Die polnischen Fun-Thrasher ACID DRINKERS dürften dem ein oder anderen schon mal untergekommen sein. Deren Sänger und Bassist Tomasz „Titus“ Pukacki versucht es jetzt im Alleingang, wobei er sein Solo-Debüt auch noch gleich selbst produziert hat. Offensichtlich eifert er seinem Vorbild Lemmy nach, denn seine Songs haben eine ordentliche Portion MOTÖRHEAD intus. Sprich: Es geht hier weitaus rock’n’rolliger zu als bei seiner Hauptband. Aber auch MAIDEN-mäßige Passagen sind immer wieder herauszuhören. An die Vorbilder kommen Titus und seine beiden Mitstreiter – wen wundert’s – allerdings nicht heran. Dazu klingt die Musik einfach etwas zu bemüht böse, wirken die Songs über die gesamte Albumlänge zu gleichförmig und gibt es zu viel uninspiriert gedudelte Gitarrensoli. Und immer wieder ist auch offensichtlich hörbar, dass Titus einfach kein guter Sänger ist. Spaß macht die Scheibe irgendwie trotzdem. Sie ist nicht weltbewegend, aufregend oder haut einen sonstwie vom Hocker, sondern rumpelt dreckig und laut vor sich hin. Auch wenn die Form noch verbesserungsbedürftig ist – der Mann hat Rock ´n´ Roll im Blut, und das bringt er hier definitiv rüber.
Gefeiert in Fernost, gerade mal „bekannt“ in der Heimat – das kennzeichnet wohl recht treffend die Situation der SCORPIONS am Anfang ihrer Karriere. Spielten die Hannoveraner Metaller in Japan vor vollen großen Häusern galt der Prophet in eigenem Land (noch) nicht viel. Erst mit „Taken By Force“ (1977) wurden die SCORPIONS auch in Deutschland einem breiteren Publikum ein Begriff. Die beiden Vorgänger, „In Trance“ (1975) und „Virgin Killer“ (1976) sind nicht schlechter, offenbarten aber bei vielen SCORPIONS-Fans ihre Qualität erst Jahre später.
Nachdem Gitarrengott Michael Schenker die Band Mitte der 70er verließ standen die SORPS erst mal vor einem Neuanfang, der mit „In Trance“ hervorragend gelang. Neben dem ruhigen Titeltrack (geniale Komposition) konnte hier vor allem die zweite Ballade „Evening Wind“, das ebenfalls eher bedächtig hymnischen „Living And Dying“, die harte Rocktracks „Top Of The Bill“ und Dark Lady“ sowie der coole, fetzige 2 ½-Minuten Rocker „Robot Man“ überzeugen. Das „In Trance“ auch recht belangloses enthielt soll aber nicht verschwiegen werden. Interessant – hier hört man noch recht deutlich den Unterschied zwischen den Songwriterlagern der SCORPIONS.
Mit dem ein Jahr später erschienenen Album „Virgin Killer“ gab es dann die ersehnte Aufmerksamkeit (auch wegen einem umstrittene Cover, die Box enthält allerdings leider die alternative Coverversion). „Pictured Life“ rockt bereits in typischer Manier, das klasse „Catch Your Train“ und der Titelsong „Virgin Killer” sind Blaupausen des sich noch entwickelnden Metals und natürlich das von Uli Roth eingesungen „Polar Nights“. Apropos Blaupausen – die Ballade „In Your Park“ darf man auch durchaus als eine bezeichnen. Die erste goldene Schallplatte (aus Japan) war verdienter Lohn.
Mit „Taken By Force” gelang den SCORPIONS dann der endgültige Durchbruch auch hierzulande – und erstmalig mit Herman Rarebell an dem Drums. Der flotte Opener „Steamrock Fever“ avancierte zum Liveklassiker, das folgende abwechslungsreiche „We’ll Burn The Sky“ glänzt durch Passagen unterschiedlichen Tempos (und zeigt bereits auf was später mit Alben wie „Lovedrive“ und „Animal Magnetism“ kam), „The Sails Of Charon” mit seiner besonderen Atmosphäre und überragenden Gitarrenparts und natürlich den fast schon punkig harten Riesenhit „He’s A Woman – She’s A Man“ sind die Highlights und abschließend dann mal wieder eine der guten SCORPS-Balladen, das über 7-Minütige „Born To Touch Your Feelings“. Eine ausverkaufte Tour (natürlich in Japan) war das folgerichtige Ergebnis von „Taken By Force“.
