Schnörkellos legen NEAERA beim Opener "The World Devourers” los und präsentieren ein Death Metal-Brett, das es in sich hat. Fette schwedische Gitarren treffen auf einen Sänger, der viel AT THE GATES gehört hat. Fein, ganz fein. Aber da man heute als reine Schwedentodcombo nicht ganz so angesagt ist, sondern über Genregrenzen hinweg schauen muss, wird noch ein anständiger Moshpart eingebaut und fertig ist das Etikett Metalcore. Kann man so nennen, muss man aber nicht, vor allem da neunzig Prozent der Scheibe reinrassiger Death Metal schwedischer Art sind. sogar vor Blast-Parts ("… To Oblivion") haben NEAERA nicht zurückgeschreckt und sich dabei ordentlich aus der Affäre gezogen. Zeitweilig eingesetzter cleaner Gesang schlägt die Brücke zum modernen Metal/ HC und klingt ganz ordentlich, aber NEAERA haben meiner Meinung nach ein Metal Heart in der Brust und lassen diese Liebe die Oberhand gewinnen. Auch wenn manchmal zu sehr HEAVEN SHALL BURN durchschimmern (gerade bei den Gitarren), haben NEAERA ihre eigene Identität und sind kein beliebiger Klon einer momentan angesagten Bewegung. "The Rising Tide Of Oblivion" ist richtig fetter Death Metal und nix anderes. Doch, etwas anderes ist die Scheibe noch: ein Tipp, voll und ganz zu Recht!
Die Band von Saitenhexer Chris Impellitteri gilt unter Fans des traditionellen Metals fast schon als Insider - Tipp. Große Wellen hat diese Formation in knapp 20 Jahren jedenfalls nicht geschlagen, dabei übertrifft deren Musik einen Großteil dessen, was heute unter dem Namen "Power Metal" in die Läden gestellt wird. Ähnlich verhält es sich mit dem neuesten Streich "Pedal To The Metal", der neben einem sehr ansehnlichen Cover - Artwork von Derek Riggs auch einen neuen Sangeskünstler vorstellt, der Goldkehlchen Graham Bonnet und den davor jahrelang zu hörenden Rob Rock ablöst. Zwar kann Curtis Skelton das überragende Niveau seiner beiden Vorgänger nicht ganz mitgehen, aber in Tränen muss deswegen niemand ausbrechen. Er beherrscht alle Facetten von rau - kraftvoll bis hoch shoutend mühelos und erinnert in seiner normalen Tonlage ein wenig an RIOT’s Mike DiMeo. Beim Songmaterial gibt man sich kurzweilig und stets auf den Punkt bedacht, auch wenn dabei nicht alle Songs aus den Latschen hauen. Mit dem klasse Opener "The Iceman Cometh" (super Refrain!), "The Kingdom Of Titus (Tribute)", "Dance With The Devil", den sehr schnellen "Crushing Daze" und "Judgement Day", dem melodischen "Destruction" oder der coolen Rapper (Eminem!) - Veräppelung "Punk" sind einige sehr gute Stücke an Bord, die mir allerdings stellenweise zu experimentell und gekünstelt produziert wurden (verzerrter Gesang, auf modern getrimmte Riffs oder auch das sehr gewöhnungsbedürftige "Hurricane" passen irgendwie nicht ins Bild). Richtig gelungen wird’s allerdings, wenn Mr. Impellitteri seine Soli auskramt und dem eigenwilligen Stil der Platte seinen ureigenen Stempel aufdrückt. "Pedal To The Metal" ist trotz der genannten Kritik ein sehr hörenswertes Kraftpaket geworden, das man aufgeschlossenen Fans durchaus empfehlen kann; lediglich etwas weniger Rumspielereien mit modernen Sounds und ein paar (mehr) echte Übernummern hätten dem Album gut getan.
