Mit “A Smouldering Fire” meldet sich eine der dienstältesten deutschen Doom-Bands zurück, die nach 20 Jahren gerade erst ihr viertes Album veröffentlicht. Dass das Quartett bis heute ein Geheimtipp geblieben ist, liegt zum Einen daran, dass Doom noch nie einen großen Popularitätsschub erlebt hat, zum anderen aber sicher daran, dass MIRROR OF DECEPTION auch Genre-intern noch nie groß heraus gestochen haben, weil ihnen im Gegensatz zu CANDLEMASS, COUNT RAVEN, SOLITUDE AETURNUS und Co. einfach das letzte I-Tüpfelchen an Songwriting-Klasse fehlt, was auch das neue Werk trotz aller Qualitäten erneut belegt. „A Smouldering Fire“ ist ein wirklich gelungenes Album, das etwa mit „The Raven Tree“, „Bellwethers In Mist“ (geil!) oder „Sojourner“ ein paar erstklassige Hymnen auffährt, dieses Niveau aber leider (wieder) nicht über die gesamte Spielzeit halten kann. Zudem ist Gitarrist Michael „Siffi“ Siffermann kein mitreißender, charismatischer Sänger vom Schlage eines Rob Lowe oder meinetwegen auch Mats Levén und stimmlich relativ limitiert. Aber das alles ist auch Jammern auf recht hohem Niveau, denn schwach oder gar schlecht sind die Jungs zu keiner Sekunde, sie bleiben nur scheinbar immer einen Tick unter dem vielleicht Möglichen. Doom-Fans machen mit dem Album nicht viel falsch, aber eine Steigerung zum Vorgänger „Shards“ ist „A Smouldering Fire“ leider nicht geworden, was echt schade ist!
Ganz falsch war meine 2008 zu “Dead Calm Chaos” geäußerte Vermutung nicht, dass sich EVOCATION auf ihrem Post-Comeback-Album Nummer Drei mit DISMEMBER auseinandersetzen würden. Die Gitarrenarbeit und der Grund-Beat sind in den zehn neuen Stücken sehr von der Stockholmer Legende beeinflusst, „Parasites“ würde auf einem der aktuelleren DISMEMBER-Alben nicht aus dem Rahmen fallen. Einzig beim Gesang machen EVOCATION keine Kompromisse und bleiben bei der Mischung aus Growls und fiesem Gekeife, was nicht hundertprozentig der reinen Death Metal-Lehre entsprechen mag, aber zu „Apocalyptic“ gut passt. Den Schweden ist eine gute Death Metal-Scheibe gelungen, der zwar die ganz großen Hits fehlen, deren Songs sich dafür aber gleich bleibend hohem Niveau bewegen. Somit kann die Scheibe nicht an die Klassiker des Genres anknüpfen, aber sich locker im oberen Drittel der Veröffentlichungen im schwedischen Totmetall festsetzen.
Fucking EDGE OF SANITY! Ohne Scheiß, was Rogga Johansson sich für das neue Album seines DEMIURG-Projektes zusammengeschrieben und mit der im Vergleich zu „The Hate Chamber“ um Dan Swanö an Gitarre und Keyboard veränderten Line-Up ( Pär Johansson (SATARIEL) ist nicht mehr mit dabei) eine verdammt starke Death Metal-Platte eingespielt, die sich ganz klar an Mr. Swanös alter Band orientiert. Der von Ed Warby und Marjan Welman(AUTUMN) beigesteuerte klare Gesang gibt der Musik zudem eine neue, interessante Facette, die sehr gut zum Klangbild passt. Natürlich bleiben direkt in die Fresse gehende Death Metal-Songs nicht außen vor, aber richtig interessant wird „Slakthus Gamleby“ erst, wenn die quasi-Allstar-Band das gewohnte Terrain verlässt und sich um das Einbeziehen neuer Ideen in den DEMIURG-Sound bemüht, was in durchweg erstklassigen Songs resultiert. So ist das dritte (make it or break it!) Album der schwedisch-holländischen Connection eine vielschichtige Death Metal-Platte geworden, die mit stumpfen Geballer nichts zu tun hat und eine breite Hörerschaft ansprechen dürfte. Wenn die alte Bauernregel über die Wichtigkeit von Album Nummer Drei stimmt, sieht es für DEMIURG sehr gut aus!
