Nach der Doppel-CD gibt es für die EVERGREY-Gemeinde jetzt auch noch eine songmäßig gleiche Doppel-DVD im InsideOut-Programm. Neben den 20 Tracks des Live Sets haben EVERGREY auf der "A Night To Remember”-DVD fast 6 ½ Stunden "Behind The Scenes”-Material zur letztjährigen Livetour verbraten, aufgezeichnet in einem mit drei Balkonen versehenen, 160 Jahre altem Theater im heimischen Göteborg. Für die DVD gilt natürlich auch das bereits zur Doppel-CD gesagte: die versammelten Werke stellen eine überaus gelungene Zusammenfassung des bisherigen Schaffens der Kritikerlieblinge dar und sollten so für Neueinsteiger der perfekte Appetithappen sein; für Fans der Band wohl sowieso ein unverzichtbares Muss. Die Progressive Metallern aus Schweden um Meister Tom S. Englund (selbst gesanglich in Topform) zelebrieren auch Live ihre anspruchsvollen Kompositionen ohne ins frickeln zu fallen. Epischer Keyboardsound, bombastische Chöre und ein unter die Haut gehender Gesang symbiotisiert gekonnt mit harten Gitarrenriffs, ausgefeilten Solis und eindrucksvollem Schlagzeugspiel und Bassläufen. Da fallen einem ausschließlich die Besten des Genres ein - Dream Theater, Enchant, Pain Of Salvation oder Shadow Gallery sollten hier ruhig den Maßstab anlegen. EVERGREY setzen Live Maßstäbe wo andere Bands ihr Programm runterspielen. Perfekt arrangiert, aber ohne jeglichen Ansatz von Sterilität und voller Atmosphäre - welche bei EVERGREY nicht nur die Alben prägt, sondern hörbar und sehbar auch Live transportiert - samt weiblichem Backgroundchor, gelungener Lightshow und begeistertem Publikum.
Das ganze in DolbyDigital 2.0 und DTS 5.1, sowie der Livemitschnitt im 16:9 Format, Regional Code 0 und 28-seitigen Booklet. Eine limitierte Auflage im Digipack gibt es dann auch noch.
DVD 2 enthält ausführliche Interviews mit allen Bandmitgliedern, Fachgespräche mit EVERGREY über Instrumente, Mix und Studio (leider alles nur in englischer Sprache und ohne Untertitel) sowie verschiedene Backstage-Berichte von 1996 "The Dark Discoveries", über "The Recreation Day" bis heute "Inside Inner Circle". Die Qualität ist dabei allerdings nicht immer berauschend - will meinen Homevideostandard, aber für Fans durchaus sehr interessant.
DVD 1
01 Intro
02 Blinded
03 End of your days
04 More than ever
05 She speaks to the dead
06 Rulers of the mind
07 Blackened dawn
08 Waking up blind
09 As I lie here bleeding
10 Mislead
11 Mark of the triangle
12 When the walls go down
13 Harmless wishes v 14 Essence of conviction
15 Solitude within
16 Nosferatu
17 Recreation day
18 For every tear that falls
19 Touch of blessing
20 The masterplan
DVD 2
6 ½ Stunden - Backstage, Interviews und folgende Musik-Videos:
Kann es eine polnische Nu Metal Band mit dem etwas künstlich-kühl klingenden Namen CAD (steht für den bekannten PC-Begriff CTRL-ALT-DEL) tatsächlich schaffen, dem derzeit schon etwas dahindarbenden Genre neue Impulse zu geben? Nun dies Frage kann ich nach dem hier vorliegenden überzeugende Debütalbum absolut nur bejahen. CAD stehen tatsächlich für eine schon sehr spezielle Art Sound im Nu Metal Bereich. Das Ganze wird nämlich teilweise stark von großzügigem Programming, Soundspielereien, Loops, Samples sowie diversen rhythmischen (Stimmungs)Wechseln bestimmt. Dieser am Anfang recht gewöhnungsbedürftige Mix wird meistens mit recht sphärischen Songarrangements, wechselweise getragen von den Gitarren, Samples oder auch der klasse Stimme umrahmt. Aufgrund der vielfach sehr experimentell angelegten Tracks sind Vergleiche zu A PERFECT CIRCLE an manchen Stellen ganz unvermeidbar. Ansonsten fällt die Mucke hier natürlich etwas härter aus, wenn auch bei weitem nicht so riffdominiert ist wie bei z.B. bei FEAR FACTORY. Die fünf polnischen Nachwuchsakteure sind ansonsten ganz klar Electronic Freaks und daher übertreiben sie es manchmal auch etwas mit den ganzen Samples