Denk’ ich an England und Black Metal, denk’ ich an CRADLE OF FILTH. Zwerg Dani und seine Mannen sind ohne Zweifel eine der erfolgreichsten Truppen des ehemaligen Underground-Stiles, was sich in vielen Kopien wie den unsäglichen HECATE ENTHRONED entlädt. SCREAMIN’ DAEMON sind glücklicherweise kein weiterer CoF-Abklatsch, sondern eine erfrischend brutale Black Metal-Truppe von der Insel. Zwar kann man, gerade im Gesang, Parallelen zu dem schmutzigen Dani nicht leugnen, aber insgesamt sind SCREAMIN’ DAEMON eine ganze Ecke härter und kompromißloser, was sich auch im Verzicht auf Keyboard-Klänge zeigt. Klirrend-kalt sind sie bei "The Acid Bath Murders", roh bei "Burke And Hare", rasend schnell-melodisch bei "Kill Your Family" - man hört, SCREAMIN’ DAEMON haben viele Facetten und sind weitab langweiliger BM-Klischees. Textlich geht es um den erschreckend großen Haufen Serienkiller, den die Insel hervorgebracht hat (Inselaffen halt), das mag Klischee sein, aber was MACABRE dürfen, dürfen SCREAMIN’ DAEMON schon lange. "The Decline Of The English Murder" ist eine coole Black Metal-Scheibe, die Blackies fernab von bekannten Pfaden deutlich macht, dass auf der Insel nicht alles CRADLE OF FILTH ist, was Black Metal ist.
THE SAINTS waren in den End-Siebzigern die doch recht unheilige australische Antwort auf die Sex Pistols und erhielten einiges an Aufmerksamkeit in der Punkszene - verschwanden allerdings dann schon nach drei Alben wieder von der Bildfläche. Sänger Chris Bailey tourte jahrelang mit einer eher von Folk und Pop angehauchten Version der SAINTS durch die Welt bevor er sich Ex-"The Church" Gitaristen Marty Willson Piper und dessen langjährige Rhythmusformation schnappte (Bassist Caspar Wijnberg und Drummer Pete Wilkinson) und in Amsterdam das neue THE SAINTS-Werk "Nothing Is Straight In My House" einspielte. Dass das neue Material im Vergleich zum Schweinerock und Punk der Vergangenheit erheblich eingängiger ist und fast überall ein Gang zurückgeschaltet wurde ist wohl dem über 20-jährigen Reifeprozess zu verdanken. THE SAINTS 2005 klingen wie eine Mischung aus 70er-Punk mit Rock’n’roll, Pop und einem gehörigen Schuss Blues - wobei zu Beginn der CD eher noch Punktöne zu hören sind, die im Verlauf der Scheibe reinem Rock weichen müssen; dabei bleibt man meistens recht behäbig im Mid-Tempo. Ein Schuss mehr Power hätte den 13 Tracks auch gut getan - so klingt auch der Sound Original nach den Siebzigern. Neben den fast immer irgendwie eingängigen balladesken Songs ist es vor allem der rhythmisch stampfende Opener "Porno Movies", das ähnlich gelagerte "A Madman Wrecked My Happy Home" und das rockige "Bang On" (samt Gitarrensolo) welche zu gefallen wissen. Live mögen die neuen SAINTS-Songs zusammen mit den althergebrachten Punkgassenhauern ihren Punkrock-Reiz entfalten. Auf CD gebracht ist "Nothing Is Straight In My House” im Großen und Ganzen aber doch eher was für Altpunks und Nostalgiker - oder jene, welche dieses Nostalgie-Gefühl mal erkunden wollen.
ADEMA waren mit ihrem selbstbetitelten Debüt einer der Nu-Metal Renner des Jahres 2001. Nach dem hochfliegenden Erstling musste man schon mit dem Zweitwerk "Unstable" die Erwartungen etwas nach unten korrigieren. Danach verließ Sänger Marky Chavez (auch bekannt als fast ebenso verrückter Halbbruder von Korn-Fornter Jonathan Davis) die Band. Den Verlust konnten ADEMA zwar gesanglich durch Neusänger Luke Caraccioli größtenteils kompensieren - das innovative Songwriting (vor allem in textlicher Hinsicht) der ersten beiden Scheiben blieb bei Album Nummer drei "Planets" aber leider auf der Strecke. Musikalisch sucht man etwas Abstand zur sinkenden Nu-Metal-Gemeinde - was sich in dem Versuch wiederspiegelt melodischen Rock konventioneller Art mit der Aggressivität und des Nu-Metal zu mischen. Dies kann man allerdings nur teilweise als gelungen betrachten - irgendwie fehlt der Bodensatz der noch das Debüt ausgezeichnet hat, zu glatt das Ganze. Mit "Tornado" "Refusing Consciousness", dem experimentellen "Sevenfold" sowie den beiden ruhigeren Tracks "Barricades In Time" und "Remember" gibt es zwar ein paar angenehme Songs, das war aber leider auch alles. ADEMA setzen sich mit "Planets" zwischen alle Stühle ohne was eigenes zu generieren. Trotz Bemühen und teilweise qualitativer Mucke - mit "Planets" werden ADEMA außer bei ihren Fans im Wust der Veröffentlichungen einfach untergehen. Ein Schicksal, welches sie allerdings mit einer ganzen Reihe ehemaliger amerikanischer Nu-Metal-Größen teilen.
