„Short but sweet“ ist das Motto des Debütalbums der Rhein-Mainländer und -innen CARRY THE DEAD. 20 Minuten lang wird auf dem Debütalbum „War“ eine komplette Hard Core Abrissbirne New Yorker Schule geschwungen. Mit ordentlich Wut im Bauch wird Gift und Galle gegen die Ungerechtigkeiten dieser Welt gespuckt. Dabei macht Sänger Florian-Daniel Wehnhardt mit seinen kräftigen Shouts eine gute Figur. Auch die schweren Riffs von Björn Reichard und Anne Brendal machen ordentlich Druck nach vorne. Natürlich kann man behaupten, dass die Band nicht wirklich etwas Neues bietet, ABER! manchmal ist Idealismus und Leidenschaft wichtiger als Innovation. So klingt das Debüt super frisch und unverbraucht. Wie gesagt, nach 20 Minuten ist Schicht im Schacht und der Finger wandert auf die Repeat-Taste. Super gut! Freunde von MADBALL, BIOHAZARD, RYKERS und Konsorten sollten auf jeden Fall ein Ohr riskieren.
Auf den schönen Titel „Evolving Towards Extinction“ hört das dritte Werk der schweizerischen Brutal-Death-Formation NEAR DEATH CONDITION: „Wachsen während der Vernichtung“ – das trifft es, denn während viele Death-Metal-Bands dieser Zeit dazu geneigt sind in die Hardcore-Sparte zu driften und dem Deathcore zu verfallen, haben NEAR DEATH CONDITION es geschafft sich weiterzuentwickeln und reifer zu klingen ohne sich diesem Genre auch nur im Entferntesten anzubiedern. Kurz gesagt: „Evolving Towards Extinction“ macht da weiter, wo die Jungs drei Jahre zuvor mit „The Disembodied - In Spiritual Spheres“ aufgehört haben. Rasantes Geschredder, brutale Grunts und eine inmense Spielgeschwindigkeit, gewürzt mit stampfenden Melodien, ein wenig Atmosphäre und gekonnten Riffs. Genau hier macht sich auch die Weiterentwicklung der Band bemerkbar, klingt das neue Album doch um einiges stimmiger und abwechslungsreicher als der Vorgänger. Ein Hauch Chor („Between The Dying And The Dead“, „Intelligent Design“), viel Technik, schnelle Soli und nicht zuletzt ein Piano-Outro („Nostalgia For Chaos“) sorgen für das gewisse Etwas, Brutalität und Glaubwürdigkeit tut es keinen Abbruch. Auch optisch bewegen sich NEAR DEATH CONDITION klar in die richtige Richtung, entstammt das eindrucksvolle Artwork doch keinem geringeren denn dem polnischen Künstler Zdzisław Beksiński, der schon für namenhafte Bands der Größe ASPHYXIATION, LEVIATHAN und ABYSS gezeichnet hat.
Tiefer Hass rollt uns entgegen. Aus Frankreich, selbstverständlich. Und doch wieder nicht so selbstverständlich, haftet den Franzmännern doch ein unerklärlich amerikanischer Klang an. Moderner und straighter Death Metal wird hier gezockt, der durch eine immens kräftige Produktion glänzt und wie ein stählender Kugelregen aus den Boxen knallt. Sehr zeitgemäß. Auch in anderem Sinne zeigen sich DEEP IN HATE zeitgemäß: Die allüberall gefürchteten Death-Core-Einflüsse, hier gibt es sie (wie manch einer schon am Bandlogo erahnen mochte). Mit 35 Minuten hat DEEP IN HATE“Chronicles Of Oblivion” (zu deutsch: “Chroniken der Vergessenheit”) aber durchaus die Länge, die es braucht, um richtig Dampf ab zu lassen. Dröhnende Gewalt, die in Momenten wie dem leicht groovenden „Genesis Of Void“ und dem break-reichen „New Republik“ sogar Spaß machen kann. Doch den Ball haben DEEP IN HATE hier ganz sicher nicht neu erfunden und so wird es auch nicht wundern, wenn „Chronicles Of Oblivion“ nach einem Dutzend Durchläufen in die Vergessenheit geraten wird.
