Eigentlich bürgt Cyclone Empire für absolute Qualität. Und schlecht ist SEMLAH, die neue Band des Count-Raven-Bassers Tommy Wilbur keinesfalls. Es gibt Doom mit Rock-Einschlag und klaren Vocals. Nur kommt richtiger Doom kaum zum Tragen, lediglich in Teilbereichen wird der Langsamkeitsfanatiker mal richtig bedient. So ist „Axioms Of Life“ ein gutes Beispiel, wie ein Schwede behäbig rockt. Auf dem ersten Album präsentieren sich SEMLAH keinesfalls orientierungslos – im Gegenteil, es standen Candlemass und Co. sicherlich Pate. Allerdings gehen Wilbur und seine Kollegen viel zu standardisiert zu Werke. Es fehlt di4e absolute Leichtigkeit der Langsamkeit, die Kapelle geht irgendwie auf Nummer sicher, um Otto-Normal-Metaller nicht zu vergrätzen. Nur bleibt bei dieser Scheibe der echte Doomi auch außen vor – ihm ist die Scheibe zum Großteil einfach zu schnell. „Axioms Of Live“ ist wie gesagt ein richtig geiler Doom-Song, der Rest ist viel zu nett, viel zu gut konsumierbar, um die Zielgruppe wirklich (also truly) glücklich zu machen. Für Gelegenheitsdoomer, die mit einer glockenklaren Stimme zurande kommen, ist „Semlah“ durchaus empfehlenswert.
Das Spannendste an dieser Band scheint die Herkunft, denn sie kommen aus dem baskischen Teil Spaniens – und der hat mit Ausnahme der legendären KILLERS noch kein echtes Metal-Highlight hervorgebracht. Despektierlich wäre zu bemerken: das bleibt auch so. Denn DARKNESS BY OATH bieten auf der zweiten Scheibe recht herkömmlichen Melodic Death Metal. Punkt. Indes: Auch ohne die große Innovation macht es viel Freude, der Scheibe zu lauschen. Denn sie klingt erfrischend altmodisch nach älteren IN FLAMES oder DARK TRANQULITIY, es gibt nicht allzu soften Melo-Death ohne Keys zu hören. Der Wechselgesang zwischen Growls, Keifen und Growls, den Aritz Nabarro alleine besorgt, klingt ausgewogen und nervt auch im Kreischbereich nicht mit zu viel Metalcore-Charme. So altmodisch die Idee, so modern klingt der Sound aus dem Hause Swanö. Bei all seinen Vorteilen klingt das Ganze beinahe gewollt steril, allen voran triggert sich die Bass-Trommel ihren Weg. Total-Traditionalisten und Leute, die genannten Vorbildern oder AT THE GATES nachtrauern, die begeben sich mit den Basken aus Arrasate dennoch auf eine sehr angenehme Zeitreise, die aber nicht sonderlich fordert. Wer gern nach Malle in den Urlaub, der ist mit DARKNESS BY OATH sicherlich sehr gut bedient, wer aber etwas entdecken will und lieber mit dem Rucksack durchs Baskenland trampt, dem wird „Fear Yourself“ vielleicht zu konventionell sein – Spaß können aber beide Urlaubsarten machen.
Hinter BLACK SUN AEON steckt Tuomas Saukkonen, der auch bei BEFORE THE DAWN, THE FINAL HARVEST und DAWN OF SOLACE aktiv ist – ein Experte für Düstermucke also. So ist es auf der einen Seite nicht weiter verwunderlich, dass auch sein neuestes Projekt in die Richtung geht, andererseits wäre es interessant, einmal musikalisch anders gelagerte Ideen des guten Mannes zu hören. Für „Darkness Walks Beside Me“ hat er sich für die Vocals prominente Hilfe geholt; mit dabei waren AMORPHIs- Tomi Koivusaari, Ville Sorvali (MOONSORROW) und Mynni Luukkainen von SOTAJUMALA. Die Instrumente hat er aber komplett allein eingespielt, wie er auch das ganze Material geschriebn hat. Herausgekommen ist – wen wundert’s? – schwerer, schleppender Düstermetal, der an alte AMORPHIS und ganz stark an MY DYING BRIDE erinnert. Alles ganz passabel geschrieben, passabel gespielt und dank der (im Genre-Rahmen) vielfältigen Sänger passabel interessant ausgefallen, auch wenn nicht jeder Song komplett überzeugt. Es kommt immer wieder der Eindruck auf, als wären hier Ideen verwurstet worden, die in keine der anderen Bands vom Qualitätslevel gepasst hätten. So bleibt ein schaler Beigeschmack, über den sich der geneigte Käufer von vornherein im Klaren sein sollte. Wer damit kein Problem hat, bekommt eine solide Düstermetal-Platte, die sich im Genre-Mittelfeld befindet.
