. Dabei fällt natürlich der Verzicht auf Gesang auf, wodurch sich der Fokus noch mehr auf die Arbeit an den Instrumenten legen kann. ZEBULON PIKE zeigen sich da zwar im Doom verwurzelt, haben aber auch viele Einflüsse aus dem Progressive Rock verarbeitet. Sie halten sich dabei selten zu lange mit einem Part oder einer Idee auf, ohne dass der einzelne Song zu einer bloßen Ansammlung halbgarer Ideen wird – im Gegenteil, ZEBULON PIKE haben erkennbar viel Kreativität ins Songwriting gesteckt, um „Space Is The Corpse Of Time“ zu einer komplexen wie nachvollziehbaren Platte zu machen. Ist ihnen gelungen, auch wenn der Hörer einige Durchgänge brauchen wird, um mit dem Kram klarzukommen. Für Freunde doomiger und progressiver Töne ist das hier eine interessante Platte.
Hinter DEAD SUMMER SOCIETY steckt ein einzelner italienischer Musiker, der sich nur für die männlichen und weiblichen Gesangsparts Unterstützung ins Studio geholt hat. „Vision From A Thousand Lives“ fühlt sich dabei zu jeder Sekunde sehr 1995ig an, was mal gut, mal schlecht ist. Die Aufteilung der Gesangsabschnitte ist schnell vorhersehbar und altbacken, während die Keyboard-Einsätze tatsächlich gut gewählt sind und viel für die Atmosphäre bringen. Bei der Gitarrenarbeit ist die größte Vielfalt zu hören, hier hat sich der kreative Kopf namens Mist [sic] hörbar die meiste Mühe gegeben und das größte Können vorzuweisen. Durch die abwechlsungsreichen Einsätze der Gitarren werden die an sich unspektakulären Songs immer wieder gerettet, der Hörer kann in vielen Parts gar nicht anders, als zu den Melodic Death-Gitarrenläufen mit dem Kopf zu nicken. Schwachpunkt und damit diametral zu den Gitarren stehend ist das Drumming, das von einem Drumcomputer erledigt wurde, der von Mr. Mist nicht gut genutzt wurde. Viel zu klinisch, viel zu stark als Drumcomputer erkennbar und dadurch die Atmosphäre und den Flow der Songs kaputt machend. „Visions From A Thousand Lives“ bleibt so ein durchwachsenes Album, das über die gesamte Spieldauer ermüdend eintönig ist, aber dessen einzelne Songs eine nette Hommage an alte MY DYING BRIDE- und KATATONIA-Zeiten darstellen.
STATE OF DECAY legen in Eigenproduktion ihr Album "Of Grief And Divinity" zur Begutachtung vor. Stilistisch bietet man eine Mischung aus melodischem Death Metal und Metalcore, das sich teilweise auch einen Vergleich mit IN FLAMES gefallen lassen muss. Gefallen tun die zahlreichen melodischen Gitarrenriffs, die gut mit dem rauhen Gesang harmonieren. Nach einem kurzen Intro, ballert das schnelle "The Line Within" aus den Boxen. Gefolgt dann von "The Life I Deny", das mit einem akkustischen Gitarrenpart in der Mitte aufwartet und treibende Gitarrenriffs besitzt. Spätestens bei "Temporal Apex" muss man allerdings erkennen, dass sich die Songs bisher nicht sehr unterscheiden. "Of Grief" als Instrumental ist eine Ecke langsamer und besticht durch tragende Gitarrenarbeit. "Divinity" lässt sich erneut mit den ersten 3 Songs vergleichen. "The Crown" ist eine schnelle Nummer, überzeugt mich bisher am meisten und glänzt durch gute Gitarrenriffs im Highspeedbereich. Die letzte Nummer "Translated Souls" halte ich für weniger spektakulär. Insgesamt ein sauber produziertes Album, das seine Schwächen darin hat, dass sich die Songs zu sehr ähneln. Nur teilweise erreicht man Top-Level, so dass die Band mehr Eigenständigkeit und Abwechslung finden sollte. Die musikalischen Fähigkeiten sind zweifellos vorhanden.
Der Bandname mag vielleicht irritieren, denn WIZARD´S BEARD spielen weder ausufernden Prog Rock noch Fantasy Metal noch völlig abgedrehte Raucherklänge, sondern (wobei dem Letzteres noch am Nächsten kommt) sludgigen Doom der dreckigeren Sorte, den der Titel dieses Debütalbums relativ gut umschreibt. Auf „Pure Filth“ regieren dröhnende Riffs, reichlich monotone Songstrukturen sowie der an den Nerven zerrende Kreischbrüll-„Gesang“ von Chris Hardy, der die fünf durchweg hörenswerten, wenn auch kompositorisch noch nicht herausragenden Songs zu echten Speckwürfeln anhebt, die Fans von CROWBAR, DOWN oder EYEHATEGOD mühelos ansprechen dürften. Wenn auch nicht musikalisch, gehören WIZARD´S BEARD zumindest in Sachen Veröffentlichungspolitik zur schnellen Truppe und haben demnächst sogar schon den Nachfolger von „Pure Filth“, „Four Tired Undertakers“, am Start, der den Haufen hoffentlich in noch bestechenderer Form präsentiert. Trotzdem ein hörenswerter Einstand.
Die vier Herren von CHANT OF BLASPHEMY kommen endlich mit ihrem Debut Album „Godless Extermination“ aus dem Quark. 99 gründete sich die Band und legte bereits zwei Demos und eine EP vor. Jetzt dann auch ihre erste Langrille mit sieben Songs. Nach einem ausführlichen Intro welches dem Hörer einen verregneten Nachtspaziergang vorgaukelt, bei dem man an einem Kellereingang, aus dem Gitarren zu hören sind, vorbei kommt und diesen langsam absteigend betritt, um sich nach einem kleinen Irrweg in einem, mit Kerzen beleuchteten Gewölbe wieder zu finden, in dem sich, nun ordentlich majestätisch und laut, vier Mannen auf ein, jetzt herein brechendes Blast-Thrash-Inferno bereit gemacht haben. Von diesem Zeitpunkt an machen CHANT OF BLASPHEMY keine Gefangenen und reißen mit ihrem rohen, rotzigen und wütenden Sound das eingebildete Gewölbe mit samt dem Kellereingang ab und hinterlassen eine, immer noch verregnete und mit Schweiß und Blut geschwängerte Nachtluft. So oder so ähnlich…
Überzeugend jedenfalls knüppeln sich CHANT OF BLASPHEMY durch, immer wieder thrashige Momente ihrer, ansonsten stark Schwarz Metallisch geprägten, Platte. „Godless Extermination” überzeugt durch seine Erdigkeit, seine Rohheit und seine Wut. Soundtechnisch wunderbar unspektakulär produziert, kann man hier getrost seiner Aggressionen freien Lauf lassen und sich ordentlich den Schädel abmoshen. Hell Yeah!