Konzert:
Vainstream Rockfest 2011 - Münster, Am Hawerkamp
Konzert vom Ausverkauftes Haus in Münster, das Vainstream Rockfest meldete „Sold out“, was erfreulich für die Veranstalter ist, aber zur Folge hatte, dass das Gedränge auf dem Platz vor den beiden Bühnen ganz ordentlich war. Immerhin waren dieses Jahr die Temperaturen erträglicher, auch wenn der eine oder andere Schauer schon wieder zu viel des Guten war. Aber dafür kann niemand was. Insgesamt ist das Vainstream eine runde Sache, selbst das Markensystem funktioniert gut und schnell, die Fressbuden bieten sehr viel Auswahl zu fairen Preisen und abseits von Merch-Ständen gab es einige interessante Stände, u.a. von PETA2.
MADBALL
Mit dem BORN FROM PAIN-Drummer als Aushilfe waren die New Yorker Haudegen von MADBALL die erste Band, die nach Arbeit und Autobahnabenteuern auf dem Spielplan stand. Schon im Vorjahr waren sie eine erfrischend ehrliche Band, die konträr zu den vielen Jungspunden und ihrer wahlweise asigen oder überheblichen Attitüde stand. Und auch in diesem Jahr lieferten Freddy & Co. eine ehrliche, schweißtreibende Show ab, kamen bodenständig rüber und hatten erkennbar Bock an ihren eigenen Songs. Da gab es keine ironische Distanz zur Musik oder den eigenen Einflüssen, stattdessen direkte Ansagen und eine Setlist voller Klassiker, zu denen sich einige Songs von „Empire“ gesellten. Kurzum: fetter Gig der immer sympathischer werdenden New Yorker!
THE SOUNDS
THE SOUNDS stellten dann die Antithese zu Hardcore aus den Strassen New Yorks da, machen die Skandinavier doch verkopften Indie-Rock, der zudem so leise abgemischt war, dass sich viele anfangs verwirrt fragten, ob heir nur das Intro läuft oder die Show schon begonnen hatte. THE SOUNDS sind eine dieser Bands, die polarisieren; für mich waren sie mangels Kenntnis ihrer Alben nichts, viele Leute sahen das aber anders und feierten die Nordlichter gut ab, die es ihnen mit einer ganz auf die Sängerin zugeschnittenen, guten Show dankten.
BOYSETSFIRE
BOYSETSFIRE sind alt geworden, das war der erste Gedanke, als die Jungs um Sänger und Charismatiker Nathan Gray auf die Bühne kamen. Die Jahre ohne BOYSETSFIRE haben ihre Spuren hinterlassen (und liefen scheinbar nicht gut genug, um eine Reunion auszuschließen), aber mit den ersten Klängen von „After The Eulogy“ waren alle etwaigen Zweifel verflogen. Die Band war bestens aufgelegt und spielfreudig wie zu ihren besten Zeiten, allen voran eben Nathan und Basser Rob. Die gute Laune auf der Bühne übertrug sich schnell auf die große Menge, die sich zusammengefunden hatte, um ihre alten Helden noch einmal zu sehen und mit ihnen eine Zeitreise zu unternehmen. BOYSETSFIRE taten ihnen den Gefallen und hatten eine ausgewogene Setlist dabei, die jedes Album berücksichtigte und das Energielevel konstant hoch hielt, so dass der gut einstündige Set wie im Flug verging. Als Live-Band sind BOYSETSFIRE noch immer eine Macht; zudem ist den Herren der Spaß am gemeinsamen Zocken der alten Klassiker anzumerken. In dieser Form sind BOYSETSFIRE auf dem besten Weg, an alte Zeiten anzuknüpfen und ihrer Reunion eine Sinn zu geben.
Setlist (wie immer ohne Gewähr):
After The Eulogy
Release The Dogs
Walk Astray
Empire
Pure
Twelve Step Hammer Program
Requiem
Falling Out Theme
Handful Of Redemption
My Life In The Knife Trade
Final Communiqué
The Force Majeure
Rookie
PARKWAY DRIVE
Coolster Typ des Vainstream Rockfest 2011? Luke Kilpatrick, Gitarrist von PARKWAY DRIVE. Der hatte sich drei Wochen vor Beginn des Europa-Trips der Australier ein Bein gebrochen, ließ sich aber von so einer Lappalie nicht davon abhalten, mitzukommen – und lässt sich seitdem einfach im Rolli auf die Bühne schieben. MADBALL-Freddy wäre beeindruckt von soviel Toughness. Zusammen mit seinen Kollegen, die wie Luke dem Klischeebild des immer gut gelaunten australischen Surfers entsprechen (nur mit mehr Tattoos), wurde eine Metalcore-Show der Extraklasse abgeliefert. Auch wenn sich über die Songwriting-Qualitäten auf „Deep Blue“ gestritten werden dürfte, sind PARKWAY DRIVE auf der Bühne eine verdammt gute Band, die mit mächtig Spaß und viel Einsatz ihre Songs runterzockt, viel mit dem Publikum kommuniziert und schlicht gute Laune verbreitet. Zudem funktionieren ihre neueren Songs Live deutlich besser als auf Platte, so dass es in der Setlist keine Hänger gab und die gute Stunde ohne Langeweile verging. Das in den ersten Reihen durchweg sehr junge Publikum feierte die Australier entsprechend, die so ihren Jetlag auf sehr angenehme Art und Weise bekämpften.