NOCTE OBDUCTA waren immer schon anders, fast immer richtig gut. Mit ihrem posthumen Werk „Sequenzen einer Wanderung“ aber scheinen sie ausloten zu wollen, wie weit sie gehen können, ohne den Hörer zu verarschen. Oder wie anders kann es sein, dass die Band belanglose Gespräche mit dem Klang einer Anrufbeantworter-Aufnahmen in einen der beiden Songs integriert? Das ist weder lustig noch hintergründig, noch irgendwie sinnig. Was aber geklappt hat, ist der komplette Ausbruch aus den eng-gesteckten Grenzen des Black Metal, sogar den metallischen Raum haben die Süddeutschen inzwischen verlassen. Und sogar Rock ist kaum noch zu finden. Hier regieren zuckersüß klingender Psycho-Pop, langatmiger Ambient, Kraftwerk-Elektronik, allenfalls angerockter Post-Pop, wabernde Keys, fahrige (nach NO-Maßstäben) Experimente – Pink Floyd für Arme? Gut, gegen Ende legt das Album etwa fünf Minuten an Härte zu – dann erinnert die Wanderung sogar an gute, alte Zeiten. Aber die sind ja wohl - aus Sicht der Band – glücklicherweise vorbei. Das Album auch. Geschafft. Ende, aus, vorbei.
Schweden ist ein Dorf, im Metal sowieso. Kein Wunder also, dass EVOCATION einen der Björlers (AT THE GATES, THE HAUNTED) und Dan Swanö bei "Dead Calm Chaos" im Studio hatten. Nach ihrem quasi-Comeback-Debüt "Tales From The Tomb" und einigen Shows machen die Schweden weiter und präsentieren mit dem neuen Langeisen frisches Material. Das ist einen Tick schleppender als beim Vorgänger, auch wenn natürlich noch oft genug Gas gegeben wird. Nach der ENTOMBED-Verbeugung wird diesmal UNANIMATED gehuldigt ("Antidote", bei dem Dan Swanö mit dabei ist), da ist wohl nächstes Mal DISMEMBER dran. Der Song bildet auch das Highlight einer guten Platte, bei der sich einige Füller eingeschlichen haben, in denen EVOCATION einmal zu oft Bekanntes wiederholen. Zwar ist "Dead Calm Chaos" keine schlechte Scheibe, im direkten Vergleich mit den Werken der Konkurrenz wie auch des eigenen Debüts kackt sie aber ab, der letzte Kick fehlt.
GLORIA MORTI sind wieder da – zwar nicht unbedingt mit Glanz und Gloria, dafür aber mit Pauken und Trompeten. Im übertragenen Sinne natürlich. Dass die Band einfach gut sein muss, beweist schon allein die Tatsache, dass sie bei Cyclone Empire gelandet sind, ein Name, der für absolute Qualität bürgt. Und die Finnen machen ihre Sache wie schon auf sämtlichen Vorgängern, haben ihren Stil aber sicherlich mit der Zeit reifen lassen. Und so mischen sie Death Metal mit leichtem Black-Einschlag bis hin zum Grind, ungewöhnliche Keyboard-Parts nicht zu vergessen. Als erste Anhalt dienen vielleicht Zyklon, insgesamt aber geht es nicht sooo extrem zu, manchmal sogar auch progressiv. Insgesamt also gibt extremen Metal mit nicht unmoderner Ausrichtung, die aber weder zu anbiedernd wirkt, noch in irgendeiner Weise klebrig oder plump bombastisch. Wer sich die Zeit nimmt, dieses Album wirken zu lassen, der wird eine echte Überraschung, ein kleines Szene-Highlight entdecken.
Da die Nachfrage nach französischen Automobilen verständlicherweise immer weiter zurückgeht, sind es nun die Hartgesottenen, die unsere europäischen Nachbarn wieder auf die Relevanzlandkarte hieven wollen. Und dabei machen sie oftmals keinen schlechten Job, wie auch die Avantgarde-Krachmacher SIDEBLAST unter Beweis stellen. Das Quartett gibt als Einflüsse unter Anderem EMPEROR, STRAPPING YOUNG LAD, IMMORTAL und BEHEMOTH an, was unterm Strich gut hinkommt, hört man sich die abgefahrenen Soundwände an. Ein Mix aus Death Metal, Metalcore, rasendem Keyboard-Bombast, diversen Ausflügen in schwarzmetallische Gefilde, Screams, Growls, wild platzierten Breaks und verrückten Soundspielereien (von Spoken Word-Parts bis hin zu Hahnenkrähen (!) ist alles dabei!) fordert den Hörer bis aufs Äußerste. Selbst nach fünf, sechs Durchläufen will sich „Flight Of A Moth“ kaum erschließen, aber das liegt primär daran, dass Krawallorgien wie „Deep Scorn“ oder „Wrong Decision“ nicht das Niveau eines Devin Townsend oder Peter Tägtgren offenbaren und das optimale Gleichgewicht aus Verrücktheit und dabei präzisem, hoch durchdachtem Songwriting um eine ganze Ecke verfehlt wird. Auch an ihre grandiosen Landsmänner GOJIRA reichen SIDEBLAST noch lange nicht heran, was aber nicht heißen soll, dass man das Album als totalen Fehltritt bezeichnen muss. „Flight Of A Moth“ ist ein durchaus originelles, für die angepeilte Zielgruppe hörenswertes Debüt, aber trotz einer netten Coverversion von SEPULTURA´s „Arise“ kein durchweg zu empfehlendes Allgemeingut.
