Konzert:

Neurotic Deathfest 2013 - Samstag

Konzert vom 04.05.2013

Im Tilburger 013, einem mitten in der Stadt gelegenem Komplex aus Konzertsälen, Bistro und Disco, feierte in diesem Jahr das Neurotic Deathfest zehnjähriges Jubiläum. Das Festival hat sich mittlerweile zum größten Indoor-Festival für Death Metal und Grindcore entwickelt, das jedes Jahr einige tausend Besucher aus Europa und der ganzen Welt anzieht, so dass auch in diesem Jahr nicht nur Holländer und Besucher aus Nachbarländer zu sehen waren, sondern auch Australier, Japaner und US-Amerikaner.



Im 013 finden Shows auf der Bühne im großen, wie ein Amphitheater angelegten, Saal wie auch im kleineren Saal links neben dem Eingang statt. Beide haben zudem Galerien ein Stockwerk höher, so dass auch ein Blick von oben auf das Geschehen möglich ist. Die Bands wechseln sich in beiden Sälen ab, so dass keine Überschneidungen auftreten. Einzig die kleine dritte Bühne (die gut versteckt im Gebäude ist), hat immer wieder mit Überschneidungen kämpfen.



Die Preise im 013 sind relativ gesalzen, Getränke und Essen werden zudem mittels eines Markensystem gekauft, wobei eine Marke 2,50 Euro entspricht – und ein Bier direkt mal zwei Marken kostet, ein veganer Wrap direkt drei. Das ist schon knackig.



Arbeitsbedingt war nur der Besuch am Samstag möglich, dem zweiten von drei Festivaltagen. Die Besucher hatten mit den Nachwirkungen der vortäglichen Feierei scheinbar nicht viel zu tun, die Stimmung war jedenfalls schon am Nachmittag prächtig und das Stelldichein der internationalen (Death)Metal-Szene schön mit anzusehen.



HAEMORRHAGE machten den Anfang der persönlichen Running Order und boten wie immer eine solide Grindcore-Show, für die sich die Spanier stilecht in OP-Klamotten bzw. Kunstblut geschmissen hatten. Das Stageacting beschränkte sich dabei bei der Instrumentenfraktion auf ein wenig moshen, einzig Shouter Lugubrios hameplte wie ein Irrer über die Bühne. Mit der Band kann ein Veranstalter nichts falsch machen, die Optik ist ebenso solide wie der an alte CARCASS erinnernde Sound. Die Songauswahl war auch ok, so dass Fans aller Schaffensphasen der Spanier auf ihre Kosten kamen. Ergo: rundum solider Auftritt.



Hinter NECROPHAGIA steckt mit Killjoy ja eine sehr umtriebige Figur der Metal-Szene, der sich allerdings selten bis gar nicht in Europa blicken lässt. DA war es nur natürlich, dass der große Saal gut gefüllt war, als der Mastermind mit seinen Minions die Bühne betrat. Killjoy war dann auch der klare Dreh- und Angelpunkt der Show, wie er geschminkt und verkleidet als Mischung aus verrücktem Genie und Zombie über die Bühne trollte und die Songs intonierte. Das war schön anzusehen, auch wenn Master Killjoy am Ende dann doch zu wenige Posen einstudiert hatte, so dass sich ein gewisser Abnutzungseffekt einstellte. Gleiches galt auch für die Songs, die zwar allesamt netten Groove haben und knackig aus den Boxen kamen, aber dann doch zu wenig unterscheidbar waren – was Kollege Otto ja auch im Review des letzten Albums „Deathrite 69“ festgestellt hatte. NECROPHAGIA blieben so hinter den Erwartungen zurück.



Mastermind Scott Hull hat sich mit seinem PIG DESTROYER-Projekt bislang ebenfalls selten in Europa gezeigt und war somit für viele Besucher eines der Highlights des Tages. Der große Saal war gerammelt voll, als die Amis zu den Klängen eines Filmsamples auf die Bühne kamen. Mr. Hull an der Gitarre, Blake Harrison am Keyboard und PIG DESTROYER wie gewohnt ohne Bassisten, bot den Band das ungewöhnlichste Setup des Festival. Der fehlende Tieftöner machte sich dann auch bemerkbar, Live sogar stärker als auf Platte (wie dem aktuellen Album „Book Burner“). Soundlöcher gab es zwar nicht, aber etwas mehr Wumms hätte dem Sound insgesamt verliehen werden können. So konzentrierte sich sowohl die Sound- als auch das Stageacting auf Gitarrist und Sänger, die beide einen erstklassigen Job ablieferten und alles aus sich herausholten, um die Songs der gesamten PIG DESTROYER-Schaffensphase umzusetzen. Selbst Soundtüftler Blake moshte immer wieder mit und sorgte so dafür, dass seine Seite der Bühne nicht zu statisch wirkte. Im Publikum ging es ebenfalls ordentlich ab, wobei die fleißig Airdrums spielenden Fans der beeindruckendste Teil waren. Alles in allem ein gelungener Gig, der zeigte, wie bösartig und brutal die PIG DESTROYER-Sachen Live klingen können. Jetzt noch ein Bass dazu und das Ding ist eine echte Abrissbirne…



WORMED machten dann im völlig überfüllten kleinen Saal klar, wer im spanischen Extrem-Metal die Hosen an hat, litten aber nicht nur unter unsäglichen Temperaturen, sondern auch unter einem schlechten Sound.



