Mit „Ravenblack“ legen MONO INC. ihr mittlerweile zwölftes Studioalbum vor. Richtig schmuck kommt das Ganze daher, mit einer golden geprägten Krähe auf programmatisch passendem rabenschwarzem Grund. Mit dem Opener „At The End Of The Rainbow“ präsentiert die Band einen flotten, eingängigen Dark Rock-Track mit mehrstimmigem Gesang, für das wuchtige „Angels Never Die“ hat man sich die Label-Kollegen von SANZ mit ins Boot geholt. Apropos Boot: ebenfalls mit von der Partie ist die Piratenkombo STORM SEEKER, mit deren Unterstützung das stampfende, im Refrain aber etwas arg simpel gestrickte „After Dark“ entstand. Mit dem vorwärtstreibenden „Heartbeat Of The Dead“ zeigen Mono Inc. mal ein bisschen die Krallen, was ihnen sehr gut zu Gesicht steht: das bissige Gitarrenriff sticht sofort aus der Masse heraus und geht ins Ohr. Heimlicher Hit der Platte aber ist das ausgesprochen melodiöse „Day Of Reckoning“, dessen teilweise parallel laufende Melodielinien im Refrain erhöhtes Ohrwurmpotenzial haben. Mit „Wiedersehen Woanders“ schließt das Album mit einem deutschen Track (das Album beinhaltet auf vielfach geäußerten Fan-Wunsch hin zwei Songs mit deutschen Texten). Das Risiko, ins Schlagerhafte abzugleiten ist bei deutschen Lyrics immer besonders groß, doch hier gelingt es MONO INC., echte Emotionen rüberzubringen, und zwar in einem Maße, das einem das Lied wirklich zu Herzen geht – der hier zu Musik gewordene Schmerz ist echt und rührt einen an (wer gerade einen Trauerfall zu verarbeiten hat, sollte hier beim Hören daher besser Vorsicht walten lassen). Fazit: insgesamt ist „Ravenblack“ ein rundes Dark Rock-Album, das den bisherigen Freunden der Band sicherlich gefallen und vielleicht auch den einen oder anderen neuen Hörer gewinnen wird.
ERIK COHEN, das Kind von SMOKE BLOW-Sänger Jack Letten plus großer Teile der SMOKE BLOW-Mannschaft, geht mit ""Weisses Rauschen" in die zweite Runde. Nachdem "Nostalgie für die Zukunft" 2014 gute Kritiken eingefahren hat, dürfte es den Kielern leicht gefallen sein, den Weg weiter zu beschreiten. So sind auch die zehn neuen Songs eine Hommage an DANZIG, TYPE O NEGATIVE und Dark Wave. Stärker als beim Debüt finden sich JOY DIVISION- und vor allem SISTERS OF MERCY-Einflüsse ("Deine Dämonen"), die der Atmosphäre einen düsteren, melancholischeren Touch verleihen ("Hier ist nicht Hollywood"). Selbst vor Country schreckt ERIK COHEN nicht zurück, wobei das Ergebnis nicht nur zu gefallen weiß; so ist "Nur ein Herzschlag" schon hart an der Grenze zur Peinlichkeit angesiedelt.
Die Stimme des Herrn Letten trägt über weite Strecken des Albums die Songs und setzt immer wieder Akzente, was die Kollegen Mitmusiker manchmal sehr zur Begleitband runterstuft, was aber angesichts der hervorragenden Gesangsleistung zu vertreten ist. Wer der Herr ist Haus ist, macht ja schon das - saucoole! - Coverartwork klar. "Weisses Rausches" wirkt in seiner Melancholie nachdenklicher und weniger wild als sein Vorgänger. Dadurch braucht es einige Durchläufe, ehe es sein volles Potential entfalten kann und klar wird, dass Songs wie das abschließende „Der heilige Gral“, „Tapete“ und „Das gute Gefühl“ (letzteres inklusiver saucooler Orgelparts) richtig gut sind. Kein Album fürs lässige Nebenbeihören. "Weisses Rauschen" verlangt ungeteilte Aufmerksamkeit. Wer ihm die gibt, wird mit einer fesselnden, interessanten Platte belohnt, die in der Tradition der schwermütigen Künstler vergangener Zeiten steht.