TERROR-Gitarrist Doug beklagte sich erst kürzlich darüber, dass es viel zu wenig echte HC-Bands gibt. Die meisten angesagten Bands würden Death Metal, Black Metal oder irgendwas spielen, sich aber HC-Szene-typisch kleiden und aufführen und deswegen der HC-Szene zugerechnet werden. Weise Worte. Mir scheint, Doug hat vor dem Interview WINTER SOLSTICE gehört, so genau passen seine Aussagen auf die Combo. Da wird schwedisch losgefrickelt und gegrunzt, dass manchem Göteborger das Herz vor Freude zerspringen würde. Vor ein paar Jahren hätte ich WINTER SOLSTICE noch als Death Metal-Combo eingeordnet, die durch geschickt gesetzte Breaks ordentlich Druck macht. Aber heute heißt sowas eben Metalcore, ein paar der Mitglieder sind wahrscheinlich Edger und alle sind froh. WINTER SOLSTICE bieten gewohnte Kost, können in den richtig langsamen Parts gut Druck aufbauen ("Malice In Wonderland"), auch wenn mir da manchmal zu lange an einem Part gehangen wird. Genausogut kann der Haufen aber schwedisch-melodisch ballern ("55/23"), manche richtige Schwedencombo kann da streckenweise nicht mithalten. Alles solider Standard, von der Produktion zum Songwriting bis zur Leistung der einzelnen Mucker. Metalcorlerherz, was willst du mehr? Und jetzt nicht Individualität sagen, bitte.
EVERGREY verzücken ihre Fans mittlerweile fast im Jahrestakt mit hochklassigen Alben. Folgerichtig gibt es schon recht kurz nach der letzten Ausnahmescheibe "The Inner Circle" den nächsten Anschlag aufs Portmonee. "A Night To Remember” nennt sich das Teil und kommt als Livemitschnitt der letztjährigen Tour daher - standesgemäß als Doppel-CD mit Intro und 19 Tracks (aufgezeichnet in einem mit drei Balkonen versehenen, 160 Jahre altem Theater im heimischen Göteborg). Die auf dem Doppeldecker versammelten Werke stellen dabei eine überaus gelungene Zusammenfassung des bisherigen Schaffens der Kritikerlieblinge dar und sollten so für Neueinsteiger der perfekte Appetithappen sein; für Fans der Band wohl sowieso ein unverzichtbares Muss. Die Progressive Metallern aus Schweden um Meister Tom S. Englund (selbst gesanglich in Topform) zelebrieren auch Live ihre anspruchsvollen Kompositionen ohne ins frickeln zu fallen. Epischer Keyboardsound, bombastische Chöre und ein unter die Haut gehender Gesang symbiotisiert gekonnt mit harten Gitarrenriffs, ausgefeilten Solis und eindrucksvollem Schlagzeugspiel und Bassläufen. Da fallen einem ausschließlich die Besten des Genres ein - Dream Theater, Enchant, Pain Of Salvation oder Shadow Gallery sollten hier ruhig den Maßstab anlegen. EVERGREY setzen Live Maßstäbe wo andere Bands ihr Programm runterspielen. Perfekt arrangiert, aber ohne jeglichen Ansatz von Sterilität und voller Atmosphäre - welche bei EVERGREY nicht nur die Alben prägt, sondern hörbar auch Live transportiert wird - "A Night To Remember".
Hinweis für jene, welche sich neben dem Hörgenuss auch optisch verwöhnen lassen wollen: Das Konzert als Live-DVD im 5.1-Mix (plus Bonusmaterial) ist laut Label bereits in Vorbereitung.
US-Death-Grind. Punkt. Bretthart und gut dabei, die Muckerpolizei wird ihre Freude haben. Ich finde ORIGIN inzwischen fast ein wenig zu kompliziert - aber das ist mir ja das Meiste. Das Schlagzeug knüppelt mit sehr viel Druck, mal kompliziert, mal auch stumpf, immer aber bretthart. Gitarrenmäßig geht es ebenfalls in die vollen, hier wimmelt es nur vor diesen quietschigen Breaks, die einem Unwissenden wie mir automatisch Erinnerungen an den letzten Zahnarztbesuch bescheren. Mit gefallen ORIGIN deshalb wesentlich besser, wenn sie ein eintöniger wenig death-grinden (wie zum Beispiel bei "Cloning The Stillborn") da fliegt die Kuh ständig und muss nicht zwischendurch immer wieder notlanden. Die Jungs sind fit an ihren Instrumenten, knüppeln mit jeder Menge Herz, nur die Gitarren klingen mir ab und an mal zu mathematisch. Dass diese Maske auf dem Cover deswegen so eine schlechtgelaunte Fresse zeigt, ist maßlos übertrieben, denn letztlich haben die Amis hier eine sehr nützliches Abriß-Werkzeug auf den Markt geworfen. Frisch und hart, Tod und Grind - wer für seine Schlachtorgie einen (mit einer knappen halben Stunde sehr kurzen) Soundtrack benötigt, liegt hier sicherlich richtig. Punkt.
Ein böser Spitzbart, lange Haare und wilde Klamotten - dazu das Zeichen der Pommesgabel in die Kamera. So sah der strahlende Gewinner der Casting Show Star Search auf Sat.1 im Jahr 2003 aus - MARTIN KESICI. Wenn man da an Superstar Alex denkt - das krasse Gegenteil.
