Konzert:
Tuska Metal Fest 2004 - Sonntag
Konzert vom Das Wort zum Sonntag - äh, der Dank des Tages geht an Janne "Crash", den Schlagzeuger der STONER KINGS. Aber so viele Vorteile es auch hat, wenn man bei einem netten Bekannten wir ihm zusammen mit anderen Leuten aus Hamburg ein Bett beziehen kann, so viele Nachteile hat am nächsten Morgen die Schlange vor dem Bad. Und so hat Andy FEAR FACTORY fast verpasst, weil das Bad besetzt war, und CHAOSBREED hatten um die Zeit auch schon längst gespielt. Aus der Ferne waren FEAR FACTORY immer noch sehr geil, aber auch die hatten wohl am Abend vorher gesoffen, und Burton hat ein bisschen zu oft auf seinen Hangover hingewiesen. Trotzdem kamen sie ganz gut an.
TIMO RAUTIAINEN & TRIO NISKALAUSKAUS sind wieder ein Phänomen. Auf einer der letzten HIM-Touren haben Ville Valo und Co. ihre eigene Lieblingsband mitgenommen, und dort waren die rockigen Songs, die ähnlich wie die zahlreichen k�s und t�s der finnischen Sprache sehr schroff und abweisend klingen können, arg deplaziert vor der Meute an Ville-verliebten Teenagern. Heute sieht das ganz anders aus, hier versteht ja auch jeder die Text über einsame Seelen, die 40 km bis zum nächsten Haus brauchen und vor Frust besaufen. Und komischer Weise wirkten selbst die patriotischen Songs über Begebenheiten im 2. Weltkrieg, Winterkrieg und russische Isolation hier nicht deplaziert. Vor einer fünfstelligen Zahl an mitgehenden Finnen jeden Alters blieb: geile Musik, durch die Bank geile, sehr ansprechende und rockige Songs.
Und Ronnie James DIO überraschte all die Jungspunde vor und hinter der Bühne dann noch mal gehörig: Der Sechzigjährige sieht inzwischen im Gesicht entsprechend seinem biologischen Alter aus, backstage bewegt er sich eher zögerlich, vorsichtig - und dann rannte der Headliner mit einem Satz auf die Bühne und sang alle Vorgänger der vergangenen beiden Tage an die Wand. Dieser steinalte Zwerg lässt in eineinhalb Stunden seine halbe Karriere Revue passieren, angefangen bei den RAINBOW-Zeiten, weiter mit SABBATH-Stücken und der ersten Soloplatte, singt "Holy Diver", "We Rock" und den "Man On The Silver Mountain". Und sympathischer Weise lässt er auch seine Band neben sich gut aussehen. Geiler Abschluss!
Und das coole Fazit darf Starbuck ziehen, der Sänger der STONER KINGS und Bandkollege unseres Gastgebers Janne: Laut Polizeistatistik waren ausgerechnet am TUSKA-Wochenende weniger kriminelle Vorfälle in der gesamten Hauptstadt Helsinki als sonst. Trotz zahlreicher mega-alkoholisierter Finnen gab nur eine einzige Festnahme auf dem Gelände selbst, und das wegen eines lumpigen Diebstahls.
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Tuska - Freitag der 16.07.2004
Tuska - Samstag der 17.07.2004
Konzert:
Tuska Metal Fest 2004 - Samstag
Konzert vom Hier werden keine Gefangenen gemacht: Die MACHINE MEN begannen den Samstag erst um viertel vor zwei - im Vergleich zu deutschen Festivals eine paradiesisch späte Zeit, die noch für einen gemütlichen Einkaufsbummel bei Stockmanns reichen könnte. Hat sie aber nicht, denn Salmiakki Kossu ist kein Getränk für den Kindergeburtstag. Immerhin wurde von DARK TRANQUILLITY berichtet, dass sie neben "There In" eine ansprechende Mischung aus der "Projector", älteren Alben wie "The Mind's I" und "The Gallerie" und aktuelleres gespielt haben und sehr, sehr tight gewesen sein sollen - eine Zuschauerin sprach sogar von dem "geilsten Gig", den sie von DARK TRANQUILLITY je gesehen hatte.