Nanu, was ist denn bei KETZER los? Wer unbedarft an "Starless" rangeht und vielleicht eine knackige Metalplatte erwartet, wird von den zehn neuen Songs des Quintetts überrascht werden. Irgendwo zwischen Dark Rock, Dark Wave, Metal und Black Metal finden sich die neuen KETZER-Sachen ein und verlangen dem Hörer einiges an mentaler Verrenkung ab. Im Gesang findet sich weiterhin der Verweis zum Black Metal, die Worte werden mit Bösartigkeit hingerotzt. Demgegenüber stehen die vielen auf rockigen Riffs basierenden Parts, die von finnisch anmutendem Dark Rock bis hin zu Dark Wave und Post Metal ("When Milk Runs Dry") ein breites Spektrum abdecken und dabei immer eingängig sind. eine gewisse Abgefucktheit und Bösartigkeit liegt dabei jedem Song zugrunde, die Gitarrenarbeit und die Fokussierung auf eingängige Songs kann darüber nicht hinwegtäuschen. "Starless" ist ein zutiefst schwarzes Album. KETZER betonen das neben dem Gesang durch die raue Produktion. Viele Spielereien finden sich auf "Starless" nicht, KETZER haben ihre Musik auf das Wesentliche betont, was Nummern wie dem coolen "Godface" oder dem gut ins Ohr gehendem "Earthborn" sehr zu Gute kommt. Atmosphäre bauen KETZER durchgehend auf - eine dreckige, abgefuckte Atmosphäre, dank der die Wandlung hin zur Dark Rock-Band nicht mit einer Wandlung hin zur glattgebügelten Hochglanzband einhergeht. Wer auf Stromgitarrenmusik mit Charakter steht, ist bei "Starless" genau richtig.
Dank Inverse Records kriegen die verblichenen finnischen Gothic-Rocker DARK THE SUNS noch ihre Best Of-Scheibe. Auf "Life Eternal" gibt es einen Querschnitt der erschienenen Alben, was zu einer überraschend homogenen Scheibe wird. Der Sound der Finnen war über die Jahre konstant, das wird in der Rückschau deutlich. Die Mischung aus Growls und leisem Gesang in Verbindung mit harten Riffs und Piano-Nutzung hat DARK THE SUNS ausgezeichnet, auch wenn das Songwriting oft zu berechenbar war. Gegen die starke Konkurrenz aus dem eigenen Land konnten sich die Finnen nie durchsetzen, was angesichts der Klasse von Bands wie AMORPHIS oder SWALLOW THE SUN schwer ist. Auch an SENTENCED kamen DARK THE SUNS nie heran. Bei einer Best-Of fällt es leicht, die guten Songs zu nutzen, wie das mit weiblicher Sangesunterstützung ausgestattete "The Dead End" oder die Streicher-Attacke in "Walking With An Angel". „All Ends In Silence“ und „Rimed With Frost“ zeigen die doomige Seite der Finnen und wissen damit zu überzeugen. Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass DARK THE SUNS durchaus Potential hatten, es aber nie auf einer Platte voll nutzen konnten. "Life Eternal" ist eine gute Gelegenheit für Finnenfans, die Songsammlung um ein paar Gute zu vervollständigen und die Playlist ein wenig aufzulockern.
Bereits das letzte Album „Lonely Way“ der Hamburger [SOON] war ein Highlight in Sachen Düster Rock welches kaum zu toppen war. Mit „Dead End Street“ zeigen [SOON] im zehnten Jahr ihres Bestehens aber erneut, dass sie dieses Niveau halten und bauen ihre Trademarks weiter aus. Bestes Beispiel gleich der ganz starke Opener „In My Memory“, welcher in dunkler Melancholie schwelgend sich im Gehörgang festsetzt und dabei die nötige Schwere (Gitarre) nicht vergisst. Und das paßt – denn unter den neun mit viel Liebe zum Detail arrangierten Kompositionen des Albums finden sich keine Füller. Vor allem das ruhigere „Still Searching“ mit seinen DEPECHE MODE auf METAL Vibes raubt einem dem Atem – das Teil alleine hätte eine große (und dezent leere) Bühne verdient. Aber auch „Everything Has Changed“ und „Means To An End“ lassen da nicht nach und offenbaren eine hohe Halbwertszeit - Anspieltipps. Es ist wie schon beim letzten Album, es kommt einen immer wieder eine (bessere) Variante von PLACEBO in den Sinn, wenn expressiver Gesang und gezielte Instrumentierung symbiotisch harmonieren. Ob [SOON] den schon nach dem letzten Album verdienten hohen Bekanntheitsgrad endlich erreichen – ich weiß es nicht. Meinen Segen haben Sie. Wer auf Dark Rock mit Niveau steht, sollte in „Dead End Street“ aber unbedingt mal reinhören.