Fazit: für das Verständnis des Deutschen Metals sollte man die drei Scheiben durchaus kennen; wer bisher bei den SCORPIONS in den Achtzigern stehen geblieben ist muss bei den Preis hier zulangen (die Aufmachung ist zweckmäßig im Pappschuber, ohne Extras), was auch für jene gilt, die ihrem Vinyl noch die CD hinzufügen wollen. Wer nur „Wind Of Change“ kennt ist durch Zufall auf diese Seite gestoßen.
Nicht viele Bands können mit einem stimmgewaltigen intensiven Organ wie das einen Burton C. Bell aufwarten. FEAR FACTORY kann das – CITY OF FIRE auch. Das selbstbetitelte Debüt von Burton’s neuer Spielwiese arbeitet dabei vor allem die melodischere Seite seiner Hauptband heraus, lebt von atmosphärischer Nachdenklichkeit, eingeflochtenen eingängigen Passagen und von einer unterschwelligen Sperrigkeit. Zusammen mit Bassist Byron Stroud (ZIMMERS HOLE, FEAR FACTORY, STRAPPING YOUNG LAD, CAUSTIC THOUGHT), den Gitarrist Ian White und Terry "Sho" Murray (SHOCORE) sowie Schlagzeuger Bob Wagner (SHOCORE, ECONOLINE CRUSH) hat Burton wohl recht viel seiner selbst in das Projekt gesteckt – beeinflusst vom einzigartigen Ambiente Vancouvers, aber auch den Schattenseiten der kanadischen Metropole und den Umgang mit seinen neuen Kollegen. So darf es nicht verwundern, das Songs wie das düstere „Gravity“, das herb emotionale „Coitus Interruptus“, die fast schon mainstreamige Singleauskopplung „Rising“ oder das melancholisch-sehnsüchtige „Rain“ (mit Pop-Appeal) sofort zu gefallen wissen, das Gesamtwerk sich aber schwer einordnen lassen will – irgendwo zwischen Heavy und Prog, Alternative Rock und doch FEAR FACTORY? Egal! Entscheidet man sich für die CITY OF FIRE dann sollte man sich schon etwas Zeit lassen – denn derjenige der sich diese nimmt, wird mit einer gelungenen und interessanten Heavy Rock Scheibe belohnt.
Wie bereits beim Vorgänger „Pentenridian Space Cowboys“ setzen Q-BOX auf ihrer neuen Scheibe „Audible Brain Surgery“ wieder auf einen abwechslungsreichen Mix aus Thrash, Heavy Metal und leichten Alternative-Crossover-Einschüben, das ganze noch mit einem skandinavisch angehauchten Death-Metal-Anteil versehen. Und obwohl mit dem melodisch eingängigen, an aktuelle Metal-Core-Kappellen erinnernden Opener „A.I.“, dem klasse groovenden und mit gutem Soli ausgestatteten „Slave To The Wheel“, dem aggressiven „Dethwoofer“ oder auch dem gut nach vorne gehenden und gekonnt mit Dynamik spielenden „Cast“ einiges an gut ins Ohr gehendes Futter vorhanden ist, gibt es auch schwächere Kompositionen, welche keinen bleibenden Eindruck hinterlassen und sich so rasch wieder aus den Gehörgängen verdünnisieren („Hollow“, „Total Abuse“). Dies liegt zum Teil sicher auch daran, das der Gesang im harten Growl-Bereich voll zieht; der cleane, nicht so oft vorkommende Gegenpart aber recht emotionslos daherkommt. Und so lassen Q-BOX mit „Audible Brain Surgery“ nach „Pentenridian Space Cowboys“ eine weitere hoffnungsvolle Scheibe folgen, ohne dabei einen Schritt nach vorne zu machen. Wer den Vorgänger der Band mochte, sollte hier aber trotzdem zugreifen – der Rest darf sich mal die oben genannten Songs reinziehen.