Ähnliches gilt für SOILWORK: Der inzwischen dritte schwedische Anschlag auf das unabhängige Finnland ist genauso erfolgreich wie die beiden zuvor, unsere heimliche Informantin ist von SOILWORK ebenfalls begeistert. Sänger Björn Strid hat den Blödsinnsgehalt in seinen Ansagen inzwischen auf null zusammengestrichen und tut, was er am besten kann: Zu den Songs brüllen. So formidabel, dass Anders Fridén über den Kollegen anerkennend den Kopf schüttelt. Bei anderen Bands werden die IN FLAMESies Peter Iwers und Björn Gelotte unter den Zuschauern gesichtet.
Weiter geht es auf einer der beiden Zeltbühnen: Die Sue Stage lag schräg neben der Hauptbühne in Richtung aus der Stadt raus und war permanent überfüllt. Hier spielten unter anderem die Shooting-Stars CHAOSBREED und TURISAS, außerdem die Lokalmatadoren von SINERGY, SUBURBAN TRIBE, DRIVE und IMPALED NAZARENE, später auch die deutschen DEW SCENTED als Headliner des Sonntages, und die meiste Zeit über staute sich der Pulk vor den Aus- und Eingängen, es war einfach kein Reinkommen. Die Hellsinki-Stage lag weiter zurück in Richtung Ausgang oder Innenstadt, hier spielten in der Zeit zwischen SOILWORK und DEATH ANGEL die Finnen BLAKE. Sonst hatte der Veranstalter mit allen Bands 100% ins Schwarze getroffen - bei BLAKE dagegen war es nicht so richtig voll - vielleicht hat diese seltsame Mischung aus Doom und Pop-Rock nicht ganz gepasst. Trotzdem haben BLAKE eine souveräne Bühnen-Performance hingelegt. BLAKE sind faszinierend auf der einen Seite, abgefahren und spacig, auf der anderen Seite ist der arg an Danzig erinnernde Gesang schon gewöhnungsbedürftig.
DEATH ANGEL war die Band des Tages, eins der absoluten Highlights. Die Bay-Area-Thrasher haben seit 14 Jahren nicht mehr in Finnland gespielt und sich anscheinend ein zweites Arschloch gefreut, hier spielen zu können, dementsprechend phänomenal sind sie aufgetrumpft. DEATH ANGEL haben die ganze Bühnengröße ausgenutzt, sind hin und her gelaufen und wieder nach vorne, haben immer den Kontakt zum Publikum gesucht, auf dem "Laufsteg" die Fans abgeklatscht. Musikalisch waren DEATH ANGEL die Mörder-Spielfreude in Person, der Sänger trug während dessen eine Pulle Schnaps mit sich herum, die zusätzlich wohl seine Stimmung noch weiter steigerte. Gerade für jemanden, der diesen schrägen Fünfer das erste Mal sehen konnte, war die Band extrem beeindruckend. Allerdings gab es zwischendurch ganz, ganz leichte Anflüge von Langatmigkeit, weil viele von den alten Songs den jungen Fans nicht sonderlich bekannt waren. Bei DEATH ANGEL war selbst die Autogrammstunde völlig überlaufen und Band war sich nicht zu schade, sich lange Zeit für jeden Fan zu nehmen.
Im Anschluss gab es ein finnisches Phänomen zu bestaunen: NIGHTWISH traten eine Hysterie los wie weiland die Beatles. Ok., es sind nun nicht so viele kleine Mädchen schreiend umgekippt, aber alle Finnen flippen komplett und restlos aus. Auch als erklärter Kostverächter von symphonischem "Schmalz-Metal" mit übertriebenen Opernstimmen konnte man noch den einen oder anderen Part gut finden, zum heimlichen Highlight wurde eine Coverversion: Bei "Symphony of Destruction" von MEGADEATH ging Tarja von der Bühne, und Marco Hietala übernahm das Mikro allein. Super-Heimspiel für den Bassisten und Sänger, denn Marco wohnt immer noch in Helsinki, nur ein paar Hausecken vom Festivalgelände entfernt.
Für heute war der Ausklang im Seminfinal, dem Keller des Tavastia-Clubs geplant, aber durch einige Irrungen und Wirrungen mussten erst noch die finnischen Gastgeber gefunden werden - und damit wurde es leider zu spät für die Live-Premiere von TO SEPERATE THE FLESH FROM THE BONES. Sehr schade.
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Tuska - Freitag der 16.07.2004
Tuska - Sonntag der 18.07.2004
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