Konzert:

HAREM SCAREM, SEVENTH CRYSTAL + - Aschaffenburg, Colos-Saal

Konzert vom 29.04.2025

Es soll ja tatsächlich Leute geben, die HAREM SCAREM, die kanadische Melodic Rock-Legende, nicht kennen. Zugegeben, im Radio sind sie wie ihre Genre-Kollegen von FOREIGNER oder JOURNEY nicht ganz so präsent. Aber die Band ist seit 1987 aktiv und hat nahezu kontinuierlich den Markt mit überragenden Alben bedient. Ein Grund dafür, dass die Band in unseren Breiten etwas unter dem Radar fliegt, liegt auch an den wenigen Konzerten, die sie in Europa bis jetzt absolvierten. Ein Grund mehr, sich am 29.04.2025 im Aschaffenburger Colos-Saal einzufinden. Mit dabei sind die schwedischen Senkrechtstarter von SEVENTH CRYSTAL und die Australierin CASSIDY PARIS.

Pünktlich um 20h eröffnen SEVENTH CRYSTAL den Gig. Warum die starken Schweden, mit drei feinen Longplayern im Gepäck, den Opener machen, ist mir nicht wirklich klar. So empfinde ich die Label- und Genrekollegen von HAREM SCAREM doch viel passender als die Band um CASSIDY PARIS, die nur eine Platte im Gepäck hat.

Sechs Songs kredenzen uns die Göteborger. Sänger Kristian Fyhr gehört für mich mit zu den interessantesten jungen Künstlern, und ich bin großer Fan seines emotionalen und packenden Stils. Aber auch die Band ist eine schlagkräftige Truppe mit überragenden Songs. Leider passt der Sound heute Abend nicht wirklich. Zu wuchtig und schwammig kommt dieser aus den Boxen, und Kristian Fyhr gelingt es zu wenig, seine zauberhaften Melodien ins Zentrum der Darbietung zu stellen. Gleichwohl kommt die Band gut an, und wer Nummern wie "Blinded by the Light", "Say What You Need to Say" und das wunderbare "So Beautful" anzubieten hat, hat schon die halbe Miete und kann selbst mit schwachem Sound punkten.

CASSIDY PARIS ist visuell hübsch anzusehen. Der Sound, den die Dame inklusive Band hat, ist um einiges transparenter und ausgewogener als bei SEVENTH CRYSTAL. Die Classic Rock-Melange und partiell fast schon groovig-doomende Darbietung gefällt, kann aber von der Qualität der Songs weder mit HAREM SCAREM noch mit SEVENTH CRYSTAL mithalten. Aber unterhaltsam ist der etwa 50-minütige Gig allemal.

Ich empfinde das knapp zu zwei Dritteln gefüllte Colos-Saal in Anbetracht dieser Bands schon fast als Frechheit - gerade HAREM SCAREM sind schon eine ganz besondere Hausnummer, und Grund genug für ein volles Colos-Saal. Aber zumindest ist das Publikum super drauf und das völlig zu Recht. HAREM SCAREM kommen mit "Better the Devil You Know" auf die Bühne, und das Colos-Saal ist aus dem Häuschen. Die Band strahlt Spielfreude und Selbstbewusstsein aus und kann sich über einen guten Sound freuen. Harry Hess hat seine langen Haare schon eine Weile nicht mehr, so wirkt er rein optisch weniger als Rocksänger, aber stimmlich ist er immer noch der alte geblieben und gibt sich keine Blöße. Auch Pete Lesperance, silberergraut, scheint in Topform zu sein und zeigt das beim gefühlvollen Instrumental "Mandy", das zu den Gänsehautmomenten während des Gigs zählt. Bei "Death on Me" springt CASSIDY PARIS zu Harry auf die Bühne, und man hat das Gefühl, dass Frontiers Records die Dame mit Nachdruck nach vorne drückt. HAREM SCAREM spielen Songs vom Debüt bis zum neuen Album, aber am zahlreichsten ist "Mood Swing" vertreten und auch das wieder völlig zu Recht. Kurz vor der Zugabe wird BRIAN ADAMS "Summer of '69" zum Besten gegeben. Ich wunderer mich über diesen Move, haben HAREM SCAREM doch sicher genug starke Songs, um ohne Cover-Nummer auszukommen. Ich gebe aber gerne zu, dass der Track funktioniert und das wahrscheinlich überall und zu jeder Zeit. Und immerhin ist der gute Brian ja ein Landsmann. Als Zugabe gibt es "No Justice", und nach ca. 100 Minuten ist das Ding fertig. Ein bockstarker Auftritt, der Hoffnung macht, die Band ab jetzt häufiger in Europa und besser noch, in Deutschland oder am besten wieder im Aschaffenburger Colos-Saal zu sehen.

Bilder Thilo Jung

 

 

 

 

 

 



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