„I-Dentity“ heißt das dritte Baby der vier Jungs von TRIBAL. Das Intro des Openers „Eleven“ macht´s spannend- zunächst Stille, bevor dann langsam nach und nach eine ordentlich fette Gitarre einsetzt und sich verzerrter Gesang dazugesellt. Dass nicht nur der Opener recht heavy daherkommt, zeigt auch das nachfolgende „Identity“, das eine ruhige Strophe mit Elementen paart, die stellenweise schon eher Richtung Heavy Rock / New Metal gehen. Für die „Kraft Ist in Dir“ wechselt man der Abwechslung halber zur deutschen Sprache, das ruhige „Liberation“ dagegen klingt in der Strophe (trotz einschlägiger Veranlagung von Seiten der Verfasserin) ein wenig zu sehr nach THE 69-EYES- Kopie und dabei gesanglich in den Tiefen auch zu gewollt. „Hardcore“ haut wieder wesentlich mehr auf den Putz und auch auf „Distant Memories“ und „Odd Nativity“ spielen TRIBAL wieder ihre Stärke- eingängigen Melodien mit fettem Sound- aus. Der Rausschmeißer „Past-Present-Future“ schließlich zögert den Abschied noch einmal hinaus und dehnt sich über epische sieben Minuten und 25 Sekunden aus. Fazit: „I-Dentity“ liefert solide schweizerische Dark Rock-Kost.
Nach längerer Pause kommen [SOON] aus Hamburg mit einem neuen Album um die Ecke. Vier Jahre nach „Without A Trace“ gibt es auf Album Nummer drei unter dem Titel „Lonely Way” neues Material das es in sich hat. 11 melodische Tracks - Dark Rock/Metal - mit harten Riffs, tighter Rhytmusfraktion und eingängigen Texten, die in keinster Weise in kitschige Gefilde eintauchen. Und das alles ohne Ausfall. Natürlich erinnert das Ganze immer noch leicht an DEPECHE MODE auf Rock. Aber [SOON] haben das Tempo angezogen und gehen komplexere Arrangements positiv an, eine Band wie PLACEBO fällt einem da auch ein – auch wenn [SOON] eher härteren Stoff bieten. Ohrwürmer wie „Trust“ und „Lonely Way” fallen einem dabei gleich auf; die verträumte Ballade „A Loss“ zeigt, was man alles in ruhigen Kompositionen verstecken kann; „Flow“ und „Time“ entpuppen sich als heimliche Lieblinge mit Hitpotential. „Lonely Way” lässt sich sauber und gut durchhören, setzt auf düstere Atmosphäre und macht trotzdem richtig Spaß – Dark Rock/Metal at its best. Tolles Album, das [SOON] endlich mal eine höheren Bekanntheitsgrad bescheren sollte.
Das Debüt „Blood Diamond Romance” von ROTERFELD klingt verdammt finnisch, auch stimmlich agiert der Österreich Aaron ROTERFELD im Umfeld nordisch-düsterer Sehnsüchte, wobei musikalisch der Hang zum Alternative Rock (zu) deutlich hörbar durchkommt („Don't Be Afraid Of The Dark“). Die erste Auskopplung „Great New Life“ setzt auf gitarrenorientierten Dark Rock, den anvisierten Club Hit könnte man mit dem von Synthies getragenen „STOP“ trotz alles Pathos durchaus landen. Auch der mit viel Gefühl vorgetragene Titeltrack „Blood Diamond Romance” weis zu gefallen. Das Cover zu „Sealed With A Kiss” (in Orchester-Version) ist dann vielleicht doch etwas abgenudelt. Über die Distanz eines kompletten Albums fehlt ROTERFELD allerdings die Konstanz, welcher einer gewachsenen Band hilft durchgängig Atmosphäre aufzubauen. So können einzelne Songs überzeugen – ja haben Hitpotential – aber kaum hat es sich etwas eingedüstert, kaum ergreift die Melancholie Raum, bricht es ab. Hier hat der gute Aaron ROTERFELD noch zu tun – ein Händchen dafür scheint er ja zu haben, auch wenn man vieles schon in anderem Zusammenhang gehört hat. Denn wer auf mainstreamigen Goth-Rock der Marke HIM bis SISTERS OF MERCY steht, dem typischen deutschen Düster-Touch des Gesanges etwas abgewinnen kann und gerne die Tanzflächen der einschlägigen Clubs unsicher macht, dürfte mit ROTERFELD und seinem „Blood Diamond Romance” gut bedient sein. Solides Debüt, dem es aber an Eigenständigkeit und etwas Kontinuität fehlt.
