Bereits seit Mitte der 90er sind CRYSTAL PALACE aktiv. Seit dieser Zeit haben sie sich dem geschmackvollen und dezent elegischen Prog Rock verschrieben. Auch wenn es das eine oder andere härtere Riff zu hören gibt, so bleibt der metallene Anteil durchaus im Rahmen des Überschaubaren. Was allerdings weder Fehler noch Kritik bedeutet. Im Gegenteil, die mitunter traurigen und mystisch anmutenden Soundscapes entfalten ihre Wirkung nicht durch stählerne Härte, sondern durch wunderbare „schwebende“ Melodien, die so richtig unter dem Kopfhörer zur Geltung kommen. Einerseits erinnern CRYSTAL PALACE an eine modern aufgepimpte Version klassischen 80er Brit Progs (IQ, PALLAS, MARILLION), andererseits lassen gerade die Leadgitarren auch Vergleiche mit AYREON zu. All das sei aber nur dazu genannt, um eine ungefähre Ahnung zu bekommen, in welche Richtung CRYSTAL PALACE tendieren. Denn man verfügt über eine extrem eigenständige Note. Zu den genannten Einflüssen flirtet man nämlich auch mal mit PINK FLOYD („Daylight After The Rain“) oder sogar U2 („The Day That Doesn’t End“). Die verschiedenen Einflüsse werden mit gehörig viel Individuellem zu einer homogenen Masse verwoben, die es trotzdem schafft über Albumdistanz viele unterschiedliche Stimmungen und Gefühle zu transportieren. CRYSTAL PALACE ist mit „Dawn Of Eternity“ ein beeindruckendes Stück Kopfkino gelungen. Proggies hingehört!
Neun Tage und ebenso viele Nächte dauerte Odin’s Selbstopfer, neun Mütter hatte Heimdall und bei den Kelten steckt in der Zahl „9“ das ganze Universum. Neun neue Titel bringen uns FORTID 2015, und der Name des Werkes ist – ganz richtig – „9“. So viel zur einfachen Mathematik. Ob es jetzt Epic Viking Black Metal oder Pagan Black Metal oder gar Extreme Pagan Metal ist, was die drei Norweger um den gebürtigen Isländer Eldur (DEN SAAKALDTE, CURSE, POTENTIAM) spielen, darüber lässt sich bekanntlich streiten.
Unbestritten bleibt aber, dass FORTID mit „9“ einen weiteren Meilenstein ihrer Karriere legen. Nach „Pagan Prophecies“, das 2012 erschien, ist „9“ nun das zweite Album nach Abschluss der Völuspá-Triologie und kehrt überraschender Weise wieder etwas mehr zu dieser zurück. Die Rückkehr zu isländischen Lyrics ist nur ein Aspekt davon. FORTID erschaffen auf „9“ so dichte Atmosphären wie nie zuvor, versinken aber dank gutem, nicht zu eintönigen Riffing und variabler Gesangsleistung nicht wie viele ihrer Genre-Brüder im isländischen Sumpf. Schlussendlich unterscheiden sich die Lieder doch alle erheblich von einander: Da gibt es ruhigere, eher folkige Lieder wie „Hrafnar“ und „Hof“, aber auch schnellere Songs wie „Nornir“ oder „Gladur“. Oftmals mischt die Band allerdings beide Elemente mit einander, so dass man letztlich einen etwas schwärzlichen Pagan Metal mit folkigen Passagen vorfindet – wie es besonders eindrucksvoll im Titeltrack geschieht. Zu wie viel Atmosphäre und Düsternis FORTID wirklich fähig sind beweist indes „Runir“: Verzweifelter Klargesang und eine wirklich atemberaubend dichte Instrumentierung bilden hier den heimlichen Höhepunkt der Scheibe.
„9“ ist ein Album, auf dem man auch nach zehn und mehr Durchläufen immer noch Neues findet. Ein Album, welchem man seine Spielzeit von knapp einer Stunde nicht anmerkt und eine klare Weiterentwicklung zum Vorreiter „Pagan Prophecies“. Ein einziges Manko hier sind vielleicht die Vokals, die anfangs etwas gewöhnungsbedürftig erscheinen, sich bald aber perfekt in das Klangbild von FORTID einfügen.
Wer auf nicht zu klar produzierten Pagan Metal mit Black Metal-Anleihen und dem Hauch isländischen Folks steht, der sollte hier ruhig mal reinhören. Für Fans von ENSLAVED, ARSTIDIR LIFSINS, FALKENBACH, SOLSTAFIR und DEN SAAKALDTE. Irgendwo dazwischen finden sich FORTID wieder.