Interview:

2023-10-21 Im Interview mit SACRIFIRE: Pure Leidenschaft

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SACRIFIRE haben mit "The Art of Decay" ein tolles Album nach der Debüt-EP herausgebracht. In Protzen überzeugten Sie die Old-School-Death-Metaller, auch beim überzeugenden und "geheimen" Auftritt im Hamburger Logo war METAL INSIDE dabei. Die offizielle Release-Party stieg dann in Oer-Erkenschwick vor einer hingebungsvollen Meute. Zwischendurch fanden drei Mitglieder der "All-Star-Band" Zeit für ein Interview.Interview

Verdammt gutes Trio, ihr Sechs, beweist ja das Debüt-Album "The Art of Decay". Im Ernst: In einem Interview las ich, SACRIFRE besteht aus Digger (Warpath), Fab (Décembre Noir) und Joe (Disbelief). Dazu gesellen sich Gäste für Live-Shows. Das sind jetzt die beiden Detraktoren (ein Gitarrist ist inzwischen ausgestiegen, Ersatz sei bereits gefunden – Anm.d.Verf.) und Soul-Demise-Alex. Ist das nun eine Band oder ein flotter Dreier mit Projekt-Charakter? Und wie hab ihr euch überhaupt getroffen, was war die Inititalzündung?

Fab: Wenn ich mich recht entsinne, gab es die Initialzündung zu SACRIFIRE bereits im Jahre 2017, als Disbelief, Warpath & Detraktor gemeinsam auf Tour waren. Joe und Dirk kennen sich schon seit Ewigkeiten und hatten die Idee, ein gemeinsames Projekt zu starten. Als die ersten Songideen dann konkreter wurden, kam ich als Drummer hinzu und das Trio war komplett. In dieser Besetzung haben wir dann die SACRIFIRE-Debüt-EP aufgenommen. Da wir diese alsbald auch Live präsentieren wollten, wurde uns schnell klar, dass wir weitere Musiker benötigen. Joes Songwriting ist auf drei Gitarren ausgelegt. Alex, Rafa und Boris waren die ersten drei Kandidaten, die uns dabei in den Sinn kamen. Und zum Glück haben alle drei gleich zugesagt. Rückblickend war es ein sehr natürlicher, fast selbstverständlicher Prozess, denn als wir zum ersten Mal gemeinsam im Proberaum standen, ist der Funke gleich übergesprungen. So ist aus dem einstigen Trio eine vollständige Band gewachsen.

Erklärt doch mal dem Fan, wie sowas funktioniert: Da kommen die Musiker aus allen Ecken der Republik, haben zig andere Bands am Start und so. Wie findet ihr Raum und Zeit für SACRIFIRE? Wie probt ihr? Oder probt ihr stets erst auf der Bühne – weil rechtzeitig zum Auftritt schafft ihr es ja auch nur mit Müh und Not, siehe Protzen;-)?

Alex: Da wir tatsächlich aus Bayern, Hamburg, NRW und Sachsen kommen, funktioniert das Ganze nur mit ordentlich Heimarbeit. Wenn wir uns dann mal im Proberaum in Herne treffen, was nicht allzu oft vorkommt, muss es eigentlich schon gleich flutschen. Das tut's dann auch meistens und wir können zum gemütlichen Teil übergehen.

Zur Musik. Doom-Death meets Gothic, Disbelief trifft Sisters und PL? Aber was hat Herr Weiss da zu suchen, der olle Warpath-Brüllwürfel? Im Ernst: Wer die Bands hinter den Musikern kennt, dürfte ein bisschen überrascht sein. Beschreibt doch mal den Stil der Musik mit kurzen, knappen, eigenen Worten und erklärt, wie es dazu kam, dass ihr ausgerechnet diese Mucke macht? Is ja schon ungewöhnlich. Das betrifft vor allem die Stimme, denn so viel Klargesang hätten wohl die wenigsten erwartet.

