Ich hätte WITHIN TEMPTATION ja einiges zugetraut. Aber definitiv nicht, mich musikalisch überraschen zu können. Denkste. "Stand My Ground" ist nicht der glattgespülte Beinahe-Pop mit gothischer Note den sie in all ihren letzten Maxis gewählt haben. "Stand My Ground" könnte fast aus der Feder von EVANESCENCE kommen: Hart und direkt, modern und im Chorus gewohntermaßen sehr eingängig. Natürlich fehlt die ein um die andere Streicherei nicht, WITHIN TEMPTATION klingen hier aber ganz eindeutig frischer als bisher und benutzen härteren Stoff bewusst. Dazu der deutlich überlegene Gesang der Holländerin und Songs wie dieser könnte das nächste WITHIN TEMPTATION Album definitiv abwechslungsreich machen.
BURY YOUR DEAD galten nach ihrem Debüt "You Had Me At Hello� als eine der ganz großen kommenden Nummern im HC-Zirkus, machten aber allem einen Strich durch die Rechung, als sie sich mal eben auflöten und eine Zeitlang in verschiedenen Kapellen lärmten (Drummer Mark z.B. bei BETWEEN THE BURIED AND ME). Irgendwann haben sie sich aber wieder zusammengerauft und sogar Songs geschrieben. Das Ergebnis des neuen Zusammenarbeitsversuches kann man jetzt in Form von "Cover Your Tracks" bewundern, vom Label als "Most Brutal Record This Year" angepriesen. Legt der erste Track "Top Gun" noch fulminant los und entpuppt sich als saubrutale HC-Nummern, lässt "Cover Your Tracks" im weiteren Verlauf stark nach - viel zu stark für meinen Geschmack. BURY YOUR DEAD sind brutal und können ziemlich direkten, rohen HC zocken, keine Frage. Aber Songs schreiben können sie (momentan?) scheinbar nicht. Zu oft werden Parts wiederholt, spielt sich die ganze Chose in ausufernden Moshparts ab, ohne den Hörer wirklich zu fesseln. Das wird auf Dauer recht langweilig, mag es noch so brutal sein. In jedem Song stecken im Prinzip gute Ideen und oft auch coole Parts, aber die wirklich durchgehend guten Songs sind einfach in der Minderheit. Handwerklich sind die Jungs top und haben auch eine bemerkenswert gute Produktion bekommen, aber an den Songs hapert es einfach noch. Und die sind nun mal das Wichtigste bei einer Scheibe.
Hinter HONIGDIEB verbirgt sich niemand Geringeres als Sir Hannes Smith, der langjährige Frontmann der legendären Dortmunder Underground-Formation PHANTOMS OF FUTURE, dem Iggy Pop himself einst zugerufen haben soll "You´ve got the punk inside!" und die PHANTOMS direkt als Vorband engagierte. Nebenbei betreibt Sir Hannes in Dortmund das Plattengeschäft Idiots Records und das Café Banane, in dem u. a. auch regelmäßig Konzerte stattfinden, und unterstützt Benefizkonzerte für Obdachlose. Vom Punk und vom Leben auf der Straße hat sich Sir Hannes verabschiedet und doch seine Wurzeln nie vergessen, denn beides spielt eine große Rolle für sein HONIGDIEB benanntes Musikprojekt, an dem er nach dem Split der PHANTOMS zu arbeiten begann. Eine nicht zu kategorisierende Mischung von Musikstilen wie Chanson, Pop, Punkrock, Ska und Polka trifft auf eine ungewöhnlich Instrumentierung - Gitarre, Schlagzeug, Kontrabass Violine und Querflöte - und auf Texte, die vordergründig oft kindlich oder gar Schlagerhaft wirken, die aber bei genauerem Hinhören nur so sprühen vor Ironie, Witz und abstruser Poesie. Die wilde Energie dieser skurrilen Mischung erschließt sich vor allem bei Live-Auftritten, bei denen die Musik oft durch Performance-Einlagen ergänzt wird, wobei diese beiden Kunstformen völlig fließend ineinander übergehen. Nach dem Debüt "Sei Wie Du Bist" vom letzten Jahr erscheint jetzt das Nachfolgewerk "Einzig, Aber Nicht Artig", auf dem im Großen und Ganzen an dem eben beschriebenen Stil-Mix festgehalten wird. Die musikalische Reise geht von Disco-Funk wie in "Ichgott" über Ska, wie im grandios gesteigerten Schlussteil des Titeltrack, das Schlager-artige "Schnucki-Puppi" und das punkrockige "Mädchen" bis hin zum ruhigen "Meditation" mit einem wunderschönen Violinen-Thema. Obwohl sich das ziemlich zerrissen anhört, schafft es HONIGDIEB, mit seinem Sound alles zu einer Einheit zu verbinden und nebenbei auch noch jede Menge Ohrwurm-Melodien entstehen zu lassen. Die Texte reichen von witzigen Anekdoten und Geschichten aus dem Alltag bis hin zu gesellschafts- und sozialkritischen Themen, aber ohne dass Sir Hannes den berüchtigten Zeigefinger hebt, sondern uns vielmehr wie ein Harlekin einen Spiegel vorhält und sich über uns lustig macht. Beim ersten Anhören mag die CD teils lächerlich, nervig und oftmals wohl auch anstrengend wirken - die Feinheiten erschließen sich erst beim mehrmaligen und genauen Hinhören. Und wer sich darauf einlässt, wird großen Spaß mit dieser Platte haben. Wer schon mal einen der intensiven Live-Auftritte von HONIGDIEB gesehen hat, dürfte ohnehin keine Probleme haben, einen Zugang zu diesem speziellen Sound zu finden. Denn sofort bringt man die Musik mit dem Spektakel auf der Bühne in Verbindung, und mit dieser einzigartigen Persönlichkeit Sir Hannes, der wohl als einer der ganz wenigen großen Musikkünstler Deutschlands gelten dürfte. Mit seiner totalen musikalischen Anarchie ist HONIGDIEB wahrhaftiger Punk - im Gegensatz zu vielen anderen Bands, die genau das von sich behaupten, im Grunde aber doch nur angepasst sind. Sir Hannes´ Credo erfährt der Zuhörer wohl im Titeltrack: "Bin niemals käuflich - für gar nichts auf der Welt - so bleib ich mir treu - mein eigener Held". Bleib so!