Ein hübsches Debutalbum legen die Baseler Jungs von EXENTRIC da mit "Take This!" da hin, das verdient ganz eindeutig Respekt. Aber dass die Band nicht ganz unfähig sein kann, zeigen schon Support-Auftritte für Bands wie SENTENCED und IN EXTREMO. "Take This" bietet ebenso eingängigen wie abwechslungsreichen Heavy Rock: da wird mal ordentlich drauflosgerockt wie bei "7even" oder "Street Of Life", das melodiöse "Crossing The Ocean" ist mehr im Midtempo-Bereich angesiedelt, dazwischen finden sich mit "Prophecy" ein verträumtes Instrumentalstück und ein ebenfalls instrumentales Outro ("Willy World"), und daneben wiederum glänzen Perlen wie das wundervolle, von Akustikgitarren und mehrstimmigem Gesang dominierte "Save Me", das man so auf einem Heavy Rock-Album gar nicht unbedingt erwartet hätte. Basel rocks!
Nachdem das selbstbetitelte Debutalbum von DEFUSE in deren finnischer Heimat eigentlich bereits 2006 das Licht der Welt erblickte, ist es jetzt an der Zeit für die Veröffentlichung in hiesigen Gefilden. Was sich die finnische Truppe auf die Fahne geschrieben hat, daran lässt bereits der Opener "Straight In Two" keinen Zweifel, wird dort doch umgehend druckvoll drauflosgerockt. "Killing Another Tear" ist rockig und eingängig und bei dem wunderbar melodischen "Circle" kommt- auch auf das Risiko hin, dass das jetzt abgedroschen klingt- die berühmt-berüchtigte finnische Melancholie durch. Für "D.I.B." holte man sich prominente Unterstützung ins Boot, gibt sich am Mikrofon doch niemand anders als Marco Hietala (NIGHTWISH, TAROT) als Gastsänger die Ehre, und auf "MTF" lassen es DEFUSE zu guter letzt noch einmal richtig krachen. Anmerkung: das Lied ist länger, als die anfänglichen knapp über zwei Minuten zunächst vermuten lassen würden, also nicht ausmachen und von der andauernden Stille irritieren lassen, da kommt noch was! Fazit: das Heavy-Rock-Herz wird hier gut bedient und DEFUSE werden sicher keine Eintagsfliege bleiben.
FREEZEEBEE. Versuchen wir einmal, uns ein Wesen mit diesem Namen vorzustellen. Vermutlich entsteht vor dem geistigen Auge nun das Bild eines possierlichen, irgendwie hektischen Tierchens, mit gewisser Wahrscheinlichkeit von eher nervigem Naturell. Übertragen wir nun unser Bild auf die gleichnamige Band. Possierlich sind FREEZEEBEE ganz gewiss nicht und auch der Begriff "hektisch" ist eher unzutreffend. Ein wenig nervig trifft dagegen mitunter leider schon eher zu. "Guitars Of Doom" zeichnet sich vornehmlich durch die im Titel zitierten dröhnenden und durchgängig sehr tiefen Gitarren aus, was kurzzeitig eine nette Idee ist, auf Dauer aber irgendwie einfach langweilt, weil sich die Abwechslung doch eher in Grenzen hält. Der Titeltrack und Opener wirkt ein wenig wie der nicht wirklich schöne Versuch einer Doom-Metal-Parodie, mit dem anschließenden "Pills And Vitamins" geht es dann etwas aufwärts in Heavy Rock- Bereiche, in denen sich auch der weitaus größte Teil des Albums bewegt. Schlecht gemacht ist das Ganze nicht, sogar mehrstimmigen Gesang können die Herren aus Frankfurt am Main vorweisen, bloß mit der Abwechslung hapert es wie gesagt doch etwas arg. Ein absoluter Kassenschlager wird "FREEZEEBEE And The Guitars Of Doom" also wohl nicht unbedingt werden, aber wer auf fetten Heavy Rock mit dröhnenden Gitarren steht, kann ja mal reinhören.