HUMBUCKER sind eine norwegische Rock-Band die es sich auf die Fahnen geschrieben hat, das Produkt Classic Rock als Exportprodukt von Norwegen zu etablieren – und damit waren sie 2011 mit ihrem Debutalbum bereits recht erfolgreich.
Die nach den durch Gitarrenhersteller bekannt und bliebt gewordenen Gitarren-Tonabnehmern benannte Truppe hat nun mit ihrem Album „King Of The World“ diese Idee fortgeführt.
Auf 12 Songs werden alte wie neue Facetten des Hard Rock im fett produzierten, modernen Stil von AIRBOURNE oder den BLACK STAR RIDERS durchgegangen, meist in kurzen und auf den Punkt gebrachten Songs. Bereits der Opener „Self-made Son Of A Bitch“ ist aggressiver 2-1/2-Minuten Hard Rock mit scharfem Rock-Solo und ist eine wilde Mischung aus diversen Bands, „Dirty Nelly“ erinnert an die ruhigen Vor-Radio-Momente der SCORPIONS, „Lone Rider“ an einen etwas weniger Whisky-gesalbten Lemmy von MOTÖRHEAD, „I Did It All (Thank You & Goddnight)“ an die erwähnten, ohnehin energiegeladenen AIRBOURNE und „Wine, Women An‘ Song“ ist eine scharfe Single-Coil (pun intended) Rock-N-Roll-Nummer.
Eine Band wie HUMBUCKER hat es an sich zwar nicht verdient durch einen 10-Zeilen-Musikvergleich der letzten 40 Jahre Hard Rock und Metal gezogen zu werden – macht aber nun einmal genau das. Egal welche einflussreiche Band, irgendwie haben sie sicher alle ihren Einfluss auf die Jungs gehabt. Daher klingt „King Of The World“ auch mehr als stark – jeder Song ist quasi ein eigenes, kleines Metal-und-Rock Best-Of und wird von Musikern gespielt die ihr Handwerk raus haben – fette Sache und eine Empfehlung von mir!
MEKONG DELTA sind und waren schon immer eine absolute Ausnahmeerscheinung in der metallenen Musiklandschaft. Daran ändert auch das neueste Werk „In A Mirror Darkly“ nichts. Auch wenn MEKONG DELTA ihren Stil schon längst gefunden haben und nicht mit etwas komplett Unerwartetem um die Ecke kommen, ist das neue Werk doch eine kleine Überraschung. Der neue Rundling klingt härter und extremer als die letzte Scheibe „Wanderer At The Edge Of Time“. In „Janus“ zum Beispiel werden Erinnerungen an die „Pictures At An Exhibition“ Scheibe wach und „Hindsight Bias“ müsste all' diejenigen in Verzückung versetzen, die seit gefühlten 30 Jahren auf die „Mathematics“ Scheibe von WATCHTOWER warten. Als Kontrapunkt fungiert das sich unheimlich aufbauende „The Silver In God's Eye“ in dem Sänger Mario LeMar seine ganze Klasse und Variabilität unter Beweis sellen kann. MEKONG DELTA's große Kunst ist es, in jedem der einzelnen Stücke unheimlich viel passieren zu lassen, ohne dabei jedoch den roten Faden zu verlieren. Natürlich schadet es nicht, wenn man sich als Hörer Zeit nimmt und den Kompositionen aufmerksam folgt, aber es überfordert nicht. Man hört mit welchem Perfektionismus und fast schon manischer Liebe zum Detail Komponist Ralf Hubert auch dieses Mal wieder bei der Sache gewesen sein muss. Bei aller Verspieltheit und Reminiszenzen an klassische Komponierkunst, ist und bleibt die Basis der neuen MEKONG DELTA Metal. So gibt es dieses Mal keine großen Orchestrierungen und die klassisch anmutenden Themen werden von einer traditionellen Metalinstrumentierung getragen.