Seine erste Single "Angel of Berlin" war schnell auf der 1 der Charts, konnte mich jedoch nicht wirklich vom Hocker reißen. Trotzdem gehört der Martin definitiv zu den positiven Talenten, die diese Massentauglichen Casting Shows hervorgebracht haben.
Seid 21. Februar steht nun sein zweites Album in den Läden: "So What" - und es rockt und zwar richtig. Erwartet habe ich eigentlich fast durchgängig Midtempo und Softrock Songs der Marke "EgoTripping" - eine übrigens sehr Gänsehautmachende Halbballade mit geilen Gesangslinien. Doch schon der Opener "Sorry" zeigt das Martin so schnell es geht zu seinen Wurzeln zurück kehren will. Zwar klingen fast alle Songs recht modern, was nicht zuletzt an den tiefer gestimmten und verzerrten Gitarren liegt, dennoch besitzen alle Rocker einen hohen Widererkennungswert. "Hang On" z.B. bleibt schon nach dem ersten Durchlauf im Ohr kleben und animiert zum Mitsingen.
"Leaving You For Me" ein sagen wir mal Halbrocker der vor allem durch die Zusammenarbeit mit Tarja Turunen von Nightwish etwas besonderes erhalt. Im Duett mit Martin bringt Tarjas Stimme Abwechslung und vor allem noch mehr Emotionen.
"Dislike You" und "God Bless You" besticht durch ein treibende Drums und Martin sing stellenweise sehr tief und aggressiv. Besonderen Wert legt Martin auf seine Texte: "All Of My Life" ein Midtempo Song mit hohen Charakter trifft den Nagel förmlich auf den Kopf. Geile Nummer. Am Ende gibt es dann mit "Disapear" und "Talk To The Wind" noch zwei ruhige Tracks.
Zehn Jahre sind mittlerweile schon ins Land gezogen seit 1995 mit "The Final Experiment", die erste Rockoper des AYREON Projekts von Arjen Lucassen, seinen kommerziellen Anfang fand. Damals konnte zunächst keiner ahnen, welch großartige Erfolgsgeschichte sich heraus einmal entwickeln sollte. Die recht originelle Rahmenhandlung für dieses Konzeptalbum beginnt im 21. Jahrhundert. Die Welt ist wirtschaftlich und ökologisch zugleich ziemlich heruntergekommen - nur noch ein letztes Experiment kann die Erde retten. Hierfür wurde ein Computerprogramm "Time Telepathy" ausgetüftelt, um eine warnende Botschaft per virtueller Zeitmaschine in die Vergangenheit zu schicken. Diese Nachricht wird dann im 6.Jahrhundert von einem blinden Propheten namens AYREON "empfangen". Dieser lebt am Hofe Königs Artus u.a. zusammen mit dem bekannte Zauberer Merlin. Ayreon will natürlich allen von drohenden Katastrophe berichten und die Mitbürger davon überzeugen mit entsprechenden Verhaltensweisen quasi die Zukunft positiver zu gestalten. Doch keiner fühlt sich so recht angesprochen oder gar bedroht, denn das scheint ja so weit entfernt. Also wird der gute Ayreon stattdessen gepeinigt, verfolgt und flüchtet in die Natur. Dort erlebt er weiter düstere Visionen über die Vorgänge in der Zukunft und wird aus Sicherheitsgründen von den Mächtigen bzw. Merlin mit einem Bann belegt, um ruhig gestellt zu werden.
