HERFST haben in den letzten Jahren eine leichte Kurskorrektur vorgenommen, weg vom Death Metal und hin zum Black Metal. „The Deathcult – Pt. I – An Oath In Darkness” hat dann auch starken DIMMU BORGIR-Einschlag, schön episch und mit einem ähnlichen Faible für Symphonien gehen HERFST zu Werke. Dazu noch ein wenig aus dem skandinavischen Death Metal bedient, etwas Thrash hinzugenommen und fertig ist die neue HERFST-Inkarnation. Leider kann das Ergebnis nur bedingt überzeugen, denn am Ende zählt auf dem Platz (lies: in den Songs) und da können die Belgier mit den Vorbildern nicht mithalten. Zu einfallslos wird zu Werke gegangen, zu abgestanden die Ideen, die verwurstet werden. Keifender Mann am Mirko mit weiblichen Counterpart ist ebenso abgedroschen wie sinfonische Parts. Das lässt sich als Band alles verwenden, es muss ja auch niemand das Genre neu erfinden, aber bei „The Deathcult – Pt. I – An Oath In Darkness” tauchen einfach zu viele Déjà-vu-Momente auf; zudem sind viele Songs schlicht unspannend geschrieben. So versinkt das Scheibchen im breiten Mittelmaß des Genres.
The Deathcult – Pt. I – An Oath In Darkness
Einen ganzen Berg voller Demos und Splits hat dieses italienische Quartett schon aufgenommen, doch für die Flucht aus dem tiefsten Underground hat es anscheinend noch nicht gereicht. Dabei macht zumindest „Italian Restaurant“, das dritte Album der Band, wahrlich keinen schlechten Eindruck, auch wenn es hier weitgehend unspektakulär zugeht. Die gemäßigte Mischung aus NWOBHM, Punkrock, Thrash- und Speed Metal macht Spaß, was Songtitel wie „Annapura“, „Roadpigs On The Highway“, „Vega(n)azism“ oder „B Movie Mania“ zusätzlich unterstreichen. Auffällig ist noch, dass Sänger Filippo „Butch“ Belli (dessen kauziger Schreigesang grob in Richtung Dave Mustaine oder Joey Belladonna tendiert, was hier echt gut reinpasst) „nebenbei“ noch der Drummer der gefallenen Fickengel ist und „Italian Restaurant“ für eine Eigenproduktion klanglich ordentlich fett daherkommt. Wer demnach etwa auf ANTHRAX in ihrer Frühphase oder meinetwegen auch SACRED REICH steht, könnte mit diesem Album seine Freude haben, auch wenn die Qualität dieser ganz ungefähren Wegweiser erwartungsgemäß nicht erreicht wird. Aber ich hab schon deutlich schlechter italienisch gegessen.
Aus dem hessischen Heppenheim stammt nicht nur der amtierende und dreifache Formel 1-Weltmeister Sebastian Vettel, sondern auch in musikalischer Hinsicht scheinen sich dort ein paar Gesellen zumindest schon mal für die Königsklasse zu interessieren. Das Quintett MESMERIZED BY MISERY hat sich scheinbar aufgrund der Tatsache, dass man unter Anderem alle Scheiben von AT THE GATES, ARCH ENEMY, THE HAUNTED, (den frühen) IN FLAMES, (den frühen) DARK TRANQUILLITY und AMON AMARTH im Plattenregal stehen hat, im Frühjahr 2011 gegründet und frönt eben solchem Melodic Death Metal, der zu keiner Sekunde die poppigen Sphären erreicht, in die viele Bands dieser einst hochinnovativen und harten Szene später abgedriftet sind. Die fünf Stücke (als Anspieltipp empfehle ich den Titelsong!) dieser selbst produzierten Debüt-EP besitzen nicht nur einen amtlich fetten Sound und die Kraft der Twin-Gitarren, sondern auch einen saustarken Wechsel-„Gesang“ zwischen fast schon schwarzmetallischen Schreien und kellertiefen Growls. Auch wenn das Songwriting noch etwas eigenständiger und treffsicherer sein könnte, muss man „Nurturing The Vultures“ als echte Underground-Perle einstufen, die selbst deutlich ältere Genre-Bands mit langjährigen Plattenverträgen nicht zwangsläufig hinbekämen!
Sparfüchse können „Nurturing The Vultures“ komplett kostenlos von der Homepage der Band herunterladen, während diejenigen, die gerne das ebenfalls sehr gelungene Cover-Artwork in natura bestaunen möchten, die EP für fünf Ocken plus Versandkosten als CD im Digipak (ohne Booklet, aber mit abgedruckten Texten) erstehen können. Für Fans der oben genannten Truppen ist zumindest der Download Pflicht.
