Review:

Poetica

(STRANGER VISION)

Bei der italienischen Newcomer-Band STRANGER VISION erlebt man keine besonderen Überraschungen. Musikalisch wird natürlich Power Metal abgeliefert, welcher sich selbstverständlich im Fahrwasser von RHAPSODY bewegt. Selbstverständlich ist die Produktion klar und druckvoll, und alle beteiligten Musiker sind äußerst bewandert auf ihren Instrumenten. Nichts Neues aus dem Land der Pasta und Pizza, aber trotzdem können die Jungs ein Ausrufezeichen setzen. Man agiert nicht gnadenlos kitschig und bewegt sich eindeutig in Metal-Gefilden. Sänger Ivan Adami kann mit seinen Vocals durchaus überzeugen, obwohl er fast ein wenig eindimensional agiert. Hier hätte ich mir noch ein wenig mehr Selbstvertrauen zum eigenen Können gewünscht – Selbstredend steckt er trotzdem 80% aller Metal-Shouter locker in die Tasche, aber es bleibt halt noch ein wenig Luft nach oben.

Instrumentenseitig wird sehr songdienlich agiert, wobei die Soli den einzelnen Songs immer noch einen Schub nach vorne geben. Es werden zwar kaum Highspeed-Soli abgeliefert, aber die harmonische Melodieführung innerhalb dieser Parts zeigt eine große musikalische Klasse auf. Refrains sind die Spezialität von STRANGER VISION. Hört man einen Song wie „Soul Redemption“, ist für die nächsten Stunden das Gehirn belegt, da die Hookline intern auf Repeat geschaltet wurde. Natürlich darf auf einem solchen Album auch der Schmachtanteil nicht fehlen. „Memories Of You“ klingt zwar etwas statisch, aber kann überzeugen. Hier glänzt besonders Alessia Scolletti von TEMPERANCE, der mit diesem Gastbeitrag fast Ivan den Rang abläuft. Da wir schon beim Thema Gastbeiträge sind – auf „Poetica“ tummeln sich beachtliche viele Namen, die man auf einem Newcomer-Album nicht vermuten sollte. Der bekannteste Gastbeitrag kommt von Zak Stevens, der durch SAVATAGE und CIRCLE II CIRCLE wohl hinlänglich bekannt sein sollte. Dieser liefert in „Before The Law“ gewohnt souverän ab und peitscht den Song ordentlich nach vorne. Klar, ein italienisches Metal-Album geht nicht ohne den Ritterschlag von RHAPSODY. Dieser wird im Song „Rage“ von Alessandro Conti vergeben, der wieder einmal glänzen kann. Conti wurde sehr wirkungsvoll in „Rage“ integriert und brilliert, als ob STRANGER VISION sein eigenes Baby wären. Klasse Nummer (aber irgendwo ist der Beginn geklaut – ich komme aber leider nicht auf den Song – für einen Tipp bin ich dankbar)!

Aber auch ohne die Gastbeiträge sind STRANGER VISION in der Lage, ihre Vision von Metal solide über die Wegstrecke zu bringen. An manchen Ecken fehlt noch der letzte kompositorische Schliff, aber dies gleichen die wirklich gelungenen Refrains und Soli locker aus. Ob sich STRANGER VISION auf dem umkämpften Markt des Power Metal etablieren können, bleibt abzuwarten, aber durch die vorhandenen Kontakte könnte ich mir die Band gut im Vorprogramm eines größeren Acts vorstellen. Die Zeit wird es zeigen, aber zum heutigen Zeitpunkt kann man der Band zu einem grundsoliden Album gratulieren, das bestimmt seine Liebhaber finden wird.

 

Poetica


Cover - Poetica Band:

STRANGER VISION


Genre: Power Metal
Tracks: 15
Länge: 63:37 (CD)
Label: Pride & Joy Music
Vertrieb: Soulfood