Mit ihrem zweiten Album „Oionos“ haben die Italiener THE FORESHADOWING einen ziemlichen Melancholiebrocken am Start, darin lässt schon der Opener „The Dawning“ keinen Zweifel. Düstere, heavy Gitarrenwände bieten den musikalischen Hintergrund, über dem dunkel und melodisch der Gesang von Marco Benevento schwebt. Diese Kombination bildet im Wesentlichen das Grundrezept, dem die Band das Album über treu bleibt. Stimmung erzeugt das Quintett dabei allemal, bis hin zur ausgewachsenen Depression, aber leider vermögen die Melodien nicht alle zu fesseln, wodurch das Ganze stellenweise etwas eintönig gerät und sich zieht. Willkommene Abwechslung bietet die gelungene Pianoballade „Survivors Sleep“, die mit ihrem ein wenig gregorianisch angehauchten Gesang einen schon fast hypnotischen Sog auf den Hörer ausübt. Mit „Russians“ findet sich überraschend doch tatsächlich ein STING-Cover auf der Platte, das den Song auf Gothic Metal trimmt, das der Originalversion anhaftende leicht Sphärisch-Nachdenkliche dabei jedoch unter fetten Gitarren begräbt. Fazit: für Genre-Freunde lohnt sich Reinhören allemal.
AUTUMN HOUR-Sänger Alan Tecchio wird dem ein oder anderen sicher bekannt sein. Immerhin stand er schon bei HADES, WATCHTOWER und NON-FICTION hinter dem Mikro. Den Grundstein von „Dethroned“ legte er schon 2003, als er zusammen mit Gitarrist Justin Jurman eine Reihe Akustik-Songs aufnahm. Diese wurden dann 2008 im Bandkontext zum Material des vorliegenden Albums erweitert. Dabei herausgekommen ist ein dreiteiliges Konzeptalbum, dessen Story auf einem Buch von Ray Kurzweil basiert und eine düstere Zukunftsvision um künstliche Intelligenz und Nanotechnologie heraufbeschwört. Umgesetzt wird diese mit einer Mischung aus klassischem Thrash, Power Metal und Progressive Rock. Immer wieder dominieren fette Riffs, dazu gibt es tolle Soli zu hören, und zwischendurch gibt es auch immer wieder Ruhepole, z. B. im fast schon radiotauglichen „Unbelievable“ und in der allerdings ziemlich schmalzigen Ballade „How Were We Supposed To Know?“. Sound- und songtechnisch kommt das alles nicht wahnsinnig innovativ daher, sondern klingt eher etwas angestaubt, aber dadurch auch sehr sympathisch. Um sich komplett auf das Album einlassen zu können, muss man allerdings schon auf Tecchios allgegenwärtige Stimme stehen. Ich tue mich etwas schwer damit, aber letztendlich ist das natürlich Geschmackssache. Was allerdings gar nicht geht, ist das EURYTHMICS-Cover „Here Comes The Rain Again“. Das klingt mehr gewollt als gekonnt und kommt ziemlich seelenlos und auch etwas peinlich rüber. Unterm Strich bleibt ein spannendes Album, das diverse Hammer-Parts bietet, einen letzten Endes aber auch nicht von vorne bis hinten mitreißt.