In sehr ungewöhnlicher Optik ist das BEISSERT-Album "Nothin’ Left To Luv!" verpackt worden, Rückschlüsse auf die musikalische Ausrichung der Combo lassen sich dadurch nicht ziehen. Die ersten Töne überraschen mit erdigem, schwerem Rock, der so vornehmlich aus den dampfenden Südstaaten der USA kommt. Leichte Metal-Einflüsse kommen dazu, die der Musik ordentlich Wucht verleihen, die BEISSERT in gradlinigen Rockern verarbeiten, bei den das Gaspedal ordentlich durchgetreten wird. Ein rauher Gesang und die eingängigen Gitarren drücken den Songs ihren Stempel auf und lassen die Zeit wie im Flug vergehen, gemeinsam erschaffen sie eine Mischung aus (härteren) POTHEAD, CROWBAR und KYUSS. Der Höhepunkt des Albums ist aber der Hidden Track, in dem die Sachsen mehr als dreißig Minuten völlig entfesselt rocken und eine unbeschreiblich mitreißende Nummer runterzocken, die bei Konzerten das Publikum in Ekstase versetzen wird. Das ist ganz großes Tennis und macht "Nothin’ Left To Luv!" zu einer kleinen Perle der deutschen Szene!
Hinter dem doch eher exotisch anmutenden Namen LEECHEE verbirgt sich eine Kombo aus heimischen Landen, die sich ebenso heftigem wie depressiv- hypnotischem Rock verschrieben hat. Stimme und Gesangsstil von Sänger Piotr Ziental erinnern mitunter an das ähnlich beunruhigend emotionslos klingende Organ von PLACEBOs Brian Molko, auch im Hinblick auf den Gesamtstil ist die Tendenz teilweise durchaus ähnlich, wenn auch LEECHEE auf einigen Songs deutlich brachialer und etwas weniger melodisch zu Werke gehen als PLACEBO. Als Beispiel für diesen mitunter recht brachialen Sound kann bereits der Opener "J'Accuse" dienen, das von ausgesprochen fetten Gitarrenriffs getragen wird,. "Leave No Traces" dagegen ist zu Anfang sehr ruhig gehalten, die Gitarren finden erst ab der zweiten Hälfte dazu, auch das sich daran anschließende "Tears" bewegt sich weitestgehend in ruhigen Gefilden, bevor auf "Soylend Green" wieder mehr Gas gegeben wird und das Album schließlich mit "The Chill" in hypnotischer Schwermut endet. Alles in allem ist "Stay Away From All The Lonely, They'll Only Eat Your Heart" durch die geschaffene Atmosphäre keine ganz leichte Kost, aber Freunde von fettem, psychedelischem Rock könnten hier ihre Freude haben.
Stay Away From All The Lonely, They'll Only Eat Your Heart
Ein Konzept-Album ist AUTOMAGS "Hellbound", dessen Songs einzelne Momentaufnahmen einer Situation darstellen und durch eine im Booklet abgedruckte Geschichte verbunden werden. An und für sich ist das eine wirklich schöne Idee. Allerdings hätte die Umsetzung etwas besser ausfallen können. AUTOMAG lieben verzerrte Gitarren, und das hört man. Nun haben verzerrte Gitarren ja zugegebenermaßen allerhand für sich, doch das kann auch über ein gewisses Maß an Abwechslung gesagt werden und das wiederum ist der Punkt, in dem AUTOMAG eine gewisse Schwäche aufweisen. Wer ein Lied von "Hellbound" gehört hat, hat relativ schnell das Gefühl, die meisten anderen auch bereits zu kennen- dröhnende Gitarren und über allem klassischer Heavy Rock-Gesang. Unterscheidungsmerkmale zwischen den einzelnen Songs existieren zwar durchaus, treten aber im Vergleich zum Gesamtklang doch eher in den Hintergrund. Dabei können die vier Jungs aus North Carolina sehr wohl auch anders, wenn sie bloß wollen- so demonstriert auf dem Titeltrack, der das Album abschließt und sich als Ballade als einziges Lied deutlich vom Rest der Platte abhebt. Keine schlechte Platte also, aber vom Gesamtklang her auf Dauer etwas eintönig und somit eher für Genre-Freunde geeignet.