Konzert:
Martin Dean - Hamburg, Weltbühne
Konzert vom Mit der Weltbühne in Hamburg hatte man wahrlich eine passende Location für den Auftakt der Tour von Martin Dean gewählt: schummriges Licht, bequeme Sofas, runde Tische auf Podesten an der Rückwand und tief rote Fasertapete machen den Raum zu einer Mischung aus Wohnzimmer, Puff und Jazz-Bar, wie geschaffen für den melancholischen, chillig-groovigen und oft etwas schwülstigen Sound des Berliner Sängers. Leider hatte sich nicht allzu viel Publikum eingefunden, um der Präsentation seines wunderbaren "Best Of"-Albums zu lauschen: nicht viel mehr als zwanzig zahlende Gäste dürften es gewesen sein, dem Äußeren nach zu schließen irgendeiner Künstler-Szene zugehörig. Dieser Eindruck wurde noch dadurch verstärkt, dass man sich gegenseitig herzlich begrüßte - jeder schien jeden zu kennen. Viel ärgerlicher aber war der extrem verspätete Beginn des Konzerts: Laut Programm sollte die Show um 21 Uhr beginnen, doch erst um kurz vor elf bequemte sich die Band auf die kleine Bühne.
Als Martin Dean himself sich dann zu seinen Musikern gesellte, war klar, dass es nur zwei Gründe für diese Verzögerung geben konnte: Entweder hatte er sich in den Stunden vor dem Auftritt tierisch die Birne mit Alkohol und/oder Gras zugedröhnt oder er hat in dieser Zeit versucht, wieder nüchtern zu werden. Wie eine Mischung aus Zombie und Orang-Utan schwankte und stakste er über die Bühne und durchs Publikum und stierte dabei auf den Boden oder auf irgendeinen Punkt in der Ferne, den außer ihm wohl niemand wahrnehmen konnte. Aber vielleicht gehört das ja auch alles zur Show, und ich habe es nur nicht verstanden... Trotzdem musste man Martin Dean eins lassen: Seinem Gesang tat das keinen Abbruch. Seine tiefe, knarzende Stimme wirkte sogar noch um einiges charismatischer als auf der CD. Auch die Band konnte einiges wieder gutmachen: Mit zwei Gitarren, Bass und Schlagzeug instrumentiert gewannen die Songs noch mehr Tiefe, aber auch mehr Ecken und Kanten - zwischendurch gab es immer wieder Steigerungsteile, bei denen richtig Krach gemacht wurde. Genauso verstärkte sich die Wirkung der tanzbaren Songs: Stücke wie "For Your Love" oder das MONSTER MAGNET-Cover "Spacelord" kamen unglaublich fett groovend aus den Boxen, und das clubbige "Invite" wurde noch cooler. Und auch eine Schnulze wie "Me Gusta" besaß live noch mehr Wehmut und Schmalz als auf der Studio-Produktion. Über den Sound konnte man ebenfalls nicht meckern: Ein warmer, satter Bass bildete das Fundament und groovte zusammen mit den filigranen, aber ohne Ende funkigen Drum-Beats. Darüber lagen die beiden unterschiedlichen, aber perfekt aufeinander abgestimmten Gitarren-Sounds, und über und hinter allem stand Martin Deans bassiger Gesangs-Sound, der jede noch so feine Nuance übertrug. Das einzige, was vom rein Musikalischen her ein wenig störte, war das Labtop auf der Bühne, über das diverse Sounds, Keyboard-Samples, aber gelegentlich auch Beats eingespielt wurden. Es muss doch wirklich nicht immer alles 100%ig wie auf der Aufnahme klingen, auf diese paar Soundspielereien hätte man locker verzichten können. Zumal hier vier erstklassige Musiker auf der Bühne standen, die ein künstliches Aufbauschen des Gesamt-Sounds wirklich nicht nötig gehabt hätten und eventuelle Lücken auch selbst hätten ausfüllen können.
Insgesamt hätte es also ein intensiver und mitreißender Konzertabend werden können - wenn Martin Dean ganz einfach nicht so viel getankt gehabt hätte. So kam leider überhaupt nichts rüber. Der Grad seiner Ausstrahlung ging gnadenlos gegen Null und irgendwie ärgerte man sich auch darüber, dass er durch sein unmögliches Auftreten die Musik komplett ihrer Wirkung beraubte. Ein kleiner, vornehmlich weiblicher Teil des Publikums wippte zwar bemüht im Takt mit, aber der wirkliche Funken sprang eben überhaupt nicht über. Und das ist mehr als schade, denn wer sein Album kennt, weiß, dass hier ein Ausnahmekünstler am Werke ist, der ein wunderbares Stück Musik geschaffen hat, das an vieles erinnert, was man schon ewig kennt und trotzdem ganz anders ist. Also Herr Dean: Keine Macht den Drogen! Dann klappt´s auch mit dem nächsten Auftritt...
InterviewDu bist KROHM, aber Kvarforth (Shining) und Jesse O’Donnell haben dir unter die Arme gegriffen.
Ich habe zwei Jobs und stecke auch noch mitten im Kompositions-Prozess für das nächste Album. Da war es ganz gut, dass mich Jesse als Studio-Ingenieur unterstützt hat. Wir haben eine Woche gebraucht in den "Autopsy Room Studios" in Tacoma, Washington. Wir haben sieben Tage solide gearbeitet. Kvarforth hat mir beim Artwork zur Scheibe geholfen. Außerdem bedanke ich mich noch herzlich bei Daryl Kahan (Abazagorath), der ebenfalls an Cover und Artwork mitgewirkt hat. Aber durch eine kleine Panne ist er in den Credits nicht erwähnt.