Digger: Die Musik von SACRIFIRE würde ich als düsteren, atmosphärischen Metal beschreiben. Die gesamte Musik auf „Art of Decay“ stammt von Joe. Wir haben zwar schon von unseren gemeinsamen musikalischen Vorlieben gesprochen, als wir die ersten Ideen zu diesem Band - Projekt hatten. Type O Negative - October Rust, Devin Townsend - Ocean Machine, das sind zwei Alben die wir in unserem Leben rauf und runter gehört haben. Die atmosphärische Dichte, der Sound dieser Alben war und ist einzigartig. Dazu kommen Einflüsse von Killing Joke bis Pink Floyd, nicht gleich wahrnehmbar, aber vorhanden. Und warum ich so singe? Es macht mir einfach Spaß! Ich war nie ein totaler Sisters of Mercy- oder Moonspell-Fan, mag diese Bands aber. Genau so sieht es auch mit Paradise Lost aus. Ein Song wie „As I die“ hat für mich bis heute nichts an seiner Intensität verloren. Und wenn ich genauso singen würde, wie bei meiner „Hauptband“, würde ich die ganze Sache vermutlich gar nicht machen, das wäre mir zu langweilig! Diese mehrstimmigen Refrains, wie bei „My Sanctuary“ oder die Art zu singen, wie ich es bei „Pain of Deception“ tue, waren für mich eine neue Erfahrung, stilistisch sowie das Feeling betreffend.

Allgegenwärtig ist trotz des Anderseins der Musik dieser typische Trunk-Groove, der sich prima ins neue Konzept einfügt. Wo holt dieser lockige Mann all diese zauberhaften Melodien her? Er scheint ja die „ganze Musik“ zu schreiben?!

Alex: Bisher hat Joe wirklich alle Songs geschrieben, wobei sich erste zaghafte Versuche anderer Bandmitglieder andeuten. Es ist schon bemerkenswert, wie er das schafft. Er schreibt ja auch mit wenigen Ausnahmen die komplette Musik für Disbelief. Er sagte mal sinngemäß zu mir, er brauche einfach nur Zeit, der Rest komme dann von allein. Dass das dann auch noch permanent auf so hohem Niveau passiert, ist natürlich um so schöner.

Warum drei Gitarren? Warum nicht vier, dann wäre es eine mehr als Maiden? Und sagt nicht: „Warum nicht?“!

Alex: Weil Joe die Songs einfach für drei Gitarren geschrieben hat und das macht definitiv Sinn. Es macht einfach tierisch Spaß, eine zweistimmige Melodie auf der Bühne auch zweistimmig wiedergeben zu können und trotzdem noch eine Rhythmusgitarre drunter legen zu können. Es bietet ungeahnte Möglichkeiten, auch was cleane Parts angeht oder Kombinationen aus allem. Vier Gitarren wären natürlich noch besser, man kann nie genug haben.

Wie habt ihr eigentlich aufgenommen. Alle zu Hause und dann in Hamburg einmal getroffen oder wie? Erzähl mal was zu den Arbeiten und : Ist eigentlich was Lustiges dabei passiert? Is vielleicht wer auf dem Kiez verloren gegangen oder so?

Alex: So ähnlich, aber das ist ja heutzutage nichts mehr Besonderes. Joe hat den Bass tatsächlich zu Hause eingespielt. Für die Gitarren habe ich extra den Weg von Bayern nach Hamburg auf mich genommen. Rafa (Gitarre) hat mit seiner Band Detraktor sein eigenes „Altamira-Studio“, das bot sich sozusagen an. So konnten wir uns von Angesicht zu Angesicht absprechen, denn auch wenn heutzutage übers Internet vieles möglich ist war es so einfach besser. Zudem haben wir alles mit derselben Gitarre eingespielt, da gab's dann keine Schwierigkeiten mit minimalen tonalen Unterschieden. Und darüber hinaus konnten wir anschließend schön gemeinsam auf die Reeperbahn, das hat mich sehr angespornt. Dirk (Vocals) und Fab (Drums) haben ihre Parts im Soundlodge Studio bei Jörg Uken aufgenommen, der ja auch für Mix und Mastering verantwortlich war. Lustig ist es bei uns eigentlich immer, aber das Recording ist halt doch eine weitgehend ernsthafte Angelegenheit. Anschließend ist es natürlich schon ausgeartet, so genau weiß ich das aber nicht mehr.

Die Musik wirkt hingegen ziemlich traurig. Worum geht es grundsätzlich in den Texten und habt ihr ein herausstechendes Beispiel. Soweit ich weiß, schreibt logischerweise Digger die Texte, aber auch andere haben Lyrics beigesteuert.

Digger: Textlich gesehen hat das Album keinen beabsichtigten Zusammenhang. „My Sanctuary“ beschreibt für mich die Freiheit, die ich für mich empfinde, wenn ich träume, Fantasien habe, Musik höre, in der Liebe. Zufluchtsorte in die mir keiner hineinzureden hat. Joe hat bei „Transmigration“ den Tod von verstorbenen Familienmitgliedern verarbeitet, ihnen dieses Lied gewidmet. Ich verarbeite auch Themen wie Enttäuschungen „Pain of Deception“, Empfindungs- und Energieverlust „Emptiness“ oder Schlaflosigkeit „Arms of Morpheus“. Vielleicht macht es deswegen einen eher traurigen Eindruck. Aber Lieder wie „Juggernaut“ oder „If They Could Speak“ schaffen da ein gutes Gegengewicht, textlich sowie auch musikalisch! Das hält das ganze Album in der Balance.