Der Hype um die umbenannten Tulpenfresser geht manchem gewaltig auf die Testikel. Klar, sie machen gute Musik, dennoch klingen LOTD einfach viel zu berechnet, Thrash aus dem klinischen Labor sozusagen. Das könnte man den Finnen THE SCOURGER oberflächlich sicherlich auch attestieren, spielt(e) doch ein Mitglied bei Gandalf, sicherlich alles andere als eine Referenzgröße in Sachen Thrash Metal. Aber nein, nein, nein, bei den Skandinaviern haut das nicht, sie haben schlichtweg eine saubere Arbeit hingelegt. Krankte der Vorgänger vielleicht noch an einer gewissen Beliebigkeit, so sind die Finnen auf ihrem zweiten Album einen gewaltigen Schritt weiter. Mit viel mehr Herz als eben - zum Beispiel - die holländischen Genrekollegen thrashen sich THE SCOURGER durch eine knappe Stunde - und das mit jeder Menge Feeling (Und mit dem Live-Bonustrack "Hatehead"). Wer braucht den x-ten lauen und missgelaunten Testament-Aufguss, wenn es hier frischen, lustvoll gespielten Stoff gibt? Thrash, wie er sein soll - hart, groovig und eben nicht zu modern.
Centinex sind zurück, vielleicht die am meisten unterschätzte Band des Universums. Schulman und Co. präsentieren sich als DEMONICAL stärker denn je: Fuckin’ old-School-Death-Metal - krass, ungeschönt, mitten in den Bauch. "Servants Of The Unlight" ist der Hammer in deinem zerkloppten Gesicht - und nicht nur das Onslaught-Cover zeugt von richtigem gutem Geschmack. Für dieses Debüt nahmen die Schweden vier Songs vom "Bloodspell Divine"-Album und rekrutierten DEMONICAL den aggressiven Ludvig Engellau, der außerdem bei den Grindern Remasculate göbelt. Die Band leiht Drummer Ronnie Bergerstähl gern an Grave aus und Gitarrist Johan Jansson an Interment. Street-Credibility also allerorten. Die sich auch in der Musik niederschlägt - mit voller Stärke. Die Gitarren sägen wie ein ganzes Werk, Bass und Drums treiben den Deibel gnadenlos nach vorn. Und vorn steht ein Sänger, der den gesamten Ärger der ganzen Welt auszukotzen scheint. Wenn es etwas zu bemängeln gibt, dann ist das die vielleicht zur sehr im Hintergrund platzierte Variabilität, die DEMONICAL zugunsten absoluter Kompromisslosigkeit und Härte geopfert haben. Aber das ändert nicht daran, dass DEMONICAL ein Meisterwerk des rohen Death Metals gelungen ist, ein Werk, das auch Dismember nicht besser hinkriegten.
Der dritte SOLSTICE-Re-Release stellt die anderen beiden vollends in den Schatten. Von der Ausstattung her auf ähnlichem Niveau mit neuer Verpackung und zwei Bonus.-Tracks versehen beinhaltet NEW DARK AGE unglaubliche Songs, allein das Titelstück ist ein echter Kracher. Auf diesem Album haben die Engländer ihren ganz eigenen Stil gefunden, irgendwo zwischen dem urwüchsigen Doom von "Lamentations" und der NWBOHM-beeinflussten "Halycon"-Veröffentlichung. SOLSTICE, das sind singende Gitarren, unglaublich charismatischer Gesang des ehemaligen Roadies Moz’, ganz leichte Folk-Einflüsse, ist progressiv wie episch, klingt schräg wie direkt, gefühlvoll wie brutal, heftig wie ruhig, altmodisch wie gegenwärtig - und alles zusammen ist gesegnet mit einer fetten Produktion. SOLSTICE erinnern an die gelsten Hymnen der besten Omen, die es je gab, klingen kauzig wie Brocas Helm und vereinigen viele existente Vorzüge glaubwürdigen Metals auf dieser Scheibe. Es ist eine Schande, dass solche Bands nicht den verdienten Lohn einfahren und sich stattdessen auflösen. Große Musik. Danke Cyclone Empire - und vor allem: Danke SOLSTICE.