Im Info heißt es, dass MEKONG DELTA mit ihrem Stilmix aus Thrash, Prog und Klassik den Weg für viele Nachahmer geebnet hätten. Das kann ich so nicht unterschreiben: Denn MEKONG DELTA sind nicht nur die oben beschriebene Ausnahmeerscheinung, sondern auch immer noch einzigartig. Als grobe Näherungswerte mögen allenfalls die schon genannten WATCHTOWER (auch wenn die keinen Klassikbezug haben) oder die späteren Werke von HEXENHAUS dienen.
Sonst sei gesagt: „In A Mirror Darkly“ sollte allen Freunden anspruchsvoller Musik viele Stunden intensiven Hörens bescheren.
Noch ein Warnhinweis: Das Feedbackpfeifen am Ende von „Mutant Messiah“ ist unterm Kopfhörer echt fies!
Bei den Portugiesen wird auch wieder jegliches Klischee bedient. Von den vier Reitern der Apokalypse auf dem Cover bis hin zum „Heavy Metal-Umlaut“ im Bandnamen. Dass „Thermonuclear Epiphany“ dann auch keine Schöngeist-Mucke zum Inhalt hat dürfte klar sein. In „Death To All“ wird einem dann auch ein zünftiges „Death To All False Metal“ entgegengeschmettert. Mit MANOWAR haben PERPETRATÖR indes musikalisch wenig gemein. Eher kommen Erinnerungen an alte Teutonen Speed / Thrasher auf. DESTRUCTION bzw. deren Spin-Off HEADHUNTER dürften des öfteren auf dem Plattenteller der Portugiesen gelandet sein. Dass sie aber nicht nur kloppen können, beweisen sie auf der ziemlich geilen und sehr truemetallischen Up-Tempo Nummer „Fire Unleashed“. Wer im Speed Metal Untergrund wühlt und mit den Spaniern IRON CURTAIN oder REVENGE aus Kolumbien schon Favoriten gefunden hat, der kann gleich auch noch Ausschau nach PERPETRATÖR halten. Nix Neues, aber authentisch und mit Herz dargeboten, und mehr verlangt das Metalheart in meiner Brust auch nicht.
Die alten Herren von URIAH HEEP bringen in regelmäßigen Abständen Alben auf den umkämpften Rock-Markt. Und das machen die Rock-Opies mit solch einer beständig hohen Qualität, dass man nur ehrfurchtsvoll das Haupt neigen möchte. Auch mit dem neuen Opus "Outsider" rocken sie das Haus in gewohnter und liebgewonnener Manier. Das heißt: wabernde Hammondorgel, die typischen mehrstimmigen Chor-Gesänge, Mike Box mit seiner bissigen, um sich keifenden Gitarre und die mittlerweile zu heep'schem Stilmerkmal mutierte Stimme von Bernie Shaw, welcher bald zwanzig Jahre URIAH HEEP frontet. Einzig neu ist der Bassist Dave Rimmer, der den leider 2013 verstorbenen Trevor Bolder ersetzt.
Nach dem dynamischen und groovenden "Speed Of Sound" wird es mit "One Minute" zu Beginn atmosphärisch, um sich dann in einen stampfenden Hardrocker mit typischer Heep-Melodie zu verwandeln. Das leicht epische, hart rockende "Is Anybody Gonna Help Me" setzt in der Mitte des Albums ein Ausrufezeichen und gehört zu den stärksten Nummern von "Outsider". Irgendwie sind es aber gar nicht allein die Songs, die überzeugen, sondern eher das Kollektiv - sprich die Band. Alle Musiker brillieren mit ihren Instrumenten/Vocals und deren Raum, den sie im Song nutzen und ausfüllen. Die - sofern überhaupt noch vorhanden - mit silbrigem Haupthaar versehenen fünf Musiker punkten auf "Outsider" mit Spielfreude, Können, einer starken Produktion und nicht zuletzt als Band - als URIAH HEEP.