Das Mensch-Ziegen-Monster mit Friedhofs-Applikationen auf dem Cover sieht ebenfalls nicht sonderlich stimmungskanonig aus. Was’n das für Typ, wer hat den eigentlich gemacht und was möchte „es“ uns sagen?

Fab: Das Cover stammt von dem portugiesischen Künstler Augusto Peixoto, welcher bereits das Cover für unsere Debüt-EP entworfen hat. Ich bin mit ihm bereits seit einigen Jahren in Kontakt und inzwischen hat sich daraus eine echte Freundschaft entwickelt. Deshalb war ich dieses Mal auch wesentlich stärker in die Entstehung des Covers involviert. Ich habe Augusto einfach erst mal freie Hand gelassen. Den groben Entwurf fanden wir dann alle cool. Aber dann ging es ans Eingemachte. Wir haben fast drei Wochen gemeinsam an den Feinheiten gearbeitet bis wir dann letztendlich vollends zufrieden waren. Eher ungewöhnlich, kam während der Arbeit am Artwork auch die Idee zum finalen Albumtitel. "The Art of Decay" stellt letztendlich eine perfekte Symbiose zu den Texten und dem Artwork dar.

Wie sieht die Zukunft aus? Live funktioniert das aus eigener Erfahrung prima – wie in Protzen oder eben im Hamburg beim „geheimen“ Geburtstags-Auftritt im Logo, trotz einiger Personalumstellungen. Laut Dirk hattet ihr nach der EP „18 Stücke“ fertig, die darauf warten, gepresst zu werden, dann dürften ja noch einige übrig sein. Was geht live?

Alex: Oh, es sind weitaus mehr Songs übrig. Im Grunde sind die Stücke fürs nächste Album schon fertig. Joe wird uns sicher bald mit Musik überschütten und dann geht es weiter. Wir würden gerne eine kleine Tour spielen mit dem Album im Gepäck. Eine größere Europatour ist realistischerweise nicht möglich mit all unseren anderen Verpflichtungen. Und natürlich werden nächstes Jahr einige Festivals folgen, aber Konkretes kann ich aktuell noch nicht vermelden.

Nach der EP, die ihr selbst finanziert habt, ward ihr fast pleite. Ich hoffe, die Situation hat sich gebessert? Ihr habt ja sicher ein paar CDs und Shirts verkauft. In Protzen gab es ja nicht mehr viele ;-)

Alex: Offen gesagt ist es mit dem lieben Geld nicht ganz einfach, nicht zuletzt aufgrund unserer enormen Unkosten. Man muss sich nur mal vorstellen, dass für eine einzige Probe zusammengerechnet etwa 2500 Kilometer zurückgelegt werden müssen. Für Liveshows verhält es sich ähnlich. Da muss man schon einige Shirts und CDs verkaufen, bis man überhaupt im grünen Bereich ist.

Wie läuft die Zusammenarbeit mit Apostasy? Ist ja ein ehrenwertes Label mit Leuten mit Musik im Herzen, oder? (is klar, dass ihr nicht sagt, dass alle doof da sind, ich weiß;-)!

Alex: Da ich ja gleich mit zwei Bands bei Apostasy bin wär's doppelt blöd, jetzt was Falsches zu sagen, haha. Nein, wir sind bis dato sehr zufrieden. Apostasy wissen definitiv, was sie machen. Sie verfolgen einen sehr strikten Plan, alles läuft absolut professionell, auch was den Umgang mit Social Media etc. angeht. Da bin ich persönlich ehrlich gesagt ein regelrechter Dinosaurier. Zum Thema Labels hat mir ein gewisser B. Greenway vor vielen Jahren mal geraten: „never ever trust“. Irgendwie eine nachvollziehbare Einstellung, zumal er wohl schon viele schlechte Erfahrungen gemacht hatte. Dennoch teile ich sie zwanzig Jahre später mit einer gewissen Lebenserfahrung nicht. Ich möchte meinen Mitmenschen auch mal vertrauen können. Vielleicht nicht blind und jedem, aber grundsätzlich entspricht das mehr meiner Natur. Und Apostasy haben dieses Vertrauen bis jetzt nicht enttäuscht. Bei aller Professionalität sind sie, wie Du schon angedeutet hast, absolute Überzeugungstäter und lieben, was sie tun. So, wie wir.

 

 

 



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