Irish Folk Punk aus Münster: Aus der Stadt der Fahrradfahrer und Tatort-Kommisare kommt der lustige Gran E. Smith mit seinen Kumpels. Alle sehen aus, wie sich das Volksauge den gemeinen Pub-Besucher auf der grünen Insel vorstellt. Und der Apfel-Mann am Mikro macht auch einen recht guten Job, fast denkt der geneigte Hörer, hier sänge tatsächlich ein zahnloser Brite oder noch besser Ire. Nur: Der letzte Pepp, die letzte Rauheit die fehlt irgendwie. Wo die Pogues oder die Dropkicks so richtig in die Eier trampeln, da streicheln dir die Münsteraner zärtlich ums Kinn. Oder: Während die "harten" Bands dieser Schiene animieren zum Vollsuff im verrauchten Pub mit klebrigen Tischen, da fordert dieser Bastard auf zum Genuss dreier, gepflegter Bierchen mit kurzem, nicht zu lautem Mitsingen im Yuppie-Pub. Insgesamt ist die im schicken Digi-Pack veröffentlichte CD nicht schlecht (abgesehen vom mäßigen Sisters-Cover "Temple Of Love"), aber irgendwie zu glattgebügelt und letztlich arm an Überraschungen. Passt irgendwie zu ihrem Auftritt bei der so genannten "Stadtteilverein vs. Celtic-Party" in Hamburg. Aber das ist ein anderes Thema ...
Ein ruhiger, sphärischer Beginn und dann - bumm! Die ersten Töne von "Cocoon" kommen unerwartet brachial aus den Boxen, neben der Gitarrenwand brüllt sich der Sänger seinen Weltschmerz und seine Wut weg. Genauso unerwartet wie der Beginn ist der nachfolgende Part, in dem auf einmal melodisch gesungen wird, die Gitarrenwand zurückgenommen und stattdessen eine ruhige, melancholische Atmosphäre geschaffen wird. Man sieht, TRANSMISSION0 gehen beim Songaufbau nicht gradlinig vor, sondern bevorzugen die gleichen verworrenen Wege, auf den schon NEUROSIS und CULT OF LUNA gewandelt sind. Ob das TODAY IS THE DAY-Ikone Steve Austin bewogen hat, bei "Token" mitzuwirken? Man weiß es nicht, nachvollziehbar wäre es angesichts der Klasse von "Memory Of A Dream" allemal. Denn was die Holländer hier über mehr als eine Stunde aufbauen, hat Hand und Fuß - und viel wichtiger noch: hat Atmosphäre. Auch wenn dieser Winter zu warm ist, sind die Tage immer noch dunkel und die Laune gedrückt. Für solche Momente ist Postcore der ideale Soundtrack, jedenfalls wenn man sich der dunklen Stimmung ganz hingeben möchte. So vielschichtig wie "Memory Of A Dream" ist, kann man sich damit den Winter über locker beschäftigen. Großes Kopfkino, das fast in die Königsklasse des Genres vorstößt!
Durch das auf 80er-Disco gestylte Cover sollte man sich nicht irritieren lassen. Das italienische Trio THE JERSEY LINE spielt echte Instrumente. Der Gitarrensound ist auch schön verwaschen bis schrebbelig, was gekonnt mit poppig-melancholischen Harmonien verbunden wird. Die Songs selbst sind gut komponiert und arrangiert, so dass für den geneigten Alternative-Pop-Fan keine Wünsche offen bleiben. Songs wie der Opener "The Control" oder "A Letter Never Sent" sind vom Start weg Ohrwürmer, in die man sich reinlegen kann. Auf Dauer wird aber zu viel schöner Brei serviert, der zwar nett klingt, aber irgendwann doch eintönig und klebrig wird. So zu hören bei der Single "Sabotage", die wirklich sehr schlimm ist. Die schwermütigen Harmonien sind zwar schön anzuhören, doch es fehlt ein echtes Ausbrechen und ein treibender Kick, der das In-Selbstmitleid-Schwelgen ausgleicht. Erhofft man sich das von einem Song wie "My Failure", der anfangs ganz gut rockt, wird sich dann wieder viel zu schnell in Wohlklang ergangen. Und ein Song wie "Rise And Fall" ist zwar perfekt gemacht und gespielt, erinnert aber zu sehr an eine rockige Variante von COLDPLAY. Für Fans von harmonieverliebtem Indie-Pop ist "Misery Club" sicherlich ein tolles Album. Mir persönlich fehlen hier aber Druck, Dreck, Vielfalt und Authentizität.