IMMOLATION hatten es da im großen Saal besser, boten aber eine gegen PIG DESTROYER und WORMED abfallende Show. Das war alles ganz nett, aber nicht zwingend. Vielen Die Hard-Fans war es egal, so wie IMMOLATION sich eben ein treues Following über die Jahre aufgebaut haben.



Auf VALLENFYRE war dann das halbe Festival gespannt, immerhin ist das Projekt von u.a. Mitglieder von PARADISE LOST, MY DYING BRIDE, DOOM und AT THE GATES nicht den Ruf, eine häufig Live spielende Band zu sein. So kam es, wie es kommen musste: im kleinen Saal ging es zu wie in einer Dose Sardinen, schon vor dem Beginn des Sets war kein Durchkommen mehr. Natürlich hinderte das Nachzügler nicht am Drängeln… VALLENFYRE legten aufgrund technischer Probleme verspätet los, boten dann aber eine Death Metal-Performance vom Feinsten, schön mit grimmigen, langhaarigen Herren im besten Alter auf und vor der Bühne, die sich doomig-totmetallischen Songs hingaben. Leider war der Sound eher suboptimal und ließt die feine Gitarrenarbeit immer wieder zu leise klingen. Wer sich daran nicht störte, wurde mit einer engagierten Show belohnt. Auch wenn hinter VALLENFYRE Routiniers stecken, war von negativer Routine hier nichts zu spüren, die Jungs hatten Bock auf die Show und mächtig Spaß dabei.



Routiniers sind REPULSION im Grunde auch, immerhin berufen sich viele Bands von NAPALM DEATH bis ENTOMBED auf die US-Amerikaner. Die Band selbst hat lange Pause gemacht, ehe sie 2008 wieder aktiv wurde. Ihr Auftritt beim Neurotic Deathfest war so für viele Angereiste ein wichtiger Grund des Festivalbesuchs und der Co-Headliner-Posten für REPULSION ganz sicher berechtigt. Im großen Saal wurde es um 21:00 dann auch gerammelt voll, da neben den Besuchern auch viele Musiker der an den drei Tagen spielenden Bands vorbeischauten. REPULSION starteten motiviert bis in die Haarspitzen und ließen sich vom schlechten Bühnensound der ersten zwei, drei Songs nicht die Laune verhageln. Nachdem der Soundmensch das in den Griff bekommen hatte, konnten die nur zu dritt agierenden Musiker (der zweite Gitarrist fehlte, wurde auch mit keinem Wort erwähnt) endlich richtig abgehen. Scott Carlson genoss nicht nur die Doppelrolle als Basser und Sänger, sondern auch das Rampenlicht und entpuppte sich als echte Rampensau, der Energie für drei hatte und mit launigen Ansagen die Fans unterhielten. Die feierten REPULSION hart ab, egal welcher Song gespielt wurde. Dank des guten Sounds, der druckvoll wie räudig klang und so mit perfekt zur Band passte, kam da jeder auf seine Kosten und konnte in Nostalgie schwelgen. REPULSION haben es geschafft, ihre old schooligen Sound in die Gegenwart zu bringen und bei der Liveperformance authentisch und ehrlich zu wirken – bei vielen anderen Bands älteren Kalibers ist das ja leider nicht der Fall. Hier lief alles rund, 45 Minuten lang gab es die REPSULSION-Vollbedienung und ein Highlight des Festivals.



CARCASS ließen sich davon nicht beeindrucken. Mit Neuzugang Ben Ash an der Gitarre und TRIGGER THE BLOODSHED-Drummer Daniel Wilding hatten Jeff Walker und Bill Steer ja zwei neue Leute zu integieren, aber das klappte zumindest an diesem Abend ausgezeichnet: CARCASS agierten als Einheit und zockten sich durch eine aus Songs der „Heartwork“-/ „Swangsong“-Ära bestehenden Setlist (die im zweiten Teil zugunsten der älteren Sachen etwas hinten an gestellt wurden). Spielerisch war das auf hohem Niveau, ebenso vom Sound her. Die Musiker posten wie die Weltmeister und hatten dabei viel Spaß, während es im knackevollen Saal ein letztes Mal an diesem Abend hoch her ging, Matten wurde geschwungen, Fäuste gereckt und Songpassagen mitgesungen. Tilburg hatte Spaß am Feiern ihrer alten Helden. Bill Walker gedachte dann nochmal dem alten CARCASS-Drummer Ken Owen, was immer wieder deutlich macht, wie schnell ein Musikerleben aus der Bahn geworfen werden kann. Zwar gab es zu Beginn des Sets leichte technische Schwierigkeiten, aber als die überwunden waren, beeindruckte das Setup mit Clips alter CARCASS-Songs und bot so eine gelungene optische Unterlegung des Gigs. CARCASS waren völlig zu Recht der Headliner des zweiten Festivaltages und hätten sich noch 30 Minuten länger spielen können – zumindest eine Zugabe wäre drin gewesen, aber dazu ließen es die Engländer nicht kommen, als sie nach gut 65 Minuten von der Bühne gingen und das Saallicht anging. Macht aber nix, war auch so ein geiler Gig und der perfekte Ausklang des Abends. Well done!
 



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