Konzert:

Eastpak Antidote Tour - Hamburg, Grünspan

Konzert vom 26.10.2007

In der Schlange vor uns unterhielten sich zwei Metalfans Anfang zwanzig: "Gut, dass das Publikum hier jünger ist als bei Amon Amarth und Dimmu - da habe ich mich ja gefühlt wie ein Teenie!" Wenige Augenblicke später erscheint das Publikum nur noch im Schnitt ein Jahr jünger als vier Tage zuvor, aber vorhandene oder nicht vorhandene Altersdifferenzen werden im Verlauf des Abends noch eine lustige dramaturgische Rolle spielen.


SONIC SYNDICATE


Los geht es mit den Jüngsten, also mit SONIC SYNDICATE, und wir bleiben noch einen Augenblick beim Alter: Denn vor allem die anwesenden Fans unter 22 bangten bei den fünf Nachwuchs-Schweden von der ersten bis zur letzten Sekunde mit - egal, ob sie noch an der Jacken-Abgabe oder schon am Tresen standen. Und diejenigen, die so pünktlich waren und sich schon massig vor der Bühne drängten, konnten jedes Lick von "Only Inhuman" auswendig. SONIC SYNDICATE sind die Band der Stunde, und die massive Live-Erfahrung, die ihnen momentan ermöglicht wird, tut das ihre. Die Bühnen-Präsenz ist immer noch durch-choreografiert bis zur letzten Pose, aber es wirkt nur noch statisch, wenn etwas unverhofftes passiert. Und das kam in Gestalt von Darth Vader auf die Bühne. Der redete erst etwas schwedisches, und dann ein "Ich bin dein Vater" zu den Sunesson-Brüdern. Die guckten daraufhin ganz schön verwundert aus der Wäsche - und spielten eiskalt weiter. Die Überraschung war Mikael Stanne ganz offensichtlich gelungen - denn für DARK TRANQUILLITY war es der letzte Tag dieser Tour, und da hatten sie sich offensichtlich die Youngsters für das obligatorische Scherzchen ausgesucht.


SOILWORK


Vor den Altmeistern kamen aber erst SOILWORK auf die Bühne. Die hatten den schlechtesten Sound des Abends, aber das tat der Euphorie, mit der sie abgefeiert wurden, keinen Abbruch. Björn Strid gab die Rampensau, und seine Version des prolligen Alleinherrschers schien als Entertainment aufzugehen. Das Grünspan war inzwischen picke-packe-voll und ausverkauft - und ein Meer aus Händen, das sich abwechselnd nach Björns Anleitung und dem Drumsound bewegte. SOILWORK haben sich als Band im Alters- und härtemäßigen Mittelfeld für das Ungestüme der Junged entschieden, dementsprechend werden selbst eher melodische Songs runtergerotzt und zum Beispiel "As We Speak" ordentlich durch den Brüllton gezogen. Wer an diesem Lied den klaren Gesang mochte, konnte die Nase rümpfen - neunzig Prozent des Publikums waren aber so mit Bangen und Abgehen beschäftigt, dass SOILWORK den Gig achselzuckend so nach Hause gefahren haben. Als Triumphzug.




DARK TRANQUILLITY


Wer gedacht hatte, dass die Tour-Ältesten von DARK TRANQUILLITY dem nichts mehr entgegenzusetzen haben, wurde danach um so mehr eines Besseren belehrt. Die Miterfinder des Göteborg-Sounds kamen auf die Bühne, sahen und siegten. Jeder Anwesende vom Teenie bis zum Ü-30 johlte und klatschte nun mit, als DARK TRANQUILLITY mit "Terminus (Where Death Is Most Alive)" zeigten, wie schmissig und zeitgemäß Death Metal sein kann! Der Spannungsbogen hätte aber auch nicht besser gewählt sein können: Als zweiten Songs gab es Gänsehaut und geschütteltes Haar zu "The Lesser Faith", danach zwei ältere Songs aus den letzten zehn Jahren, bevor mit dem aktuellen Hit "Focus Shift" noch mal aufgelockert wird, bevor es für ganz alte Fans mit dem "The Gallery"-Opener "Punish My Heaven" Zucker gibt. Und oh Wunder - jaa, das mit dem Altersunterschied verwischt sich gerade unter einer Schicht von Schweiß - dazu schwenkten sich dann alle Haare gleichzeitig, unabhängig von Länge und Splissgrad! Der nächste Kunstgriff folgte mit dem nächsten Song, denn nur DARK TRANQUILLITY schaffen es, eine Ballade wie "Misery´s Crown" zu schreiben, auf deren Beat man herumspringen kann. Zack, den Opener vom vorletzten Album "Character" noch hinterher - kein Wunder, dass jetzt die "Zugabe"-Rufe laut wurden!



Setlist DARK TRANQUILLITY

Terminus

The Lesser Faith

The Treason Wall

The Wonders At Your Feet

Focus Shift

Punish My Heaven

Misery´s Crown

The New Build



CALIBAN


In der - ziemlich langen - Umbaupause haben sich die Temperaturen langsam wieder auf dem Niveau eines Sauna-Vorraums normalisiert. Aber das soll ja nicht so bleiben, die Gitarristen rufen zur Sportstunde mit CALIBAN und deuten mit einer knappen Bewegung an, wie die erste Disziplin aussehen soll: Zu "Nowhere To Run" gibt es den ersten, noch kleinen Circle Pit. CALIBAN haben als erste Band dieses Festival-Trecks die volle Bühne zur verfügung und müssen sich nicht wie alle anderen bisher mehr hinter- als nebeneinander aufstellen. Ideale Bedingung für Sänger Andy Dörner, um als Vorturner den Fans zu zeigen, wie weit und schnell man während eines Songs laufen kann. Der nächste Circle Pit zieht auch sofort größere Kreise und geht fast bis zum Soundpult. Nächste Disziplin ist die obligatorische "Wall Of Death". CALIBAN lassen dazu "300" nachspielen, rechts die Spartiaten gegen links die Perser. Und rauf aufeinander mit Gebrüll. Zum nächsten Song gibt es wieder einen Circle Pit. War´s das? Nicht ganz. Denn ganz nebenbei haben CALIBAN über die letzten Jahre eigentlich gelernt, wie man leisere Töne einflicht, aber wie schon SOILWORK vor ihnen, scheitern auch CALIBAN an der zweiten, klaren Stimme. Autsch! Wenigstens lassen sich CALIBAN nicht beirren, auch wenn sie zwischendurch etwas zu selbstverliebt rüber kommen: Als sich die Songs ab jetzt alle ein bisserl zu sehr ähneln, lichten sich die Reihen merklich. Stoisch spielen CALIBAN ihren Stiefel runter, die Songs werden wieder eingängiger - und als erbettelte Zugabe gibt es endlich "Burden To Bleed" - auch ohne verunglückten Gesang. Die Teilnehmer der Sportstunde gehen glücklich und ausgepowert Richtung Garderobe - und sind an der Schweiß-Wolke um sie herum auch deutlich zu erkennen...



Setlist CALIBAN

Nowhere To Run

I Rape Myself

I Have Sold Myself

I Will Never Let You Down

Stigmata

Forsaken Horizon

Beloved

Life Is Too Short

Together Alone

Stop Running

Between The Worlds

Goodbye

------------

Burden To Bleed

My Time Has Come



Mehr Infos:Sonic Syndicate
Caliban
SOILWORK
Dark Tranquillity