Die schwedischen MUSTASCH sind über die Jahre zu einer festen Größe im Grenzbereich zwischen Rock, Hard Rock und Heavy Metal geworden. Wobei „Größe“ hier nicht der passende Ausdruck ist – obwohl sie seit 17 Jahren die Bühnen (vor allem Nord-)Europas beackern, sind sie außerhalb ihres Heimatlandes immer noch eine eher kleine Nummer. Das mag vielleicht daran liegen, dass sie sich einerseits nie für einen Stil entschieden haben, andererseits aber auch keinen eigenen entwickelt haben.
Auch das neue Album wird dieses Problem nicht lösen, dafür stehen exemplarisch schon die ersten drei Songs: Unerwartet poppig geht es mit „Yara’s Song“ los, mit Keyboards und Plastikstreichern, worauf in „Breaking Up With Disaster“ die Metal-Schraube angezogen wird und danach mit „The Rider“ bereits eine Ballade folgt, bei der ziemlich dick aufgetragen wird. Die Schwächen des Albums liegen weder bei den handwerklichen noch bei den kompositorischen Fähigkeiten der Band. Die Stakkato-Riffs und die Breaks sitzen, und an jeder Ecke gibt es NWOBHM-mäßige Gitarren-Hooks und schmissige Refrains zu hören (der von „Down To Earth“ z. B. ist besonders gut). Was das Album aber so mittelmäßig macht, ist, dass hier Versatzstücke aus verschiedenen Stilen zusammengeklatscht werden, ohne dass etwas Eigenes entsteht. Das geht bis zum Gesang von Ralf Gyllenhammar, der stellenweise wie ein James Hetfield-Klon klingt.
Negativer Höhepunkt und gleichzeitig mein heimlicher Lieblings-Song des Albums aber ist das mit einem ordentlichen 80s-Hard-Rock-Einschlag versehene „Dreamers“, das eigentlich unmöglich ernst gemeint sein kann, sondern eine Parodie im SPINAL TAP-Stil sein muss. Dazu passen auch das klischeehafte Cover und der blöde Albumtitel – wobei Sänger Ralf Gyllenhammar betont, dass ihm Machotum fernliegt und es in den Texten vielmehr um Männlichkeit und Würde, aber auch um Zärtlichkeit geht. Wie dem auch sei: Auch „Testosterone“ ist nicht MUSTASCHs großer Wurf geworden.
Fünf Jahre lagen die BACKYARD BABIES auf Eis, und immer wieder hat man sich gefragt, ob da überhaupt noch etwas kommen würde. Zumal sich einige Bandmitglieder in Solo-Projekten ausgetobt haben, mal mehr (Dregen), mal weniger überzeugend (Nicke Borg). Deshalb fühlt sich „Four By Four“ wie ein Comeback an. Die Rock-Welt hat sich inzwischen allerdings weitergedreht. Ehemalige Wegbegleiter wie die HELLACOPTERS und GLUECIFER haben die Segel gestrichen, den schwedischen Retro-Rock haben längst GRAVEYARD übernommen und gerade ist vor allem Retro-Proto-Metal à la KADAVAR angesagt. Fraglich also, ob die schwedischen Vorzeige-Punk ’n’ Roller heute noch etwas reißen können.
Schon die ersten Songs von „Four By Four“ zeigen: Sie können! Beginnt der Opener „Thirt3en Or Nothing“ (kein Tippfehler!) fast noch verhalten, tritt einen der punchende Chorus direkt aus den Schuhen. Bei den treibenden „I’m On My Way to Save Your Rock ’n’ Roll“ und „White Light District“ wird dann noch mal draufgelegt. Und größtenteils geht es genauso weiter, mit viel Dreck, Druck und frischer Energie und wunderbaren Refrains zum mit erhobener Faust Mitgrölen. Und ein Song wie „Piracy“ klingt, wie SOCIAL DISTORTION heute klingen sollten.
Nur wenn die BACKYARD BABIES das Tempo herausnehmen, wird es manchmal heikel. Lässt man ihnen das seichte, stadion-rockige „Mirrors (Shall Be Broken)“ gerade noch durchgehen, hätte die sentimentale Schmalz-Ballade „Bloody Tears“ wirklich nicht sein müssen. Wobei sie mit dem abschließenden „Walls“ zeigen, dass sie es auch im Mid-Tempo können. In der Cowboy-mäßigen Strophe des gut sieben Minuten langen Stücks kommen Akustikgitarre und Kontrabass zum Einsatz, nach und nach wird es aber immer härter und ungewohnt düster, bis ein schweres Riff in Verbindung mit atmosphärischen Sounds ein intensives Finale bildet.
Mit „Four By Four“ legen die BACKYARD BABIES unterm Strich ein starkes Album vor, das mit scheinbarer Leichtigkeit und völlig unbemüht an die Glanzzeiten der Band anknüpft und gleichzeitig mit wiedergewonnener Frische und Energie auftrumpft. Lediglich ein, zwei Songs mehr hätten es sein können, ansonsten steht der erfolgreichen Rückkehr nichts im Wege.
Der BACKYARD BABIES-Frontmann hat wieder Bock auf Rock. Nachdem Nicke Borg mit seinem Solo-Projekt NICKE BORG HOMELAND in Form der EP „Chapter 1“ und der LP „Chapter 2“ vor allem seinen Einflüssen aus den Bereichen Country und Singer/Songwriter huldigte, schlägt er mit „Ruins Of A Riot“ wieder härtere Töne an. Wer hier aber so etwas wie ein neues BACKYARD BABIES-Album erwartet, dürfte enttäuscht werden. Zwar sind die Gitarren laut und ballern die Drums, musikalisch bewegen sich die Songs aber eher im Bereich Hard Rock mit ordentlichem Mainstream-Einschlag. Fast komplett im Mid-Tempo angesiedelt, sind sich die Stücke fast alle ziemlich ähnlich, wobei ein hymnischer Chorus den nächsten jagt, ohne dass man sie alle ohne Weiteres auseinanderhalten könnte. Dabei stechen lediglich zwei Songs heraus, dies allerdings negativ: die seichte Ballade „End Of The Rainbow“ und der pathetische Schluss-Track „Devil Angel Mother“. Immerhin klingen hin und wieder SOCIAL DISTORTION an, aber mit dem derart cleanen Sound des Albums hätte sich Mike Ness niemals zufrieden gegeben. Überhaupt vermisst man auf „Ruins Of A Riot“ jeglichen Punk- und Dreck-Faktor – und das bei diesem Albumtitel! Leider ein ziemlich uninteressantes Album, und man fragt sich, was da schief gelaufen ist. Eigentlich müsste der Mann doch mehr drauf haben.