FLOGGING MOLLY
FLOGGING MOLLY hatten die meisten Musiker auf der Bühne, wobei die prominente Platzierung der Geigerin ein wenig störend wirkte, da die doch sehr statische Dame den ein wenig unglücklich platziert war. Ihre Kollegen störten sich daran aber nicht, die hüpften, sprangen und sangen einfach auf beiden Seiten der Bühne und feierten mit den Vainstream-Besuchern, die ein Faible für bierseligen Folk-Punk haben, eine große Party. Funktioniert abends um acht bei einem Festival auf jeden Fall, so auch an diesem Tag.
THE GASLIGHT ANTHEM
Wenn eine Band in kurzer Zeit einen echten Sprung gemacht hat, dann THE GASLIGHT ANTHEM. Vor zwei bis drei Jahren waren die Herren noch in kleinen Clubs unterwegs, teilweise wie in Bremen damals vor nicht mal 50 Leuten. Mittlerweile füllen sie große Hallen und sind beim Vainstream Co-Headliner und werden vom gesamten Festival begeistert empfangen. Dabei kommen die Punkrocker sehr sympathisch rüber und sind mit Leidenschaft bei der Sache (der Kreis zu MADBALL schließt sich), ganz wie es bei Working Class Heroes sein soll und muss. Die Regenschauer taten der guten Laune vor der Bühne keinen Abbruch (wie schon bei PARKWAY DRIVE) und die Selist tat ihr Übriges, um alle Fans der Band zufrieden zu stellen.
Setlist (wie immer ohne Gewähr):
Orphans
American Slang
Even Cowgirls Get the Blues
Old White Lincoln
Señor And The Queen
The '59 Sound
1930
The Queen Of Lower Chelsea
Wooderson
Great Expectations
The Backseat
MOTÖRHEAD
Bei Dauerregen waren dann MOTÖRHEAD an der Reihe, das Vainstream 2011 abzuschließen. Lemmy war heute zwar nicht so redselig wie bei manch anderer Show, aber das ist ja eh zweitrangig, solange er und seine beiden Kumpane einen Querschnitt durch die Bandgeschichte bieten und die Songs in petto haben, die unzählige Musiker beeinflusst und inspiriert haben. War an diesem Abend so und auch wenn der Sound besser hätte sein können, war es eine MOTÖRHEAD-Show wie aus dem Lehrbuch, die Altmetaller, Metalcore-Kids und Punkrocker gleichermaßen zufrieden stellte.
Setlist (wie immer ohne Gewähr):
Iron Fist
Stay Clean
Get Back In Line
Metropolis
Over The Top
One Night Stand
The Chase Is Better Than the Catch
In the Name Of Tragedy
I Know How To Die
Going To Brazil
Killed By Death
Ace Of Spades
Overkill
Wer danach noch weiter wollte, konnte im angrenzenden Club u.a. ADEPT sehen und bis zum Morgengrauen abzappeln, für mich war nach einem langen Tag hier aber Schluss. Das Vainstream Rockfest war auch 2011 wieder eine rundum gelungene Angelegenheit, die ein interessantes, vielfältiges Line-Up zu einem fairen Preis bot, was hoffentlich 2012 auch wieder so sein wird. (lh)
STEVE HACKETT gehört seit Jahrzehnten ganz sicher zu den weltbesten Prog-Gitarristen der Szene. Diese Erkenntnis ist an sich nicht wirklich Neues, nur wenn man sich den aktuellen Output „Live Rails“ so anhört, muß man diese Schlussfolgerung zwangsläufig erneut ziehen. Dieser Musiker scheint ein schier unerschöpfliches kreatives Potential sowie Stilvariationen zu besitzen, davon zeugen auch wieder diese beiden üppigen Silberlinge.