sowie dem nervigen Computergesurre aber eine gewisse unterhaltsame Eigenständigkeit kann man ihnen trotzdem beileibe nicht absprechen. Mehr noch, vor allem Sänger Adam, hier mal zur Abwechslung kein Nu Metal Schreihals wie bei so vielen anderen Bands, kann mit seinem kraftvollen Organ die nicht gerade seltenen melodischen Momente der Band hervorragend rüberbringen. Schon der eingehende Opener "Stepping Stone” mit diesem abgefahrenen Refrain ist klar einer der Highlights des Albums. Weiterhin erwähnenswert, trotz seiner vielerlei künstlicher Sounds, das irgendwie coole "Accelerator" sowie dass schmissigen"Manchild". Ein absoluter Ausfall stellt dann aber das zu vollgepackte "Revulsion" dar. Ein gewisses orientalisches Esprit kann "War Between Two Tribes" mit seinen typischen Klangmustern nicht verleugnen, das treibende "Bitter Pills" sticht ebenso heraus wie die Schlußnummer "Virtual Sky" - so könnten DEPECHE MODE klingen wenn sie Nu Metal machen würden. CAD sind insgesamt eher weniger brachial unterwegs iwe etwas KORN, die Gitarren sind nicht ständig in den gängigen (Un)Tiefen gehalten, was das Anhören aber eher positiv gestaltet. Diese talentierten Musiker begeben sich mit ihrer CD auf eher unübliche Wege des Nu Metals und das macht mir CAD irgendwie auch sympathisch. An manchen Stellen klingt es zwar noch etwas "unrund" bzw. zu überbetont steril aber CAD sind zweifellos auf dem richtigen Weg. Dieses Album gibt’s übrigends mit einem schönen Multimedia Part sowie zwei aber eher nicht so tollen Remixen auf der Bandhomepage zu kaufen.
Nachdem die Italiener STRENGTH APPROACH bereits 10 Jahre die Bühnen Europas unsicher gemacht haben, erscheint jetzt ihr erstes komplettes Album. Und das wird auch höchste Zeit, denn es wäre eine Todsünde, ihren erstklassigen Street Hardcore der Öffentlichkeit vorzuenthalten. Auf ihrem Debüt knüppeln sich die fünf Musiker durch 12 Songs, als wenn es kein Morgen gäbe. Gelegentlich wird das Gas etwas herausgenommen, wie im groovigen "The Greatest Guilt", weitaus öfter wird aber noch einer auf die Durchschnittsgeschwindigkeit draufgesetzt, wie bei den High Speed-Krachern "Lie Awake" und "See Through Your Lies". In den etwas weniger schnellen Stücken tauchen auch vereinzelt Punkrock-Riffs und kurze melodische Parts auf, die zwar keine wesentliche Rolle für die Musik spielen, aber für Vielfältigkeit sorgen. Darüber liegt der wütende Schreigesang von Shouter Alex, der dem Gesamtsound noch eine zusätzliche Portion Aggressivität verschafft. Die Produktion könnte ebenfalls kaum besser sein: Der Sound besitzt so viel Druck und Energie, dass man - wenn man die Augen schließt - glauben könnte, man sei auf einem Konzert der Band. "Sick Hearts Die Young" ist das mit Abstand beste Hardcore-Album, das ich seit langem gehört habe und sei allen Freunden von straightem, rauem Street Hardcore wärmstens empfohlen.
Eingängig, aber nicht stumpf sind die Songs der Schweden von VAGH, zuckersüß aber nicht schmalzig. "AOR" oder "Melodic Rock" wie ihn auch in Übersee niemand viel besser hinbekommt. Zu Songs wie "Coldblooded Lover" hüpfen die Silikon-Titten, zu "Sleepwalking" fliegt die schüttere Dauerwelle durch die Luft. Die unglaublich solide Rhythm-Section treibt Namensgeber Robin (Vagh) und seine Freunde an, die Gitarren liegen bisweilen ein wenig schüchtern im Hintergrund, riffen aber rockig durch Gelände. Lediglich das Keyboard kleistert ab und an ein wenig zu viel und der weibliche Gastauftritt von Madame Unbekannt bei "Alison" geht dann doch zu weit - zumal Sänger Jonas Blum über ein angenehmes Timbre verfügt. Wer poppigen Rock, rockigen Pop oder einfach nur "catchy" Songs mag, der ist hier sicherlich richtig. Professioneller Erwachsenen-Rock, der alles Trademarks eines traditionellen Genres abdeckt - von Freaks für Freaks. Hört sich irgendwie an wie eine softe Version der Pretty Maids.