Die Kanadier SACRIFICE aus Toronto gehören zu den “vergessenen” Thrash-Bands, die früh in den 80er Jahren (in diesem Fall 1983) durchstarteten, denen jedoch eine größere Karriere nebst Ansehen verwehrt blieb. Lediglich zum viel zitierten Kultstatus hat es in der bis dato zehnjährigen Bandgeschichte (die vorläufige Auflösung erfolgte 1993) wohl gelangt, aber von dem hat man ja noch keine Butter auf dem Brot, nicht mal das Brot selber. Dass das Quartett um Gitarrist und Sänger Rob Urbinati trotzdem immer noch Spaß an der Sache hat, hört man „The Ones I Condemn“, dem fünften Album der Jungs, durchgehend an. Große Innovationen darf man natürlich nicht erwarten, auch wenn die Scheibe mit einer wirklich fetten Produktion und sogar stellenweise recht modernem Gitarrenspiel glänzt. Mit Joe Rico als zweitem Axtmann brennt die Band ein sehr gelungenes Riff-Feuerwerk ab, das von Urbinatis coolem Krächzgesang (der etwa wie eine „Melodic Death-Variante“ von DESTRUCTION´s Schmier herüberkommt) gekonnt untermauert wird. Granaten wie „Give Me Justice“, „Tetragrammaton“ oder die herrlich aggressive, rohe Live-Version des 1991er Stückes „Soldiers Of Misfortune“ (europäischer Exklusiv-Bonustrack!) machen keine Gefangenen und werden jedem Old School-Thrasher, der etwa auch die letzten, etwas zeitgemäßer produzierten EXODUS-Platten mochte, garantiert gefallen. Kein Meisterwerk, aber nach ganzen 17 Jahren ein außergewöhnlich gutes Comeback einer Truppe, die sich damit hoffentlich zumindest wieder einen kleinen Platz in der Szene erspielen kann. Stark!
FRAGMENTS OF UNBECOMING sind eines der Aushängeschilder in Sachen schwedischem Death Metal der frühen 90er Jahre. Jedenfalls sollten sie das sein, aber irgendwie ist die Band noch nicht über den Status eines Geheimtipps hinausgekommen, was angesichts solcher Perlen wie „Skywards“ echt unverdient ist. Aber so leicht lassen sich die Herren nicht unterkriegen, zumal ihnen mit Cyclone Empire jetzt ein rühriges Label zur Seite steht, auf dem „The Everhaunting Past: Chapter IV - A Splendid Retrospection“ erscheint. Wer gedacht hatte, dass FRAGMENTS OF UNBECOMING ihren Stil auch nur leicht ändern, hat sich getäuscht – wie gehabt gibt es feinsten Death Metal zu hören, der auf No Fashion Records perfekt aufgehoben wäre. Allerdings braucht „The Everhaunting Past“ ein paar Durchläufe, bis es wirklich zündet; dann entfalten Songs wie das wütende „Destination: Outcast“ oder die Scheibe einleitende „Vast“ ihre ganze Klasse, hier hat die Bands viele Hits zustande gebracht. Gerade die Gitarrenarbeit ist noch einen Tick besser als beim Vorgängeralbum „Sterling Black Icon“, gerade bei den Melodien wird das deutlich, aber auch beim Wechsel von harten zu melodischen Parts, wobei immer Wert darauf gelegt wird, dass die Chose ins Ohr geht („Deadlight“). Bass und Drums sorgen für das richtige, knackige Fundament, effektiv wie gehabt. Shouter Sam hat seine besten Momente, wenn er in den knackigen Parts aggressiv schreien darf („A Voice Says: „Destroy!“), könnte aber noch etwas mehr Variation in der Stimme einsetzen (auf „Sterling Black Icon“ war da noch mehr). I-Tüpfelchen des Ganzen ist die sehr gute Produktion, die in der Form auch aus einem der legendären Schweden-Studios hätte kommen können. FRAGMENTS OF UNBECOMING stellen wieder einmal unter Beweis, dass sie zu talentiertesten Death Metal-Bands des Landes gehören und schütteln sich eine mehr als 50-minütige Scheibe aus dem Ärmel, die zu keiner Sekunde langweilt. Was willste mehr, Death Metal-Herz?