Diesmal zeigt sich Meister Hackett wieder deutlich mehr Prog-Rock orientiert - will sagen nachdem er sich auf den beiden Scheiben „Wild Orchids“ (2006) und „Metamorpheus“ (2005) eher dem etwas ruhigeren, verspielten Art Rock beziehungsweise eher betont klassischen Elementen widmete, war das Vorgängerwerk „Out Of The Tunnel’s Mouth“ (2009) doch schon deutlich mehr an die alten Prog-Rock-Zeiten als GENESIS-Gitarrist angelehnt. Diese Entwicklung wird daher auch auf diesem Doppel-Livealbum „Live Rails“ deutlich Rechnung getragen. Im Vordergrund steht zunächst die erwähnte recht abwechslungsreiche Scheibe „Out Of The Tunnel’s Mouth“, hier sind sechs von acht Songs vertreten aber bei der Vergangenheit darf natürlich auch altes Material von den glorreichen GENESIS-Tagen nicht fehlen.
Überhaupt war der Gitarrist schon immer recht fleißig, was Alben anbetrifft neben den 14 GENESIS-Veröffentlichungen (sowohl mit PETER GABRIEL als auch mit PHIL COLLINS am Mikrophon) hat er seit 1970 sage und schreibe 22 Solowerke unter Volk gebracht die über Jazz, Weltmusik, Blues, Folk, Artrock und Klassikanleihen sehr viele unterschiedliche Facetten aufweisen.
Jetzt also Livealbum Nummero 12 des mittlerweile 61-jährigen Briten - genügend Stoff ist wieder zusammen gekommen, er und seine wirklich tolle fünfköpfige Begleitband machen dabei einen tollen Job. Die Produktion ist typisch klar gehalten, eine echte Liveatmosphäre kommt eher selten durch, die Fans sind nur ab und an schon deutlich zu hören wobei die Songs von verschiedenen Konzerten der letzten Tour zusammengeschnitten wurden. Ist jetzt aber nicht negativ zu werden, denn mit seiner Truppe um u.a. Drummer Gary O'Toole, Keyboarder Roger King, Bassist Nick Beggs oder dem Saxophon-und Percussionspezialisten Rob Townsend wird knapp zwei Stunden lang ein wahres Progfeuerwerk an Spielfreude sowie auch vielfach sehr atmosphärische Rockmusik geboten.
Die erste CD startet mit einem tollen orientalischen Intro dann folgt „Every Day“ das typisch neoprogig wie zu besten IQ-Zeiten daherkommt, der Song stammt aus dem
1979er Werk „Spectral Mornings“, dieser ebenfalls recht gelungene Titelsong befindet sich dann auf Seite zwei zum Start. Insgesamt sind mir aber auf dem ersten Teil einige zu langatmige Sachen drauf, da passiert etwas zu wenig, relativ ruhig wie u.a. „Fire On the Moon“ oder auch „Emrald and Ash“ hier wird erst nach 5 Minuten der richtige Proghammer ausgepackt. Bei „Ace Of Wands“ überteibt man es etwas mit den katzenmusik-schrägen Instrumentalparts. Dafür sind „Serpentine“ u.a. mit einem klasse Saxophonsolo sowie das gut abgehende „Tubehead“ als tolle Improvisationsnummer absolute Pluspunkte.
Die zweite Scheibe kommt für meine Empfinden natürlich deutlich stärker rüber (auch weil man die Songs halt schon ewig kennt), denn hier werden eine ganze Reihe reinrassiger GENESIS-Klassiker wie natürlich das genialen "Firth Of Fifth" (aus „Selling England By The Pound“) in teilweise etwas überarbeiteten Versionen gespielt. Völlig entstaubt, mit teilweise neuer Dynamik und auch moderner klingen Sachen wie "Fly On A Windshield" trotz des natürlich fehlenden Stimmcharismas von Originalsänger Peter Gabriel überzeugend rüber. Insbesondere bei "Blood On The Rooftops" („Wind & Wuthering"/GENESIS) sogen der kräftige Gesang sowie ein neues Arrangement für einen sehr positiven Eindruck. Ansonsten hat er sich auch noch eine weibliche Stimme für die Harmonieparts dazu geholt, ebenfalls sehr gelungen. Klar kann HACKETT gesanglich mit seinen ehemaligen Kollegen nicht so ganz mithalten aber mehr als ein Verlegenheitssänger ist er allemal. Das Publikum reagiert bei den alten Kracher dann entsprechend begeistert und als dann noch „Broadway Melody Of 1974“ (aus dem Klassiker „The Lamb Lies Down On Broadway“ sowie neben einen Drumsolo natürlich das grandiose „Los Endos“ die Scheibe beenden, kann man dem Altmeister insgesamt erneut ein sehr solides Livewerk attestieren.
Steve Hackett beweißt hier teilweise eindrucksvoll, dass alter Progrock im modernisierten Gewande zusammen mit seinen neuen Sachen bestens funktionieren können, er musikalisch immer noch was zu sagen und vor allem viel Leidenschaft zu geben hat.
Live Rails
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
20
Länge:
115:52 ()
Label:
Vertrieb:
Seiten