Die 1996 aus den Black Metallern FORGOTTEN WOODS hervorgegangene Band haben bis heute sicherlich die wenigsten Fans auf dem Schirm, denn einerseits ist der Bekanntheitsgrad des Trios außerhalb des Undergrounds (hier konnte man schon unter Anderem mit Splits mit URFAUST und BETHLEHEM glänzen) nicht sonderlich hoch, und andererseits hat man sich stilistisch eine ganze Ecke vom traditionellen Schwarzmetall entfernt. Genau kann man die düstere, recht schräge und hoch originelle Musik auch gar nicht einordnen: Mundharmonika, Banjo sowie bisweilen psychedelischer Gesang inklusive mitunter arg verrauchter Hintergrundchöre sind dem gemeinen "True"-Black Metaller allzu höchst befremdlich. Zwar findet sich bei genauerem Hinhören noch ein räudiges Fundament, das man mühelos dem Norwegen der 90er Jahre zuordnen kann, aber JOYLESS stellen in erster Linie die Wirkung ihrer Songs in den Vordergrund. "Without Support" klingt nach dem ersten Durchlauf zutiefst kurios, wenig hart und brutal, sondern einfach nur reichlich obskur. Es braucht mindestens fünf Durchläufe, bis der Hörer realisiert, dass die Band sämtliche Erwartungen an düstere Musik unterwandert und sogar mit vermeintlich lebensbejahenden Melodien lockt, die sich im Kontext des Albums aber als fast schon zynisch herausstellen. Beste Beispiele hierfür sind Stücke wie "The Adorn Japetus", der hypnotische Ohrwurm "Shimmer And Shine", das rockige "Trilobite" oder das überragende "De Profundis Domine", die nicht nur aufgrund der (öfter verzerrten) Stimme von Frontfrau Ida Hellebo metertief unter die Haut gehen. "Without Support" ist nichts für Normalhörer, sondern für Liebhaber dunkler Künste jenseits aller (Black Metal-) Klischees, die hier ein Meisterwerk entdecken werden, das für mich persönlich zu den bisherigen Highlights des Jahres zählt.
Denkt man Musikexporte aus Italien, kommt einem als erstes mal Eros Ramazzotti in den Sinn. Wenn man dann versucht, an rockigere und düstere Gefilde zu denken wahrscheinlich Lacuna Coil. In Zukunft könnten sich VLAD IN TEARS dazu gesellen. Die Band, die bereits durch einige Teile Europas getourt ist, ist in hiesigen Gefilden noch kaum bekannt, aber das könnte sich mit dem neuen Album "Underskin" und einer potentiell anstehenden, dazugehörigen Deutschland-Tour jetzt ändern. Insbesondere Finnenrock-Freunde sollten jetzt mal die dunkelverwöhnten Öhrchen spitzen, denn genau in diesem Bereich dürften VLAD IN TEARS auf einiges an Sympathie stoßen. Kann doch gar nicht sein, werdet ihr jetzt sagen, die kommen doch aus Italien! Tun sie ja auch, aber das Quartett hat nichtsdestotrotz ordentlich Melancholie im Blut und der Gesamtsound klingt, Italien hin oder her, sehr nach dem, was man für gewöhnlich in Finnland verortet. Melodiös, bittersüß und dunkelromantisch schallt es da aus den Boxen und erinnert zum Teil ziemlich an die finnischen Kollegen von NEGATIVE, sowohl vom Songwriting und den Arrangements her als auch was die Stimme von Sänger und Pianist Kris Vlad angeht, die der von Jonne Aaron durchaus ähnelt. Schön zu bewundern ist das beispielsweise auf "My Wreck" oder dem stärker aufs Gaspedal tretenden "Inner Shelter". Im Refrain des hypnotischen "You´ll Come Back To Me" stellt Kris Vlad unter Beweis, dass er auch die Königsdisziplin, des zwischenzeitlichen In-die-Kopfstimme-Kippens beherrscht und zu guter Letzt gibt man sich mit auf dem schwermütig-sehnsüchtigen "Invisible Mist" auch noch balladesk- da lacht das Dunkelromantikerherz. Klasse Album, mit dem der Eroberung Deutschlands eigentlich nichts mehr im Weg stehen sollte. Wir warten mit Spannung!