Zunächst mal interessierte sich keine Company (einige lustige Absagen finden sich im CD Inlay) für diese Story sowie die relativ komplex anmutende Musik des ex-VENGEANCE Gitarristen Lucassen. Daher musste der holländische Multiinstrumentalist mächtig Klinken putzen gehen, ehe sich dann doch ein Label fand, der unerwartet große Erfolg gab ihm letztlich natürlich recht. THE FINAL EXPERIMENT wurde ein Verkaufsschlager, diente auch als Vorbild für viele ähnlich gelagerten Projekte und bildete die künstlerische Ausgangsbasis für sämtliche weiteren Konzeptalben der AYREON oder auch STAR ONE Scheiben. Nun ist mit diesem oplunten Debütwerk (dass mittlerweile auch vergriffen war) endlich der komplette Backkatalog in aufwendigen Reissues sowie teilweise vollständigen Neueinspielungen wiederveröffentlicht. Auch bei dieser CD wollte Meister Lucassen ursprünglich alles noch mal neu einspielen bzw. überarbeiten aber die Mastertapes waren schlichtweg nicht mehr auffindbar und so musste er sich etwas anderes einfallen lassen. Gesagt getan - es war zunächst angedacht zwei Songs der CD im neuen Semi Akustischen Gewande aufzunehmen, letztlich fand der Perfektionist dann aber so gefallen an der Sache, dass gleich ein komplettes Bonusalbum mit neun Tracks entstand. Allein die neuen Songs wären schon Kaufgrund genug, denn das Ergebnis ist wirklich insbesondere für Fans von Folk(Rock), akustischer oder auch unplugged präsentierter Musik ein wahres Festmahl. Die Interpretationen erinnern stark an JETHRO TULL, MOSTLY AUTUMN oder auch an klein wenig an die BLACKMORES NIGHT Geschichten d.h. vielerlei Flöten, Streichinstrumente wie Celli, üppig Percussions und das alles in akustischen bzw. kammermusikartigen Arrangements in einem völlig bombastlosen Kontext. Auch hier hat sich Arjen wieder eine Schar von Gastinterpreten ans Mikro geholt, wenn auch (mit Absicht vielleicht) nicht mit ganz großen Namen, denn hier soll wohl die Musik für sich selbst sprechen. Dies tut sie zweifellos und so werden hiermit auch eindrucksvoll manche Kritikeraussagen widerlegt, dass AYREON Songs nicht ohne das aufgemotztes Äußere sowie üppigen Bombast bestehen könnten - das Gegenteil ist der Fall es funktioniert auch abgespeckt und so entwickelt sich ein ganz neues Hörerlebnis, einfach nur klasse!
Aber auch das "normale" Album mit diesem einzigartigen Mix aus PINK FLOYD Ambiente, aufpolierten Hardrock & Metalriffs, abwechslungsreichen Keyboardklängen, Folkelementen vermengt in ein symphonisch-bombastischen Klangbild sowie den vielen verschiedenen Stimmcharakteren kommt nach wie vor überzeugend rüber. Auch wenn manches noch nicht ganz so ausgereift oder packend inszeniert ist wie auf dem späteren Nachfolger sowie absoluten Meisterwerk "Into The Electric Castle". "The Final Experiment" erscheint als Special Edition in Jewel Casr & Schuber mit reich bebildertem 24-seitigen Booklet sowie neuen Liner Notes von Arjen Lucassen.
Die 1995 in Charlestown gegründeten DUCKY BOYS sind alte Kumpels der DROPKICK MURPHYS aus dem benachbarten Boston und nahmen u. a. mit ihnen ihre erste Single auf. 1997 kam dann das erste Album heraus, worauf 1998 ein weiteres und 1999 ein Live-Album folgte. Danach wurde es ziemlich still um das Quartett, doch 2004 beschlossen Sänger und Gitarrist Mark Lind und Drummer Jason Messina, die Band zu reaktivieren, holten sich mit Douglas Sullivan und Steve Young zwei neue Mitstreiter an Bord und nahmen das Album "Three Chords And The Truth" auf. Und wenn man das Album hört, kann man nur sagen: Das war die beste Idee ihres Lebens! Denn was man hier zu hören bekommt, ist feinster Streetpunk ´n Roll - dreckig und rau, aber melodisch. Zugegeben: Die DUCKY BOYS klingen verdammt nach SOCIAL DISTORTION, was noch durch Mark Linds Gesang verstärkt wird, der stellenweise stark an Mike Ness erinnert, und auch der Einfluss von RANCID ist nicht zu überhören. Und ab und zu werden sie fast ein wenig poppig, z. B. in Stücken wie "Scars" oder "This Place", die schon beinahe in Richtung Stadion-Rock tendieren. Auch über das "Stand By Me"-Cover lässt sich streiten, denn man hört zwar, dass die Jungs mit ganzem Herzen bei der Sache sind, aber es kommt doch ziemlich pathetisch und außerdem leicht peinlich und eher unfreiwillig komisch daher. Trotzdem - der Großteil der Platte macht ganz einfach tierisch Spaß. Hymnische Punk-Kracher wie "Boston, USA", "Pass You By" oder "Hanging On" gehen gnadenlos nach vorne und brennen sich sofort im Gehörgang ein. Zum Luftholen gibt es zwischendurch mit "Untitled" noch einen wirklich schönen Lagerfeuer-Song mit Akustik-Gitarre und mehrstimmigem Background-Gesang. "Three Chords And The Truth" ist großartige Sommer-Musik, bei der man die warme Jahreszeit schon jetzt förmlich riechen kann.