Fünf gestylte Jungs bieten sich auf dem Backcover der Promo dem Auge des Betrachters dar. Fünf Typen, wie sie heute auf jeder zweiten Bühne zu sehen sind, auf der moderne Mucke geboten wird. Da kann BEECHER nur modernen HC bedeuten. Und siehe (besser: höre) da, richtig geraten! Scremo-Sänger, leicht noisige Grundeinstellung, viele irrwitzige Breaks und kein einziger Song, der konsequent durchgerockt wird. Was man mittlerweile kaum noch als originell ansieht, bieten auch BEECHER dem Hörer, wobei die Briten es schaffen, aus der Masse der Bands herauszustechen. "Breaking The Fourth Wall" hat diese ganz besondere Eingängigkeit, durch die die Scheibe bei aller Abgedrehtheit hörbar bleibt. Bei allem Wechsel von hemmungslos rockend zu noisigem Ausklang ("Dead For Weeks") bleiben BEECHER melodisch. Nicht IN FLAMES-melodisch, natürlich nicht. Eher INTERNATIONAL NOISE CONSPIRACY-melodisch. Auf eine moderne, coole Art eben. Das Album hat eine Menge abgefahrener Ideen zu bieten, die BEECHER ohne Scheu auf modernen Hardcore treffen lassen, was an manchen Stellen zu obskuren, eben noisigen,Eergebnissen führt, "Breaking The Fourth Wall" aber auch interessant wie wenig anderes macht. Wer auf CONVERGE oder - mit Abstrichen - CULT OF LUNA steht, ist bei BEECHER genau richtig. Und als kleinen Bonus gibt es noch vier Songs aus einer BBC Radio-Session, was Erinnerungen an die "Peel Sessions" erwachen lässt und BEECHER einen Nostalgiepunkt einbringt.
Einige Probleme haben die Aufnahmen und damit auch die Veröffentlichung des ersten CHRONICLE OF TYRANTS-Albums "Nemesis MMIV" verzögert. Aber wie heißt es so schön? Das Warten hat sich gelohnt - "Nemesis MMIV" ist sehr sehr cooles Death Metal-Album, das seine Wurzeln im alten melodischen Schwedentod hat und durchgehend auf hohem Niveau ballert. Die Scheibe ist eine kleine Zeitreise in die Mitte des letzten Jahrzehnts, als Death Metal und Schweden noch in einem Satz genannt werden konnten, ohne dass man an peinliche IN FLAMES-Video und zahnlose SOILWORK-Scheiben denken musste. In der Tradition alter No Fashion-Bands (gerade, was den Sound angeht) haben CHRONICLE OF TYRANTS eine melodisch-brutale Scheibe eingespielt, die neben einer erstklassigen Gitarrenarbeit vor allem durch ausgefeiltes Songwriting glänzt und sich schnell im Ohr festsetzt. A CANAROUS QUINTET haben das auf ähnliche Weie vollbracht und in letzter Zeit FRAGMENTS OF UNBECOMING. Einfach schöner Schwedentod, der bei aller Melodie-Verliebtheit nicht die Härte und Brutalität des Death Metal unter den Tisch fallen lässt und dadurch vor Abwechslung strotzt. Genauso sehen es wohl auch die Jungs um Sänger Manuel (der einen klasse Job abgeliefert hat) - und prompt kommt eine verdammt geile Schwedentodplatte raus, die man jedem Elchtodjünger bedenkenlos empfehlen kann. Wäre nur gerecht, wenn die Erfolgsgeschichte von FRAGMENTS OF UNBECOMING bei CHRONICLE OF TYRANTS eine Fortsetzung finden würde. Verdient hätten es die Jungs!
Mit Black Metal ist das ja so eine Sache. Es gibt die ultras (true as fuck) und die mainstramigeren (Bombast rules supreme). Und dann sind da noch die wirklichen Künstler, die Ästheten der Dunkelheit, die Fürsten der Bosheit - eben die Avantgarde. Dazu zählen sich wohl auch CODE, die auf Void, Ulver und Ved Buens Ende anspielen (oder sogar bei ihnen spielten). Und so haben die Jungs aus der norwegisch-britischen Union eine todtraurige BM-Scheibe mit gehörigem Doom-Anteil auf den Markt geworfen. Nicht ganz so fies wie etwa Shining, lange nicht so träge wie Funeral Doom. Der Gesang ist fies gekreischt oder pathetisch-klar - immer aber vermag die Stimme zu erklären, dass es Band und Menschheit schlecht geht. Die Gitarrenarbeit bei den acht, mindestens fünf Minuten langen Songs ist bisweilen typisch flirrend, das Drumming doppelt treibend - aber gelegentlich driften CODE sogar in den angeproggten Bereich. Trotz zumeist gemäßigter Geschwindigkeit haben die Songs ordentlich Zug am Leib, grooven sich manchmal sogar regelrecht ins Unterbewusstein des suizidal nicht abgeneigten Kunden. Die Scheibe ist sicher nicht für viele Menschen interessant, denn das Gros der Blackies zählt nun mal zu den beiden anfangs angerissenen Gruppen. Das Leben ist trostlos, der Mensch ist schlecht - gut, dass es noch Künstler gibt, die einem das so schonungslos klar machen.