Es gibt Sachen, die muss man nicht verstehen: THE GEBRUDER GRIM nennen ihr Debütalbum „Bamberg Apocalypse“, obwohl sie aus Berlin stammen, und sie haben in ihrer Heimatstadt sogar mal für ENSLAVED eröffnet, obwohl sie mit den Norwegern musikalisch so viel zu tun haben wie SABATON mit DARKTHRONE. Aber trotz des gruseligen Bandnamens, des noch gruseligeren Albumtitels und der (unfreiwillig?) komischen Pseudonyme (Tower, Goat Bishop und Wolfman X) machen THE GEBRUDER GRIM hier keinen schlechten Job. Laut eigenen Angaben stehen sie vornehmlich auf IRON MAIDEN, MOTÖRHEAD, die ganz frühen METALLICA oder ANTHRAX, die sich entfernt alle im Sound des Trios wieder finden. Der traditionelle, leicht thrashige und rotzige Metal wurde auf „Bamberg Apocalypse“ produktionstechnisch zwar etwas dumpf in Szene gesetzt, aber schlechtes Songwriting betreibt die Band nicht. Mit dem stampfenden Opener „King Of The Graves“, dem vertrackten „The Pain“, dem Mitgröl-Ohrwurm „Northern Soul“ oder dem flotten „We Are The Dead“ (das neben „Supercharged“ und „Waltz Of Death“ von der letztjährigen, ersten EP der Truppe stammt und neu aufgenommen wurde) befinden sich einige zwar nicht sonderlich spektakuläre, aber sehr hörenswerte Stücke auf dem Album, die zudem mit kräftigem, nicht aufdringlichem Gesang daherkommen. Gar nicht übel!
Auch NEAERA haben mal klein angefangen und klangen in ihren Anfangstagen wahrscheinlich wie die Ostfriesen ELEGY REMAINS. Gut gemeint, halbwegs sauber gespielt und gut produziert, ist „As Centuries Collide“ ein erster Schritt in Richtung große weite Welt. Gleichzeitig werden die Grenzen der Band deutlich, so hakt es zum Beispiel beim Riffing, was sehr nach Standard-Metalcore klingt, und der Variation im Songaufbau – Experimente wie „Stream Of Deceit“ klingen nett, kommen an die Vorbilder aber noch nicht heran. Als erstes Lebenszeichen ist die Scheibe völlig in Ordnung, macht aber auch deutlich, dass es bis in’s gehobene Mittelfeld und dann weiter in die Spitze noch ein ganzes Stück Weg ist.
NEGATIVVM machen sich mit “Tronie” daran, ihrem (laut Biographie) Misstrauen gegen die Gesellschaft einen musikalischen Ausdruck zu geben. Da kann nur bösartige Musik rauskommen, folgerichtig ist der Fünf-Tracker dann auch im Black Metal anzusiedeln. Ähnlich wie TODTGELICHTER sind NEGATIVVM mit deutschen Texten unterwegs, die durchweg interessant sind. Die Band bietet zwar nichts völlig Neues in den gut 36 Minuten, schafft es aber durch die Vermischung skandinavischer Einflüsse und kräftig Epik die Spannung über die gesamte Länge zu halten, „Tronie“ langweilt den Hörer zu keiner Sekunde. Wer sich völlig auf die Klanglandschaften der Band einlässt, wird nicht umhin kommen, die vielen kleinen Details und vor allem die packende Atmosphäre zu erkennen und zu würdigen wissen. „Tronie“ wird so zu einem sehr interessanten Black Metal-Album, das zwar das Rad nicht neu erfindet, aber in allen Bereichen überzeugen kann. Da es das Teil zudem als kostenlosen Download gibt, muss hier jeder Schwarzwurzler einfach zuschlagen.
Ich habe prinzipiell nichts gegen die originelle Vermischung unterschiedlicher Stilarten, ganz im Gegenteil, nur muss das Ergebnis stimmig sein. Und genau hier liegt das große Problem der Wiener HORNS OF HATTIN, die mit „De Veritate“ ihr Debütalbum abliefern. In erster Linie spielt das Quintett symphonischen, epischen, zumeist sehr flotten Black Metal, der grob in Richtung DIMMU BORGIR, CATAMENIA oder GRAVEWORM ausschlägt, doch wird auch, speziell bei den tiefer gelegten, groovigen Riffs und den Growls (Fronter Havres Heremita und Gitarrist Rex Vermum teilen sich den „Gesang“) stark in Richtung Todesblei geschielt. Nur leider sind die Stücke, auch angereichert durch Spoken Word-Parts und andere eingeschobene Samples, wenig eingängig und in Sachen Songwriting reichlich unausgegoren, auch wenn sie produktionstechnisch von Tausendsassa und Klangzauberer Andy LaRocque eindrucksvoll und voluminös in Szene gesetzt worden sind. Als Hörproben kann man das facettenreiche „Montségur“ oder das abschließende, mächtige „1187“ (einer von drei neu aufgenommenen Songs vom gleichnamigen ersten Demo) empfehlen, die die Bandbreite von „De Veritate“ gut widerspiegeln. Eine richtig schwache Angelegenheit ist das Album nicht, teilweise sogar sehr hörenswert, doch hier sind gleich zu viele Ideen unausgereift in einen Topf geworfen worden, was die Sache recht anstrengend macht. Einen ähnlichen Stilmix beherrschen zum Bleistift die Taiwaner CHTHONIC deutlich sicherer.