Wo THE WORD ALIVE mit "Life Cycles" bei Kollege Hardy nur bedingt punkten konnten, zeigen sich die Amerikaner auf "Real" in allen Bereichen verbessert: beim variablen und kraftvollen Gesang angefangen, über das noch komplexer gewordene Drumming bis hin zu den Spielereien der Gitarristen finden sich überall Verbeserungen. Nicht zu vergessen: das Songwriting. Hier haben THE WORD ALIVE richtig nachgebessert, was Songs wie das catchy "Light House" locker-flockig beweisen. "Broken Circuit" als heftiger Metalcore-Song zeigt die Vielseitigkeit von THE WORD ALIVE anno 2014 ebenso wie das gerade in der Gitarrenarbeit beeindruckende "Play The Victim". Zwar ist nicht jeder Song ein ganz großer Kracher, "Real" bewegt sich aber auf insgesamt hohem Niveau. THE WORD ALIVE zeigen sich in allen Belangen deutlich verbessert und könnten in der jetzigen Form die AS I LAY DYING-Nachfolge antreten oder sich zumindest als ernstzunehmer Kronprinz in Stellung bringen. Harte Arbeit steckt in "Real" drin, das ist klar. Wäre schön, wenn es sich für die Band auszahlen würde.
Mit "The Lucid Dream[er]" bringen ANNISOKAY keine neue Scheibe raus, sondern ihr 2012er-Debütalbum noch einmal, diesmal mit Labelunterstützung und um einige Bonussongs erweitert. Der Bandname geistert schon seit längerem durch die deutsche Metalcore-Szene, so dass die an Genregrößen wie WE CAME AS ROMANS oder ASKING ALEXANDRIA ausgerichteten Songs nicht wirklich überraschen dürften. ANNISOKAY zeigen auf "The Lucid Dream[er]", dass sie die Zutaten und Zubereitung eines Metalcore-Songs im Schlaf runterbeten können ("Monstercrazy"), was aber nicht heißt, dass sich durchweg Hits oder zumindest gute Songs auf dem Album finden. Stellenweise wirkt es überraschend halbfertig ("Insanity"), manchmal fehlt der letze Kick ("The Believer"). Mit "By The Time" oder dem auch mit einem Video versehenen "Day To Day Tragedy" zeigen ANNISOKAY, was in ihnen steckt und präsentieren erstklassigen Metalcore, bei dem einfach alles stimmt - selbst der Klargesang überzeugt auf ganzer Linie. Wenn sich die Jungs aus Halle an diesen Songs orientieren und seit 2012 fleißig gearbeitet haben, dürfte ihr kommendes Album die Band einen großen Schritt nach vorne bringen. Wir dürfen gespannt sein!
Bei BEARTOOTH ist mit dem ehemaligen ATTACK! ATTACK!-Sänger Caleb ein interessanter Mann aktiv, der sich auf "Disgusting" sehr gut einbringt und den zwischen CANCER BATS und EVERY TIME I DIE pendelnden Songs oft den letzten Kick verleiht. Bestes Beispiel ist das mitreißende und mit einer absolut Mitsing-tauglichem Refrain ausgestatte "Body Bag", das nicht umsonst einer der Hits der Platte ist. Bei sich anschließenden "In Between" zeigen BEARTOOTH dann, das sie auch emotionale Musik machen können, der Song hebt sich wohltuend vom Rest der Platte ab. Das soll nicht heißen, dass diese Abhebung notwendig ist, mitnichten. BEARTOOTH haben einen Haufen mitreißender Songs geschrieben, die richtig schön in die Fresse treten und vor Energie nur so sprühen. "Relapsing" hat den EVERY TIME I DIE-Wahnsinn kombiniert mit Hardcore-Durchschlagskraft, während "Me In My Own Head" straight nach vorne geht und niemanden kalt lassen dürfte, CANCER BATS grüßen nebenbei auch noch. "DIsgusting" ist eine vielschichtige Platte voller Emotionen, toller Melodien und knackigen Songs, die schneller mitreißt, als man denkt. Feines Ding!