Nicht gerade viele junge Metalbands stammen aus dem zerrütteten Jugoslawien, aber Boris Todorovic aus Bosnien - Herzegowina tritt mit seinem Ein - Mann - Projekt MUSAKA mutig gegen die westeuropäischen Legionen der Gothic/Black Metal - Truppen an. Und dafür, dass der Junge alles im Alleingang fabriziert hat, klingt "Ancient Memories" wirklich patent. Nur soundtechnisch müssen Abstriche gemacht werden, klingt das Album wie direkt aus dem Computer heraus entstanden. Die Gitarren summen eher wie Mückenschwärme und die Drums tickern etwas leblos. Aber seien wir ehrlich: undergroundiger geht’s nicht mehr und daher kann man ein solches Machwerk nicht mit normalen Maßstäben messen. Die Abwechselung jedenfalls kommt nicht zu kurz, wechseln sich (nicht so häufige) schnelle Black Metal - Passagen, Keyboard - unterlegter Goth, schleppender Doom und sogar Piano - Passagen recht gekonnt ab. Dazu wird mal gegrowlt, clean gesungen oder schwarz gekreischt. Einzelne Songs hervorzuheben macht nicht viel Sinn, baut das Album erst über seine Spielzeit hinweg die volle Atmosphäre auf. Hin und wieder tauchen jedoch einige langatmige Passagen auf und durch die verwobene Ansammlung von Stilen hat man oft den Eindruck, hier hätte weniger mehr sein können. Mit dahingehend etwas besserem Songwriting hätte "Ancient Memories" ein echter kleiner Hit werden können, so aber reicht es immer noch zu einem Achtungserfolg, der MUSAKA hoffentlich den einen oder anderen Fan bescheren wird. Ein guter Schritt!
Auf der Homepage kann man sich übrigens einige Hörproben gönnen.
Industrial eignet sich vorzüglich um in Kombination mit hartem Metal den Untergang anzubeten. RED HARVEST machen dies vor, MORS IN TABULA versuchen einige tausemd Kilometer weiter südlich Ähnliches. Und doch ist die Ähnlichkeit nur in Maßen vorhanden, denn den griechischen MORS IN TABULA fehlt zum einen die packende Dichte und brachiale Härte und zum anderen gehen sie die Sache von einer deutlich elektronischeren Warte aus an. Grabestiefer, gegröhlter Gesang und beim düstersten "Blood Path" desweiteren bollernde Bässe und dezenter Keyboardeinsatz. Die Songs ähneln sich untereinander zu sehr, "Eye Of The Abyss" könnte mit einem nervösen Rhythmus an KMFDM erinnern, Melodien fehlen fast immer. Den programmierten Drums fehlt die Dynamik, qualitativ kommt die Band leider noch lange nicht an die Referenzen heran - weder was gewitzten Einsatz der Elektronika, noch die Homogenität der Mischung von Metal mit Industrial und noch lange nicht was die beklemmende Atmosphäre angeht.
"Wir sind die anderen" singt Inga Humpe. Im verregneten Herbst 2004 von einem Frühling 2007 reden, welch Unverschämtheit. Einfühlsamer Gesang, unterschwellig philosophisch ist 2RAUMWOHNUNG auch auf dem letzten Album "Es Wird Morgen" beinahe immer gewesen. Der Geniestreich in "Wir Sind Die Anderen" ist aber der unglaublich freche Part aus minimalistischem Synthesizersound in der Mitte des Songs. Die Wirkung davon geht bei den Remixen etwas verloren, die beiden brauchen keine Spielereien um frisch zu klingen. Das Duo hat einmal mehr den perfekten Song zum Milchkaffee in diesem Jahrtausend geschrieben. Radiotauglichkeit hin und fehlende Härte her.