PANDORA’S BALL mixedn auf ihrem Debütalbum „Full Size Nothing“ fröhlich knackigen modernen Rock Marke GODSMACK und FILTER mit den Grunge (ALICE IN CHAINS lassen grüßen) und einer Prise traditionellen Metal in der Gitarrenarbeit zu einer gut nach vorne gehenden Alternative-Scheibe. In den neun Songs ist erkennbar viel Zeit und Hirnschmalz verbraten worden, immerhin haben sich die Kerle ein paar Jahre Zeit genommen und nicht den Fehler gemacht, direkt nach Bandgründung ein Album zu veröffentlichen. So weiß auf „Full Size Nothing“ jeder der Beteiligten, was er zu tun hat, wodurch das Ergebnis stimmig ist. „Bloodless“ entpuppt sich als heimlicher Hit der Scheibe, während „171 Lake Washington Blvd.” und „Challenged“ schön knackig-wütend sind und „Holosex“ die grungige Seite der Band zeigt. Manchesmal jhuat das mit dem Groove noch nicht so ganz hin, aber das wird durch die tolle, markante Stimme wettgemacht, die etwaige Schwachstellen und Längen gekonnt verdeckt. „Full Size Nothing“ ist ein interessantes Alternative-Album geworden, mit dem PANDORA’S BALL bei Freunden oben genannter Bands punkten werden dürften, auch wenn hier und da noch Möglichkeiten zur Verbesserung bestehen. Aber was soll’s, das Ergebnis kann sich auch so schon hören lassen.
Die aus dem südlichen Kölner Raum stammende Formation MORTAL PERIL legt mit „Of Black Days And Cruel Alliances“ ihre in Eigenregie produzierte Debüt-EP vor und macht trotz einiger Anfangs-Holprigkeiten keinen schlechten Job. Die augenscheinlich noch sehr junge Band hat anscheinend schon in frühester Jugend angefangen, ihre Diskografien von EXODUS, OVERKILL, ANTHRAX, KREATOR und TANKARD zu vervollständigen und orientiert sich demnach stark an den großen Thrash-Helden der 80er. Die fünf Stücke dieser EP, von denen der ordentlich nach vorne groovende Opener „Win This War“, das recht vertrackte „One More Black Day“ sowie der Midtempo-Stampfer „Raper Of Phrases“ am besten gefallen, sind durchweg gelungen, und das Quartett traut sich sogar schon vorsichtig, aber geschickt an komplexere Songstrukturen heran. Dass hier (speziell bei den Drums) klangliche Abstriche gemacht werden müssen und Bassist und Fronter Jan Radermacher an seinem kräftigen, dreckigen, aber noch recht eindimensionalen Gesang arbeiten sollte, ist wirklich kein Malus. Für einen ersten Gehversuch auf Konserve ist „Of Black Days And Cruel Alliances“ nicht nur musikalisch ordentlich, sondern mit achtseitigem Booklet und Cover-Artwork mit Wiedererkennungswert auch gut verpackt. Daumen hoch!
Für fünf Währungseinheiten kann die Scheibe über die Homepage der Band bestellt werden.
Die Heppenheimer Kapelle UNSCARED bitten uns an die Theke auf ’nen ordentlich Pott voll Thrash. “Thrash Is Dead” betiteln die vier Herren ihr neuestes Album treffender Weise. 45 Minuten schenken UNSCARED unermüdlich einen nach dem anderen ein und sorgen so für einen ordentlich beduselten Kopp. Guter Sound, gute Instrumentenarbeit und gute Songs an sich, lassen “Thrash Is Dead” in äußerst positivem Licht erscheinen. Vor allem die allgemeine Schnelligkeit der Stücke auf dem Album, ist eine Eigenschaft, die sich viele Bands durch allzu angezogene Handbremsen, nicht leisten können. Punk ist eben auch nicht dead! Und so scheppern, rocken und kotzen sich UNSCARED auf “Thrash Is Dead” ordentlich aus und das steht der Truppe sehr gut. Gelungene Platte!