Beschreibe das Projekt KROHM doch mal aus deiner Sicht.
Der Name kommt von einer altertümlichen Druiden-Gottheit (Crom Cruach) - aber ich wählte den Namen auch wegen seiner Betonung und dem altertümlichen Gefühl, das dieser Name transportiert. Ebenso die Musik:: Kalt und altertümlich. Black Metal. Depressiv, Doom-Black. Die Leute können es nennen, wie immer sie wollen.
Die Depression ist in der Musik in jeder Sekunde spürbar. Wie unterstützen das die Texte?
Eigentlich sind die Texte kleine Geschichten und finden dann irgendwie ihren Weg in die Songs - das hängt alles vom Gefühl ab. Die Themen sind vollkommen unterschiedlich, genauso deren Aussagen. Manches ist real, liegt auf der Hand, anderes ist vollkommen vage. Träume, Visionen, Depressionen, all das gehört dazu. Nehmen wir dieses Beispiel: :
"When Emotions Fade And Silence Turns To Gray
The Cold Caress Of Lunacy Wipes The Gleam Away
Awakening To The Black Wall A Dream Of Grieving Ghosts
No Memories Or Thoughts Recapture What I´ve Lost
Dein ganzes Image wirkt sehr menschenfeindlich. Kaum Interviews, kaum echte Kontaktmöglichkeiten…
Mein Image ist unwichtig. Oder: Natürlich ist ein Image vorhanden, das KROHM in der vollen Ästhetik des Black Metals unterstützt. War Paint und Spikes gehören dazu. Aber das Ganze ist nicht mehr sooo wichtig für mich. Ich bin in der Tat eine sehr reservierte Person - ich habe nicht soviel mit der Szene zu tun und auch wenig Kontakt zur geschäftlichen Seite wie Labels oder so. Dennoch würde ich mich nicht als echten Misantrophen bezeichnen. Ich traue den Menschen nur im Allgemeinen nicht.
Dann interessiert dich die politische Seite der Musik wohl auch weniger.
Ich habe keine besondere Verbindung zur Politik ode rein bestimmtes Interesse daran. In mancher Hinsicht bin ich liberal, ich anderer konservativ. Letztlich sind solche Adjektive aber nur Beschreibungen, die in einem Kontext verwendet werden, der mich einfach nicht interessiert. Nazis: Die sollen mich in Ruhe lassen mit ihren totalitären und rassistischen Obsessionen. Lass es mich so ausdrücken: Gibt es eine Nazi-Band, die gute Musik geschrieben hat und es wirklich Wert ist, gehört zu werden? Ich kenne keine.
Und ich kenne keine Auftritte von KROHM.
Stimmt, Gigs sind nicht geplant. Es wäre sicherlich irgendwie möglich. Aber eigentlich interessieren mich Live-Auftritte überhaupt nicht. Ich denke, KROHM bleibt eine Audio-Angelegenheit.
Hört man die neue "A World Through Dead Eyes”, so denkt man automatisch an eine norwegische Band. Das stimmt aber null.
Ich komme aus dem italienischen Padua. Mit zehn Jahren wanderte ich in die USA aus, lebe heute in Seattle, bin aber in den USA oft umgezogen. Die lokale BM-Szene in Seattle hat nur ein paar spannende Bands vorzuweisen (Inquinok, Serpens Aeons, Funeral Age). Und die US-Szene hat keine echte Geschichte, dafür aber einen eigenen Weg gefunden. Vielleicht sollte man KROHM eher als italienische Black-Metal-Band beezeichnen. Letztlich ist es egal, wo eine Band herkommt, oder?
Naja, in den USA zu leben, dürfte schon anders sein, als am Mittelmeer, in Bayern oder Ostfriesland.
Die USA ist das Land, in dem ich lebe. Und ich genieße hier ein gutes und fruchtbares Leben. Viele Menschen hier haben viel erreicht und viel gemacht. Dass so viele Menschen gewählt haben, liegt am faulen, schlecht-gebildeten, rechten Flügel der Gesellschaft. Unglücklicherweise ist es dieser Teil der amerikanischen Bevölkerung, den die Europäer wahrnehmen. Und es stimmt: Die Mehrheit ist in der Tat sehr stereotyp.
Und was macht Numinas, wenn er mal nicht seiner Depression in einer Black-Metal-Band frönt.
Ich bin 29 Jahre alt, habe einen Nine-To-Five-Job, eine Freundin und zwei Katzen. Das ist allerhand, oder?
Ich spiele außerdem bei der Death-Metal-Band "Drawn And Quartered". Evoken habe ich 2002 verlassen. Aber Evoken war eine tolle >Zeit, sehr creative, sie sind sowas wie Brüder für mich.
Wie life der Kontakt mit Kvarforth eigentlich?
Er kontakte mich, nachdem er 2002 das "Crown of the Ancients"-Demo gehört hatte. Er war regelrecht begeistert und wollte sie über sein Label herausbringen. Wir haben tatsächlich die gleiche Affinität für die gleiche Art von Musik. Wir telefonieren häufig.
Eine Frage muss sein: Deine Musik klingt wie eine Einladung zum Selbstmord. Warum bist du selber noch am Leben?
Ich lebe, um weiter kreative Musik zu machen. Musiker zu sein, ist meine Daseinsberechtigung. Ohne diese Fähigkeit müßte ich Selbstmord in Betracht ziehen.
Daraus ergeben sich deine Zukunftpläne.
Genau, weitere CD mit KROHM zu veröffentlichen.
Viel Glück. Live long and prosper.
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