HELL WITHIN haben unter dem Namen TWYTCH an der US-Ostküste bereits vor einigen Jahren für Furore gesorgt, sind aber erst unter dem neuen Bandnamen so richtig durchgestartet. Bestimmt Zufall, dass das in den Beginn des Ostküsten-Hypes fiel, bei dem Bands wie SHADOWS FALL, UNEARTH oder KILLSWITCH ENGAGE ganz groß rauskamen. HELL WITHIN stehen dann auch ganz nah bei besagten Bands und mischen melodischen Death Metal mit Hardcore. Mag heutzutage angesichts des Metalcorebooms nichts großartig neues mehr sein, aber "Asylum Of The Human Predator" ist eines der Alben, dass man auch nach dem Ende des Booms in guter Erinnerung behalten wird, haben HELL WITHIN doch zehn sehr coole Songs auf CD gebannt, die zu keiner Sekunde langweilig werden und den Hörer immer im Unklaren lassen, was als Nächstes kommt. Metalcore nach Schema F gibt es hier nicht, was sich schon in einer erstaunlich geringen Anzahl an Breaks und Moshparts niederschlägt. Stattdessen setzen HELL WITHIN auf treibenden Schwedentod ("A World To Murder") und sogar Emo-Parts ("Open Eyes To Open Wounds”), was besonders durch den klaren Gesang von Sänger Matt zustande kommt. "Self-Inflicted Silence" ist als Höhepunkt des Albums ein derbe aggressiver Song, der nach einem psychedelischen Anfangsriff in bester HATEBREED-Manier losprügelt und mit coolen Backing Vocals aufwarten kann und sogar leicht an FEAR FACTORY erinnert. HELL WITHIN sind eine der besseren Metalcorebands und haben mit "Asylum Of The Human Predator" den Grundstein gelegt, den Metalcoreboom zu überstehen und nicht zu den Opfern zu gehören, wenn die Fans sich übersättigt abwenden.
GORATH sind mir bisher immer nur als Teilnehmer irgendwelcher Splits aufgefallen, aber so recht begeistert haben mich die Belgier dabei nie. Mit "Elite", dem leicht provokant betitelten Debütalbum, ist das aber anders. GORATH pendeln zwischen der norwegischen und der schwedischen Schule hin und her, sind evil as fuck und haben einfach eine klasse BM-Scheibe aufgenommen. Einer der Jungs war früher mal bei den genialen ILL FARES THE LAND, was schon mal für Qualität bürgt, und siehe da, "Elite" hat genau das: Klasse und Anspruch. Auf plattes Dauergeblaste wird verzichtet, die Songs setzen stattdessen auf Killerriffs und einen Haufen Melodien, garniert mit vielen Breaks und Tempowechseln. Black Metal muss nicht klingen wie eine Klospülung, um authentisch zu sein, dass haben GORATH begriffen und "Elite" eine erstklassige Produktion verpasst. Zusammen mit den sehr sehr coolen Songs ergibt "Elite" eine der besten Black Metal-Platten, die ich seit langem gehört habe. Endlich mal eine Scheibe, bei der ich nicht vor Lachen vom Stuhl fiel vor lauter Underground-Evilness oder einfach einschlief vor lauter langweiligem Geballer. Allein dafür gebührt GORATH Dank. Genau wie für neun coole eigene Songs. Danke!
EXISTENTIAL DILEMMA haben auf ihrer Website ihre letzte Show ever angekündigt, danach ist nach acht Jahren endgültig Schluss. Als letzter Tonträger bisher gibt’s diese Split mit INSIDE RECESS, die auch gleich den Anfang machen. Vier Songs hat die Combo aus Ohio zur Split beigsteuert, vier Songs, in denen sie sich im Schnittfeld von Grind, Noise und Metal bewegt. Das läßt sich schwer beschreiben, auch wenn INSIDE RECESS nachvollziehbare Songstrukturen haben. Erinnert ein wenig an die ganze Relapse-Chose um DILLINGER ESCAPE PLAN oder BURST. Sehr gut produziert und ziemlich aggro, wissen INSIDE RECESS zu gefallen und legen schon mal gut vor. EXISTENTIAL DILEMMA gehen dann wie gewohnt eher in noisige Gefilde. Konventionelle Songs werden nicht beendet, sondern münden in Synthie-Parts oder einfach nur in Geräuschen. Noise eben. Das muss man schon mögen, sonst ist es sehr schwer verdaulich. Ich mag es und EXISTENTIAL DILEMMA haben meiner Meinung nach fünf coole Tracks verewigt. Da werden Akustikklampfen eingebaut, die einen sehr ruhigen, fast schon depressiven Song ergeben, es wird aber auch mal herzhaft geballert, wobei es stark in Richtung Black meets Grind geht. Und alles mit einer guten Portion Noise versehen. Eine sehr coole Split, die sich kaum um die normalen Gewohnheiten schert und anspruchsvoll-experimentell ausgefallen ist. Keine Scheibe für jeden Tag, aber definitiv einen Versuch wert, am besten an einem verregneten April-Tag…