The Everhaunting Past: Chapter IV - A Splendid Retrospection
Rogga is back, diesmal hat er unter dem PAGANIZER-Banner ein paar Songs aufgenommen. So wirklich blickt wohl nur er, warum dieser und jener Song bei PAGANIZER, DEMIURG oder RIBSPREADER erscheinen muss, old schooligen Death Metal der schwedischen Sorte bieten alle seine Projekte. Gleich 16 Songs hat er diesmal zu einem Album zusammengestellt, da gerade zu Beginn viel Freude macht, der Titelsong, „Colder“ und „Thule In Flames“ sind richtig gute Death Metal-Songs, die den Spirit der 90er verbreiten und so nicht besser von keiner anderen Combo geschrieben werden könnten. Der Mann weiß mittlerweile einfach, wie ein guter Song zu klingen hat, wie die Gitarren am effektivsten das Schwedentod-Feeling vergangener Tage heraufbeschwören und wie er als Sänger growlen muss. Leider gehen ihm im weiteren Verlauf die Ideen aus, zum Ende hin kommt immer wieder das Gefühl auf, dass so manche Idee zweimal verwurstet wurde – weniger wäre hier mehr gewesen. Wäre „Scandinavian Warmachine“ nur halb so lang, wäre es ein knackig-kurzes gutes Album geworden, so zieht es sich zu sehr in die Länge. Old School-Freaks bekommen hier aber trotzdem eine gute Portion ehrlichen Death Metals und werden mit dem Scheibchen ihre Freude haben.
Onheilewitzka, was eine Überraschung: Kein Tanz auf der Rasierklinge, sondern ein gediegener Metal-Groove für Blackies mit Geschmack. Aus dem Umfeld der niederländischen Matyr stammen diese Süd-Niederländer und verbinden die gitarren-astigen Melodien der nicht ganz unbekannten Iron Maiden mit denen der gewöhnlichen Black-Metal-Posse. Angesichts vieler Besetzungswechsel ist „Razor“ das Debüt der ONHEILer, vorher langte es „lediglich“ zu vier Demos, einer Single, einer EP und der gleichnamigen Promo (mit fünf Stücke von „Razor“), die den Käserollern schließlich den Deal beim mächtigen Empire einbrachte. Kein Wunder, denn diese Rasierklinge macht fast 47 Minuten unglaublichen Spaß: Double-Bass-Attacken wie in „Final Redemption“, wunderbarste Hooks (eigentlich ständig), großes Tempo (meistens), heisere Vocals (fast immer, wenn Amok den Mund aufmacht) – klar, dass manches hier an Bands wie Dissection oder Necrophobic hier grüßen lassen. Aber das schadet nicht, erstere machen ja nix mehr und fast so gute Bands wie die alten Schweden kann es gar nicht genug geben. Dass es da soundmäßig ab und an etwas holtert und poltert, ist wahrscheinlich der (schwarzmetallische) Street-Credibility geschuldet. Das Titelstück beginnt wie ein Maiden-Hit in einer tief-schwarzen Pressung, um dann in eine brillante, eiskalte Hymne auszuufern und enthält sogar ein „Rime of the Ancient Mariner“-ähnliches Zwischenspiel. In diesem Sinne: „Up The Razors“.
Swedish Death Metal gelesen? Nein? Die Jungs hier aus New Jersey aber schon. Oder sie waren gar dabei. Denn FUNEBRARUM, von zwei Evoken-Doomern mitgestaltet, frönen seit 1991 dem old-schooligen Death Metal: Gitarren runter, auffe Fresse und Spaß dabei. Sie haben nicht umsonst mit Interment gesplittet (2007) und natürlich ist auch der Schriftzug auf ihrer zweiten ganzen Scheibe nahezu unleserlich, Nudelhaufen meets Maler-Eimer supreme. Macht aber nix, solange die Mucke so was von rockt, dass einem das Stark-Öl ausse Hand fällt. Bei Songs wie „Grave Reaper“ jault die Solo-Gitarre, die Songs grooven drumrum wie Hölle – so müssen Dismember und Co. (also auch FUNEBRARUM) klingen. So waren die Neunziger und so scheint auch die gegenwart wieder zu werden: Druckvoll, dreckig, dröhnig – deathig eben. Wer hier von fehlender Innovation, Modernem und herausragenden Stücken faselt, der hat nicht alle Fleischbrocken inder Kühltruhe. Das hier ist derbster Death Metal, wie er sein soll – ohne allzu viel Hirn, aber mit viel mehr Herz. Großartig – damals und heute erst recht.